Cats-enjammer - Welche Musicals kennt und mögt Ihr (nicht)

  • Hallo Syrinx,

    Zitat

    oder noch schlimmer Elisabeth stolpert, die schon fast zur Definition von Kitsch dienen könnten.


    seeeehr freundlich ausgedrückt. :D
    Zur Inszenierung von Kupfer kann ich wenig sagen, da ich sie ja nicht sehen konnte.
    Aber damals im Jahre 2001, als ich Elisabeth häufiger neben meiner Anstellung in Münster spielte, habe ich meiner Freundin eine Karte besorgt.
    Sie sagte mir nachher, daß sie sich wohlweislich vorher ein Buch mitgenommen hat ( sie ist übrigens selber Cellistin) , und nach 5 Minuten war ihr so sterbenslangweilig, da alles zu diesem Zeitpunkt vohersehbar war, daß sie sich lieber ihrer Lektüre widmete.
    :O
    Mir hat es Spaß gemacht und es gab einige hübsche Cellosoli zu spielen.
    Aber insgesamt empfinde ich solch ein Werk als Pseudorock, Pseudooperette, überhaupt als Pseudomusik.


    Sweeney Todd habe ich übrigens auch sehr häufig gespielt.
    DAS ist ein unheimlich gutes Werk, ein wirkliches Musical mit enormen Tiefgang und toller, intelligenter Musik.


    Ein wirkliches Meisterwerk und ich teile Rideamus Begeisterung ohne wenn und aber.

  • Hallo Miteinander,


    ich habe mit großer Begeisterung diesen Thread gelesen, denn gerade der Bereich Musical (aber auch die großen Revuen der 20er, wie die der Ziegfeld Follies) sind mir eine Herzenssache, in denen es noch ungeheuer viel zum (wieder-)entdecken gibt. Wenngleich ich mich auch manchmal mit einigen Großproduktionen schwer tu',
    (Miss Saigon wird ein Horror=Abend in meiner Erinnerung bleiben!), mag ich vieles aus diesen "nicht-E" Produktionen sehr.


    Eine Bemerkung im Start-Post, die an mir hängen blieb:


    Zitat

    Und dabei habe ich mit den Filmmusicals noch nicht einmal angefangen.


    Denn neben den bisher genannten Musicals fehlen noch zwei aus diesem Genre, die m.E. ganz unbescheiden neben einigen der aufgeführten stehen können:


    Les demoiselles de Rochefort
    und, noch mehr:
    Les parapluies de Cherbourg


    Beide stammen aus den 60ern, wurden von Michel Legrand komponiert und von Jacques Demy in Szene gesetzt, gerne sind sie auch für Klassik-Crossover-Projekte geplündert worden (Norman, von Otter...)


    Für mich sind es zwei Lieblinge, die mir in keiner Auflistung von "meinen" Musicals fehlen dürfen.



    Liebe Grüße!


    (Eine Bemerkung Off-Topic: Kennt ihr die Internet-Präsenz der Lester S. Levy Collection of Sheet Music? Eine unglaubliche, kostenlos zugängliche Fundgrube für Notenmaterial von amerikanischer Unterhaltungsmusik bis ca. 1930)

    "Der Aufführung fehlte es nicht an Sensibilität, Gefühl und Verstand, aber am Gleichmaß von Harmonie, Not und Glück" (J. Kaiser)


  • Eine tolle Liste, auch wenn meine bei manchen Titeln, besonders im letzten Teil, wo mir nur CHESS fehlt, abweichen würde. Besonders freut mich die Berücksichtigung einiger hier noch gar nicht genannter Titel ujnd Komponisten. Meine persönlichen Favoriten darunter habe ich mal in dem Zitat fett gesetzt und mit dem einen oder anderen Titel ergänzt.


    Wenn es so weiter geht und noch einige der Musicals der 20er - 40er Jahre sowie zahlreiche Filmmusicals wie die dankenswerterweise von Tizian genannten französischen Titel hinzu kommen, haben wir bald eine sehr achtbare Liste von nicht unter 100 der größten und besten Musicals beisammen.


    Andererseits: wie heißt es so schön in dem von Dir so dankenswert mit aufgeführten I DO! I DO! (das zu meinen ganz großen Favoriten zählt, und das komischerweise hier kaum mehr einer kennt, obwohl es jahrelang in sehr prominenten Besetzungen durch die Boulevardtheater getingelt ist, weil es als Zweipersonenstück mit Klavierbegleitung dafür geeignet war)?


    Nobody's perfect, nobody's perfect.
    I am human, so are you.
    Nobody's perfect, nobody's perfect.
    Now here is what I think we ought to do:
    Let's make a list of irritating habits
    That we think that the other person has
    And when we know these irritating habits,
    We can correct them, as for example....


    Allein wegen dieses Duettes werde ich Harvey Schmidt, Tom Jones (dem Librettisten, nicht dem walisischen Sänger), Mary Martin und Robert Preston zeitlebens verbunden sein.


    :hello: Rideamus

  • Manche werden dieses Musical vielleicht kennen, aber nicht erkennen, weil es bei uns unter dem dämlichen Titel "Das musikalische Himmelbett" lief. Dieser Titel ist zwar vage an den Titel des Vorlagestückes THE FOURPOSTER von Jan de Hartog angelehnt, geht aber voll an Thema und Qualität dieses Zweipersonenmusicals vorbei, das auch als ein heiterer Vorläufer von "Szenen einer Ehe" gesehen werden kann.


    Das Stück wurde auch unter dem Titel THE FOUR POSTER mit Lilli Palmer und Rex Harrison verfilmt, aber der Regisseur Irving Reis wusste nur wenig mit dieser - zugegeben, nicht besonders filmischen, Vorlage anzufangen.


    Maßstäblich bleibt die Originalbesetzung des Broadway mit Mary Martin und Robert Preston, in die man bei Amazon.com auch in einzelne Nummern (viel zu kurz, natürlich) reinhören kann:



    Viel Spaß damit wünscht


    :hello: Rideamus


    PS: leider kommt das Bild von Amazon nicht mehr rüber, das Musical kann aber noch unter diesem Link aufgerufen werden: http://www.amazon.de/Original-…sic&qid=1189594356&sr=1-7

  • Bin ja eher nur der Ab-und-zu-Musical-Hörer, aber einige find ich dennoch ziemlich gut - und je weniger sie nach Oper klingen, desto besser. Insofern mag ich auch Phantom der Oper und ähnliche nicht. Deswegen bin ich auch in den letzten Jahren nicht in Wien in diese beinahe schon inflationär gespielten Musicals wie Elisabeth gegangen - vielleicht ist mir da einiges entgangen, glaub ich aber nicht.


    Die von mir gerne gehörten (soweit sie mir grade einfallen, die Liste hat also keinen Anspruch auf Vollständigkeit):


    Rocky Horror (Picture) Show
    West Side Story
    My Fair Lady
    Jesus Christ Superstar
    Chess (hab ich vor ca. 20 Jahren in London gesehen - lang, lang ists her ...)
    Les Miserables


    Lg


    Roland

    Die Basis jeder Grundlage ist das Fundament

  • Hallo zusammen,


    in meiner Lieblings-Musical-Liste wollte ich I do! I do! eigentlich auch genannt haben, aber ich war mir nicht sicher gewesen, wie der offizielle Titel lautete (auch um Verwechslungen mit dem gleichnamigen ABBA-Song und damit wiederum mit MAMMA MIA auszuschließen) und daher wollte ich daheim sicherheitshalber noch mal nachschlagen - auch den Namen vom Komponisten und Texter.


    Naja - kaum bin ich dann mal wieder hier, ist es schon passiert: Qualität setzt sich durch und I do! I do! ist bereits von anderen Musical-Fans genannt worden :hello::jubel:


    Ein tolles Stück, das in seiner geradezu kammermusikalischen Besetzung (2 Sänger/ Darsteller, 2 Klaviere) beweist, dass gute Musicals nicht unbedingt den ganzen großen und opulenten "Bühnen-Tamtam" brauchen, um erfolgreich und interessant zu sein!


    Das Stück steht und fällt natürlich mit seinen beiden Darstellern (logo, wo es mehr als diese Beiden auch nicht zu sehen/ hören gibt :D ) und einem möglichst mitreißend-beschwingten und gut aufeinander eingespielten Klavierduo.
    Wenn das zusammenpasst, kann dieses Quartett das Publikum einen ganzen Musicalabend lang faszinieren, amüsieren und begeistern!



    Ich habe folgende, wirklich gelungene Einspielung (aus den 1990ern stammend, also neueren Datums):



    Meine Lieblingsnummern (muss ich mich da wirklich entscheiden, was schwer fällt...?) sind u. a. "I love my wife" und das sehr sinnlich-romantische (und ein bisschen melancholische) "What is a woman?" - wirklich gute Musik, das! :jubel:


    Wie ich auf dieses hierzulande leider wieder einmal nicht allzu bekannte Mini-Musical kam?
    Eine befreundete Bonner Theatertruppe (bei der ich vor Jahren auch einmal mitgespielt habe) hat dieses Stück im Jahr 2000 für wenige Liebhaber-Aufführungen (unter englischem Titel [weil der dt. Titzel wirklich zu albern klingt, da hat Rideamus Recht!] aber in deutscher Sprache, damit das Publikum besser folgen konnte) in einem Pfarrsaal mit Bühne (und zwei Flügeln) in der Bonner Südstadt auf die "Bretter, die die Welt bedeuten" gebracht.
    Und das live zu erleben, dieses Engagement und die Begeisterung vor und hnter der Bühne erleben zu können, war ein tolles Erlebnis!
    Die beiden durch einen Zufall gewonnenen Pianisten waren z. B. der Kantor der Kirchengemeinde, der einen befreundeten Musiker für diese Idee begeistern konnte und die einen Heidenspaß hatten, zu zweit in die Tasten hauen zu können und mal nicht "nur" Choräle am Sonntag auf der Orgel begleiten zu müssen...! :D


    Nach zwei miterlebten, begeisternden Aufführungen musste ich mir einfach eine CD dieses Musicals zulegen. :yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    ...
    in meiner Lieblings-Musical-Liste wollte ich I do! I do! eigentlich auch genannt haben ...
    Ein tolles Stück, das in seiner geradezu kammermusikalischen Besetzung (2 Sänger/ Darsteller, 2 Klaviere) beweist, dass gute Musicals nicht unbedingt den ganzen großen und opulenten "Bühnen-Tamtam" brauchen, um erfolgreich und interessant zu sein!


    wirklich gute Musik, das! :jubel:


    :yes:


    Lieber Marc,


    ich möchte Deinen Enthusiasmus für das Stück, den ich ja teile, nicht dämpfen, aber die originale Broadway-Fassung hat natürlich ein richtiges Orchester, das schon einiges mehr aus der Partitur hervor zu kitzeln vermag. Deshalb ist die Aufnahme mit Mary Martin und Robert Preston nach wie vor ein MUSS für jeden Fan.


    Kannst Du uns noch was zu der Besetzung Deiner cd sagen? Der Herr sieht ja ein wenig aus wie Ernst Stankowski, mit dem ich das Stück vor Jahrzehnten in Frankfurt gesehen habe. Die deutsche Übersetzung ist übrigens eine der gelungensten eines Musicals, die ich kenne. Es kann also von einem begabten Duo mit wenigen Mitteln aufgeführt werden und Beteiligten wie Zuschauern enorm viel Freude machen, da es ungemein wirkungssicher ist.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus,


    es stimmt schon: In meinem Musical-Führer (von Reclam) habe ich auch gelesen, dass I do! I do! 1966 in der von Dir erwähnten Premierenbesetzung mit "normalem" Orchester auf die Bühne kam.
    Aber irgendwie verliert das Stück nichts, wenn die Zweierbesetzung auf der Bühne konsequenterweise auch von einer Zweierbesetzung vor der Bühne (an den Klavieren) ergänzt wird...


    Leider habe ich zu dieser "Klavierfassung" weder im Musicalführer noch im CD-Booklet der von mir erwähnten Aufnahme eine Angabe zu finden können :no:
    Ich weiß also nicht, ob es sich dabei um eine vom Komponisten erstellte Version handelt oder um eine nachträgliche Bearbeitung/ Reduzierung. Evtl. ist die Klavierfassung ja die "Probenfassung", die für die Broadway-Premiere dann orchestriert wurde, weil man die eh schon kleine Darstellerzahl nicht auch noch durch ein ebenso kleines Instrumentalensemble ergänzen wollte, was auf das verwöhnte Broadway-Publikum denn doch ein bisschen zu "sparsam" und damit dann direkt uninteressant gewirkt hätte....?


    Die CD enthält jedenfalls die Besetzung der revidierten 1996er-Broadway-Fassung (also zum 30. Geburtstag des Musicals).


    Es singen Karen Ziemba und David Garrison, an den Pianos sitzen Tim Stella und Valerie Gebert.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)


  • Danke für die Zusatzinformation. Karen Ziemba und David Garrison gehören zu den führenden Musicalstars der Gegenwart, und ich werde mir diese Fassung gerne besorgen, denn sie macht mich neugierig. Dies auch um zu vergleichen, ob die Partitur in der Reduktion wirklich nichts verliert, was durchaus stimmen könnte.


    Da Harvey Schmidt bis mindestens in die jüngste Zeit in der Musicalszene sehr involviert war, bin ich ziemlich sicher, dass die Fassung für zwei Klaviere, wenn nicht selbst von ihm erstellt, von ihm mindestens autorisiert wurde, um möglichst viele Aufführungen des Werks zu ermöglichen.


    Damit schloss er übrigens an seinen Welterfolg THE FANTASTICKS an, das Musical, das bis heute den Weltrekord an en-suite Aufführungen hält, und das von ihm für eine Aufführung mit zwei Klavieren in einem winzigen off-Broadway-Theater konzipiert und geschrieben worden war. Die 1996er Fassung von I Do! I Do! war übrigens auch off-Broadway aufgeführet und aufgenommen worden, was keine Qualitätsaussage bedeutet, nur den begrenzten Aufwand reflektiert, der dafür nötig war.


    Wir können uns also leicht darauf einigen, dass dieses Musical in beiden Fassungen höchst ertrebenswert und unterhaltsam ist.


    :hello: Rideamus

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  • Lieber Rideamus,


    danke für den Hinweis auf den anderen thread.


    Hier meine bescheidene Musicalliste, in die ich aber nur die Werke aufgenommen habe, die ich als ganzes kenne:


    Auf der Bühne habe ich gesehen:
    Bock ANATEVKA (FIDDLER ON THE ROOF)
    Herman HELLO DOLLY
    Kander CABARET
    Kern SHOW BOAT
    Leigh THE MAN OF LA MANCHA
    Loewe MY FAIR LADY
    Porter KISS ME KATE
    Youmans NO, NO, NANETTE


    Nur aus Aufnahmen kenne ich (als ganzes Werk, daneben natürlich sehr viele Einzelnummern):
    A CHORUS LINE
    Bernstein WEST SIDE STORY
    Lloyd-Webber THE PHANTOM OF THE OPERA
    Rodgers THE KING AND I und SOUTH PACIFIC



    Es gibt also noch viel zu entdecken...


    :hello:


    LG, Elisabeth

  • Liebe Elisabeth,


    da Du mit dem hundertsten Beitrag zu diesem Thread so etwas wie das Thema Hitlisten angesprochen hast, gebe ich jetzt mal meine kund, wobei ich ausdrücklich betone, dass diese Aufstellung der Tagesform (und meinem ungestützten Gedächtnis) unterliegt.


    Ich fange mal mit den "echten" Musicals an. Operetten-Musicals, wie ich sie in Die verkannte Kunstform: DAS MUSICAL zu definieren versucht habe, kommen später. Dito die Filmmusicals und -operetten. Die Reihenfolge ist keine Rangfolge, sondern alphabetisch nach Komponisten, wobei ich es mir versagt habe, einzelne Komponisten mehrfach zu nennen, weil sonst womöglich nur Gershwin, Porter, Sondheim und der Rodgers von Rodgers/Hart vorkämen.


    Andersson/Ulvaeus: CHESS
    (als beste Vertreterin der Mikrophonmusicals. KRISTINA FRAN DUVEMALA ist noch besser, aber eigentlich schon eine Oper)


    Leonard Bernstein: WEST SIDE STORY
    (sehr schade um ON THE TOWN und WONDERFUL TOWN sowie 1600 PEWNNSYLVANIA AVENUE)


    Jerry Bock: SHE LOVES ME
    (sorry, nicht FIDDLER ON THE ROOF)


    Cy Coleman: ON THE TWENTIETH CENTURY
    (schade um SWEET CHARITY, CITY OF ANGELS und mindestens drei weitere)


    George Gershwin: OF THEE I SING und die Fortsetzung LET 'EM EAT CAKE
    (trotz dieses leichten Mogelns fehlen mir hier mindestens fünf andere)


    John Kander: THE KISS OF THE SPIDER WOMAN
    (obwohl CABARET und CHICAGO natürlich auch toll sind, aber CABARET ist schon ein Fixkandidat für die Filmmusicals)


    Frank Loesser: GUYS AND DOLLS (knapp vor HOW TO SUCCEED IN BUSINESS WITHOUT REALLY TRYING)


    Bob Merrill: CARNIVAL (eines des ganz wenigen Musicals nach einem Film, das mindestens genauso gut ist wie seine Vorlage, LILI)


    Cole Porter: ANYTHING GOES
    (Neben Gershwin und Rodgers gibt es hier die herbsten Verluste durch die Limitierung auf ein Werk, etwa KISS ME KATE)


    Richard Rodgers: PAL JOEY
    (schade um ON YOUR TOES und sein Ballett sowie ...)


    Harvey Schmidt: THE FANTASTICKS
    (als verdienter Vertreter des Off-Broadway und trotz I DO! I DO!)


    Stephen Sondheim: COMPANY
    (schade um FOLLIES, SWEENEY TODD, INTO THE WOODS u.v.a.)


    Jule Styne: GYPSY
    (knapp vor den gleichwertigen GENTLEMEN PREFER BLONDES und FUNNY GIRL)


    Kurt Weill: LADY IN THE DARK
    (eigentlich gehört DIE DREIGROSCHENOPER hierher, denn sie ist mehr Musical als Oper, wird aber selten so genannt)


    Maury Yeston: NINE
    (Das andere Musical, das genauso gut ist wie seine Filmvorlage, Fellinis 8 1/2. Schade um PHANTOM und das musikalisch besonders ambitionierte TITANIC)


    Jetzt sind es doch 15 geworden statt der eigentlich beabsichtigten 10, aber darunter täte mir der dauernde Verzicht zu weh. Schon auf Irving berlins ANNIE GET YOUR GUN ha be ich nur verzichten können, weil es von ihm noch bessere Filmmusicals gibt)


    Jetzt bin ich mal gespannt, wie die Listen der hieran Interessierten aussehen. Natürlich erwarte ich keine ähnliche Trennung, wie ich sie notgedrungen vorgebe.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    Ich habe gerade im Spieler eine CD gesteckt mit einem Querschnitt von "West Side Story". Mit u.A. Larry Kent, Carole Lawrence und Reri Grist. Also die Broadwaybesetzung. Ich hatte diesen Querschnitt schon eher auf LP.


    Jetzt meine Frage: Welche Ausführung ist D.E. besser? Die Filmausführung oder die Broadwayausführung. Ich habe die komplette Soundtrack vom Film, aber finde sie nur fad, verglichen mit dieser Ausführung.


    LG, Paul


  • Erst mal vielen Dank für den Hinweis darauf, dass Reri Grist die Consuelo der Uraufführung sang, spielte und tanzte. Die hatte ich noch gar nicht auf dem Radar bzw. schon lang vergessen.


    Zu Deiner Frage: ich hatte den Film Anfang der 60er schon über zehn Mal begeistert gesehen, bevor mir richtig klar wurde, dass es eine alternative Broadway-Aufnahme gab. Deshalb bin ich mehr als befangen, weil ich die Musik nie hören kann ohne die Filmbilder zu sehen und den dazu gehörenden Soundtrack zu hören. Natürlich fehlt dem Soundtrack eine gewisse Authentizität, weil die beiden Stimmen von Maria und Tony von filmgeübten Sängern (Marni Nixon und Jimmy Bryant) gesungen werden, denen ein ganzes Stück Identifikation mit den Rollen fehlt, so sauber sie singen. Außserdem fehlen ein püaar Stücke (vor allem das gesungene "Somewhere" und sind andere, wie "The Rumble" und "Gee Officer Krupke" umgestellt (das aber sehr gut). Von daher ist die Broadway-Aufnahme definitiv besser (auch besser als Bernstein eigene und für meinen Geschmack zu opernhafte Einspielung, die allerdings orchestral die allerbeste ist, gefolgt von dem sehr guten Filmsoundtrack.


    Wäre dies ein anderer Thread, sähe meine Idealmischung aus den verfügbaren Aufnahmen so aus:
    Tony: Larry Kert
    Maria: Barbara Bonney (aus der ansonsten schwachen Aufnahme von Barry Wordsworth)
    Anita: Rita Moreno (oder Chita Rivera, obwohl auch Tatjana Troyanos ihre Sache sehr gut macht)
    Riff: Russ Tamblyn
    Bernardo: George Chakiris, aber der hat ja viel mehr zu tanzen als zu singen
    Orchester: natürlich das ad hoc Orchester unter Leonard Bernstein persönlich mit dem des Film Soundtrack gar nicht weit dahinter.


    :hello: Rideamus

  • So, jetzt ich:


    Auf der Bühne gesehen habe ich:
    Cats, Les miserables, Miss Saigon, Rocky Horror Picture Show, Hair, Der Kleine Horrorladen (zählt der als Musical?)


    Dann hab ich Aufnahmen von:
    Phantom of the Opera, West Side Story, Sarafina, Brigadoon (hab mich bei dem Film als Kind unsterblich in Gene Kelly verliebt :O)


    Ich könnte jetzt nicht sagen, dass mir eines davon nicht gefallen hätte. Musikalisch finde West Side Story am besten, was den "emotionalen Effekt angeht, spricht mich Les Miserables am meisten an. Und Rocky Horror Show ist einfach Kult.


    LG
    Rosenkavalier

  • Wie versprochen, hier meine persönliche Hitliste der Musicals, die ich als Operetten einstufe. Es gilt das selbe Prinzip wie vorher: Komponisten alphabetisch (also keine Rangordnung) und nur ein Werk pro Komponist (mit den knappen Verlierern in Klammern):


    Leonard Bernstein: CANDIDE
    (PETER PAN sollte man nicht ganz vergessen, obwohl das eher ein Stück mit ein paar Musiknummern ist)


    Rick Besoyan: LITTLE MARY SUNSHINE
    (diese erklärte Hommage an die gute alte Operette sollte jeder Operettenliebhaber kennen)


    Jerry Bock: FIDDLER ON THE ROOF
    (vielleicht auch noch THE APPLE TREE, aber ANATEVKA ist halt erfolgreicher, auch als Operette)


    Noel Coward: BITTER SWEET
    (eigentlich IST das eine Operette, nur nimmt sie kaum jemand als solche wahr)


    Jerry Hermann: HELLO DOLLY
    (dicht gefolgt von MAME)


    Jerome Kern: SHOW BOAT
    (an diesem Meilenstein der Musical-Operette führt kein Weg vorbei. Schade um SITTING PRETTY, ROBERTA und diverse andere)


    Burton Lane: FINIAN'S RAINBOW
    (zugegeben ein Grenzfall, denn Fantasy war auch keine Stärke der Operette, aber in dieser Liste ist wenigstens noch etwas mehr Platz :D )


    Mitch Leigh: MAN OF LA MANCHA
    (ein einzelner großer Wurf. Man höre nur die Aufnahme mit Placido Domingo und JUlia MIgenes und wird kaum mehr daran zweifeln, dass er eine Operette ist)


    Frederick Loewe: MY FAIR LADY
    (ex aequo mit BRIGADOON, aber da gilt derselbe Grenzfall wie bei FINIAN'S RAINBOW. Schon lustig - oder bezeichnend? - dass die Entdeckung des Musicals in Deutschland mit einer Operette im Musicalpel einsetzte.)


    Cole Porter: KISS ME KATE
    gehört wohl eher hierher und verdrängt daher so schöne Sachen wie DUBARRY WAS A LADY und CAN-CAN)


    Richard Rodgers: THE KING AND I
    (eigentlich waren fast alle Rodgers/Hammerstein Kooperationen Operetten, aber die ist es am meisten)


    Claude-Michel Schönberg: LES MISERABLES
    (was außer dem Arbeitstitel und der Mikrophonie ist da Musical?)


    Stephen Sondheim: A LITTLE NIGHT MUSIC
    (die Musiksprache ist zwar nur teilweise die der Operette, aber das Buch nach Bergmanns "Das Lächeln einer Sommernacht um so mehr". Außerdem MUSS das Srück in einer meiner Hitlisten auftauchen)


    Andrew Lloyd Webber: THE PHANTOM OF THE OPERA
    (hier gilt dasselbe wie für LES MISERABLES, und wenn Webber die Oper zitieren will, kommt immer Operette dabei raus. Trotzdem: sein bestes Stück)


    Maury Yeston: PHANTOM
    Diese viel unbekanntere Musikfassung des "Phantom der Oper" ist vielleicht weniger spektakulär, musikalisch aber deutlich besser als Webbers Blockbuster. Ich bin zuversichtlich, dass sie den Lauf der Zeit besser überstehen wird.


    Und wieder sind es mehr als zehn geworden, aber diesmal habe ich wenigstens nicht das Gefühl, dass ich auf zu viel Nennenswertes habe verzichten müssen.


    Vielleicht hilft das aber, die Diskussion über die Unterschiede zwischen Operette und Musical weiter zu führen. Dann aber bitte in diesem Thread, wo das Thema schon andiskutiert wurde: Die verkannte Kunstform: DAS MUSICAL


    :hello: Rideamus

  • Wo's grad so schön passt:


    Mein Musik-Abreisskalender auf meinem Schreibtisch erinnerte mich gestern den ganzen Tag daran, dass am 26.09.1957 - also vor genau 50 Jahren - die Broadway-Premiere der West Side Story stattfand!


    Ratet mal, was ich daher gestern abend andächtig gehört habe...?


    Obwohl - andächtig? Kann man bei dieser Musik still sitzen bleiben und nicht in Versuchung geraten, mitzusingen? :pfeif::D


    Im Text des Kalenderblattes wird daran erinnert, wie sehr die West Side Story das damalige Publikum überrumpelte angesichts ihrer Thematik von Jugendgangs, Rassismus und Gewalt - und das in den 1950ern!


    Außerdem wird daran erinnert, dass Komponist Bernstein mit diesem Werk versuchte, den Anstoß für eine eigenständige amerikanische Opernform zu geben, was ihm aber zu seiner Enttäuschung am rückwärtsgewandten, konservativen und ausschließlich kommerziell orientierten Broadway nicht gelingen sollte... schade eigentlich!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne


    Mein Musik-Abreisskalender auf meinem Schreibtisch erinnerte mich gestern den ganzen Tag daran, dass am 26.09.1957 - also vor genau 50 Jahren - die Broadway-Premiere der West Side Story stattfand!


    ... Außerdem wird daran erinnert, dass Komponist Bernstein mit diesem Werk versuchte, den Anstoß für eine eigenständige amerikanische Opernform zu geben, was ihm aber zu seiner Enttäuschung am rückwärtsgewandten, konservativen und ausschließlich kommerziell orientierten Broadway nicht gelingen sollte... schade eigentlich!


    Netter Kalender. :yes:


    Ich wäre aber nicht ganz so pessimistisch, was den Einfluss von WEST SIDE STORY angeht, zumal ich nicht glaube, dass Bernstein mit der WEST SIDE STORY eine amerikanische OPER schreiben wollte, nur weil er sich bei dieser Gattung bediente. Zumindest nach eigenen Aussagen ging es ihm dezidiert um eine Erweiterung der Möglichkeiten des Musicals, das er ja in der Tat für ein viel breiteres Spektrum öffnete (thematisch wie musikalisch). Dass man ihm da nicht häufig folgen konnte, liegt natürlich auch an seiner singulären Begabung, aber ein Sondheim, der ja schon die Songtexte zur WSS geschrieben hatte, wusste Bernsteins Impulse sehr wohl aufzunehmen und fortzuführen, siehe SWEENEY TODD.


    Jedenfalls ein guter Grund, es Paul und Dir nachzumachen und mal wieder rein zu hören oder den Film anzusehen.


    :hello: Rideamus

  • Übrigens, was WSS und andere Werke, die für den Broadway geschrieben wurden, angeht:


    Das Notenmaterial ist eine Zumutung!
    Das WSS-Material ist immer noch die alte krakelige handgeschriebene Fassung.
    Sweeney Todd:Handgeschrieben, aber lesbar.
    Cabaret:dito


    WSS ist besonders schlecht zu lesen, anscheinend wird davon ausgegangen, daß die Musiker bei einer en Suite -Produktion das Werk eh irgendwann auswendig draufhaben.


    Aber verwunderlich ist es schon, daß es in 50 Jahren nicht möglich war, das Orchestermaterial einmal wirklich zu drucken.


    LG,
    Michael

  • Lieber Michael,


    danke für diese Information. Davon hatte ich überhaupt noch keine Ahnung.


    Ich kann mir zwar vorstellen, dass Deine Vermutung bei Werken stimmt, die nur in exklusiver Franchise gespielt werden, aber die von Dir genannten sollten darüber doch eigentlich hinaus sein. Hast Du / Hat jemand mal bei den Verlagen nachgefragt, woran das liegen könnte?


    Das kommt einem ja fast so vor wie zu Zeiten, als Rossini, Verdi & Co. die Orchesterstimmen in Nachtarbeit vor der Premiere per Hand schreiben mussten, was bei Musicals ja auch oft noch vorkommen soll, wenn nach einem Tryout eine neue Nummer geschrieben wurde.


    :hello: Rideamus

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  • Lieber Rideamus,

    Zitat

    Das kommt einem ja fast so vor wie zu Zeiten, als Rossini, Verdi & Co. die Orchesterstimmen in Nachtarbeit vor der Premiere per Hand schreiben mussten


    Genau so sehen die Noten der WSS aus.
    Ich habe dieses Werk unzählige male an verschiedenen Häusern gespielt und alle haben über das Material geflucht.


    Es ist immer dasselbe unleserliche krakelige Handschriftenmaterial.


    Wir habe die DIN A4-Seiten damals wenigstens vergrößert, dann konnte man es halbwegs lesen.


    Zitat

    aber die von Dir genannten sollten darüber doch eigentlich hinaus sein


    Neinnein:
    Auch die ALW-Musicals ( Jesus kreischt,Ähvita, etc. ) sind handgeschrieben, allerdings recht ordentlich.


    Es scheint sich bei so ziemlich allen Musicals, die vor der Erfindung des PC geschrieben wurden, um handschriftliche Ausgaben zu handeln.


    Übrigens mußt Du nicht davon ausgehen, daß der Dirigent eine Partitur hat.
    Auch bei der WWS wird m.W. nach dem Klavierauszug dirigiert.


    Zitat

    Hast Du / Hat jemand mal bei den Verlagen nachgefragt


    Unser Orchesterbüro hat damals tatsächlich beim Verlag, der die Exclusivrechte besitzt, nachgefragt und es gibt wirklich nur die alte unleserliche Ausgabe.


    Sweeney Todd ist sehr gut lesbar, aber halt auch handgeschrieben.


    Im Falle von WWS ist das eigentlich, wenn man bedenkt, was dieses Werk dem Verlag im Laufe der Jahre wohl eingebracht hat, wirklich ein Skandal! :yes:


    :hello:
    Micha

  • Ja, das leidige Thema mit völlig überteuerten Noten, die dazu noch in miserabler Qualität vorliegen (auch gestochene Noten nützen nix, wenn der Druck mangelhaft ist und das Notenbild dadurch zahlreiche Lücken oder "blassere Stellen" aufweist) hat man leider auch mit vielen anderen Werken (wir ärgern uns zur Zeit über die Kodály-Noten zum Budapester Te Deum und auch die Klavierauszüge zu Poulencs Gloria waren für den Preis, der dafür verlangt wurde, alles andere als otpimal X().


    Aber die Tatsache, dass im Musicalbereich tatsächlich auch über einen Zeitraum von 50 Jahren (!) und sogar bei absoluten Kassenschlagern (und nicht etwa "nur" bei unbekannten Nischenwerken) notentechnisch noch Zustände herrschen wie im 18. Jahrhundert hätte ich jetzt auch nicht erwartet!


    Dass meistens (oder sogar immer) aus dem Klavierauszug dirigiert wird, war mir auch neu - das öffnet quasi Tür und Tor für den lokalen Aufführungsumständen angepasste Arrangements, die individuell an die jeweilige Produktion gebunden sind (hier mal eine Klarinette mehr, da mal eine Violine weniger oder so...) :wacky:


    Es zeigt mir, dass Musicals (auch die Klassiker) nach wie vor eine Art "Work in progress" sind. Bis es zu ersten Urtext-Werkausgaben z. B. von Richard Rodgers oder Jerome Kern kommen wird, wird wohl noch etwas Zeit vergehen... :rolleyes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Es zeigt mir, dass Musicals (auch die Klassiker) nach wie vor eine Art "Work in progress" sind. Bis es zu ersten Urtext-Werkausgaben z. B. von Richard Rodgers oder Jerome Kern kommen wird, wird wohl noch etwas Zeit vergehen... :rolleyes:


    Zum Glück nicht ganz, obwohl Du im Prinzip leider nur zu sehr Recht hast.


    Immerhin gibt es schon eine wunderbare Einspielung nach einer kritischen Ausgabe von Jerome Kerns SHOW BOAT:



    Außerdem die vorbildliche Serie der Nonesuch-Aufnahmen unter Eric Stern und anderen, die leider wegen mangelnder Nachfrage mindestens unterbrochen wurde. Als Beispiel diese Aufnahme:



    Alle Einspielungen dieser Serie sind bislang höchst empfehlenswert, auch wenn die Orchestrierung zum größten Teil nachempfunden werden musste, was aber mit höchstem Stilgefühl geschah.


    Ich kann nur hoffen, dass es nicht noch eine Generation oder gar so viele wie bei den Belacanto-Opern dauern wird, bis auch dem Rest der Gattung dieselbe Aufmerksamkeit und Gewogenheit gilt.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    Durch alle Zeiten des Musiktheaters haben Komponisten versucht, späterstens seit Mozart auch versuchen müssen, das breitere Publikum zu erreichen und sich eines aufzubauen. Sie hatten das Glück, auch wenn sie es nicht immer so sahen, ein relativ kenntnisreiches und musikverständiges Publikum anzusprechen, das durch seit der Verbreitung der dummen Teilung in E- und U-Musik zu einem großen Teil in den letzteren Bereich abgewandert ist.


    Nur: Ab wann ist ein Publikum "breit"? Wie sehr muss sich der Komponist darum bemühen - oder kommt nicht das Publikum von selbst, bemüht sich nur der Komponist ausreichend ums Komponieren und nicht ums Publikum?


    So gibt es Komponisten, denen man kaum nachsagen wird, sie hätten sich bemüht, ein breiteres Publikum zu erreichen, und die momentan recht präsent sind, ich meine hier zum Beispiel Helmut Lachenmann.


    Und zur dummen Teilung: Ist das Publikum wegen der "Verbreitung der Teilung" abgewandert? Würden jetzt mehr Leute zu Lachenmanns Aufführungen pilgern, gäbe es die dumme Teilung nicht? Außerdem wird gerade bei den Festivals für Neue Musik (Donaueschingen, Wien modern, steirischer Herbst, etc.) seit langer Zeit (in Donaueschingen von Anfang an) gegen die Teilung gearbeitet indem "beides" zu Wort kommt. Wer ist also für die dumme Teilung verantwortlich? Die Pop-Musik?
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Und zur dummen Teilung: Ist das Publikum wegen der "Verbreitung der Teilung" abgewandert? Würden jetzt mehr Leute zu Lachenmanns Aufführungen pilgern, gäbe es die dumme Teilung nicht? Außerdem wird gerade bei den Festivals für Neue Musik (Donaueschingen, Wien modern, steirischer Herbst, etc.) seit langer Zeit (in Donaueschingen von Anfang an) gegen die Teilung gearbeitet indem "beides" zu Wort kommt. Wer ist also für die dumme Teilung verantwortlich? Die Pop-Musik?
    :hello:


    Hier können wir uns ausnahmsweise ganz schnell einig werden. Natürlich gabe es auch schon immer Komponisten, die wohlbestallt genug waren oder eine bescheidene Lebenshaltung pflegten um nicht von dem Erfolg ihrer Musik abhängig sein zu müssen, wie freiwillig auch immer.


    Die dumme Teilung haben m. E. aber am wenigsten die Musiker zu verantworten, die darüber eher unglücklich waren (mindestens zum Teil auf beiden Seiten). Die ging wohl eher von den Impresarios, Konzertveranstalter und, sobald es sie gab, den Managern und Vertrieben der Plattenlabels aus, denen die Print- und sonstigen Medien sehr bereitwillig gefolgt sind. Marketing ist halt einfacher, wenn man es mit einem klar definierten Zielpublikum zu tun hat.


    Ich vermute, dass die Begrifflichkeit der Teilung U- und E-Musik nach dem Krieg von dieser Ecke her aufkam. Weiß das jemand genauer?


    :hello: Rideamus

  • Hallo MarcCologne,


    Zitat

    das öffnet quasi Tür und Tor für den lokalen Aufführungsumständen angepasste Arrangements, die individuell an die jeweilige Produktion gebunden sind (hier mal eine Klarinette mehr, da mal eine Violine weniger oder so


    Das stimmt so nicht:


    Die Orchestrationen sind ja festgelegt, das hat mit der Tatsache, daß der Dirigent dann nur einen Klavierauszug hat, nichts zu tun, das Orchestermaterial ist ja komplett so, wie es sein soll, vorhanden.


    Da wird dann nicht mal eben eine Klarinette eingefügt, das geht auch gar nicht so ohne weiteres.


    Die Streicherbesetzungen variieren in der Stärke sowieso bei jedem Orchester und bei jedem Werk jeder Gattung.
    Die Mindeststärke sollte allerdings berücksichtigt werden:


    Bei der WSS liegt diese bei etwa 8-10 Violinen.
    Bratschen kommen bei der WSS überhaupt nicht vor, dafür sind die Celli vierfach geteilt, was bedeutet, daß mindestens 4 Celli zum Einsatz kommen müssen.


    Die zwei Trompetenparts werden normalerweise von Spezialisten, also Jazz-Trompetern, gespielt, welche extra eingekauft werden.
    Diese Trompeter spielen Instrumente mit u.a. amerikanischer Bohrung, welche kleiner als die deutsche ist.


    ALW-Musicals und viele andere werden mit nur 2 Celli gespielt. Falls Bratschen dabei sind, haben diese dann eine Stärke von 3 Spielern und dazu kommen wiederum 8-10 Violinen.


    Dies ist eine standardmäßige Musicalstreicherbesetzung.


    Zitat

    Es zeigt mir, dass Musicals (auch die Klassiker) nach wie vor eine Art "Work in progress" sind


    Das trifft auf kein einziges Musical, welches ich bisher gespielt habe, zu.


    Nimm das mit dem Klavierauszug nicht zu wichtig.
    Außerdem beschränkt sich das Fehlen von Partituren nicht nur auf Musicals, sondern dies kommt auch bei Operetten vor:
    Bei uns steht jetzt der "Vogelhändler" auf der Speisekarte und unser Dirigent hat schon vorgewarnt, daß er nur einen Klavierauszug zur Verfügung hat.
    Das ist öfter der Fall, als man denken sollte, auch bei Kalman, Lehar u.a. .


    Super ist noch, wenn man mal ein Teil spielt aus einer Zeit, als die Musiker der leichteren Muse noch selbstverständlich mehrere Instrumente spielten.


    Früher war es ja gang und gäbe, daß z.B. ein Operettenorchester einen Kontrabassisten mit Verpflichtung zur Tuba suchte. (Echt war... :D )


    Vor sehr vielen Jahren hatte ich einmal Paul Abrahams "Blume von Hawai" vor der Winsel.


    In den Noten war zu lesen: Cello, Hawai-Gitarre und Sousaphon. 8o
    :faint:
    Irgendwie habe ich diese Parts dann auf dem Cello hingerichtet.
    Ach ja, eine Partitur gab es natürlich auch nicht.....


    LG,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Die Streicherbesetzungen variieren in der Stärke sowieso bei jedem Orchester und bei jedem Werk jeder Gattung.
    Die Mindeststärke sollte allerdings berücksichtigt werdenl


    Berücksichtigen sollte man auch die für Musicals übliche Höchstbesetzung, die durch einen Rohrkrepierer der Gewerkschaften "festgeschrieben" wurde. Ich glaube, es war in den 60er Jahren, als für den Broadway verbindlich festgeschrieben wurde, dass die Mindeststärke des Orchesters (bin nicht sicher, aber ungefähr) 25 Mann betragen sollte.


    Prompt bürgerte sich wie auf Absprache zwischen allen notorisch kostengeplagten Produzenten ein, dass die Mindestgröße des Orchesters zugleich dessen Maxmalumfang wurde. Wurden also besondere Instrumentaleffekte gewünscht oder benötigt, mussten die ungebräuchlicheren Instrumente entweder von vielseitigen Musikern mit abgedeckt werden, die prompt immer begehrter wurden, oder andere Instrumente bzw. Doppelbesetzungen verdrängen.


    Wird das an unseren Theatern begrüßt, Michael, oder eher ignoriert?


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus,

    Zitat

    Wird das an unseren Theatern begrüßt, Michael, oder eher ignoriert?


    Ich glaube zu wissen, was Du meinst.


    Bei Cabaret z.B. mußten Spezialisten eingekauft werden, die Querflöte, Klarinette, Fagott und Saxophon gleichzeitig beherrschten.


    Man hätte diese ganzen Stimmen auch mit einzelnen Musikern besetzen können, aber das Orchestermaterial sieht halt diese dreifach oder vierfach-Spezialisten vor.
    Ansonsten wäre das Orchester tatsächlich wesentlich größer ausgefallen.


    Das wird das von Dir angesprochene Problem sein.
    Den Theatern ist dies m.W. egal, sie können gar nicht anders, als die Instrumentationsvorgaben zu beachten und eben gegebenenfalls Spezialisten anheuern.


    Ich habe schon einige Musicals erlebt, wo mindestens ein drittel der Musiker nicht vom Haus waren.


    Ich denke, daß es weder begrüßt (das wäre ja Quatsch, bei einem Opernorchester sind ja alle Musiker vorhanden und Spezialisten kosten extra) noch ignoriert wird, sondern einfach hingenommen wird.


    Bernstein hat bei seinem Konzertwerk, den Sinfonischen Tänzen aus WSS, ja auch Bratschen und allerlei andere Instrumente hinzugezogen.
    Diese Noten sind übrigens auch ordentlich gedruckt.


    Der Verzicht auf Bratschen bei der WSS kann finanzielle Überlegungen haben, aber auch den sehr geringen Platz in einem Broadway-Orchestergraben berücksichtigen.


    Für den mitunter sehr kleinen Orchestergraben eines reinrassigen Musical-Theaters ist eine Festlegung auf 25 Musiker übrigens eine sehr vernünftige Sache.
    Ich habe ja häufig bei "Elisabeth" ausgeholfen.
    Der Orchestergraben im Colosseum in Essen ist vergleichsweise winzig.
    Das Ambiente und der Platz entpricht etwa dem der Touristenklasse in einem Flugzeug.


    LG,
    Michael


  • Ist es auch. Nur liegt das Problem zwar ursächlich an den Gewerkschaftsregeln des Broadway, tatsächlich aber ist der Flschenhals bei den Musikverlegern zu suchen. Technisch wäre es ja kein Problem (außer der immer relevanten Kostenfrage), die Stimmen auseinander zu dividieren und von den jeweiligen Spezialisten z. B. der deutschen Stadttheater spielen zu lassen. Die hätten dann halt weniger zu tun, wenn ein Kollege von "ihrer" Stimme mit dem anderen Instrument dran ist, aber eines Kostenfrage wäre es für die Theater nicht zwangsläufi. Es klingt sogar fast nach dem Gegenteil.


    Danke für diesen Einblick in einen Aspekt, der mir nie so problematisch erschien.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Die hätten dann halt weniger zu tun


    Lieber Rideamus,
    nein, die hätten dann erheblich mehr zu tun, denn natürlich haben die dann frei, da ja ein Spezialist die Arbeit übernimmt.


    Bei der WSS hat ja auch die gesamte Bratschengruppe frei, während mind. vier Cellisten spielen müssen.
    :hello:
    Michael

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