Idealbesetzung für "Götterdämmerung"

  • Werkdaten
    Titel: "Götterdämmerung"
    Form: durchkomponiert
    Originalsprache: Deutsch
    Musik: Richard Wagner
    Libretto: Richard Wagner
    Uraufführung: 17. August 1876
    Ort der Uraufführung: Festspielhaus Bayreuth
    Spieldauer: ca. 5 Stunden
    Ort und Zeit der Handlung: Walkürenfelsen, Gunthers Hofhalle am Rhein, Waldige Gegend am Rhein, mythische Vorzeit


    Personen
    * Siegfried (Tenor)
    * Gunther (Bariton)
    * Alberich (Bariton)
    * Hagen (Baß)
    * Brünnhilde (Sopran)
    * Gutrune (Sopran)
    * Waltraute (Mezzosopran)


    Die Nornen:


    * Erste Norn (Alt)
    * Zweite Norn (Mezzosopran)
    * Dritte Norn (Sopran)


    Die Rheintöchter:


    * Woglinde (Sopran)
    * Wellgunde (Mezzosopran)
    * Floßhilde (Alt)


    * Frauen, Mannen (Chor)



    WICHTIG: Allgemeine Spielregeln


    Anmerkung: Nun folgt – wie vermutlich von einigen schon längst erwartet – auch der Rest vom "Ring".

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Siegfried: Max Lorenz (Ludwig Suthaus, Lauritz Melchior)
    Brünnhilde: Astrid Varnay (Paula Buchner, Maria Müller, Birgit Nilsson)
    Gunther: Thomas Stewart (Dietrich Fischer-Dieskau)
    Alberich: Gustav Neidlinger (Ekkehard Wlaschiha, Zoltán Kelemen)
    Hagen: Josef Greindl (Matti Salminen, Jaro Prohaska)
    Gutrune: Martha Mödl (Kirsten Flagstad)


    Dirigent: Furtwängler (Keilberth, Knappertsbusch)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es geht wirklich zu schnell: Jeden tag ein oder zwei Threads in denen Idealbesetzungen gesucht werden sollen. Einmal pro Woche wäre sicher ein besserer Anreiz auch mal ein bischen nachzudenken, zu begründen und zu diskutieren.


    Ausserdem wir es langweilig, wenn immer wieder Wagner kommt. Da weiss ich jetzt ja schon vorher, wer welche Sänger als Ideal ansieht. Warum nicht mal die AFRIKANERIN von Meyerbeer oder EUGEN ONEGIN von Tschaikowsky, ROMEO UND JULIA von Gounod oder FORZA DEL DESTINO von Verdi? Das wäre spannender.


    Am Ring jedenfalls mache ich erst mal nicht mit.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Na ja, ich habe jetzt ca. eine Woche ausgesetzt, und ich dachte, man sollte den "Ring" eben noch "zu Ende schmieden", ganz unabhängig von anderen Komponisten.


    Gerne auch Meyerbeer, Tschaikowsky, Gounod oder Verdi!


    Ich werde mich mit neuen Threads in unserer Reihe jedenfalls künftig zurückhalten.


    LG
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Siegfried: Lauritz Melchior
    Brünnhilde: Birgit Nilsson
    Gunther: Thomas Stewart
    Alberich: Gustav Neidlinger
    Hagen: Gottlob Frick
    Gutrune: Elisabeth Grümmer
    Waltraute: Brigitte Fassbaender


    Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele, Dirigent: Karl Böhm



    :hello: LT

  • Nun bin ich wirklich ratlos. Ich bin bei der Idealbesetzung der "Götterdämmerung" voll der Meinung von Liebestraum. Soll ich nun einfach schreiben - genau so und einfach nur doppelt zählen. Ganz so einfach möchte ich es mir als verantwortliches Tamino-Mitglied nun doch nicht machen. also werde ich wenigstens Alternativen zu der Idealbesetzung von Liebestraum und mir nennen:


    Siegfried: Lauritz Melchior ( Hans Hopf, Wolfgang Windgassen)
    Brünnhilde: Birgit Nilsson ( Astrid Varnay, Matha Mödl, Ute Vinzing)
    Gunther: Thomas Stewart ( Hermann Uhde, Bernd Weikl)
    Alberich: Gustav Neidlinger ( Ekkehard Wlaschhia, Ottokar Kraus, Hermann Becht)
    Hagen: Gottlob Frick (Ludwig Hofmann, Ludwig Weber, Josef Greindl. Matti Salminen, Hans-Peter König)
    Gurtrune: Elisabeth Grümmer (Ludmilla Dvorakova; Eva Randova)
    Waltraute: Brigitte Fassbaender( Hanna Schwarz)


    Dirigenten: Wilhelm Furwängler, Georg Solti, Hans Knappertsbusch.


    Unser geschätztes Orakel - Caruso - hat mit seiner Prognose: Er könne schon voraussagen, welche Sänger von wem in bestimmten Partien favorisiert werden recht. Bravo!
    Nur dabei wird die Grundsatzfrage angeschnitten: Wie bilden sich solche Vorlieben heraus? Zum einen gab es wahrscheinlich zu allen Zeiten ein Wagnerensemble, in dem fast weltweit die gleichen Interpreten eingesetzt wurden. Zum anderen haben wahrscheinlich zahlreiche Taminos genau wie ich diese Sänger in ihren Glanzeiten erlebt und wurden von deren Leistungen geprägt. Von der Fachwelt, Steane, Mann, Kesting, Fischer werden diese Urteile sogar noch untermauert und verstärkt. Darf man deshalb bereits behaupten: Nach herrschender Meinung?
    Gestattet mir auch einen persönlichen Hinweis: Dass mein Herz, als jahrzehntelanger Freund des Sängers, Frick-Biograph und Vizepräsident der Gottlob-Frick-Gesellschaft besonders für diesen Künstler schlägt ist selbstverständlich. Die Verantwortlichen der Gottlob-Frick-Gesellschaft legen jedoch äußersten Wert darauf, keinen Personenkult zu treiben. So hatten wir 2010 bei uns ein "Gipfeltreffen" der Bassisten" mit Kurt Moll, Franz Crass, Hans Sotin, Günter Wewel, Cornelius Hauptmann, Franz Mazura, Hans Georg Moser und weiteren Bassbaritonen. Leider war Matti Salminen erkrankt sonst wäre die Runde komplett gewesen. Diese illustere Schar wurde auch in der Presse gewürdigt. Nachfolgend gab es in der Gedächtnisstätte eine kleine Ausstellung "Bassissimo" genau mit den von mir genannten Künstlern. Dadurch wurde uns sogar "Neutralität" audrücklich bestätigt.
    Ich persönlich liebe es sogar, wenn ein Fan für seinen Star glüht und dies auch ausdrückt. Bei Tamino ist dann ja immer die Breite gegeben, die das wieder zurecht rückt. Gibt es dann einen gewissen Trend wiegt der mehr als die Einzelmeinung.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • un bin ich wirklich ratlos. Ich bin bei der Idealbesetzung der "Götterdämmerung" voll der Meinung von Liebestraum. Soll ich nun einfach schreiben - genau so und einfach nur doppelt zählen. Ganz so einfach möchte ich es mir als verantwortliches Tamino-Mitglied nun doch nicht machen. also werde ich wenigstens Alternativen zu der Idealbesetzung von Liebestraum und mir nennen:

    Ich will es mir mal ganz einfach machen. Bis auf Frick und Neidlinger sind für mich alle anderen austauschbar, einschließlich Orchester und Dirigenten. Weiterhin viel Spaß.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Unser geschätztes Orakel - Caruso - hat mit seiner Prognose: Er könne schon voraussagen, welche Sänger von wem in bestimmten Partien favorisiert werden recht. Bravo!
    Nur dabei wird die Grundsatzfrage angeschnitten: Wie bilden sich solche Vorlieben heraus? Zum einen gab es wahrscheinlich zu allen Zeiten ein Wagnerensemble, in dem fast weltweit die gleichen Interpreten eingesetzt wurden. Zum anderen haben wahrscheinlich zahlreiche Taminos genau wie ich diese Sänger in ihren Glanzeiten erlebt und wurden von deren Leistungen geprägt.


    Ja, Operus, da hast Du Recht. Es gibt Vorlieben. Für deren Herausbildung sind natürlich starke persönliche Erlebnisse ganz wichtig. Ich kenne Musikfans aus Kassel, die lassen im hochdramatischen Fach nichts auf Gerda L a m m e r s kommen, weil sie die Werke von Wagner durch sie kennen gelernt haben und wieder und wieder beeindruckt und ergriffen waren von ihrer Stimme und ihrer Gesatltung.
    Ich bin in Berlin aufgewachsen. Die ersten fünf Aufführungen, die ich von der Götterdämmerung hörte, waren durchweg gleich besetzt:
    M ö d l , G r ü m m e r , S u t h a u s , U h d e , G r e i n d l . Ich war jedes Mal begeistert. Für mich war das die Erfüllung!
    Und dann brachte die Staatsoper unter den Linden einen Ring mit:
    Helena B r a u n , Sigrid E k k e h a r d , Günter T r e p t o w , Rudolf G o n s z a r und Ludwig H o f m a n n unter Hans K n a p p e r s t b u s c h . Wieder war ich begeistert und durchaus nicht weniger!
    Es folgten viele weitere Aufführungen mit anderen Sängern in Berlin, in München, in Bayreuth und schließlich wurde mein Radius immer größer! Damit kam ich - und ich denke, dass es jedem so geht - schließlich dazu, die Leistungen der Sänger zu vergleichen und damit einerseits genau auf ihre stimmlichen, gesanglichen und darstellerischen Qualitäten (und Schwächen!) zu achten und andererseits zu fragen, wie sie denn ihre Partien verstehen und darstellen und was sie dazu beitragen, dass das Werk lebendig wird und uns etwas gibt.


    Hat man einmal angefangen hat, sich nicht einfach nur der Opernaufführung hinzugeben sondern sie genau hinhörend und mitdenkend zu genießen, so lässt einen das natürlich nicht mehr los. Deshalb habe ich mich im Laufe der Jahre wieder und wieder mit immer neuen Interpretationen beschäftigt und wunderbare Entdeckungen gemacht. Man lernt dann auch, dass es viele Möglichkeiten gibt, eine Partie anzulegen und jede ihren eigenen Sinn und Wert hat.
    Man kann M ö d l nicht gegen L i g e n d z a ausspielen. Jede ist auf ihre Art eine großartige Verkörperung der Partie.
    Das würde ich von V a r n a y auch sagen. Von N i l s s o n eher nicht. Sie beeindruckt natürlich mit der Kraft und dem hellen Strahl ihrer Stimme (ich habe sie als Brünnhilde ausschließlich in den 60er Jahren gehört), sie singt die immens schwere Partie absolut mühelos und erfüllt die meisten Forderungen, die Wagner an seine Sänger stellte. Aber leider nicht alle. Den Sinn der Worte zu erhellen, gar auszuloten und zu deuten, war ihre Sache nicht. Wem das wichtig ist, wird mit ihr nie ganz glücklich werden. Für ihn geht an Mödl kaum ein Weg vorbei. Aber er muss dann eben auch damit leben, dass man bei ihr - ich sag es mal ganz höflich - immer hört, wieviel Anstrengung es kostet, diese Partie zu singen.
    Eine ganz zentrale Frage ist natürlich, wie ich die Rolle der Brünnhilde eigentlich sehe. Auch da gibt es Alternativen. Ist sie für mich in erster Linie die liebende, betrogene, nach Rache sinnende und im Vollzug der Rache leidende und doch weiter liebende Frau? Oder ist Brünnhilde für mich vor allem die mythische Figur, die um Wesen und Vergehen der Welt weiß und schließlich das Ende der Welt herbeiführt und damit die Erlösung von Fluch und Schuld erreicht? Im ersteren Fall wäre L i g e n d z a das Ideal. Im zweiten Fall die V a r n a y ! - ICH finde beide großartig und möchte nicht gerne wählen müssen.


    Allerdings stellt sich mir dann doch immer wieder die Frage: gäbe es eine, die so mühelos die Partie bewältigt wie die Nilsson, die so jugendlich und weiblich ist und so warm und tief liebt wie die Ligendza, die den Sinn und die Bedeutung von Worten und Tönen so unmittelbar erfahrbar macht, wie die Mödl und die schließlich die mythische Dimension der Figur ganz ausfüllt wie die Varnay? Ich habe eine solche Brünnhilde nicht gehört. Nicht live und nicht in Aufnahmen. Also bleibt die Möglichkeit, sich für die eine oder andere zu entscheiden. Aber genau das fällt mir schwer, ja genau genommen ist es mir nicht möglich. Ich brauche die Mödl genau so wie die Ligendza und die Varnay, um zu erfassen, was Wagner uns in diesem letzten Teil der Tetralogie erzählt. Und machmal denke ich: das ist noch gar nicht alles! Hatte nicht Frida Leider noch eine Dimension, die ganz wichtig ist? Und Kirtsen Flagstad? Und...


    So, jetzt bin ich ziemlich grundsätzlich geworden, aber, Operus, Du hast es herausgefordert.


    Nun lasst Euch dadurch nicht den Spaß verderben! Schreibt einfach Eure Idealbesetzungen auf!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,


    und ich bin dankbar, dass Du diese Herausforderung angenommen und wieder ein lesenswertes Grundsatzstatement geschrieben hast.
    Herzlichst
    Operus :jubel:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • und ich bin dankbar, dass Du diese Herausforderung angenommen und wieder ein lesenswertes Grundsatzstatement geschrieben hast.


    Lieber operus,


    ein Grundsatzstatement hatte ich eigentlich gar nicht liefern wollen. Mir ging es eher darum, deutlich zu machen, wie meine wie meine Geschichte mit den Brünnhilden der letzten 60 Jahre gelaufen ist und wie ich von einer emotionalen zu einer reflektierten Urteilsbildung gekommen bin. Darüber ist mir dann selbst erst richtig klar geworden, wie wichtig es ist, auch zu klären, welches Bild ich von der Figur und dem Werk habe. Darüber sich auszutauschen, finde ich lohnend. Wenn man sich nur wechselseitig bekennt, für wen man schwärmt und wen man gar nicht leiden kann, dann finde ich das noch nicht so sehr interessant.


    Wenn ich in einer Aufführung sitze, kann ich mich dem, was da geschieht, sehr gut ganz einfach ausliefern. Ich kann mitfühlen, mich überwältigen lassen, ich kann genießen, ich kann mich langweilen oder ärgern. Aber wenn ich mich darüber austausche, versuche ich schon , genau zu beschreiben, was ich erlebt habe und wie und warum mich das berührt hat. Und wenn ich werte oder urteile, dann ist mir doch wichtig, meine Ausführungen argumentativ zu entfalten. Und dafür brauche ich Referenzrahmen und Kriterien. Das ist nicht Jedem hier im Forum sympathisch. Mich bringt das aber nicht davon ab, immer wieder nach Begründungen für Urteile zu fragen und dafür zu werben, dass wir Kriterien offen legen und diskutieren. Es ist ja jedermanns Recht, zu sagen, 'für mich ist die Nilsson die ideale Brünnhilde, weil sie so eine mächtige, metallisch triumphierende Stimme hat und nie an Grenzen kommt' - jedenfalls nicht an Grenzen des Stimmmaterials. Das akzeptiere ich natürlich. Mir persönlich wäre das aber entschieden zu wenig für eine ideale Brünnhilde. Von der erwarte ich eben auch, dass sie noch weiteren Kriterien gerecht wird. Das habe ich mit den Verweisen auf Mödl, Ligenda und Varnay andeuten wollen.
    Wäre schön, wenn darüber eine Diskussion in Gang käme, in der die Sicht auf die Partie, das Werk und die Interpreten weiter vertieft würde.


    Viele Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Lieber Caruso,


    Deine letzten Beiträge haben mir besondere Freude gemacht, weil sie m.E. auf die wesentlichsten Punkte bei einer sängerischen Leistungsbeurteilung zielen:


    Einerseits gibt es gesangliche Parameter, an denen man mit einer gewissen Erfahrung und eigenen gesanglichen Kompetenzen nicht "vorbeihören" kann (die Töne einer Gwyneth Jones sind z.B. bei aller Gestaltungsfähigkeit für mich nicht tolerierbar), auf der anderen Seite aber kommt die gestalterische Erfassung eines Sängerdarstellers dazu. Erst die Synthese dieser beiden Aspekte ermöglichen mir (wie auch Dir) einen Opernabend, der lange nachwirkt.


    Um auf die von Dir genannten Darstellerinnen der Brünnhilde näher einzugehen:


    Leider bin ca. 5 Jahre zu jung, um Martha Mödl noch in dieser Partie live erlebt zu haben, aber ich hatte zumindest noch das Glück Astrid Varnay, wie auch Caterina Ligendza live erleben zu können. Unvergessen sind beide, wobei bei Astrid Varnay eine Dimension dazukam, die mir bis heute geblieben ist. Da kam eine relativ kleine Frau, die im Gegensatz zur Ligendza keineswegs mehr über die "physic du rôle" verfügte, aber diese Punkte waren bei den ersten Tönen vergessen; diese Kraft und später der Schmerz der betrogenen Frau sind später von keiner Nachfolgerin mehr auch nur annähernd erreicht worden.


    Aber um die Diskussion auf die andere Hauptfigur zu erweitern und eine Erklärung dafür zu geben, warum für mich mein geliebter Windgassen weit über allen Siegfried-Darstellern der 60er und der späteren Jahre steht.


    Wie muss für mich Siegfried gesehen werden, damit die Partie nachvollzogen werden kann und spannend wird. Ungebrochene Helden sind etwas langweiliges; einfach gesagt, der doofe "Schlagetod" der bei Max Lorenz, wie auch später bei Hopf und Beirer für mich schon rein im zugegebenermassen kraftvollen, aber doch recht undifferenzierten Stimmeinsatz zum Tragen kommt ist für mich nicht fesselnd genug.


    Windgassens Siegfried war immer ein wissender und gleichzeitig gebrochener und dadurch viel modernerer "Held". (Auch bei ihm lässt sich etwas ähnliches wie bei Astrid Varnay sagen: Sah man ihn im Kostüm hinter der Bühne hatte man den Eindruck eines übergewichtigen älteren Herrn; sobald er aber auf der Bühne stand, war er wie verwandelt und vermochte dutzende Facetten aufzuzeigen, wie ich sie später nie mehr erleben durfte.)


    Noch ein paar Worte zu einigen seiner Nachfolger, die teilweise auch genannt wurden.


    Jean Cox verfügte über ein ähnlich schönes Timbre; was mich hingegen immer störte, war dass er sein übermässiges Vibrato nie ganz in den Griff bekam (wie froh wären wir allerdings heute über einen derartigen Sänger!)


    Für Jess Thomas kam die Partie schlichtweg zu spät; als er den Siegfried für die Salzburger-Festspiele enstudierte, hatte seine Stimme dadurch, dass es ihm nie ganz gelang, die Höhe mit der Bruststimme organisch zu verbinden schon schmerzhaft Schaden genommen.


    Helge Brilioth wäre sicher eine Möglichkeit gewesen, nur fehlte ihm für die wirkliche Erfassung der Partie ein genialer Regisseur wie z.B.Wieland Wagner.


    René Kollo war für mich immer ein Tenor, der die schweren Wagner-Partien deshalb singen durfte, weil kaum jemand anders mehr vorhanden war, der ihm hätte Konkurrenz bieten können. Seine Stimme hat durchwegs zu wenig Farben und das dauernde Anschleifen der hohen Töne beeinträchtigte die gute darstellerische Leistung empfindlich.


    Siegfried Jerusalem wurde für mich dadurch zu einem problematischen Siegfried, weil bei ihm die Anstrengung des Singens zu stark in der Mimik sichtbar wurde. Weil er die Höhe nicht schlank führen konnte, hatte er beim Singen ein dauerndes mit dem Vibrato kongruentes Zittern des Kopfes und der Mundwinkel.


    Nun, ich hoffe, mit meinem Beitrag die von Dir angeregte Diskussion im Gange gehalten zu haben.


    Mit freundlichem Gruss aus der Schweiz.

  • Hallo, m.joho!


    Windgassens Siegfried war immer ein wissender und gleichzeitig gebrochener und dadurch viel modernerer "Held".



    Deine Ansichten über den SIEGFRIED kann ich nicht nachvollziehen! Lorenz, Hopf und Beirer sind bei Dir "Schlagetod". Windgassens SIEGFRIED bezeichnest Du als wissenden, gebrochenen und dadurch viel eher modernen "Helden". Bedenke bitte, daß es sich bei diesem SIEGFRIED um den stärksten Wälsungen-Sproß handelt. Ich gebe ja zu, daß ihm im letzten Akt etwas die Kräfte schwinden. Bei Windgassen wäre er nach Deiner Schilderung eher ein "Siegfried der traurigen Gestalt". Das kann es wirklich nicht sein.




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Windgassen unter Solti 1962 erachte ich zunehmend als Schwachstelle der sonst tollen Einspielung. Das Timbre wurde an anderer Stelle treffend mit "ältlich" beschrieben. Gerade im Duett mit Brünnhilde am Ende des Prologs erscheint mir Windgassen hier nicht wirklich adäquat. Erheblich besser ist er unter Keilberth 1955 live in Bayreuth. Gerade an Stellen wie "O heilige Götter!" bleibt mir jedoch Max Lorenz die Referenz. Es gibt sogar einen Videoauschnitt davon von 1934 aus Bayreuth mit Frida Leider. Besser kann ich mir diese Stelle nicht vorstellen! Ich habe auch kurz in die Scala-Aufnahme von 1950 unter Furtwängler hineingehört. Viele kennen Lorenz offenbar nur von dort. Er muß an diesem Abend wirklich indisponiert gewesen sein, wie bereits gemutmaßt wurde. In Bayreuth 1952 unter Keilberth klingt er wieder erheblich frischer (die letzte Aufnahme mit ihm hiervon nach meinen Informationen), was somit widerlegt, er wäre Anfang der 50er bereits "abgesungen" gewesen. Das Feuer von 1934 hat er verständlicherweise nicht mehr, aber trotzdem ziehe ich auch den alten Lorenz einem Windgassen vor.


    LG
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hier nur kurze Stellungsnahmen zu den Beiträgen von Wolfgang und Joseph ("nicht jeder Eure Meinung teilt"):


    Der einzige wahre Held im Ring scheint mir, wenn schon, viel eher Siegmund zu sein.


    Das für mich Interessante in der Figur des Götterdämmerungs-Siegfried ist der Aspekt des schuldlos Schuldig-gewordenen. Und diesen Aspekt vermochte WW sehr deutlich aufzuzeigen.


    Auch mir behagt er in der Solti-Götterdämmerung (1964) keineswegs (übrigens macht mich auch das brutale Dirigat gar nicht glücklich). Im das Jahr darauf aufgenommenen Böhm-Ring singt er bedeutend frischer und hat auch in den folgenden Jahren die Partie besser abgeliefert.


    Was Lorenz betrifft habe ich immer den Eindruck, den einmal ein Kritiker über ihn gefällt hat; er sei der geeignete Sänger für die Nazi-Aera gewesen, man habe den Eindruck des sog. "Blitzkrieges". Auch nervt mich die teutonische Aussprache, sprich die ewig gerrrrollten "r"s, die Verdoppelung vieler Konsonanten usw..


    Was seine letzte Aufnahme betrifft, die 52er Walküre (mit Mödl in der für sie gar nicht geeigneten Partie der Sieglinde), bin ich mit Dir Joseph (sorry) ganz und gar nicht einer Meinung. Die Leistung von Lorenz ist für mich hier schlankweg eine Zumutung; die unpassende Phrasierung, die willkürlichen Tempi, die freigewählten Tonhöhen sind für mich schlicht und einfach unmusikalisch. Als ich mir diese Aufnahme zumutete, habe auch ich etwas viel Besseres erhofft. Aber die musikalischen Mängel, die schon sein Stolzing unter Furtwängler zeigte, sind hier nochmals gigantesk gesteigert.


    Nichts für Ungut:

  • @ m.joho

    Wie muss für mich Siegfried gesehen werden, damit die Partie nachvollzogen werden kann und spannend wird. Ungebrochene Helden sind etwas langweiliges; einfach gesagt, der doofe "Schlagetod" der bei Max Lorenz, wie auch später bei Hopf und Beirer für mich schon rein im zugegebenermassen kraftvollen, aber doch recht undifferenzierten Stimmeinsatz zum Tragen kommt ist für mich nicht fesselnd genug


    Zunächst mal bin ich sehr erfreut, dass Du meine Ausführungen über die verschiedenen Brünnhilden so positiv aufgenommen und weiter gedacht hast!
    Schade, dass Du Mödl nicht mehr hast erleben können, aber was Du über die Varnay als Sängerin und Darstellerin der Brünnhilde sagst, trifft hundertprozentig ins Schwarze. Ich habe sie erst in den 60er Jahren live erlebt - in unterschiedlicher stimmlicher Verfassung - aber ihre Brünnhilde gehört für mich zu den wirklich großen Opernerfahrungen. Man kann froh sein, dass man in den Mitschnitten aus Bayreuth unter Clemens Krauss und vor allem unter Joseph Keilberth die akustische Seite dieser Leistung so trefflich dokumentiert hat!


    Sehr gefallen hat mir auch , wie Du dann die Siegfriede der letzten 60 Jahre sortierst! Mir war gleich klar, dass Du damit die Fans von Hopf und Lorenz kräftig herausforderst.
    Zu Max Lorenz sage ich hier mal nichts weiter. Ich habe mich im Tannhäuser-Thread intensiv mit ihm beschäftigt (Unter anderem im Beitrag 56) und im Max-Lorenz-Thread.
    Im Tannhäuser-Thread habe ich seine Darstellung zu würdigen versucht aber seine gesangliche Leistung kritisiert. Was ihn aber als Tannhäuser durchaus wettbewerbsfähig macht, nämlich seine Fähigkeit zu exaltierten geradezu neurotischen Akzentuierungen und seine Identifikationsbereitschaft mit der zerrissenen Figur, das hilft ihm im Siegfried der Götterdämmerung überhaupt nicht. Da hört man dann einerseits seine gesanglichen Defizite, aber andererseits eben auch eine unterkomplexe Rollenprofilierung. Das ist der Geradeaus-Held, wie ihn die Zeit geliebt hat.
    Dass Wagner genau darauf nicht aus war, erfährt man schnell, wenn man sich mal mit den Motiventwicklungen und -verwebungen im Orchester beschäftigt! Du hast ganz Recht: Dieser Siegfried hat ja nicht nur eine Nacht bei Brünnhilde verbracht. Durch sie und in der Liebe zu ihr ist er zum Mann geworden, der vielleicht nicht wirklich "wissend" ist, aber zumindest doch "ahnungsvoll". Er ist längst nicht mehr der unbedarft und dreist drauflosstürmende Held, der den Wurm getötet und Wotan den Speer zerschlagen hat. Gerade durch diese beiden Gewalttaten ist er Teil der Verstrickungs- und Schuldgeschichte geworden, von der der RING handelt - und das hat ihm seine Naivität genommen: er ist jetzt - wie Du sagst - ein gebrochener Held! Und Brünnhilde hat das - hört man nur genau genug hin - schon gewusst, als sie in der WALKÜRE die Geburt des "hehrsten Helden der Welt" ankündigt: in der überraschenden und total irritierenden Mollterz ist doch bereits aufgehoben, was dann in der Götterdämmerung passiert! Und dementsprechend spielt diese Mollterz eine zentrale Rolle in der Götterdämmerung - wenn Siegfried Brünnhilde verläßt, wenn er sich auf das schäbige Betrugsspiel einlässt , mit dem er Brünnhilde für Gunther gewinnt (das kann nicht durch den Trank entschuldigt werden) und wenn er dadurch und darin zugleich Gunther desavouiert als Schlappschwanz. Er verstrickt sich doch hoffnungslos und er hat nicht mehr die Kraft, die Stricke einfach zu zerschneiden. Er ist ein scheiternder Held. Vielleicht "weiss" er das nicht (Brünnhilde erst ist es am Ende vorbehalten, "Alles" zu wissen) aber auf jeden Fall ahnt er, dass es nicht mehr geradeaus und schon gar nicht voran geht! Wie gesagt: man muss sich mal das hier fast labyrinthisch verdichtete Motivgeflecht anschauen! No awy out!!!! Und das war das Grossartige an W i n d g a s s e n s Siegfried: er hat das ganz unmittelbar und sehr intensiv erfahrbar gemacht. Gerade im Vergleich dazu waren Beirer, Treptow und Hopf (die ich etwa genau so oft gehört habe wie Windgassen) schlicht und einfach eindimensional - und die Dimension, die sie akzentuierten, wurde der Komplexität und Widersprüchlichkeit des Götterdämmerungs-Siegfried überhaupt nicht gerecht!
    Was Du über die späteren Interpreten sagst, findet meine volle Zustimmung. Vielleicht hätte Brilioth eine Interpretation liefern können, die Windgassen ebenbürtig gewesen wäre, aber seine stimmlichen Mittel waren doch eher begrenzt. Trotzdem: wie die Erzählung und den Tod im 3. Akt gesungen hat, das war schon großartig! Jess Thomas aber, glaube ich, fehlten für diese Partie die stimmlichen und - leider - auch die gesangstechnischen Voraussetzungen. Er hätte es auch nicht geschafft, wenn er früher die Partie gesungen und aufgenommen hätte. Dass Du die Herren J u n g , K r u s e, G o u l d usw. nicht erwähnst, ist sicher richtig. Keiner von ihnen hat zur Rezeptions- und Interpretationsgeschichztte der Partien etwas wesentliches beigetragen. Am ehesten noch Claude Heater - aber auch nur zwei oder drei Jahre lang ( Er sang unter Maazel in der Sellner-Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin), dann war's ganz schnell vorbei, weil er seine stimmlichen Mittel zu sehr überfordert hat.


    9079wolfgang


    Windgassens Siegfried war immer ein wissender und gleichzeitig gebrochener und dadurch viel modernerer "Held".



    Deine Ansichten über den SIEGFRIED kann ich nicht nachvollziehen!


    Ich weiss nicht, ob es Dir jetzt leichter fällt, die Argumentation von m.joho nachzuvollzieghen, hoffe aber, dass Du zumindest verstehen wirst, dass sie sich begründen lässt. Die Rezeptionsgeschichte der Figur ist ja ziemlich sonderbar. Dass man in Siegfried die Wiedergeburt des helenistischen oder einen revolutionären Helden hat sehen wollen, gar den nationalen Helden, der ein am Boden liegendes Volk zu neuer Größe führen kann - das ist schon sehr befremdlich, da eigentlich die szenischen Handlungsvorgänge und ihre Deutung in der Musik dem entgegenstehen! Wotans Absicht wag es gewesen sein, einen solchen Helden zu schaffen, aber - wie gesagt - schon Brünnhildes Ankündigung seiner Geburt hat nur noch scheinbar die Zuversicht, dass dieser Plan aufgehen kann. Sehr sonderbar, dass dieser Siegfried zur Projektionsfläche von Helden-Idealen und Helden-Imaginationen werden konnte. Das ist meiner Meinung nach ein pathologische Missverständnis!



    @ Joseph II.


    Windgassen unter Solti 1962 erachte ich zunehmend als Schwachstelle der sonst tollen Einspielung.


    OK Windgassen war 8 oder 7 Jahre früher deutlich besser. Aber die Schwachstelle der Solti-Einspielung ist er gewiss nicht. Das ist in erster Linie Birgit Nilsson, die zwar stimmlich imponierend, aber als Gestalterin schlicht und einfach nicht vorhanden ist! Im Böhm-Ring kommt da von ihr schon mehr , aber an die Konkurrentinnen darf man nicht denken. Dazu habe ich ja vor ein paar Tagen ausführlicher was geschrieben. Eine Schwachstelle ist - so leid es mir tut - auch Hans Hotter, für den die Aufnahme denn doch zu spät kam. Aber dies ist ja der Götterdämmerungs-Thread und da ist er natürlich nicht mehr mit von der Partie.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Was Lorenz betrifft habe ich immer den Eindruck, den einmal ein Kritiker über ihn gefällt hat; er sei der geeignete Sänger für die Nazi-Aera gewesen, man habe den Eindruck des sog. "Blitzkrieges". Auch nervt mich die teutonische Aussprache, sprich die ewig gerrrrollten "r"s, die Verdoppelung vieler Konsonanten usw..


    Was seine letzte Aufnahme betrifft, die 52er Walküre (mit Mödl in der für sie gar nicht geeigneten Partie der Sieglinde), bin ich mit Dir Joseph (sorry) ganz und gar nicht einer Meinung. Die Leistung von Lorenz ist für mich hier schlankweg eine Zumutung; die unpassende Phrasierung, die willkürlichen Tempi, die freigewählten Tonhöhen sind für mich schlicht und einfach unmusikalisch. Als ich mir diese Aufnahme zumutete, habe auch ich etwas viel Besseres erhofft. Aber die musikalischen Mängel, die schon sein Stolzing unter Furtwängler zeigte, sind hier nochmals gigantesk gesteigert.


    Nichts für Ungut:


    Deine Kritik an Lorenz' Stil sei dir belassen. Das kann man auch nicht leugnen, es ist kritisierbar.


    Wir sprechen hier offenbar über zwei verschiedene Aufnahmen: Ich redete von der "Götterdämmerung" von 1952 mit Lorenz als Siegfried und Varnay als Brünnhilde. Du sprichst offenbart von der "Walküre" von 1954 (?). Diese Aufnahme war in der Tat seine allerletzte aus Bayreuth. Die kenne ich auch nicht. Meine Wertung galt dem Siegfried unter Keilberth. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eine echte, fachlich tiefgründige Tamino-Diskussion, die ich in weiten Teilen nachvollziehen und teilen kann und so wie sie in unserem Klassik-Forum geführt werden sollte.
    Bitte dabei aber niemals vergessen, dass wir hier Interpretationen auf höchstem Niveau vergleichen und beurteilen.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo,


    hier meine Meinung:


    Siegfried: Ludwig Suthaus; Ramon Vinay; Hans Hopf. (Man glaubt es kaum, aber auch Vinay hat den Götterdämmerungs-Siegfried gesungen !)


    Gunther: Dietrich Fischer-Dieskau; Thomas Hampson.


    Hagen: Gottlob Frick; Karl Ridderbusch.


    Alberich: Alois Pernestorfer; Gustav Neidlinger


    Brünnhilde: Martha Mödl; Birgit Nilsson.


    Gutrune: Sena Jurinac; Elisabeth Grümmer.


    Waltraute: Margarete Klose; Hannah Schwarz.


    Noch ein Wort in eigener Sache: Ich gebe bei meinen Wagner-Besetzungen relativ häufig den SängerInnen der unmittelbaren Nachkriegszeit die Chance, weil ich die Verengung vieler Kenner auf die "Fabel-Versammlung" der Zwischenkriegs- und Kriegszeit (Melchior, Völker, Schorr, Kipnis, Lehmann, Leider) nicht gutheißen kann. Damit wir uns richtig verstehen: Die Genannten waren, meines Erachtens, besser als alle vor und nach ihnen ! Eine nie wieder erreichte Hochblüte des Wagner-Gesanges ! Aber sich nur auf sie zu kaprizieren, wie Jürgen Kesting, zerschlägt die Parameter zur Beurteilung der Realität !


    Gruß,


    Antalwin

  • "Brutales Dirigat" Soltis im "Ring" trifft es irgendwie recht gut, lieber m.joho. Seit ich viele Alternativaufnahmen kenne, macht mich das Solti-Dirigat auch nur mehr bedingt glücklich. Vieles geht bei ihm unter, grad die lyrischen Momente.


    Und ja, Caruso, Hotter ist sicher noch viel eher eine Schwachstelle des Solti-"Rings". Nilsson als Gestalterin steht bei mir eindeutig hinter Varnay, auch da verstehe ich dich. Was sagst du eigentlich zu Kniplová? Die hat die Stahlkraft der Nilsson und doch gestaltet sie die Partie m. E. deutlich besser.


    LG
    Joseph


    P.S.: Wann und wo sang Vinay denn den Siegfried, lieber Antalwin?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Noch ein Wort in eigener Sache: Ich gebe bei meinen Wagner-Besetzungen relativ häufig den SängerInnen der unmittelbaren Nachkriegszeit die Chance, weil ich die Verengung vieler Kenner auf die "Fabel-Versammlung" der Zwischenkriegs- und Kriegszeit (Melchior, Völker, Schorr, Kipnis, Lehmann, Leider) nicht gutheißen kann. Damit wir uns richtig verstehen: Die Genannten waren, meines Erachtens, besser als alle vor und nach ihnen ! Eine nie wieder erreichte Hochblüte des Wagner-Gesanges ! Aber sich nur auf sie zu kaprizieren, wie Jürgen Kesting, zerschlägt die Parameter zur Beurteilung der Realität !


    Das kann ich verstehen. Aber deshalb kann man ja zwei Besetzungen zur Diskussion stellen:


    • Eine Idealbesetzung mit Sängern, die wir live gehört haben oder doch zumindest hätten hören können und
    • eine zweite Idealbesetzunmg mit Sängern aus der Zeit, die Du die Hochblüte des Wagner-Gesanges genannt hast.


    Ich habe das für die Götterdämmerung nicht gemacht, weil ich hier gar keinen eigenen Vorschlag machen wollte.
    Ich habe das im Beitrag 3 am 19. Februar kurz begründet.
    Aber bei Giovanni und Meistersinger und Tristan (wenn ich jetzt nicht irre) habe ich gleichsam eine zeitgenössische und eine historische Idealbesetzung nebeneinander geschrieben. Mach das doch vielleicht ruhig auch mal!


    Gruß aus der norddeutschen Tiefebene an Antalwin und alle, die sich ihre ideale Götterdämmerung zusammengestellt haben!
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Über die Sängerbesetzung der "Götterdämmerung" sind in der substanzreichen Diskussion bereits zahlreiche zum Teil gut begründete Aussagen gekommen.
    Ich möchte mich in meinem heutigen Beitrag auf die musikalische Realisierung durch Sir Georg Solti konzentrieren. In vorigen Beiträgen wurde die Interpretation von Solti mit den Wiener Philharmonikern als brutal bezeichnet. Trifft das tatsächlich zu? Könnte man das Dirigat nicht auch als feurig und temperemamentvoll bezeichnen. Ich empfinde es eher so.
    Betrachten wir jedoch einen anderen Aspekt. Falls es klangliche Probleme gibt, rühren die m. E. in starkem Maße von den technischen
    Spielereien der Decca-Boys unter John Culshaw her. Vor Beteiligten weiß ich, dass die Erreichung eines "Originalklangs" der speziell nachgebauten Stierhörner einen großen Teil der Probenzeiten verschlungen hat. In der parallel zur Aufnahme entstandenen filmischen Dokumentation "Hinter den Kulissen der Götterdämmerung" sieht man, wie oft der arme Gottlob Frick die mörderischen Rufe des Hagen "Hoiho! Hoihohoho!" wiederholen musste, nur um die Stierhörner, die dann tatsächlich unerträglich, brutal- laut und wild klingen, auszuprobieren.
    In dem wirklich hochinteressanten Film begründet Solti auch, dass er eine Oper als eine Sinfonie mit Stimmen ansieht. Gemäß dieser Aussage dirigiert er auch. Teilweise gehen die Sänger in den entfesselten Klangwogen des Orchesters fast unter. Auch hier gibt es wieder die Klangspielereien. So ist Hagen bei den erwähnten Mannenrufen erst nach und nach volltönend zu hören, so dass man sich als Hörer fragt, singt der Frick am Anfang überhaupt.
    Aus diesen Gründen wurde diese Ringaufnahme nachträglich klanglich verbessert und als "Goldener Ring" mit einer wesentlich verbesserteen Klangbalance zwischen Sängern und Orchester herausgebracht. In dieser Version - mit Milderung der überdrehten Klangspielereien - ist der Solti-Ring jetzt auch musikalisch ein hervorragendes Beispiel für eine leidenschaftlich, durchglühte Wiedergabe der gewaltigen "Götterdämmerungs-Musik"
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo, operus!
    Ich bin Deiner Meinung. Solti finde ich keineswegs brutal, er dirigiert "direkt" und "exact". Der "Ring" unter Solti gehört zu den Aufnahmen, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Das Tüpfelchen auf dem i wären Siegmund und Siegfried gesungen von Ernst Kozub gewesen. Leider war das nicht möglich!

    W.S.

  • Ich verstehe so langsam den Trubel, den Wieland Wagner um Wolfgang Windgassen machte. In den "Ring"-Aufnahmen aus Bayreuth 1955 (Keilberth) und 1956 (Knappertsbusch) scheint er wirklich sehr, sehr gut zu sein. Wer ihn nur vom Böhm-"Ring" 1966/67 kennt, hat freilich ein verzerrtes Bild. Ganz davon abgesehen, daß ich Böhms Dirigat auch nicht so schätze wie jenes der Vorgenannten.


    Windgassen singt in der Tat "kantabil". Man vergleiche etwa die Stelle im Duett vor der Rheinfahrt, wenn Siegfried einsetzt mit "Heil dir, Brünnhilde, prangender Stern!" Windgassen gelingt das bedrückend schön, wie auch der Rest des Duetts. Interessant wieder der Direktvergleich mit Max Lorenz 1952. In allen drei Aufnahmen (1952, 1955, 1956) ist die Gesangspartnerin Astrid Varnay. Lorenz ist der deklamierende, der "deutschere" Siegfried, der poltert. Ich gebe zu, daß seine Stimme 1952 nicht mehr in einem Zustand war, der einen bannt. Hierfür muß man schon die 1934er Aufnahme heranziehen (von der es augenscheinlich nur diesen Auszug gibt).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • @Joseph II

    Zitat Joseph II
    Ich verstehe so langsam den Trubel, den Wieland Wagner um Wolfgang Windgassen machte. In den "Ring"-Aufnahmen aus Bayreuth 1955 (Keilberth) und 1956 (Knappertsbusch) scheint er wirklich sehr, sehr gut zu sein. Wer ihn nur vom Böhm-"Ring" 1966/67 kennt, hat freilich ein verzerrtes Bild. Ganz davon abgesehen, daß ich Böhms Dirigat auch nicht so schätze wie jenes der Vorgenannten.


    Windgassen singt in der Tat "kantabil". Man vergleiche etwa die Stelle im Duett vor der Rheinfahrt, wenn Siegfried einsetzt mit "Heil dir, Brünnhilde, prangender Stern!" Windgassen gelingt das bedrückend schön, wie auch der Rest des Duetts.




    Es hat mir ganz toll gefallen, lieber Joseph II, dass Du Dich so ernsthaft auf Windgassen eingelassen hast und seine Stärken zu schätzen lernst. Kennst Du übrigens Alberto Remedios als Siegfried? Das ist ein in Deutschland sonderbarerweise fast nicht beachteter Siegfried, der so wundervoll kantabel singt wie kaum ein anderer seiner Generation. Heute gibt es für ihn eh keine Konkurrenz!


    Remedios singt auf dem RING unter Reginald Goodall.





    Es gibt aber auch eine CD mit Szenen aus der Götterdämmerung in deutscher Sprache.
    Leider ist die gerade nicht im Handel! Man bekommt aber die Classic for pleasure-Pressung leicht im Internet.
    Sehr lohnend!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hallo Joseph II.,


    die Information, daß Ramon Vinay auch den Götterdämmerungs-Siegfried im Repertoire hatte, habe ich von der Website http://www.esdf-opera.de.


    Hier wird allerdings nicht gesagt, wo und wann er die Partie gesungen hat.


    Gruß,


    Antalwin