Hallo,
ich dachte, daß ich einmal auf die schönen Konzerte von Nikolai Medtner (1880-1951) aufmerksam mache.
Das erste beginnt mit einer dramatischen Klaviereinleitung, in die das Orchester mit dem Hauptthema einfällt, welches dann im Laufe des Konzertes durch allerlei Variationen gejagt wird.Es ist auch eines der wenigen Klavierkonzerte, die nicht mit einem Orchestertutti aufhören, sondern mit dem Soloklavier.
Falls sie noch irgendwo erhältlich ist würde ich die Aufnahme mit Igor Schukow empfehlen.
Es gibt aber bei Chandos eine sehr gute Gesamteinspielung mit Geoffrey Tozer, einem australischen Medtner-Spezialisten, die ich insgesamt empfehlen kann.
Horowitz wollte dieses Konzert immer wieder mal in sein Repertoire aufnehmen, aber irgendwie hat's nicht hingehauen.
Das 2.Konzert ist wesentlich traditioneller gearbeitet( normal dreisätzig), es hat seine Längen, aber auch tolle Höhepunkte.
Einer dieser Höhepunkte ist für mich die sehr lange und interessante Kadenz am Ende des ersten Satzes.
Vor allem das Ende der Kadenz finde ich toll gelöst, kein dramatischer Oktavlauf oder der obligate Triller, sondern nur ein kurzer trockener Dominantseptakkord, und das Orchester setzt mit der Schlußstretta ein.
Die bekannteste Aufnahme ist hier, wie auch vom dritten Konzert, die hochgelobte Einspielung mit Nikolai Demidenko auf Hyperion.
Diese ist wirklich ganz hervorragend, allerdings ist meine Lieblingsaufnahme eine alte Mono-Einspielung mit dem mir ansonsten völlig unbekannten Abram Shatzkes unter Swetlanow.
Obwohl sie wesentlich langsamer gespielt ist, hat dieser Pianist eine solche Dramatik und Kraft, bei nur minimalem Pedaleinsatz, die mich schlicht umhaut.
Es gab sie mal auf Melodya-CD, aber ich fürchte, daß man sie nicht mehr bekommt-schade.
Das 3.Konzert ist eigenlich eine Ballade, sehr lyrisch und abgeklärt.
Medtner wurde gegen Ende seines Lebens vom Maharaja von Mysore gefördert, und diesem ist dieses Konzert auch gewidmet.
Erstaunlich ist, daß es sich bei den Konzerten um die einzigen Kompositionen mit Orchester handelt.
Darüberhinaus gibt es von Medtner kein einziges Werk, in dem kein Klavier vorkommt.
Medtner, der deutscher Abstammung war, emigrierte 1921 nach Deutschland und lebte später in Frankreich.
Er hatte übrigens auch einen Bruder, Emilii Medtner , der "der russische Mephisto" genannt wurde.
Hier vertraue ich mal auf Edwin: Die Hintergründe dieses eigenartigen Bruders würden mich sehr interessieren und ich kann mir vorstellen, daß Du, lieber Edwin, mich dahingehend aufklären kannst.
Schlußendlich war Medtner sehr mit Rachmanninoff befreundet, aber ich finde seine Musik wesentlich intimer und introvertierter.
Schöne Grüße,
Michael