Die Opernzerstörer und deren Wirkung

  • nun ein Bier ... ganz ehrlich ! :yes::yes::yes:
    danke für das vollständige Zitat. Ich hatte mir den Messias lange nicht mehr reingezogen und das komplette Zitat war mir überhaupt nicht gegenwärtig...

    Zitat

    und das Licht der Erkenntnis möge über Euch leuchten "...

    aber wäre dieser Zusatz "Licht der Erkenntnis" nicht viel zu anmaßend meinerseits gewesen ? Ich weiß ja nicht .. ?(


    Ich hatte plötzlich bei Lektüre von M.Johos Jeremiaden, ob der schrecklichen Dominanz der Phalanx des sog "Regietheaters" furchbar überbordende Anwandlungen des Mitleids und Empathie, das ich mit wonnigen Worte des Trostes nicht zurückhalten mochte ..
    :hello:

  • Aber ja doch Amfortas, den "ungezogenen Amfortas" ertragen wir hier durchaus und er ist uns sogar ein "Born der Heiterkeit". Wenn die Amfortässer sich auch nur in diesem Verhältnis zu den Uropas in den Theatern breit machen würden, hätten wir gar nichts dagegen und würden Euch gütigerweise sogar die "Komische Oper" als Spielwiese für Eure Ideen zugestehen! Grosszügig nicht??


    Ein wesentlicheres Problem hat Milletre angesprochen. Für mich war es schlankweg spannend zu Zeiten als es noch grosse Sänger gab, die auch grosse Darsteller waren, zu sehen, wie sie ihre Auffassung der Charaktere in Bühnenbildner von sog. Bebilderner zu zeigen vermochten. So konnte ich in derselben Inszenierung Siepi, Christoff und Ghiaurov als König Philipp in Carlos sehen, bzw. Dvorsky, Araiza, Carreras und Kraus als Werther in Massenets Werk, Hopf, Windgassen, Parly, Thomas als Tannhäuser, Nilsson, Varnay als Isolde usw.. Und bei Gott es war spannender diverse Sänger zu erleben, die sich ihre Partien in jahrzehntelanger Auseinandersetzung bis in die kleinste Geste erarbeitet hatten, als wie heute immer dieselben No-Names, die die jeweilige Partie zum ersten Mal singen und von einem Regisseur, bzw. dessen Auffassung dominiert werden. Leider sind diese Zeiten, bedauerlicherweise, definitiv zu Ende....

  • Aber ja doch Amfortas, den "ungezogenen Amfortas" ertragen wir hier durchaus und er ist uns sogar ein "Born der Heiterkeit". Wenn die Amfortässer sich auch nur in diesem Verhältnis zu den Uropas in den Theatern breit machen würden, hätten wir gar nichts dagegen und würden Euch gütigerweise sogar die "Komische Oper" als Spielwiese für Eure Ideen zugestehen! Grosszügig nicht??


    Oh, diese Konzilianz !!! ich bin tief bewegt....


    Ein wesentlicheres Problem hat Milletre angesprochen. Für mich war es schlankweg spannend zu Zeiten als es noch grosse Sänger gab, die auch grosse Darsteller waren, zu sehen, wie sie ihre Auffassung der Charaktere in Bühnenbildner von sog. Bebilderner zu zeigen vermochten. So konnte ich in derselben Inszenierung Siepi, Christoff und Ghiaurov als König Philipp in Carlos sehen, bzw. Dvorsky, Araiza, Carreras und Kraus als Werther in Massenets Werk, Hopf, Windgassen, Parly, Thomas als Tannhäuser, Nilsson, Varnay als Isolde usw.. Und bei Gott es war spannender diverse Sänger zu erleben, die sich ihre Partien in jahrzehntelanger Auseinandersetzung bis in die kleinste Geste erarbeitet hatten, als wie heute immer dieselben No-Names, die die jeweilige Partie zum ersten Mal singen und von einem Regisseur, bzw. dessen Auffassung dominiert werden. Leider sind diese Zeiten, bedauerlicherweise, definitiv zu Ende....

    "No-Name" -Sopran Francesca Scaini machte die Titelpartie der Jenufa (2004) dank der Arbeit bzw. Unterstützung einer Vertreterin des sog. „Regietheaters“ zu einem unvergesslichen Erlebnis ..
    :hello:

  • Sorry, dass ich die Dame nicht kenne. Für mich sind Sena Jurinac und Hillebrecht ( mit Varnay) in dieser Partie ohne Regietheater unvergessliche Erlebnisse! War der Regisseur nicht der unbekannte Günther Rennert? :hello:

  • Wenn Du, von mir trotz Widerpart geschätzter Amfortas (was täten wir, hätten wir Dich nicht als klassischen Reibebaum?) Deine Argumente mit einigen Sekundärzitaten und gar Kritiken zu untermauern versuchst, so könnte ich Dir haufenweise Sekundärzitate und Kritiken unter die Nase halten, die genau das Gegenteil sagen. - Dass immer schon so manche Regisseure Mist bauten, ist doch unbestritten. Aber Du verbeißt Dich ständig auf die "misslungene" Schenk-Regie und willst damit eine große Opernära diskreditieren. Ich bestreite ja gar nicht, dass auch "mein" Karajan manchen Unsinn produziert hat, abe seine Lebensleistung daran festzumachen ist unredlich. Kein Mensch würde z.B. Beethovens Größe (oder gar Mittelmäßigkeit) an den "Ruinen von Athen" festmachen.


    Dass Karajan Stimmen ruiniert hat, ist barer Unsinn. Ich stimme Dir zu, dass er für den momentanen Erfolg die Janowitz und später auch die Freni in Partien treiben wollte, die diesen Sängerinnen geschadet haben bzw. hätten. Aber da kann ich Dir auch ein Zitat entgegenhalten, und zwar von Christa Ludwig, die ganz entschieden erklärte, jeder Sänger sei für seine stimmliche Entwicklung selbst verantwortlich und müsse den Mut und die Courage haben, unzumutbare Partien abzulehnen - auch gegen einen Karajan. Dann meinte sie verschmitzt lächelnd: Glauben Sie ernsthaft, ich hätte nicht gern die Isolde gesungen?


    Geschätzter Amfortas, so ernst ich Deine Ansichten auch nehme, ich vermisse in Deinen Beiträgen eine persönliche Auseinandersetzung mit dieser Materie. Was immer die von Dir zitierten Personen G`scheites oder weniger G`scheites geäußert haben - wichtig wäre zu erfahren, was Du persönlich an Argumenten fürs "Regietheater" einzubringen hättest.


    Grüße aus Wien
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat

    Denn statt

    "Uropas Theater" schrieb ich Uropas Oper
    statt "sich etwas hineinziehen" schrieb ich sich ... reinziehn



    Na, dann habe ich deine "Nettigkeiten" ja noch etwas eleganter ausgedrückt, als du es kannst!

    Zitat

    Aber ja doch Amfortas, den "ungezogenen Amfortas" ertragen wir hier durchaus und er ist uns sogar ein "Born der Heiterkeit". Wenn die Amfortässer sich auch nur in diesem Verhältnis zu den Uropas in den Theatern breit machen würden, hätten wir gar nichts dagegen und würden Euch gütigerweise sogar die "Komische Oper" als Spielwiese für Eure Ideen zugestehen! Grosszügig nicht??

    Richtig!!!


    Gerhard :jubel:

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Oh weh, da muss ja ein ganz entsetzlicher Leidensdruck auf euch aus der „Fraktion des Wahren und Schönen“ lasten. Aber ich bin gekommen, um euch Worte des Trostes zu spenden: Der einzige „Störenfried“ in eurer illustren Runde von Uropas Oper e.V. – ist - nach meinen Dafürhalten - doch bloß der ungezogene Amfortas08. Und den werdet ihr doch ganz ganz locker ertragen.


    Hallo, Amfortas!



    Vielen Dank für deine Worte des Trostes, aber ich glaube, du verkennst die Situation der Runde "Uropas Oper e.V." etwas. Ich glaube, ich spreche nicht nur für mich , wenn ich sage, dass wir alle hier mit Freuden hundert "ungezogene Amfortasse" ertragen würden, wenn es dafür draußen in der Opernwelt nur einen einzigen "Opernzerstörer" gäbe. Dessen Produktionen könnte man dann nämlich mit Leichtigkeit ausweichen.


    Um auch dich zu trösten: Ich fühle mich in keiner Weise von dir provoziert, auch wenn wir verschiedener Meinung sind. Zu Anfang der Diskussion - auch in anderen Threads - konnte ich anfangs nicht glauben, dass du wirklich meinst, was du da schreibst und glaubte an Widerspruch aus Prinzip und Freude an der Diskussion. Aber da habe ich offensichtlich falsch gelegen. Glücklicherweise kannst du uns hier im Forum deine Ansichten nicht aufzwingen, aber leider versuchen das im Opernalltag Intendanten und Regisseure permanent. Ich plädiere auch keineswegs dafür, das Regietheater ganz abzuschaffen, aber es sollte sich im überschaubaren Rahmen halten. Die Ausweichmöglichkeiten für uns "Staubis" sind gar zu gering.


    Ich frage mich manchmal, warum die Intendanten der Opernhäuser nicht mal bei jeder Vorstellung Fragebögen verteilen , um die Besucher Bühnenbild und Regie beurteilen zu lassen. Kosten? Angst, nicht mehr als "künstlerisch" genug zu gelten? Oder warum in Gegenden mit einer besonders hohen Opernhausdichte ( NRW, Berlin) sich nicht mal ein Opernhaus auf herkömmliche Produktionen spezialisiert und die Leute mit den Füßen abstimmen lässt, auch auf die Gefahr hin, mal nicht den Kritikerpreis der "Opernwelt" zu erhalten, aber dafür - horribile dictu - kommerziellen Erfolg zu haben.


    Schließlich noch eine letze Anmerkung zur "sklavischen Abhängigkeit" der Komponisten von irgendwelchen Fürsten in früheren Jahrhunderten: Das mag zu Beginn der Oper so gewesen sein, aber spätestens seit der französischen Revolution arbeiteten die Opernhäuser der größeren Stadte auf eigenen Rechnung - teilweise sogar früher (Beispiel Händel in London). Sicherlich gab es noch eine Zensur,, aber viele Opernhäuser (Venedig, Mailand, Paris z.B.) arbeiteten auf eigene Rechnung und waren auf den Erfolg ihrer Neuproduktionen angewiesen - will sagen, Oper war Unterhaltung, und das beileibe nicht nur für die höheren Stände, vergleichbar heute mit Musical oder gar Kino. Warum ebendiese Werke heutzutage, nur weil sie eine erkleckliche Anzahl Jahre "auf dem Buckel" haben, nun erhabene Kunstwerke sein sollen, die nur noch in verfremdeter Form und "aktualisiert" oder mit neuentdeckten "Subtexten" goutierbar sein sollen, entzieht sich meinem Verständnis. Oper im ursprünglichen Sinn ist - sicherlich eine gehobenere - Art von Unterhaltung, die Gefühl, Ohr, Auge und Herz ansprechen soll - und dann vielleicht auch noch den Intellekt.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Dass Karajan Stimmen ruiniert hat, ist barer Unsinn.


    Ich bin natürlich nicht dabei gewesen, als es so weit kam, dass Régine Crespin eine Brünnhilde, Katia Ricciarelli eine Tosca und eine Turandot, Helga Dernesch diverse hochdramatische Partien annahmen. Ich kann nicht beurteilen, wie weit er die Künstlerinnen dazu drängte oder wie weit diese von sich aus um die Partien baten.


    Jedenfalls kam die entsprechenden Aufnahmen (und auch Aufführungen) zustande. - Übrigens fragte HvK zumindest in einigen Fällen. Nicht jede Sängerin hatte das Standing einer Christa Ludwig und hätte sich eine Absage herausnehmen können ohne anderweitig Nachteile befürchten zu müssen. In den Fällen Crespin, Ricciarelli und Dernesch sind die Resultate bekannt. Und auch Christa Ludwig ist selbst der Auffassung, dass ihre Stimme Schaden genommen hätte, wenn sie Karajans Angebote angenommen hätte. Insofern verstehe ich nicht, warum man Frau Ludwig als Argument pro Karajan in die Waagschale werfen kann. Wenn überhaupt, dann ist es ein Argument pro Ludwig.

  • für uns "Staubis"


    Ein paarmal ist jetzt schon dieses Wort gefallen. Da habe ich wohl echt eine Bildungslücke. Klärt mich mal einer auf, was " Staubis " sind?
    Danke im Voraus.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Da habe ich wohl echt eine Bildungslücke. Klärt mich mal einer auf, was " Staubis " sind?


    Lieber crissy,


    das ist sicher keine Bildungslücke, sondern ein Wort aus der Gossensprache, das du nicht unbedingt kennen musst. Ich nehme an, das sind Leute über 50. Denn mit 60 Jahren wurden wir in diesem Jargon "Gruftis" genannt, und heute gehöre ich nach diesem Lexikon schon zu den "Kompostis". Falls du noch weitere solcher Schmeicheleien suchst, schlag nach bei Amfortas, der solche Dinge hier ins Forum trägt.
    Den lieben "Grufti" grüßt
    Gerhard :hello:

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Hallo, Chrissy!


    Ich habe dieses Wort auch erst hier bei Tamino kennengelernt. Es meint, so verstehe ich es, die Gegner des Regietheaters, die halt "verstaubte" Inszenierungen schätzen. Kleiner Tipp: Gib mal in der Suchfunktion "Staubis" ein - du findest jede Menge Hinweise.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Insofern verstehe ich nicht, warum man Frau Ludwig als Argument pro Karajan in die Waagschale werfen kann. Wenn überhaupt, dann ist es ein Argument pro Ludwig.


    Das war von mir kein Pro-Karajan-Argument, sondern es sollte die Eiigenverantwortlichkeit der Sänger für ihre stimmliche Entwicklung postulieren.


    Übrigens haben Dernesch, Ricciarelli und andere stimmenraubende Partien des öfteren auch unter ganz anderen Dirigenten gesungen.


    Und wie war es mit Carlos Kleiber, der Margaret Price oder Peter Schreier in Partien einsetzte, denen sie nicht gewachsen waren?


    Aber den Karajan als alleinigen Bösling hinzustellen hat ja Methode ...


    Grüße aus Wien
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Den lieben "Grufti"

    Aha, bin ich also auf dem besten Wege, ein solcher zu werden. Danke, lieber Gerhard und Mme. Cortese, für Eure Aufklärung. Man lernt eben nie aus. Ich dachte schon, bei der Vorlesung muß ich entweder gepennt oder geschwänzt haben.
    Euch eine gute Nacht und herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Aber zurück zum zeitgenössischen "Regietheater". Ich setze mich jetzt bewußt-provokant in die Nesseln, indem ich behaupte, dass die überwiegende Zahl von Komponisten (Wagner, Richard Strauss usw. bleiben aussen vor) ihre Werke primär nach musikalischen Gesichtspunkten geschaffen haben, wobei der meist fragwürdige Text (das kann doch niemand bestreiten!) als Vehikel für den Transport ebendieser musikalischen "Botschaften" zu dienen hatte. Schon deshalb ist es unsinnig, wenn sich "moderne" Regisseure in den Text so ausschließlich verbeissen, dass sie die wunderbare Sprache der Musik ignorieren, weil sie diese nicht erkennen oder nicht erkennen wollen.


    Wenn in einer Traviata-Produktion bereits im Vorspiel eine offensichtlich schwerkranke Violetta auf offener Bühne herumtorkelt und der Regisseur erläuternd dazu erklärt, da passiere ja nichts, dann soll solch ein Typ gefälligst zum Stummfilm auswandern.


    Oder, wie auch geschehen, in einer Probe zur Neuinszenierung der "Tosca" ein auf der Bühne befindlicher Sänger vom Regisseur angeherrscht wird, was er denn hier verloren hätte, kleinlaut antwortete, er sei der Spoleta, da wandte sich nämlicher Regisseur an sein Team mit der entwaffnenden Frage: Was, der kommt auch vor in der Tosca?


    Überdies möchte ich nicht mit dem Holzhammer auf meist von der Musik ablenkende Details hingewiesen werden, denn immer noch will ich mir in einer Vorstellung ausgehend von ebendieser Musik die Stimmung und dazu die adäquate Aussage selber imaginieren können.


    Da heutzutage offenbar zeitbedingt die Bühnenbilder und Kostüme großteis vor exorbitanter Häßlichkeit und Primitivität nur so strotzen, ist es am besten, man wählt einen Sitz, von dem aus man diese Unsäglichkeiten nicht zu sehen bekommt - oder man schließt einfach die Augen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Das war von mir kein Pro-Karajan-Argument, sondern es sollte die Eiigenverantwortlichkeit der Sänger für ihre stimmliche Entwicklung postulieren.
    Übrigens haben Dernesch, Ricciarelli und andere stimmenraubende Partien des öfteren auch unter ganz anderen Dirigenten gesungen.


    Und wie war es mit Carlos Kleiber, der Margaret Price oder Peter Schreier in Partien einsetzte, denen sie nicht gewachsen waren?


    Lieber Milletre,


    es entschuldigt den Räuber nicht, wenn sein Opfer auch von anderen Räubern beraubt wurde.

    Aber den Karajan als alleinigen Bösling hinzustellen hat ja Methode ...


    Ich weiß nicht, welchen Vergehens Du mich hier zeihen willst. Habe ich Karajan als alleinigen Bösling hingestellt? Ich meine, nicht. Ich meine, was HvK getan hat, bedarf nicht der Abgrenzung vom Tun anderer, um die verwerflichen Momente darin wahrnehmbar zu machen. Ich meine, HvKs Tun und Lassen spricht für sich selbst und bedarf nicht der Hintergrundfolie des Tuns und Lassens seiner Kollegen.


    Dein Aussage war, dass es Unsinn sei, dass Karajan Stimmen ruiniert habe. Dagegen habe ich argumentiert. Es liegt nicht in meinem Interesse, gleichzeitig Karajan mit seinen Kollegen zu vergleichen oder ihn gar verwerflicher darzustellen. (Wenn daran etwas dran wäre, dann hat HvK das ganz alleine besorgt. Es bedarf nicht meiner Hervorhebung.)

  • Liebe Mitleidende,


    hat jemand von euch die Übertragung des "Idomeneo" auf Bayern alpha gesehen? Als ich "Bayrische Staatsoper" las, hatte ich zwar schon Befürchtungen, aber ich dachte, eine "feierliche" Eröffnung des schönen Cuvillié-Theaters könnte vielleicht auch reizvoll gestaltet sein. Doch es kam schlimmer, als ich es mir dachte. Schon die blutigen Gestalten, die während der Ouvertüre (ist es denn heutzutage nicht mehr zulässig, eine Ouvertüre vor geschlossenem Vorhang zu spielen?), die einen Mann malträtierten und ihn dann in einer Versenkung verschwinden ließen, verhießen nicht Gutes. Dann die schreiend bunten Kostüme der Frauen und des Idamantes, die absolut nicht zum Inhalt passten. Schließlich, während der Arie der Elektra im Hintergrund wieder undefinierbare, blutige Gestalten, die ich nicht zu deuten wußte. Hier habe ich angewidert das Bild abgeschaltet. Der arme Mozart hätte sich sicher dreimal im Grabe herumgedreht, wenn er das gesehen hätte.
    Wer - außer vielleicht Amfortas - hätte das anders gesehen?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Man kann alles noch steigern: Noch über Staubi und Grufti steht der Komposti! Wie tröstlich wenn man in einem Alter, in dem man mit solchen Attributen versehen wird, darüber noch lachen kann.
    Lieber Amfortas, zumindest ich kann Dich gut ertragen und schätze Dich sogar. Du trägst zur Würze der Diskussion bei. Wenn es mit etwas weniger Schärfe ginge wäre das alles noch genießbarer. Zur Sache habe ich mich bereits in einem Beitrag geäußert.
    Bitte sorgt weiter für meine Heiterkeit.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wir durfen nicht vergessen, daß wir uns hier in einem "Glaubenskrieg" befinden - noch dazu in einem eigenartigen.
    Jahrelang, oder sollte man schon von Jahrzehnten sprechen- hat der Schwanz mit dem Hund gewedelt, soll heissen einige Verfechter der massiven Umdeutung unserer Opern und deren Anhänger haben seit langer Zeit alte Meisterwerke bewusst oder unbewusst demoliert, das klassische Opernpublikum aus den Logen vertrieben, und mittels ihrer Freunde, die "zufällig" an medialen Schlüsselstellen sassen, die "öffentliche Meinung" derart manipuiliert, bzw zum Schweigen gebracht, daß sich kaum nennenswerter Widerstand regte - zumindest nicht in öffentlichen Medien.
    Denn kaum wagte jemand diese Aufführungspaktiken in Frage zu stellen oder gar anzugreifen, da wurde ihm wahlweise "rechte Gesinnung", Inkompetenz, "Spießbürgertum" oder "Dummheit" vorgeworfen. Negative Leserbriefe zu "modernen" Inszenierungen wurden entweder nicht abgedruckt, oder es wurden welche ausgesucht, die wenig Vorteilhaft für das "konventionelle Theater (Oper) waren. Und das hat -für mich völlig unverständlich - jahrelang so funktioniert.
    Das Tamino Klassikforum war meines Wissen seit langem das erste Medium, wo auch jene zu Wort kamen, welche diese entstellenden, opernzerstörenden Inszenierungen verabscheuten. Und natürlich haben auch die Anhänger des sogenannten Regietheaters hier geschrieben - was zu Schlammschlachten führte - aber das Forum belebte. Irgendwann haben sich dann im Rahmen eines Inszenierten Konflikts die Vertreter des Regietheaters hier verabschiedet - was meines Erachtens ein taktischer Fehler ersten Ranges war. Tamino zog allmählich immer mehr Vertreter von "Klassischen" Operninszenierungen an ("konventionell" oder "konservativ" sind ja Negativbegriffe, bewusst von den Opernzerstörern hier eingeführt - und von der Gegenseite willfährig übernommen.


    Was ich nicht wusste, war, wie bedeutend Tamino inzwischen in der Klassikszene bereits ist, man könnte beinahe sagen wir wären ein "Opinion -Leader" in bescheidenem Rahmen.
    Da wird jetzt mancher lächeln, lachen oder widersprechen - aber die Wichtigkeit wird schon durch die Zahl der Aufrufe dokumentiert. 1250 Seitenaufrufe seit Threaderöffnung. !!!! Freund und Feind lesen hier - vermutlich mit gemischten Gefühlen und unterschiedlichen Einschätzungen - mit. Vor allem jene, die bis dato mittels Opernzerstörung ganz gut verdient haben, dürften sich nicht wohl in ihrer Haut führen, denn die Aussenwirkung unserer Threads ist zwar unbestreitbar, deren Reichweite und daraus folgenden Konsequenzen jedoch unwägbar. Alles ist möglich.
    Zumindest ist der Damm gebrochen, die Anhänger von klassischen Inszenierungen haben (symbolisch) "Blut gerochen" - sind auf dem Vormarsch - und mit den althergebrachten Rezepten wird man sie wohl kaum mehr zum Schweigen bringen, notabene, da Tamino inzwischen längst nicht mehr die einzige "zerstörungstheaterfeindliche" Plattform ist. Redakteure, einst Nesthäkchen ihrer Redaktionen, wurden teilweise zurechtgestutzt, und sind in die zweite Reihe gerückt, Absahner- die bis dato gut vom "Zerstörungstheater" lebten - und leicht lachen hatten - haben begonnen darüber nachzudenken, was ihnen denn nach der Stunde X blühen könnte - wo es dann keine Subventionen gibt - weill entweder nichts mehr da ist - oder andere Leute an den Hebeln der (kulturellen) Macht sitzen....


    Ich höre schon wieder (mit Vergnügen)


    die schrillen Schreie "Höchste Zeit, daß dieses Tamino Klassikforum vom Netz genommen wird " (sinngemäßes Originalzitat aus dem Gedächnis - habe die Quelle nicht mehr gefunden) :baeh01:


    mit freundlichen Grüßen
    aus der Musik- und Opernstadt Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    Oder, wie auch geschehen, in einer Probe zur Neuinszenierung der "Tosca" ein auf der Bühne befindlicher Sänger vom Regisseur angeherrscht wird, was er denn hier verloren hätte, kleinlaut antwortete, er sei der Spoleta, da wandte sich nämlicher Regisseur an sein Team mit der entwaffnenden Frage: Was, der kommt auch vor in der Tosca?

    Wenn das verbürgt ist - und ich zweifle nach allen Erfahrungen nicht daran - dann wirft es das passende Licht auf diese Spezies der Regisseure: Keine Ahnung, aber davon sehr viel!!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Mein lieber Wolfram,
    hier handelt es sich um ein Missverständnis, denn ich habe bezüglich der unsäglichen Karajan-Hatz nicht Dich persönlich gemeint, sondern die zahlreichen teils gehässigen "Kommentare" in einigen diesbezüglichen Threads. Einer sachlichen Kritik Karajan gegenüber bin und war ich hoffentlich stets aufgeschlossen.


    Grüße aus Wien
    von Fritz (der seinem Erstgeborenen den Namen Wolfram gegeben hat)

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Wir durfen nicht vergessen, daß wir uns hier in einem "Glaubenskrieg" befinden - noch dazu in einem eigenartigen.


    Alfred



    Mein lieber Alfred,


    ich persönlich befinde mich keineswegs in einem "Glaubenskrieg" - für mich zählt allein, ob eine Opern-Realisierung nach meinem Empfinden akzeptabel ist oder nicht. Und da geht es mir wie der kornsuchenden blinden Henne, die auch manchmal ein Körnchen findet. Doch leider, leider sind unter den zeitgenössischen Produktionen, die ich über mich ergehen lassen musste, fast sämtliche werkentstellend, der Musik abträglich und überdies auch extrem hässlich - quasi unter dem Gesichtspunkt, Häßliches müsse auch auf der Szene grauslich sein. Als gelungenes Gegenbeispiel führte ich schon einmal die Bregenzer "Passagierin" aus dem Vorjahr an, die beklemmend stringent gelungen ist.


    Wie gesagt, auch ein blindes Huhn ... aber leider Gottes sind das höchst seltene Perlen in der grauen Masse der misslungenen neudeuterischen "Sichtweisen".


    Grüße aus unserem Wien
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Mein lieber Milletre,


    danke für die Klarstellung! Es gibt eine Menge Einspielungen unter HvK, die ich sehr schätze,
    (Beethoven 195x, 1961/62; Schumann 1-4+KK (Lipatti); Mendelssohn 1-5; Verdi Trovatore[Salzburg live, Corelli], Aida[2x Studio], Otello[del Monaco], Falstaff[2x Studio], Wagner Meistersinger [Studio], Tristan [Studio/Vickers + Bayreuth/Vinay], mit Abstrichen den Ring, mit anderen Abstrichen den Parsifal; Bruckner 1-9; Brahms 1-4; Tschaikowsky 1-6; Dvorak Cellokonzert mit Rostro; Strauss, Tondichtungen!!!+ Salome!!!+Elektra(live)!!+Rosenkavalier(1955)!!!+vier letzte Lieder mit Janowitz!!!!!; Puccini Bohème!!!+Tosca(L. Price); Sibelius!!; Schönberg!!; Berg!!; Webern!!; Honegger!!!!; und vieles anderes, was mir gerade nicht einfälllt ... )
    darum verorte ich mich auch nicht unter den Karajan-Gegnern. Zu seinem Machtgebaren und seinen Casting-Methoden bin ich etwas distanzierter, wie oben geschrieben, gestehe aber zu, dass beides seinerzeit in einem gewissen Grade zum üblichen Verhaltensrepertoire eines Maestro gehört zu haben scheint. So bin ich denn für den sachlichen Diskurs seiner Aufnahmen stets zu haben!


    Grüße vom Rhein-Nahe-Eck

  • Wir durfen nicht vergessen, daß wir uns hier in einem "Glaubenskrieg" befinden - noch dazu in einem eigenartigen.


    Es hat manchmal in der Tat den Anschein eines "Heiligen Krieges".


    Wären alle Regietheater-Inszenierungen so gut wie der Jahrhundertring von Chéreau (Bayreuth 1976), so gäbe es diese unsägliche Diskussion gar nicht. Dieser Ring wurde nach der Premiere niedergebrüllt, im fünften Jahr gab es nach der letzten Götterdämmerung über eine Stunde Applaus. Wenigstens das damalige Bayreuther Publikum war also lernfähig.


    Ich glaube daran, dass noch größere Teile des Publikums in diesem Sinne lernfähig sind - auch heute noch - und nicht danach urteilen, was Regietheater sein mag oder nicht, sondern was gut ist und was schlecht. Vielleicht ist dieser "Glaube" aber auch Teil des Krieges.


    Das Problem, das ich mit einigen Regietheatergegnern habe, ist nicht deren Wunsch nach konventionellen Inszenierungen, sondern deren manchmal arg plumpe Argumentation, hinter der für meine Begriffe ein sehr eingeschränktes Kunstverständnis hindurchschimmert (Entschuldigung, die Metapher ist schief: statt vom Schimmer zu sprechen, der ja eine Lichtquelle benötigt, wäre hier so etwas wie ein Schwarzes Loch das angemessenere Bild).


    Würden sie besser argumentieren und ein differenziertes Kunstverständnis unter Beweis stellen, so wäre die Versuchung, wider den Stachel zu löcken, geringer.

  • Wären alle Regietheater-Inszenierungen so gut wie der Jahrhundertring von Chéreau (Bayreuth 1976), so gäbe es diese unsägliche Diskussion gar nicht. Dieser Ring wurde nach der Premiere niedergebrüllt, im fünften Jahr gab es nach der letzten Götterdämmerung über eine Stunde Applaus. Wenigstens das damalige Bayreuther Publikum war also lernfähig.


    Lieber Wolfram,


    ich gestehe, daß ich mit dem Chéreau-Ring so meine Probleme hatte. Unstrittig aber ist, dass die Personenregie als einzigartig bezeichnet werden muß - schon allein dafür hat dieser "Ring" seine verdiente Aufnahme in den Musikolymp gefunden.


    (Deine Metapher mit dem schwarzen Loch ist nicht zu toppen!)


    Grüße aus Wien
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Hallo, lieber Wolfram
    In einem anderen Thread habe ich einen Beitrag von Dir gefunden, dessen Aussage ich hoch interessant und überwiegend treffend finde. Vor allem drückst Du hier eine Meinung aus, die ich und viele andere Mitglieder im Forum versuchen, mit unseren Argumenten zur Opernregie und unseren Erwartungen an das Gesamtwerk, schon die ganze Zeit rüberzubringen. Ich habe mir erlaubt einzelne Passagen von Dir heraus zu nehmen und mit ein paar Sätzen darauf zu antworten.


    Was bedeutet Oper für mich?




    Ich halte es gerne mit dem Wagnerschen Ansatz des Gesamtkunstwerkes.
    Text und Musik ergänzen einander, sind zusammen mehr als die Summe der
    beiden Teile. Beide zusammen ergeben etwas
    Neues, was aus den beiden
    Einzelbestandteilen so nicht erkennbar war.

    Völlig richtig. Text und Musik verschmelzen miteinander und ergeben somit eine nachvollziehbare Handlung.



    Ja, der Ring ist da sicher DAS Paradebeispiel.
    Zum Ring kann ich nicht so viel sagen, das ist nicht mein Metier. Ich kann aber als jüngstes Beispiel Rienzi anführen. Da habe ich mir die erste halbe Stunde angeschaut. Dann hat es mir gereicht. Wenn ich da die Akteure in Uniformen aus der Nazi- Zeit sehe mit Maschinenpistolen, Revolvern, Dolchen und Schlagstöcken dann kann ich das nicht nachvollziehen. Eine Sängerin sah aus wie vom BDM und der Hauptakteur war das Ebenbild von dem Verbrecher Göring. So etwas ist für mich und viele andere Werk- und sinnentstellend. Wir wissen beide wann Wagner gestorben ist. Da konnte er von dieser fürchterlichen braunen Nazi- Scheiße ( Entschuldigung für den groben Ausdruck, halte ich hier aber für angebracht ) zum Glück noch nichts ahnen.


    Wobei ich das Ende der
    "Bohème" durchaus ergreifend finde.

    Ich auch, und nicht nur das Ende, aber dies natürlich besonders. Auch hier passen keine SA- Uniformen in die Inszenierung, wie ich es selbst erlebt habe. Die Handlung spielt um 1830 und nicht schon hundert Jahre später. Und wenn man so etwas in der Oper serviert bekommt, dann kann ich Gerhard mit seiner Bezeichnung vom Verunstaltungstheater nur recht geben. Was verlangt und erwartet man denn in der Boheme: eine dürftige, primitive Mansarde, in der man als Zuschauer mitfriert, ein Cafe Momus, eine Zollstation mit einer Schenke. Das war´s doch schon fast...


    Wenn eine Oper eigentlich nur aus einer Textfolie besteht, damit
    Sängerstars die Vorzüge ihrer Stimme möglichst effektvoll vorführen
    können, kann ich nicht so viel damit anfangen. Letztlich hat mich Maria Callas
    davon überzeugt, dass auch dort musikalische Perlen zu finden sind. Mit
    der Callas ist sogar der "Trovatore" genießbar.

    Da gebe ich Dir nur zum Teil recht. Wenn nämlich ein solcher Star nicht nur schön singt, sondern in seine Stimme auch noch überzeugendes Gefühl und Ausdruck legt, also die Partie " lebt ", dann ist das doch wirklich richtig gut und nicht nur Stimmprotzerei. Beispiel die San Francisco Boheme: Mirella Freni spielt und singt nicht nur die Mimi schön, nein sie lebt die Mimi, sie ist die Mimi.
    Übrigens, anhand Deines Beispieles mit der Callas und dem Trovatore widerlegst Du Deinen ersten Satz selbst.



    Oper ist ein komplexes Ganzes aus einer nicht zu
    einfachen Handlung, einem ausgefeilten Text und einer guten, komplexen
    Musik. Dann ist sie richtig gut
    ...
    Na, das sage ich und die anderen doch die ganze Zeit.
    ... und wenn dann noch die Regie sich dem Gesamtwerk unterwirft und sich nicht mit sinnentstellendem Klamauk drüberstellt, ja dann und nur dann... ist die Oper richtig gut.







    Viele Grüße,


    Wolfram


    Danke für Deinen interessanten Beitrag und in diesem Sinne herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Aber Du verbeißt Dich ständig auf die "misslungene" Schenk-Regie
    Na dann nenne ich z.B. die in klischeehaften Posen der Protagonisten erstarrende Othelloverfilmung Karajans, einen Trovatore-TV-Mitschnitt aus Florenz (1977) (Name des Regisseurs weiß ich leider oder zum Glück nicht mehr..) der konzertant aufgeführt zum besseren Ergebnis führen würde, weil sich der Besucher ganz auf die Musik fokussieren vermag, ohne unsinnige + verstaubte Posen.. eben symptomatisch für frühere schlechte Regiearbeiten, die es genauso häufig gab, wie misslungene Regiearbeiten des sog. „Regietheaters“.
    Ich behaupte nun nicht, dass alle sog. „konventionellen“ Arbeiten Schrott sind.. Im Gegentum: z.B. sehr gut in Erinnerung ist eine Boccanegra-Inszenierung der DOB (Monaco) und eine Pelleas + Melisande (Götz Friedrich (DOB) in Erinnerung... der Felsenstein Othello-Verfilmung vermag ich auch einiges abzugewinnen, weil ich z.B. in keinem anderen Othello-Wiedergabe die Figur des Cassios so spannend erlebe.. auch der Schönbergsche Moses und Aron unter Decker in Bochum mit dem sehr guten Boder-Dirigat geriet vergleichsweise „konventionell“ und wird zu einem auch als TV-Mitschnit erhellendem + emotionalen Erlebnis, aber ebenso beeindruckte auf der anderen Seite die Kosky Regie von Wagners Rheingold..


    Das alles (egal ob "konventionel"l oder „sog. Regietheater“) muss und wird nicht jedem gefallen ...


    Geschätzter Amfortas, so ernst ich Deine Ansichten auch nehme, ich vermisse in Deinen Beiträgen eine persönliche Auseinandersetzung mit dieser Materie. Was immer die von Dir zitierten Personen G`scheites oder weniger G`scheites geäußert haben - wichtig wäre zu erfahren, was Du persönlich an Argumenten fürs "Regietheater" einzubringen hättest.
    Ich bin kein Anhänger des sog. „Regietheaters“, weil ich mit diesem Allgemeinplatz nichts anfangen kann. Noch bin ich prinzipiell Gegner sog. „konventioneller“ Regie. Ich bin allerdings Gegner von unsäglichen Pauschalisierungen, wie sie allzu oft von einigen Anhängern von Uropas Opas Oper e.V. vorgebracht werden, durch sinnleere Wortprügel – die in dieser primitiven Pauschalisierung auch keine Entsprechung in der Realität besitzen - wie „Opernzerstörer“, „Abschaum“, „Opernvernichter“ "Zerstörungstheater" etc...
    ...ich kann mit den Schubladen „konventionelles“ Theater und dem sog. „Regietheater nichts anfangen


    Warum ebendiese Werke heutzutage, nur weil sie eine erkleckliche Anzahl Jahre "auf dem Buckel" haben, nun erhabene Kunstwerke sein sollen, die nur noch in verfremdeter Form und "aktualisiert" oder mit neuentdeckten "Subtexten" goutierbar sein sollen, entzieht sich meinem Verständnis. Oper im ursprünglichen Sinn ist - sicherlich eine gehobenere - Art von Unterhaltung, die Gefühl, Ohr, Auge und Herz ansprechen soll - und dann vielleicht auch noch den Intellekt.
    Ich habe nie gefordert, dass es nur eine bestimmte Art und Weise der szenischen Umsetzung dieser Werke zu geben hat. Aktualisierung ist auch nicht unbedingt immer das was ich erwarte. Wenns passt warum nicht, wenn nicht nötig bzw. überflüssig ist, dann ists auch ok. bzw. sogar besser


    Aber ich und viele andere Opernbesucher (also diejenigen, die sich nicht mit Angeboten von Uropas Oper abspeisen lassen wollen) erwarten von guter Regie, dass sie sich auch um eine Interpretation des Werkes bemüht, Fragen an das Werk stellt und .. und .. und . Und ebenso stark wie das Gefühl/Affekt auch den Intellekt des Hörers herausfordert bzw. anspricht (also nicht bloß vielleicht Intellekt) und sich nicht illustrativer, konventioneller Abbildlichkeit, Verdoppelung der Oberfläche erschöpft, dabei ists mir scheißegal, obs „konventionell“ oder mehr in Richtung des sog. „Regietheaters“ geht, wenn’s gut bzw. sinnvoll gemacht ist...


    Schon deshalb ist es unsinnig, wenn sich "moderne" Regisseure in den Text so ausschließlich verbeissen, dass sie die wunderbare Sprache der Musik ignorieren, weil sie diese nicht erkennen oder nicht erkennen wollen
    Dieser Vorwurf trifft ebenso für schlechte „moderne“ wie für schlechte sog. „konventionelle“ Regiearbeiten zu. Ist aber keine neue Einsicht. Z.B. die visuelle Opulenz in der Karajanschen Othelloverfilmung stellt sich nervig zwischen Hörer und Musik, behindert die Rezeption des Orchestersatzes und das zu Ungunsten eines z. Tl. ganz ausgezeichneten und transparenten Dirigates von Karajan.


    und wenn dann noch die Regie sich dem Gesamtwerk unterwirft
    bitte keine Unterwerfung ! Bei der Realisierung von Wagner bevorzuge ich eine dem Werk gegenüber autonome Regie, die in der Lage ist , ein Werk auch kritisch zu durchleuchten, anstatt unsägliche ideologische Aspekte darin bloß zu verdoppeln und damit zum willigen, beflissenen + heteronomen Vollstrecker von Wagnerischer Ideologie gerät z.B. die unsägliche Affirmation des Tods am Ende des Siegfrieds..


    Man kann alles noch steigern: Noch über Staubi und Grufti steht der Komposti! Wie tröstlich wenn man in einem Alter, in dem man mit solchen Attributen versehen wird, darüber noch lachen kann.
    Lieber Amfortas, zumindest ich kann Dich gut ertragen und schätze Dich sogar. Du trägst zur Würze der Diskussion bei.
    “…Ogni sorta die gente dozzinale
    Mi beffa e se ne gloria;
    Pur, senza me, costor con tanta boria
    Non avrebbero un briciolo di sale…”
    .. oh Himmel dieser Thread macht einen größenwahnsinnig :stumm:


    Wenn es mit etwas weniger Schärfe ginge wäre das alles noch genießbarer.
    Werde versuchen Alfreds Maxime der „lässigen Zurückhaltung“ meinerseits noch stärker zu verinnerlichen und umzusetzen...
    Zur Sache habe ich mich bereits in einem Beitrag geäußert.
    Bitte sorgt weiter für meine Heiterkeit.
    ..und mich bemühen, auch diesen Anforderungen einigermaßen gerecht zu werden....


    Das Problem, das ich mit einigen Regietheatergegnern habe, ist nicht deren Wunsch nach konventionellen Inszenierungen, sondern deren manchmal arg plumpe Argumentation, hinter der für meine Begriffe ein sehr eingeschränktes Kunstverständnis hindurchschimmert (Entschuldigung, die Metapher ist schief: statt vom Schimmer zu sprechen, der ja eine Lichtquelle benötigt, wäre hier so etwas wie ein Schwarzes Loch das angemessenere Bild).
    :yes: :yes: :yes: :yes: :yes: :yes: :yes: :yes:
    Würden sie besser argumentieren und ein differenziertes Kunstverständnis unter Beweis stellen, so wäre die Versuchung, wider den Stachel zu löcken, geringer.
    Deshalb sei einigen Sogenannten- „Regietheater“- Gegnern große Dankbarkeit gezollt. :thumbup: :thumbsup:


    Und es besteht sogar etwas Grund zur Hoffnung. Denn in Alfreds Posting findet sich erfreulicherweise ein kleiner Ansatz an Differenzierung: es ist nämlich nicht mehr vom „Regietheater“ sondern vom „sogenannten Regietheater“ die Rede...
    :hello:

  • Lieber Chrissy,


    vielen Dank für Deine Replik zu meinem Beitrag in einem anderen Thread!


    Da habe ich mir die erste halbe Stunde angeschaut. Dann hat es mir gereicht. Wenn ich da die Akteure in Uniformen aus der Nazi- Zeit sehe mit Maschinenpistolen, Revolvern, Dolchen und Schlagstöcken dann kann ich das nicht nachvollziehen.


    Ok. Das sind Aussagen über Dich. Was wilst Du damit sagen?


    Übrigens, anhand Deines Beispieles mit der Callas und dem Trovatore widerlegst Du Deinen ersten Satz selbst.


    Die Widerlegung sehe ich nicht. (Das ist eine Aussage über mich.)


    ... und wenn dann noch die Regie sich dem Gesamtwerk unterwirft und sich nicht mit sinnentstellendem Klamauk drüberstellt, ja dann und nur dann... ist die Oper richtig gut.


    "Unterwerfung" und "Drüberstellen" sind aus meiner Sicht kategorial unangemessene Begriffe, wenn es um das Verhältnis von Künstler und Kunstwerk geht. (Ein Programmierer würde sagen, dass der Typ der Argumente nicht zur Prozedur passt o. ä.) Meines Erachtens kommen diese Begriffe aus anderen Lebensregionen, die gelegentlich von modernen Regisseuren auf dem Hintergrund der Beziehungsgeflechte älterer Kunstwerke auf der Bühne thematisiert werden. Interessant, dass Du es hier auch thematisierst.


    Lieber Chrissy, ich habe den Sinn Deiner Zitate und Kommentare nicht verstanden. Das ist wiederum eine Aussage über mich. Oder wolltest Du etwa ein Beispiel geben, wie das ist, wenn jemand sinnvolle Aussagen mit sinnentstellendem Klamauk umgibt - m. a. W.: Ist Dein Posting letztlich ein sehr raffiniert angebrachtes Stilmittel unter Verwendung von Metaaussagen? Ist nur eine Vermutung - Deine Sätze lassen mich tatsächlich etwas hilflos zurück.

  • Da heutzutage offenbar zeitbedingt die Bühnenbilder und Kostüme großteis vor exorbitanter Häßlichkeit und Primitivität nur so strotzen, ist es am besten, man wählt einen Sitz, von dem aus man diese Unsäglichkeiten nicht zu sehen bekommt - oder man schließt einfach die Augen.


    Hallo, Amfortas!


    Auf diese Bemerkung von Milletre bist du noch nicht eingegangen - warum? Vielleicht weil Kunst nicht unbedingt schön sein muss? Zugegeben - aber warum muss sie eigentlich immer hässlich sein? Und warum können neue Denkanstöße vornehmlich auf diesem Wege gegeben werden? Warum müssen Musik und szenische Umsetzung so auseinanderklaffen? Nochmals: 99% der bis Anfang des vorigen Jahrhunderts geschrieben Opernmusik ist weder unappetitlich noch ordinär oder abstoßend. Und das Vorspiel zum Rosenkavalier habe ich dabei durchaus nicht vergessen - ich sagte extra 99%. Und die Musik als solche ist ja auch nicht abstoßend, auch wenn jeder weiß, was da hinter geschlossenem Vorhang abgeht. Ordinär würde es erst dann, wenn sich ein Regisseur einfallen ließe, das auf der Bühne zu zeigen. Sicherlich werden wir nicht lange darauf warten müssen. Warum kann man nichts der Phantasie überlassen? Oder hält man das Publikum für so blöde, dass es auf alles mit der Nase gestossen werden muss, oder es sogar mit der Nase auf etwas stößt, was im Werk gar nicht enthalten ist?


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • 99% der bis Anfang des vorigen Jahrhunderts geschrieben Opernmusik ist weder unappetitlich noch ordinär oder abstoßend. Und das Vorspiel zum Rosenkavalier habe ich dabei durchaus nicht vergessen - ich sagte extra 99%. Und die Musik als solche ist ja auch nicht abstoßend, auch wenn jeder weiß, was da hinter geschlossenem Vorhang abgeht. Ordinär würde es erst dann, wenn sich ein Regisseur einfallen ließe, das auf der Bühne zu zeigen.


    Musikalisch ist im Vorspiel (das ist hier eigentlich das falsche Wort ... ) dargestellt, dass Quinquin zu früh kommt. Das ist ohnehin auf der Bühne kaum zu zeigen, wenn es im vierten Rang noch eindeutig erkennbar sein soll.


    Warum aber würden sich die Gemüter nur erregen, wenn ein Regisseur die offen zutage liegende Handlung des Vorspiels visualisieren würde? Oder, genauer: Warum erregen sich dieselben Gemüter nicht, wenn der Vorgang "nur" akustisch dargestellt wird? Seid Ihr denn dermaßen augenfixiert? Warum wäre eine Visualisierung abstoßend, wenn es die akustische Darstellung nicht ist? Sagt das mehr über Euch und Eure Grenzen oder mehr über die Inszenierung? - Das ist ohne jeden Vorwurf und ohne jede Wertung gemeint und gesagt. Ich frage, weil es mich interessiert. Weil ich Eure Antriebskräfte hinter der kaum verhohlen aggressiven Sprache dieses Threads noch nicht erkenne und verstehe.


    Die Musik sagt mehr, als jede filmische Großaufnahme (auch das wäre ein mögliches Mittel der Darstellung) zeigen kann.


    Dass der Höhepunkt Octavians durch Hörner dargestellt wird - Richard Strauss' Vater war Hornist - sei jetzt mal außer Acht gelassen und nicht weiter analysiert.


    Wenn jemand sittlichen Anstoss an diesem Posting nimmt, dann bitte ich, dies den Admins zu melden, das Posting dann aber bitte als Ganzes entfernen zu lassen.

  • Zitat

    Musikalisch ist im Vorspiel (das ist hier eigentlich das falsche Wort ... ) dargestellt, dass Quinquin zu früh kommt.

    Man könnte es auch so deuten, dass Quinquin nicht zu früh, sondern einfach früher als die Marschallin kommt.

    Vielleicht weil Kunst nicht unbedingt schön sein muss? Zugegeben - aber warum muss sie eigentlich immer hässlich sein?

    Kunst – auch die der Moderne – ist nicht immer hässlich. Und die Kunst der „Vormoderne“ ist auch nicht immer schön.


    99% der bis Anfang des vorigen Jahrhunderts geschrieben Opernmusik ist weder unappetitlich noch ordinär oder abstoßend
    In der Musik bis Ende des 19. Jahrhunderts gibt es nach meinen Dafürhalten eher weniger „abstoßendes“ als in der des 20. Jahrhunderts. Aber ob das tatsächlich der Fall ist, bin ich mir noch nicht ganz im Klaren. Dadurch würde sich Musik vermutlich unterscheiden von anderen Künsten, die, seit sie existieren, durchaus auch Abstoßendes, Widerliches enthält, seit der Antike..

    unappetitlich noch ordinär

    Ich hatte bereits erwähnt, dass die ästhetische und szenische Darstellung von Mord, Exekutionen, Rachsucht unappetitlicher, abstoßender bzw. ekelhafter wirken können, als die von eindeutigen sexueller Verrichtungen. Kunst war und ist kein Asyl fürs Erlesene, Gepflegte bzw. Piekfeine, obwohl sie auch aus diesen Elementen sich zusammensetzt.


    Ordinär würde es erst dann, wenn sich ein Regisseur einfallen ließe, das auf der Bühne zu zeigen.
    Die erotische Orgie von Moses und Aron wirkt in dem TV-Mitschnitt überhaupt nicht ordinär.


    Sicherlich werden wir nicht lange darauf warten müssen.
    Außerdem ist die direkte Darstellung von sexuellen Verrichtungen in der Oper nicht an der Tagesordnung..


    Ordinär würde es erst dann, wenn sich ein Regisseur einfallen ließe, das auf der Bühne zu zeigen
    Obs ordinär werden würde, ist nicht automatisch ausgemacht, aber ich halte es im Rosenkavalier (dessen Musik, wie den ganzen Strauss, ich allerdings nicht besonders mag) bisher für nicht sinnvoll. Günde beschrieb Wolfram. In der letzten Inszenierung (dem sog. „Regietheater“ verpflichtet), die ich mir vor einigen Jahren reingezogen habe, wurde das Vorspiel visuell nicht "verdeutlicht".


    Warum kann man nichts der Phantasie überlassen?
    Natürlich kann das auch der Fantasie überlassen werden. Das kommt immer auf den Einzelfall an. Und das berücksichtigt auch die sog. „zeitgenössische“ Regie.
    :hello:

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