Arturo Toscanini – Meine liebsten Aufnahmen

  • In der "Meine liebste Aufnahmen"-Reihe fehlt bislang einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts: Arturo Toscanini.


    An erster Stelle will ich hier eine Aufnahme nennen, für die nicht allein Toscanini berühmt wurde (er war es 1941 längst), sondern – vermutlich sogar in noch größerem Maße – Horowitz: Das Klavierkonzert Nr. I von Tschaikowsky.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ja , eine tolle Aufnahme , wenn nicht DIE Aufnahme dieses Klavierkonzertes überhaupt !


    Noch vor der Aufnahme Argerich / Kondrashin ( DGG ) .


    TOSCANINI :


    (1) Beethoven : 9 Symphonien


    (2) Brahms b e i d e GA's


    (3) Brahms KK Nr. 2 B - Dur ( mit Horowitz )


    (4) Verdi : Un ballo in maschera


    (5) Beethoven : KK Nr. 1 C - Dur ( mit der wundervollen


    Anja Dorfmann am flügel )


    (6) Debussy : La Mer



    Es gibt viele Aufnahmen druch Toscanini , die ich nicht missen möchte !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Bzgl. der Tschaikowsky-Klavierkonzerts: Ich finde, bereits die ersten Takte sind unerreicht, wenn Horowitz einsetzt. Keine Aufnahme meiner Sammlung hat mich bisher derart überzeugen können, weder van Cliburn/Kondraschin 1958 noch Kissin/Karajan 1988 (wobei letztere ein sehr interessanter Gegenentwurf dazu ist und sicher zu den besten Einspielungen gerechnet werden darf).
    Es gibt noch eine Live-Aufnahme Horowitz/Toscanini von 1943, die ich nur auszugsweise kenne, aber die 41er bleibt für mich das Nonplusultra.


    Toscaninis Beethoven ist als Kontrast zu Furtwängler (den ich persönlich vorziehe) allemal hörenswert, doch kenne ich hier noch zu wenig, um abschließend urteilen zu können.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Meine liebste Toscanini-Aufnahme:



    Vinay (Otello), Nelli (Desdemona), Valdengo (Iago), Merriman (Emilia), Assandri (Cassio), NBC SO, Toscanini, RCA 1947.


    Viele Grüße

  • Beethoven: Klavierkonzert Nr. 3 mit Rubinstein (1944) ist vermutlich meine Lieblingsaufnahme des Werks.


    generell Beethovens Sinfonien und Ouverturen, wobei ich gestehen muß, keinen Überblick über die diversen Versionen zu haben (es gibt fast alles mindestens einmal Vorkriegs- und einmal Nachkriegs,- usw.). Gewiß gibt es Unterschiede, aber der typische Gestus ist m.E. immer gegeben.


    Wagner: Ausschnitte aus dem Ring mit Melchior und Traubel (u. weitere Orchesterauszüge)


    Es lohnt sich evtl. nach neueren Überspielungen Ausschau zu halten (pristineaudio hatte auch mal einiges zum download), da die CDs der RCA-Edition die (wohl schon den Originalen eigene) Trockenheit kaum mildern. Beim o.g. Klavierkonzert lohnt sich die Ausgabe aus der neueren "Rubinstein Collection" gegenüber der älteren blauweißen Toscanini-Edition.
    Jedenfalls klingen in meinen Ohren die Funkaufnahmen, die Naxos herausgebracht hat oft kaum schlechter als offizielle Plattenaufnahmen der RCA.


    Eine ziemlich gut klingende (und auch gelobte, aber das Repertoire ist halt nicht gerade meins, obwohl ich sie besitze) Einspielung ist die von Mussorgskys Bildern und Elgars Enigmas.


    Die CD-Ausgaben, die ich besitze, scheinen leider alle in dieser Gestalt nicht mehr lieferbar zu sein, daher keine Abbildungen oder links von mir.


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Arturo Toscanini (1867-1957) war zu seinen Lebzeiten und darüber hinaus vor allem in den USA das Synonym für klassische Musik, wie es in Europa später Herbert von Karajan wurde.

    Als ich meine ersten Platten sammelte, war dieser Dirigent auch in Deutschland noch "en vogue", Monoplatten waren die Regel, Stereo war noch Ausnahme, die Platten teurer als normale und die Abspielgeräte für die meisten unbezahlbar.


    Ab ca. Mitte der 1960er Jahre hatte sich dann die Stereotechnik die Musikzimmer erobert, und damit verblaßten auch die Mono-LPs, die zunächst das Plattengeschäft dominierten, nach und nach.

    Meine erste LP mit Toscanini war Beethovens "Eroica", in dieser Aufnahme:

    Es handelt sich um den Rundfunk-Mitschnitt der NBC vom 6.12.1953. Für mich war es ein "Erweckungserlebnis", kannte ich bis dato doch "nur" die Aufnahmen von Furtwängler (EMI) und Jochum (DGG), die einen ganz anderen, mehr majestätischen, "romantisierenden" Interpretationsansatz verfolgten. Toscanini dagegen legte ein geradezu atemberaubendes Tempo vor, schon die ersten Schläge des vollen Orchesters waren von ganz anderer Art, als ich sie gewöhnt war.

    Nach erstem Befremden freundete ich mich rasch mit Toscaninis Lesart an, ich fand sie sogar dem Werk angemessener, weil Beethoven ja ursprünglich Napoleon bei der Komposition vorschwebte. Zu diesem vorwärtsdrängenden Feldherrn paßte Toscaninis Auffassung m.E. besser. Viel später schätzte ich dann beide Auffassungen, die breite, majestätische, wie sie von Furtwängler, Klemperer oder Bruno Walter vertreten wurde, und die dynamische, straffe, wie sie Erich Kleiber, Karajan und eben Toscanini bevorzugten.

    Wie fast alle Beethoven-Werke, gibt auch und gerade die "Eroica" Spielraum für sehr unterschiedliche Interpretationen. Ich finde nur, daß die Dirigenten bei ihrem einmal gewählten Grundtempo bleiben sollten, statt dauernde Tempowechsel, oftmals ziemlich willkürlich, vorzunehmen.


    Hauptsächlich habe ich mit diesem Eintrag den TOSCANINI-Thread wiederbeleben wollen, der zu meinem Erstaunen seit 10 Jahren vor sich hindümpelt. Dabei war dieser italienische Dirigent, der als Heißsporn und unnachgiebiger Zuchtmeister bei seinen Musikern geliebt und gefürchtet war, eine der prägenden Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, und steht damit in einer Reihe mit Furtwängler, Klemperer und Karajan. Ob mein Wiederbelebungsversuch Erfolg hat, wage ich allerdings zu bezweifeln.


    Die auf obiger CD angeschlossene Vierte aus dem Jahr 1951 ist von ähnlicher Qualität. Selten habe ich den Übergang von der langsamen Einleitung des Kopfsatzes zum Allegro mit solch knisternder Spannung gehört wie hier.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die auf obiger CD angeschlossene Vierte aus dem Jahr 1951 ist von ähnlicher Qualität. Selten habe ich den Übergang von der langsamen Einleitung des Kopfsatzes zum Allegro mit solch knisternder Spannung gehört wie hier.

    Lieber Nemorino,


    schön, dass Du an Toscanini wieder erinnerst! :) Diese Aufnahme hier knistert auch vor Spannung: Toscanini dirigiert hochsinnlich und hochdramatisch zugleich. Ein Ereginis, finde ich:


    51E5G81F0XL._SX300_.jpg


    https://www.amazon.de/b/ref=eu…11dbaa2947&pd_rd_wg=sAPz7


    Später mehr zum Thema!


    Liebe Grüße

    Holger

  • Lieber Holger,


    ich hatte schon befürchtet, daß gar keine Reaktion erfolgen würde! Toscanini spielt wohl leider nur noch eine ganz marginale Rolle unter den heutigen Musikfreunden, obwohl er zu Lebzeiten und nach lange darüber hinaus als Musikerlegende schlechthin galt. Aber über 60 Jahre nach seinem Tod, und, nicht zu vergessen, die veraltete Technik seiner Aufnahmen, die überwiegend aus den 1940/50er Jahren stammen, lassen auch das Bild eines solch überragenden und weltberühmten Dirigenten verblassen.


    Die von Dir vorgestellte CD mit Werken von Debussy ist mir leider gar nicht bekannt - sie zählt wohl nicht zu den zahlreichen offiziellen Aufnahmen und Mitschnitten, die von RCA (nach 1945) bzw. HMV/EMI (Vorkriegsaufnahmen) veröffentlicht wurden. Wie ist sie klangtechnisch ausgefallen?


    Aus meinem Fundus möchte ich noch auf folgende CDs aufmerksam machen, die ich als besonders herausragend bzw. bemerkenswert halte:

    DVORAK: Sinfonie Nr. 9 e-moll, op. 95 "Aus der Neuen Welt"

    mit dem NBC Symphony Orchestra (Studio-Produktion vom 2.2.1953), die auch klanglich, gemessen an damaligen Maßstäben, gut gelungen ist.


    Die CD enthält den kompletten 4. Akt von Verdis "Rigoletto" in einer mirakulösen Besetzung: Zinka Milanov (Gilda), Nan Merriman (Maddalena), Jan Peerce (Duca), Leonard Warren (Rigoletto), aufgenommen am 25.5.1944 in Madison Square Garden). Das Quartett ist, trotz der eingeschränkten Klangtechnik, nur als himmlisch zu bezeichnen. Die CD wartet aber noch mit zwei weiteren Trouvaillen auf:

    dem Trio aus dem 3. Akt von Verdis "I Lombardi" mit Vivian Della Chiesa (Giselda), Jan Peerce (Oronte) und Nicola Moscona (Hermit), Aufnahme: 31.1.1943, New York, sowie dem Prolog des Mefistofele aus "Mefistofele" von Arrigo Boito, großartig gesungen von Nicola Moscona, einem bei uns wenig bekannten Baß-Sänger, der lange an der Met tätig war. Aufnahme: 14.3.1954, Carnegie Hall, New York).

    Wer historische Aufnahmen nicht verschmäht, der sollte sich diese Scheibe zulegen, ein Leckerbissen!:thumbup:


    LG Nemorino :hello:



    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • In einem Anfall von Übermut habe ich mir vor Jahren diese Aufnahme gekauft:

    41LJ%2BUS096L.jpg

    Trotz aufwendiger Restaurierung ist der Klang gewöhnungsbedürftig.

    Was mich allerdings betrübt, ist, daß Henk Noort in der Schusterstube versingt.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • ich hatte schon befürchtet, daß gar keine Reaktion erfolgen würde! Toscanini spielt wohl leider nur noch eine ganz marginale Rolle unter den heutigen Musikfreunden, obwohl er zu Lebzeiten und nach lange darüber hinaus als Musikerlegende schlechthin galt.

    Lieber Nemorino,


    das ist hoffentlich doch nicht ganz so! Es gibt einen faszinierenden Filmmitschnitt, wo Toscanini die 9. Beethoven dirigiert. Da spielen Dirigent und Orchester wie ein Körper, eine magische Übereinstimmung, die ich sonst nirgendwo so erlebt habe! Toscaninis Wirkung war sicher sehr groß. Karajan sagte ja, sein Ideal sei eine Synthese aus Furtwängler und Toscanini gewesen. Maurizio Pollini bekennt sehr aufschlußreich, dass er und seine Generation durch Toscanini kennengelernt hätten, was eine werktreue Aufführung von Opern gewesen wäre.


    Die Debussy-Aufnahme - herausgegeben vom Label Fonitcetra, die eigentlich Aufnahmen aus dem italienischen Rundfunk (RAI) veröffentlichten -, ist ein Mitschnitt aus der New Yorker Carnegie Hall vom 14. Februar 1953. Keine Ahnung, ob die mit der von RCA erhältlichen identisch ist! Da ist ein lustiger Aufkleber drauf in Rot: "Beanstandung der Tonqualität ausgeschlossen!" Die Aufnahmequalität ist historisch, aber mich stört das nicht! Das ist einfach musikalisch umwerfend! :)


    Ich werde mir wohl doch meine Toscanini-Sammlung, die sehr spärlich ist, aufstocken müssen!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • den kompletten 4. Akt von Verdis "Rigoletto"

    Du kennst Sachen! :D


    Dass Toscanini musikgeschichtlich ein ganz bedeutender Dirigent war, der unendlich viel zur Entschlampung der Aufführungspraxis italienischer Opern beigetragen hat, habe ich sicherlich schon mal früher in dieser Rubrik geschrieben. Für mich einer der Top-5-Dirigenten des 20. Jahrhunderts!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Dieser Kanalbetreiber ist besonders witzig, "Act IV" zu schreiben und dann die Radioansage an den Videobeginn zu setzen, wo vom 3. Akt dies Rede ist (natürlich, "Rigoletto" hat nur drei Akte):



    Hier stimmt's hingegen:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • "Rigoletto" hat nur drei Akte)

    …. die einen sagen so, und die anderen sagen so :)!


    RIGOLETTO wird allgemein als Oper in drei Akten benannt (auch vom Komponisten). In meinem Besitz sind allerdings mindestens zwei Aufnahmen, die sie als vieraktig bezeichnen:


    Akt 1 endet mit der Festnahme Monterones (= Szene 1 in der 3aktigen Fassung), Akt 2 beginnt mit Rigolettos Monolog " Quel vecchio maledivami" und endet mit "Zitti, zitti". Akt 3 und 4 sind identisch mit 2 und 3 der 3aktigen Fassung.

    Hier heißt es auf dem Cover: RIGOLETTO Act IV:

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    Scheint wohl eine amerikanische "Einteilung" zu sein. Am Werk selber ändert sich naturgemäß nichts.


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Der Hauptunterschied zwischen Bild und Akt ist, ob eine Pause dazwischen geplant war oder nicht. Nach dem kurzen viertelstündigen Ball-Bild kann noch keine Pause kommen, die kommt erst nach Gildas erfolgreicher Entführung, nach etwa einer Stunde. Nach dieser ersten Pause beginnt der zweite Akt, nach diesem (Duett Gilda - Rigoletto) wurde in früheren Zeiten nochmal eine Pause gemacht, die brauchte man auch zum Umbau. Eine kleine Umbaupause war sicherlich auch zwischen den beiden Bildern des 1. Aktes nötig, aber in die Pause schickte man die Leute da eher nicht (oder an der MET früher vielleicht doch?)


    Also: Es gibt kurioserweise tatsächlich unterschiedliche Aktzählungen, aber die Anlage der Autoren ist dreiaktig.


    Die "Traviata" ist mir ihren vier Bildern wesentlch anfälliger dafür, als vieraktig wahrgenommen zu werden, auch wenn es sich hier offiziell nur um 3 Akte handelt. Ja und der "Troubadour" ist dann wirklich vieraktig.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach dem kurzen viertelstündigen Ball-Bild kann noch keine Pause kommen

    Hallo Stimmenliebhaber,


    … bin vollkommen Deiner Meinung!

    Auch für mich ist die dreiaktige Fassung plausibel, habe mich aber in diesem Fall an das Cover gehalten.


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Debussy-Aufnahme - herausgegeben vom Label Fonitcetra, die eigentlich Aufnahmen aus dem italienischen Rundfunk (RAI) veröffentlichten -, ist ein Mitschnitt aus der New Yorker Carnegie Hall vom 14. Februar 1953.

    Lieber Holger,


    im umfangreichen Toscanini-Angebot der RCA finden sich zwei CDs mit Werken von Debussy:

    La Mer / Iberia by Debussy und: La Mer / Iberia / Prelude to an Afternoon by Debussy (1991-03-12)

    Ich gehe davon aus, daß die rechts abgebildete CD (Volume 37) identisch ist mit der von Dir gezeigten CD. Es spielt das NBC Symphony Orchestra, und das stimmt mit Deine Ausgabe überein. Die andere müßte Vorkriegsaufnahmen enthalten. Ich kenne leider beide nicht.


    Ich werde mir wohl doch meine Toscanini-Sammlung, die sehr spärlich ist, aufstocken müssen!

    Mein Toscanini-Bestand umfaßt ca. 25 CDs, aus der oben gezeigten Ausgabe. Die habe ich, kurz nachdem ich auf CD umgestellt hatte, günstig erwerben können. Klangtechnisch sind sie natürlich mangelhaft, vor allem stört der "gequetschte", etwas blecherne Klang. Ich weiß nicht, ob ich sie heute noch alle kaufen würde, trotz ihrer unbestreitbaren musikalischen Qualitäten. Toscanini war schon eine Klasse für sich, obwohl ich nicht alles toll finde. Seine Schubert Nr. 9 (von 1953) verjagt mir denn doch alle Poesie, das "Wienerische" fehlt total.

    Ein besonderes Schmankerl ist allerdings Mendelssohns "Italienische" aus dem Jahr 1953, die würde ich darstellerisch noch Szells legendärer Fassung (CBS) vorziehen, und klanglich ist sie für ihr Alter erstaunlich gut gelungen:

    Ein Pflichtalbum für jeden Toscanini-Verehrer!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Toscaninis Abschied in Stereo

    Obwohl es wahr ist, dass Toscanini im Großen und Ganzen ein Dirigent der Mono-Ära ist, haben wir es einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass sein allerletztes Konzert vom 4. April 1954 komplett in Stereo festgehalten wurde. Das hat sich offenbar noch gar nicht so weit herumgesprochen, zumindest wurde auf diese Aufnahme bis dato nicht verwiesen, erschienen bei Music & Arts:



    Es handelt sich, bedenkt man das enorme Alter und die Umstände - April 1954 und live! -, um eine wirklich sehr gute Klangqualität, die deutlich mehr Details freilegt als derzeit üblich und einen würdigen Abschied dieses Dirigenten-Giganten überliefert. Es war auch dasjenige Konzert, in dem Toscanini einen Aussetzer während der Ouvertüre und des Bacchanals des Tannhäuser hatte - zwar kaum hörbar, aber für ihn Grund genug, nach diesem Konzert augenblicklich vom Podium zurückzutreten. Toscanini war damals allerdings auch bereits 87 Jahre alt.



    Noch weniger geläufig ist, dass auch Tschaikowskis Pathétique aus dem vorletzten Konzert vom 21. März 1954 in Stereo überliefert ist. Allerdings gibt es eine kurze Passage, die sich nur in der parallel aufgezeichneten Mono-Tonspur erhalten hat - so nach meiner Erinnerung kurz vor dem Ende des dritten Satzes. Trotzdem ist diese Interpretation zumindest für Toscanini-Fans wohl ein Pflichtkauf - wenn man sie bekommt, denn derzeit ist sie scheinbar vergriffen bzw. nur mehr gebraucht zu erstehen (bei Music & Arts plus die Ouvertüre zum Barbier von Sevilla).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Im Zuge dieses Threads habe ich mir soeben das komplette Wagner-Konzert vom 4. April 1954 noch einmal angehört (Veröffentlichung bei IDIS) und kann das bereits Gesagte unterstreichen. Klanglich übertrifft das in seiner Natürlichkeit und Räumlichkeit locker manche deutlich jüngere Studioaufnahme in Stereo. Nebengeräusche durch das Publikum gibt es nahezu überhaupt nicht. Die Anspannung sorgte wohl automatisch dafür. Trotz seiner 87 zeigt sich Toscanini noch immer sehr vital und vorwärtsdrängend. Das Blech geht aufs Ganze und die Pauken donnern, dass es eine Freude ist. Das etwa einminütige Malheur im Bacchanal wurde offenbar "geflickt" durch Material von den Proben, so dass es kaum merklich ist.

    Noch ein paar Worte zu Toscaninis "Blackout": Im originalen Radio-Mitschnitt blendete der Rundfunk wegen "technischer Probleme" kurzzeitig aus. Allerdings fing sich Toscanini dann wieder und dirigierte das Konzert ohne weitere Vorfälle fertig. Am Ende, nach dem (übrigens furiosen) Meistersinger-Vorspiel, soll er noch während der Schlussakkorde rasch die Bühne verlassen haben. Dem Schlussapplaus stellte er sich nicht mehr und dirigierte nie wieder in der Öffentlichkeit. So endete seine Dirigentenkarriere, die 1886 begonnen hatte. Die Details kann man beim BR sehr schön nachlesen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Toscaninis Abschied in Stereo

    Lieber Joseph II.,


    noch einmal: Man lernt nie aus! Das wußte ich bis heute nicht, obwohl es eigentlich gar nicht so überraschend ist! Die erste klassische Stereo-Aufnahme entstand im April 1954 in Chicago, das Klavierkonzert Nr. 1 d-moll, Op. 15, von Johannes Brahms, mit Artur Rubinstein (Klavier) und dem Chicago Symphony Orchestra, Dirigent: Fritz Reiner, also exakt zum gleichen Zeitpunkt! So sah die Erstauflage in STEREO aus:

    Chicago Symphony Orchestra* - Concerto No. 1 In D Minor, Op. 15

    Aber Toscanini in Stereo, das ist echt (für mich) eine Sensation! Dieses Glück war Wilhelm Furtwängler leider nicht beschieden.

    Die erste von Dir gezeigte Ausgabe gibt es sogar zum kleinen Preis beim großen Urwaldfluß. Habe sie gleich auf meine Liste gesetzt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die erste klassische Stereo-Aufnahme entstand im April 1954 in Chicago [...]

    Es ist für mich immer wieder erstaunlich, welch hohe Qualität gerade die ganz frühen Stereo-Einspielungen oftmals besitzen. Daran lässt sich ermessen, mit welcher Sorgfalt da hantiert wurde, als wollte man die neue Technik, die einen wahren Quantensprung bedeutete, bestmöglich präsentieren. Wie lieblos dagegen Jahrzehnte später mitunter produziert wird, merke ich allzu oft, wenn ich im direkten Hörvergleich zu meiner eigenen Verblüffung uralten Aufnahmen aus den 50er Jahren klanglich den Vorzug geben muss (und interpretatorisch sowieso). Da waren echte Könner am Werke. Und das bezieht sich nicht einmal ausschließlich auf Studioproduktionen, wenn man sich dieses Toscanini-Konzert von 1954 oder etwa den Bayreuther Ring von 1955 (für Decca, später bei Testament erschienen) anschaut (und anhört).


    Aber Toscanini in Stereo, das ist echt (für mich) eine Sensation!

    Das ist es wirklich. Ich war seinerzeit auch aus dem Häuschen, als ich davon erstmals erfuhr. Diese Aufnahme solltest Du Dir wirklich beizeiten zulegen, sie ist einfach ein großartiges und historisch wertvolles Tondokument. Da vergisst man auch, dass es nicht unter Studiobedingungen entstand (die Du ja, lieber nemorino, bekanntlich vorziehst).


    Gäbe es nur ein solches Stereo-Tondokument von Furtwängler! Was gäbe ich darum. In der Neuerscheinung der Reichsrundfunk-Aufnahmen der Berliner Philharmoniker, die vom Orchester selbst herausgegeben wurde, wird nochmal im Booklet bestätigt, dass der Reichsrundfunk die Bayreuther Meistersinger im Jahre 1944 unter Stabführung von Wilhelm Furtwängler komplett in Stereophonie mitschnitt. Es dürfte sich dabei um das ambitionierteste Projekt der RRG überhaupt handeln, die zwischen 1942 und 1945 etwa 250 Stereo-Aufnahmen (!!!) produzierte, von denen sich nur eine Handvoll erhalten hat. Auch der Verbleib der Tonbänder der Furtwängler'schen Meistersinger ist seit Kriegsende unbekannt; kein Mensch weiß, wo sie landeten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Die erste von Dir gezeigte Ausgabe gibt es sogar zum kleinen Preis beim großen Urwaldfluß. Habe sie gleich auf meine Liste gesetzt.

    Lieber Joseph II.,


    …. ich hätte sie besser gleich gekauft, denn über Nacht ist der Preis ganz schön gestiegen! Nun warte ich doch lieber mal ab, bis sie wieder günstiger zu haben ist. An Wagner-Ouvertüren herrscht bei mir kein Mangel, ich habe Klemperer, Szell, Bruno Walter, Karajan, Solti im Regal. Die CD ist mir deshalb nur wegen


    Toscaninis Abschied in Stereo

    von Interesse. Ich werde sie im Auge behalten!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • …. ich hätte sie besser gleich gekauft, denn über Nacht ist der Preis ganz schön gestiegen!

    Lieber nemorino,


    das ist wirklich ein häufiger Effekt, wenn bei Tamino diverse (oft nicht so im Mittelpunkt stehende) Aufnahmen beworben werden. Ehe man sich versieht, sind die günstigsten Exemplare weg. Eigentlich ja ein gutes Zeichen für die Breitenwirkung des Forums. Persönlich kann es aber ärgerlich sein, wenn man dadurch ein Schnäppchen verpasst. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber nemorino,


    das ist wirklich ein häufiger Effekt, wenn bei Tamino diverse (oft nicht so im Mittelpunkt stehende) Aufnahmen beworben werden. Ehe man sich versieht, sind die günstigsten Exemplare weg. Eigentlich ja ein gutes Zeichen für die Breitenwirkung des Forums. Persönlich kann es aber ärgerlich sein, wenn man dadurch ein Schnäppchen verpasst.

    Lieber nemorino,


    das sollte doch eigentlich klar wie Klosbrühe sein, dass man solche CD´s von Interesse erst einmal bestellt ;) und danach die INFO bei Tamino einstellt.

    Bei mir sieht der Tamino-Text dann so aus: "Gerade habe ich XXX bestellt ... die Aufnahme ist (ggf) noch günstig zu haben ... "


    Aber letztendlich sehe ich es auch wie Du: Mit Wagner-(Orchesterwerken) bin ich bezüglich Szell, Solti, Klemperer und Stokowski mit seiner Symphonischen Synthese auch zufriedenstellend eingedeckt ... ;) hinzu kommt auch, dass ich gar kein grosser Wagnerianer bin. Ich meine ich hätte so etwas auch von Dir gelesen.

    Der überromantisierende Wagner-Sound geht mir oft "auf den Keks".



    8) Und seinen wir doch ehrlich ... die Pathetique haben wir doch auch mehrfach in Spitzenaufnahmen :pfeif:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Holger,


    ich komme nochmal kurz auf TOSCANINI zurück. Als Debussy-Fan dürfte Dich vielleicht diese DVD interessieren:

    mit einem recht interessanten Programm:


    Tracklisting:
    01 Cesar Franck - Redemption/Symphonic Interlude
    02 Jean Sibelius - En Saga, Op. 9
    03 Claude Debussy - Trois Nocturnes/Nuages; Fêtes

    04 Gioachino Rossini - William/Overture

    05 Ludwig van Beethoven - Symphony No. 5 in C minor, Op. 67
    06 Ottorino Respighi - The Pines of Rome


    Ganz billig ist sie allerdings nicht, gebraucht kostet sie bei Amazon z.Zt. immerhin 24 €. Da ich keine DVDs sammle, kann ich über die Ton- und Bildqualität keine Aussage machen. Die bei Amazon eingestellten Rezensionen sind des Lobes voll. Ich wollte nur kurz einen Hinweis geben, damit es nicht vergessen wird.


    LG Nemorino


    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).