"Von Burkhard hab ich schon einmal etwas gehört". Diese Feststellung begegnet mir immer wieder, selbst im Vokabular kundiger Musikfreunde und dann wird meistens das unvermeidliche "O mein Papa" intoniert, das von Paul Burkhard stammt, der zwar ebenfalls Schweizer, jedoch mit unserem Komponisten nicht verwandt war.
Willy Burkhard, 1900 in Leubringen bei Biel im Bernischen Seenland geboren, war ein schwächliches Kind, das früh an Tuberkulose erkrankte, der Krankheit, die sein ganzes weiteres Leben überschatten sollte und die in Kombination mit einer verunglückten Bliddarmoperation zu seinem frühen Tode führte.
Nach einer Lehrerausbildung ging Burkhard an das renomierte Leipziger Konservatorium, wo Sigfird Karg-Elert und Robert Teichmüller seine wichtigsten Lehrer waren.
Nach weiteren Studien bei Courvoisier in München und d'Ollone in Paris wurde er 1928 zum Theorielehrer an das Berner Konservatorium berufen. in gleicher Funktion war er ab 1942 am konservatorium Zürich tätig, wo er 1955 starb.
Willy Burkhard wurde auf dem Friedhof Nordheim beigesetzt.
Dem Ohr erschliesst sich Burkhards Musik nicht ohne weiteres; sie erfordert schon die aktive Mitarbeit des Hörers. In seiner Melodiebildung spielen konstruktive Intervalle, wie besonders häufig Sekunden und verminderte Quinten, eine dominierende Rolle.
Der im "Ezzo-Lied" vorgegebene Weg findet in "Das Gesicht Jesajas" seine oratorische Entsprechung und grandiose Steigerung.
Erinnert sei hier auch seine einzige Oper nach Jeremias Gotthelf, "Die schwarze Spinne", ein Werk, in das in eine behäbige emmenthaler Dorfidylle das Unfassbare und Böse mit Urgewalt eintritt,
hierin Brittens "The Turn oft the Screw" nicht unähnlich. Warum dieses Meisterwerk niemals zu hören und auch keine Einspielung von ihm erhältlich ist, ist unbegreiflich.
Neben Hugo Distler war Burkhard der bedeutendste Komponist protestantischer Kirchenmusik zwischen 1925 und 1950. Erich Schmidt weist mit Recht darauf hin, daß Burkhard als erster schöpferischer Musiker den im 20. Jahrhundert erweiterten Tonalitätsraum als neue Aussagemöglichkeit der Musica Sacra erschlossen hat. Seine und Hugo Distlers Bemühungen konnten die evangelische Kirchenmusik nicht vor dem Verfall bewahren und die Talsohle des Niedergangs scheint noch immer nicht durchschritten zu sein.