Geradezu ungläubig stellte ich soeben fest, dass einem der bedeutendsten Dirigenten des 20. und auch 21. Jahrhunderts kein eigener Thread gewidmet ist. Gerade einigen unserer älteren Wiener sollte er etwas sagen:
Gennadij Nikolajewitsch Roschdestwenskij (Gennadi Nikolajewitsch Roschdestwenski, Gennady Nikolayevich Rozhdestvensky, Генна́дий Никола́евич Рожде́ственский), geboren am 4. Mai 1931 in Moskau.
Roschdestwenskij ist der Sohn des Dirigenten Nikolaj Pawlowitsch Anossow und der Sängerin Natalja Petrowna Roschdestwenskaja, der zunächst eine klassische Musikausbildung am Moskauer Konservatorium absolvierte. Sein Vater führte ihn in die Grundzüge der Orchesterleitung ein. Sein Debüt als Dirigent erfolgte 1951 mit Tschaikowskijs "Nussknacker" im Bolschoj-Theater, wo er bis Anfang der 1960er Jahre als Assistent arbeitete.
Zwischen 1961 und 1974 leitete er das Rundfunk-Symphonieorchester der Sowjetunion. Als Erster dirigierte er Werke von Carl Orff, Paul Hindemith, Béla Bartók sowie Maurice Ravel in der UdSSR. 1964 wurde er zudem künstlerischer Direktor des Bolschoj-Theaters (bis 1970). Kurz darauf, 1974, übernahm er die musikalische Leitung der Moskauer Kammeroper (bis 1985). 1974—1977 amtierte er als künstlerischer Leiter der Stockholmer Philharmoniker, von 1978—1981 als Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra. Zwischen 1980 und 1982 fungierte er als Chefdirigent der Wiener Symphoniker. 1983 übernahm er das Symphonieorchester des Kulturministeriums der UdSSR, dem er bis 1991 vorstand. Seine bisher letzte Chefdirigententätigkeit übte er wiederum beim nunmehr Königlichen Philharmonischen Orchester Stockholm aus (1992—1995). 2000—2001 war er noch einmal kurzzeitig künstlerischer Leiter des Bolschoj-Theaters Moskau. Seither nahm Roschdestwenskij nur mehr Gastdirigentenverpflichtungen an. So wurde er 2011 Gastdirigent des Isländischen Symphonieorchesters sowie Erster Gastdirigent der Sankt Petersburger Philharmoniker.
Mit dem Symphonieorchester des Kulturministeriums der UdSSR spielte er alle Symphonien von Schostakowitsch, Glasunow, Bruckner, Schnittke, Honegger und Vaughan Williams ein. Mit dem Rundfunk-Symphonieorchester der UdSSR nahm er alle Symphonien von Sibelius, Tschaikowskij und Prokofjew auf, mit dem Königlichen Philharmonischen Orchester alle Symphonien von Carl Nielsen.
Seit 1969 ist er mit der Pianistin Wiktorija Walentinowna Postnikowa verheiratet.
Neben Jewgenij Mrawinskij, Jewgenij Swetlanow und Kirill Kondraschin gilt Roschdestwenskij als einer der bedeutendsten sowjetischen bzw. russischen Dirigenten des letzten Jahrhunderts.