MOZART, Wolfgang Amadeus: Klavierkonzert Nr. 14 Es-dur, KV 449 - ein Werk des Übergangs

  • Anfang Februar 1784 vollendete Mozart sein Klavierkonzert Es-dur, das unter der Köchel-Verzeichnis-Nr. 449 Eingang in seinen Werkkatalog fand.


    Der Komponist schuf das Werk, das heute allgemein als sein Klavierkonzert Nr. 14 bekannt ist, für seine Schülerin Babette Ployer, die er für fähig hielt, das technisch anspruchsvolle Stück zur Uraufführung zu bringen. Der genaue Tag der Erstaufführung ist nicht überliefert. An seinen Vater schrieb Mozart: "Das ist ein Concert von ganz besonderer Art, und mehr für ein kleines, als großes Orchester geschrieben."


    Zeitlich nimmt das Konzert eine Sonderstellung ein, es ist deutlich schwieriger zu spielen als die Vorgänger-Konzerte KV 413, 414 und 415, obwohl es in großen Teilen bereits im Jahr 1782 entstand. Es wird aber noch zu den frühen Wiener Konzerten gezählt, während das Konzert Nr. 15 KV 450 die zweite Gruppe der Wiener Konzerte und damit eine neue Schaffensperiode einleitet. Es ist ein Werk des Übergangs, und das mag auch der Grund sein, daß es deutlich weniger aufgeführt wird als die folgenden Werke für Klavier und Orchester. Es ist Mozarts letztes Werk dieser Gattung, bei dem Blasinstrumente "ad libitum" eingesetzt werden können, also nicht zwingend vorgeschrieben sind.


    Das Konzert besteht, wie üblich, aus drei Sätzen, die wie folgt überschrieben sind:

    1. Satz: Allegro vivace

    2. Satz: Andantino

    3. Satz: Allegro ma non troppo


    Höhepunkt des Kopfsatzes scheint mir die Durchführung zu sein, die eine fast dramatische Dichte aufweist, die fast von Beethoven stammen könnte. Die vom Komponisten verfaßte Kadenz führt diese Dramatik fort und beeindruckt durch hochvirtuose Passagen.

    Der Mittelsatz glänzt durch eine kunstvolle Vermischung von Variations-, Rondo- und Sonatensatzform. Nach der Wiederkehr des Hauptthemas klingt er friedlich aus.

    Das Finalrondo bewegt sich überwiegend in konventionellen Bahnen und schließt mit einem kurzen, fast überschäumenden Ende.


    Als ich, zu Beginn des Stereo-Zeitalters, mit dem Sammeln klassischer Platten begann, war dieses Konzert eine Rarität. Meine erste Bekanntschaft mit dem Werk machte ich Ende der 1960er Jahre mit der Aufnahme von Géza Anda und der Camerata Academica des Salzburger Mozarteums:


    popsike.com - Geza Anda - MOZART Concertos 14 & 24 DGG 139 196 SEALED -  auction details


    die jahrelang meine einzige Version des Konzerts blieb und noch heute von mir hochgeschätzt wird. Wenn ich aber einen Preis zu vergeben hätte, so würde diese Aufnahme ihn bekommen:



    Mozart: Piano Concertos Nos. 11, 12 & 14 by Murray Perahia on Amazon Music  - Amazon.com


    wie mich überhaupt Murray Perahia in den frühen Konzerten in besonderer Weise überzeugt.


    Zum Schluß möchte ich noch auf eine alte Aufnahme des Konzertes, vielleicht die allererste des Werks überhaupt, aufmerksam machen. In diesem 2 CD-Album aus der PHILIPS-Serie "Great Pianists of the 20th Century" ist sie enthalten:


    Great Pianists of the 20th Century - Rudolf Serkin (1999-04-13)

    Rudolf Serkin und die Adolf Busch Chamber Players (Aufnahme: 10/1938).

    Serkin arbeitete mit den Busch-Brüdern nach seiner Emigration jahrelang eng und freundschaftlich zusammen. Natürlich ist die Tonqualität bescheiden, wenn auch recht gut durchhörbar, aber künstlerisch ist dieses Unikat von hohem Wert. Es war m.W. die erste Veröffentlichung auf der CD. Für jeden Liebhaber Mozartscher Klavierkonzerte und jeden Serkin-Fan sehr empfehlenswert.


    LG Nemorino



    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • nemorino

    Hat den Titel des Themas von „MOZART: Klavierkonzert Nr. 14 KV 449 - ein Werk des Übergangs“ zu „MOZART, Wolfgang Amadeus: Klavierkonzert Nr. 14 Es-dur, KV 449 - ein Werk des Übergangs“ geändert.
  • Mozarts Klavierkonzert KV 449 zählt nicht zu den Favoriten in der Gunst von Künstlern und Publikum. Entsprechend spärlich ist das Angebot an Aufnahmen.


    In seinen frühen Jahren hat sich die Wiener Pianist Friedrich Gulda verstärkt mit diesem Konzert beschäftigt. Es gibt sogar zwei Aufnahmen mit diesem Ausnahmekünstler, eine Studio-Produktion und ein Live-Mitschnitt. Beide kann man gebraucht noch erwerben:

    Klavierkonzert Nr. 14 Es-dur KV 449 / LW 5260

    Hier handelt es sich um eine 25 cm-LP von DECCA aus den frühen 1950er Jahren. Der Engländer Anthony Collins, weltweit auch als Filmkomponist bekannt, dirigiert das London Symphony Orchestra.


    Während der Salzburger Festspiele 1958 spielte Friedrich Gulda das Konzert im Mozarteum am 2. August. Ein Mitschnitt des ORF hat das Ereignis mitgeschnitten, das von dem Label "ORFEO" auf CD veröffentlicht wurde:


    Klavierkonzert KV 449,Sinfonien KV 183 und 550

    Es war ein Gastspiel des Amsterdamer Concertgebouw-Orchesters, mit dem Dirigenten Wolfgang Sawallisch.


    In der Presse hieß es damals: " ..... präsentierte sich das Gastorchester aus Amsterdam mit großem Feingefühl für Mozart (...) und mit dem begnadeten Mozart-Pianisten Friedrich Gulda wurde das Es-dur-Konzert zu einem Fest der faszinierenden, zart entrückten Töne."

    Beide Aufnahmen sind klanglich zeitentsprechend gut, die Stereotechnik hatte leider noch nicht Einzug gehalten.


    Für mich ist dies übrigens der 3000. Eintrag in diesem Forum :jubel::jubel::jubel:!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Dieses, wie auch alle anderen Mozartschen Klavierkonzerte, höre ich besonders gerne gespielt von Lili Kraus.



    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Für mich ist dies übrigens der 3000. Eintrag in diesem Forum :jubel: :jubel: :jubel: !

    Auch Gratulation von meiner Seite.



    In seinen frühen Jahren hat sich die Wiener Pianist Friedrich Gulda verstärkt mit diesem Konzert beschäftigt. Es gibt sogar zwei Aufnahmen mit diesem Ausnahmekünstler, eine Studio-Produktion und ein Live-Mitschnitt. Beide kann man gebraucht noch erwerben:

    Hier handelt es sich um eine 25 cm-LP von DECCA aus den frühen 1950er Jahren. Der Engländer Anthony Collins, weltweit auch als Filmkomponist bekannt, dirigiert das London Symphony Orchestra.


    Die Einspielung aus dem Jahre 1954 mit dem London Symphony Orchestra unter Anthony Collins. CD 10



    und ist noch zu erwerben. Ebenso die Aufnahme aus dem Jahre 1962 mit dem SWR Sinfonieorchester unter Hans Rosbaud, CD 3




    Da wir gerade bei historischen Aufnahmen sind .....


    Die Aufnahme aus dem Jahre 1938 in den Abbey Road Studios mit Rudolf Serkin und den Busch Chamber Players ist noch erhältlich : CD 13.




    Genz nebenbei eine sehr empfehlenswerte Box! Ich gebe sonst eher nicht so Empfehlungen in dieser Altersklasse ;)

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  • Die Einspielung aus dem Jahre 1954 mit dem London Symphony Orchestra unter Anthony Collins

    .... ist also inzwischen bei der Deutschen Grammophon gelandet. Seltsame Wege, aber Decca und DGG sind halt unter dem Dach

    Bildergebnis für universal music group

    vereint. Da wird gepokert und getauscht, und der Sammler verirrt sich in dem unüberschaubaren Gestrüpp!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo, Hans Heukenkamp,


    die in Budapest geborene und in den USA verstorbene Lili Kraus war leider auf dem deutschen Plattenmarkt immer unterrepräsentiert. Ihre Aufnahmen wurden hierzulande entweder gar nicht angeboten oder über Plattenclubs vertrieben.


    Die Box mit den Mozart-Konzerten ist z.Zt. leider nur zu Mondpreisen zu bekommen. Schade!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Einen durchaus anderen Charakter bekommt das Klavierkonzert, wenn man es in der Besetzung mit Streichquartett aufführt. Es wird natürlich dadurch keine wirkliche Kammermusik , aber durch die klangliche Beschränkung wird alle Konzentration auf die Stimmführung gelegt, was sich aber lohnen kann.


    Anne-Marie McDermott musiziert mit dem Calder Quartett, welches in der Aufnahme durchaus dominant zum Tragen kommt. Ob eine Live-Aufführung nicht eher klangliche Unausgewogenheit zu Tage bringt, kann ich nicht beurteilen ...


  • von Mozarts Klavierkonzert Nr. 14, KV 449 besitze ich lediglich zwei Aufnahmen:

    die Aufnahme der Wiener Symphoniker mit Rolf Buchbinder

    sowie

    die Aufnahme der Academy of St. Martin in the Fields unter Marriner mit Alfred Brendel

    und mit beiden versionen bin ich vom Klang und von der Musik hochzufrieden.

    Mehr braucht's nicht, oder ?

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  • Mehr braucht's nicht, oder ?

    Das ist eine schwierige Frage. Du hast mit beiden Aufnahmen sicher eine gute Wahl getroffen. Eine hätte aber auch schon gereicht ... Je, nachdem eben ...


    Wenn Du zufrieden bist, ist das natürlich auch ein gutes Indiz. Deine Frage allein wirft aber die Vermtung auf, dass Du noch ein wenig neugierig bist? Nun war ich vor kurzem bei Mozarts c-Moll Fantasie selbst überrascht, wie weit die Möglichkeiten des Verständnisses auseinanderliegen können (von Prä-Beethoven zu Prä-Debussy :)) und was in seiner Musik so alles drinstecken kann. Vielleicht ist der Rahmen bei dem Klavierkonzert nicht ganz soweit gesteckt, aber Neugier wird ja im allgemeinen belohnt. Friedrich Gulda ist in meinen Ohren einer der besten Mozart-Interpreten, die ich kenne. Einen großen Respekt habe ich auch vor den Mozart-Interpretationen von Maria Joāo Pires mit Claudio Abbado. Zu finden sind diese Interpretationen in den folgenden Boxen



    und



    Hier noch eine einigermaßen aktuelle Aufnahme von Pires mit dem Rundfunk Sinfonieorchester Saarbrücken unter Myung-Whun Chung



  • Mehr braucht's nicht, oder ?

    Deine Frage allein wirft aber die Vermtung auf, dass Du noch ein wenig neugierig bist

    Hallo, yrrepnadohr,


    den Eindruck von astewes habe ich auch. Deshalb auch von mir zwei Vorschläge:


    In den 1970er Jahren war Géza Anda für die Mozart-Klavierkonzerte praktisch das Maß aller Dinge. Er war der erste, der die Konzerte komplett eingespielt hat, mit der Camerata Academica des Salzburger Mozarteums. Daraus gibt es auf dem Gebrauchtmarkt folgende Einzel-CD in einer interessanten Koppelung:

    Centenary Collection 1966: Davidsbündlertänze etc.

    Aufnahme: 4/1966, Salzburg, Kleines Festspielhaus.


    Und dann noch eine neuere Einspielung, bereits digital aufgenommen:

    Mozart: Klavierkonzerte Nr. 12 A-dur KV 414 & Nr. 14 Es-dur KV 449

    Aufnahme: 1984, Neumarkt/Opf., Historischer Reitstadel.


    Das Konzert KV 449 ist bekanntlich ein Werk des Übergangs, mit Nr. 15 KV 450 beginnt die Reihe der letzten dreizehn, großsinfonisch angelegten Konzerte. Beide Aufnahmen können noch heute in vorderer Reihe mithalten.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • "Warum ?" - so dachte ich mir -"empfiehlt nemorino eine Koppelung einer antiquarischen Aufnahme - wo es doch so eine relativ preiswerte Gesamtaufnahme ALLER Mozart Klavierkonzerte (ausser Nr 3 und Nr 10) - mit Geza Anda gibt " - ABER - kaum zu glauben - aber wahr - die sind bereits gestrichen,

    Ebenfalls gestrichen ist die CD die ich hier zeige, weil ich mir soeben das Konzert mit Paul Badura-Skoda - passend zum Thread anhöre. (Aufnahmen:2006/Veröffentlichung:2010)

    Die "Unbeliebtheit" trifft hier zu - wie auf fast alle frühen-Mozart Klavierkonzerte - weil man hier schwer in stiller Ehrfucht erschauernd hineininterpretieren kann "Genialität" - etwas, das in meiner Jugend fast eine Grundbedingung war, damit ein Werk vom Publikum akzeptiert wurde.

    Im Booklet von Paul Badura-Skoda selbst (2005) verfasset, erfahren wir, daß das Konzert eine Auftragsarbeit von und für Babette Ployer (1785-1811) war, die es Mozart (er erwähnte es in einem Brief) gut bezahlte. Desungeachte spielt Mozart es in einer Akademie vom 17. März 1784 und erwähnte in einem 3 Tage später verfassren Brief, daß es sehr gut gefallen habe.

    Von der Mitte des ersten Dates gibt es eine leichter spielbare Zwitfassung (von Mozart). Auf der vorliegenden Aufnahme hat Badura Skoda die Erstfassung gewählt und dies im Booklet begründet.


    Ich dürfte diese Konzert mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie gehört haben - zumindest nicht bewusst. Es kam mir sofort fremd - aber sehr eingängig und eindrucksvoll vor.

    Und ich hatte den Eindruck, es sei anders als die anderen Mozart Klavierkonzerte - weniger verspielt - etwas straffer - schwer auszudrücken für mich. Während ich es aus Unsicherheit für mich behalten wollte, stieß ich im Booklet auf folgende Bemerkung Badura Skodas:

    Wohl kaum ein anderes Konzert (Mozarts) hat so viele nur ihm eigene Züge

    Mein Ego war gerettet.

    Auf 2 Bookletseiten widmet sich P.B.S den einzelnen Sätzen und ihren Eigenheiten...


    Ich werde mir zeitnah, das Konzert in einer anderen Aufnahme anhören um es besser kennenzulernen
    Etliche Werke habe ich mir "Für das Alter" aufgehoben - damit ich auch dann "Entdeckungen aus dem Bereich des Mainstream-Repertoires machen kann

    Und ümmer öfter muß ich mich selber fragen: OK- Worauf wartest Du eigentlich noch ????:hahahaha:


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • "Warum ?" - so dachte ich mir -"empfiehlt nemorino eine Koppelung einer antiquarischen Aufnahme - wo es doch so eine relativ preiswerte Gesamtaufnahme ALLER Mozart Klavierkonzerte (ausser Nr 3 und Nr 10) - mit Geza Anda gibt " - ABER - kaum zu glauben - aber wahr - die sind bereits gestrichen

    Lieber Alfred,


    Andas GA besitze ich nicht (aber diverse Einzel-CD). Das Konzert Nr. 14 habe ich auf der von mir abgebildeten CD aus der "Centenary Collection", die die DGG aus Anlaß ihres 100jährigen Bestehens 1998 auflegte.

    Gekauft habe ich sie seinerzeit aber vor allem wegen Andas herausragender Interpretation von Schumanns "Davidsbündlertänzen" (Erstausgabe auf CD) und dem "Waldesrauschen" von Liszt (bis dato unveröffentlichte Aufnahme) aus dem Mai 1966, aufgenommen in der Villa Rosenhügel in Wien. Letztgenannte hatte Anda nicht freigegeben. Es ist ein hochvirtuoses Stück, das in dreieinhalb Minuten vorüber"rauscht". Zum Kennenlernen bestens geeignet.

    Die Aufnahme des Mozart-Konzerts KV 449 entstand zwischen dem 12.u.16.4.1966. Im Begleitheft nennt der Kritiker Peter Cossé das Werk "bald kämpferisch, bald lyrisch versponnen". Es ist in mehr als einer Hinsicht ein Werk des Übergangs von den vorangegangenen konventionellen Konzerten zu den späten Meisterwerken (ab KV 450). Die Kadenz des Kopfsatzes weist mit seinen teils fast majestätischen Läufen schon weit in die Zukunft. Höhepunkt scheint mir der Mittelsatz "Andantino" zu sein, mit seinen innigen, farbenreichen Passagen und der erweiterten Form. Ein Stück, das mit der Vielfalt seiner Themen und seines Ausdrucks im Vergleich zu den Vorgängerkonzerten spürbar herausragt. Das abschließende Allegro bewegt sich allerdings wieder mehr in den überkommenen Konventionen. Das Konzert wird, wie die meisten der vorangegangenen, unter Wert gehandelt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Derzeit höre ich (endlich komme ich dazu - bzw hab ich mir die Zeit abgeschnippselt)völlig entspannt und ohne analytische Hintergedanken dieses Konzert Nr 14 KV 449. Das Wichtigste dazu wurde bereits von Nemorino im Eröffnungsbeitrag geschrieben - damit bin ich auch von dieser Aufgabe befreit.

    Es war ein seltener Glücksfall, der mich auf diese Gesamtaufnahme der Mozart Klavierkonzerte mit Derek Han aufmerksam gemacht hat.Es fehlen lediglich die konzerte für 2 und 3 Klaviere. Dafür sind auch die Konzerte 1-4 enhalten, die heute kaum mehr aufgenommen werden, da si nicht oder nur teilweise von Mozart sind. Wen kratzt das ?

    Ewigkeiten hat man sie ihm zugeschrieben - und da waren sie gut genug. Ob sie nun erstklassig sind oder nicht - Auf Grund der wenig verfügbaren Klavierkonzerte im Mozartstil sollten wir uns nicht leisten auf welche zu verzichten.

    Fast hätte ich geschrieben, die Interpretation dieser Aufnahme sei frei von jeglicher künstlicher Deutung oder Umdeutung - sondern rein auf schönen Klang ausgerichtet - fast wie in der guten alten Zeit. Und dann wurde mir klar: Die Aufnahme IST aus der "guten alten Zeit" -oder eigentlich nur nahe dran, denn 1993 begannen schon die ersten Experimente mit radikalen "HIP" -Interpretationen. Eigentlich schon 10 Jahre zuvor - aber hier nimmt man glücklicherweise keinerlei Notiz davon. Leider sind bei dieser Serie - sie dürfte schon beim Ersterscheinen (sie kam im Lauf der Jahre bei diversen Kleinlabeln am Markt) eher im Budgetsektor angesiedelt gewesen sein - keine Angaben über die verwendeten Kadenzen zu finden.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Lieber Alfred,


    laut dieser Quelle scheinen die meisten Kadenzen bei Derek Hans Aufnahme von Jan-Pieter Belder zu stammen.
    http://www.musicweb-internatio…04/Mozartpc_Brilliant.htm

    Die Besprechung, die mehrere Einspielungen vergleicht, lobt auch sehr die Aufnahme mit Derek Han, Paul Freeman und dem Philharmonia Orchestra sehr, der Rezensent rühmt sie als "exzellent" und führt aus:


    "sie vermeidet jegliche unangebrachte, exzessive Romantik, sie ist sauber und klar eingespielt und aufgezeichnet worden, ohne dass der Klang in irgendeiner Weise dünn wäre."

  • laut dieser Quelle scheinen die meisten Kadenzen bei Derek Hans Aufnahme von Jan-Pieter Belder zu stammen.

    Lieber Don_Gaiferos,


    ich würde Dir ja gerne folgen, aber ich kann in dem von Dir verlinkten Artikel keinen schlüssigen Hinweis dafür finden. Lediglich bei den Konzerten KV 107/2&3 heißt es: Kadenz: Jan-Pieter Belder.

    Im Vorspann steht Derek Han (Klavier), Pieter-Jan Belder (Cembalo und Clavicord). Das bezieht sich aber doch wohl nur auf die frühen Konzerte, zumindest verstehe ich das so.

    Im übrigen spielt Derek Han im d-Moll-Konzert Nr. 20 KV 466 im Kopfsatz die berühmte Beethoven-Kadenz. Ich habe jetzt nicht alle Aufnahmen im Gedächtnis präsent, aber ich erinnere mich daran, daß Derek Han in den Konzerten Nr. 21 & 22 zumindest einmal eine Kadenz von Hummel und eine von Busoni verwendet. Zu den übrigen Kadenzen kann ich momentan nichts sagen, aber ich zweifle daran, daß Jan-Pieter Belder (bisher war er mir völlig unbekannt) für die meisten ansonsten verwendeten Kadenzen verantwortlich ist. Soweit ich bisher feststellen konnte, spielt er, falls vorhanden, die Originalkadenzen von Mozart, aber ich habe noch nicht sämtliche CDs lückenlos abgehört.

    Einig sind wir uns darin, daß mit der GA von Derek Han mit Paul Freeman eine ganz vorzügliche Box zu einem Spottpreis auf dem Markt ist, die jede Aufmerksamkeit aller Liebhaber der Mozart-KK verdient. Daß man im Billig-Sektor keine anspruchsvollen Textbeilagen erwarten darf, ist völlig klar, aber ein Hinweis auf die verwendeten Kadenzen wäre sicher angebracht gewesen. Doch da gibt es auch im Hochpreissegment schlechte Beispiele (mir fällt da spontan die Doppel-CD mit Clifford Curzon mit den Konzerten 20, 23, 24, 26 & 27 von DECCA ein).


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Es wird spaßig:


    Leider befanden und befinden sich Notentextausgaben im Umlauf, bei denen die Anzahl der Takte im Kopfsatz um exakt einen Takt abweicht. Es geht um Takt 319 (recht kurz vor der Cadenz), der zu Takt 319 und 320 "auseinandergezogen" wurde, was nicht korrekt ist. Nach dem Wiederauffinden des Manuscripts, das für diverse Editionen nicht zur Verfügung stand (da es zu den im Zweiten Weltkrieg ausgelagerten Beständen der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek Berlin gehörte und erst 1979/80 wieder zugänglich wurde), wurden die Editionen nicht zeitnah korrigiert oder angepasst. Gottseidank waren parallel die richtigen, eintaktigen Versionen im Umlauf (z.B. NMA). Wer sich nicht an die NMA hielt, spielte auch die (harmonisch doppelt gemoppelte) Version ein.


    Wie kam es dazu? Vermutlich ein Kopisten- oder Satzfehler (bei den Ganztaktpausen verzählt), der sich hartnäckig gehalten hat. Die NMA meint: "Wie die spätere Aufspaltung in zwei Takte zustande gekommen ist, läßt sich nur vermuten: Wahrscheinlich stand im Autograph irgendein Hinweis Mozarts (etwa in der Art des Hinweises im Klavierkonzert in B KV 595, erster Satz, Takt 47), der von Nannerl und André richtig, von späteren Herausgebern aber falsch gedeutet wurde." Das ist zwar nicht der Fall, denn im Autograph steht nachweislich nichts, außer dem korrekt notierten Takt, aber die Schlußfolgerung jedenfalls ist korrekt (viele Wege führen nach Rom). Schiebt man die beiden falsch gedruckten Takte übereinander, wird ein (harmonischer) Schuh daraus.


    Jetzt geht es darum, (möglichst alle) Einspielungen zu finden, die der falschen Edition gefolgt sind.


    Hier auch gleich ein Beispiel, dankenswerter Weise sogar mit Notentext (im Standbild des aktiven Videos die beiden Takte rechts), bei dem es falsch ist (hatte der Macher des Videos Glück oder Verstand, daß er den zur Aufnahme passenden richtigen, also falschen, Text erwischte?):



    Murray Perahia, piano
    English Chamber Orchestra (1975)



    Mikhail Pletnev, piano

    Russian National Orchestra

    Andrej Rubtsov



    Karl Engel, Klavier (Fassung ohne Bläser)

    Wiener Solisten
    Willfried Boettcher


    Endlich richtig: (d.h. das Orchester muß schon bei Schlag 2 des Trillers einsetzen)



    Rudolph Buchbinder

    WiePhi


    Zum Glück spielen es inzwischen die meisten richtig, aber wer hat noch alte (oder gar neue?) Aufnahmen mit dem zuvielen Takt?


    Viel Spaß bei der Suche!


    :angel:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)