Solange es die Oper gibt, also mehr als vier Jahrhunderte, steht die menschliche Stimme im Fokus der Gattung. Orfeo erweicht die Götter und die Furien mit seinem Gesang, Don Giovanni verführt die Frauen reihenweise mit dem Schmelz seiner Kantilene, der Herzog von Mantua erobert unschuldige Mädchen wie abgebrühte Lockvögel mit tenoraler Sinnlichkeit. Carmen und Dalila unterwerfen sich ihre Opfer mit erotischen Klängen, Marina stachelt Dimitrij mit üppigem Melos zur Usurpation des Zarenthrones auf.
Doch damit nicht genug: Ariadne und Bacchus singen aneinander vorbei, und nur ihr Gesang verwandelt den Unsinn ihrer Worte in einen neuen, gesungenen Sinn, den nur die wissende Zerbinetta versteht: Kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir - stumm... Die menschliche Stimme umgibt ein Geheimnis, das Hass und Fremdheit in Liebe verwandelt. Selbst rebellische Freigeister wie Mozart, Verdi und Wagner haben sich ihrer Macht bedient, wenn sie ihre Zuhörer erschüttern wollten.
Kenner und Betroffene bestätigen immer wieder, dass dieses Instrument unter allen das ist, das am schwersten zu erlernen und zu beherrschen ist - wie die Karrieren vieler Shootingstars bezeugen, die raketenhaft aufstiegen - und plötzlich verpufften.
Dieses hymnische Vorwort war nötig, um die Bedeutung der anstehenden Fragen zu umreißen.
Wir sollten damit beginnen, wie künftige Sänger die ersten wichtigen Entscheidungen treffen: Welche Stimme schlummert in mir? Wie finde ich den richtigen Lehrer? Wie baue ich meine Karriere auf?
Wer an solchen Fragen interessiert ist, den lade ich ein, an diesem Gespräch teilzunehmen.
Morgen können wir anfangen - meint Sixtus