„Mehr Ausdruck der Empfindung als Mahlerey“ – so schrieb es Beethoven über sein Werk. An dieser Formulierung hat er gefeilt, und er trug Sorge, dass sie beim Erstdruck auch im Titel erschien. Aber trifft die Behauptung denn zu?
Es ist doch nun einmal so, dass viel „Mahlerey“ in diesem Werk zu finden ist. Vor allem das Gewitter im vierten Satz – eine einzige auskomponierte Naturschilderung mit Blitz und Donner, Wind und Regen.
Aber auch die Vogelstimmen in der „Szene am Bach“, in der ein ornithologisch offenbar nur wenig gebildeter Kuckuck seinen Ruf mit einer großen Terz anstimmen darf, sind doch wie „gemalt“.
Oder die Verspottung der Dorfmusikanten – Beethoven lässt einen solchen erst auf der falschen Zählzeit einsetzen und dann tapfer weiter gegen den Takt spielen. Ein herrliches Genrebild! Immerhin hatte er dabei wohl Musikanten aus der Umgebung von Wien im Sinn, immerhin könnte der eine oder andere davon ein Ahnherr von Musikern sein, die später bei den Wiener Philharmonikern (gegr. 1842) mitspielten.
Darum wollen wir Beethovens Spott auch gar nicht in unziemlicher Weise weiter vertiefen, sondern das Ohr vielmehr noch auf die Posaunen im letzten Satz lenken: Diese tiefen Blasinstrumente waren den Besuchern natürlich bestens vertraut – nämlich aus der Kirche, wo sie üblicherweise den Chorgesang unterstützten. Es entsteht für den Hörer der Beethoven-Zeit das Bild eines Dankchorals in einer Messe nach dem Gewitter.
Also „Mahlerey“ allenthalben – was ist da mit Beethovens Untertitel? Nun – er lautet ja nicht „Keine Mahlerey!“, sondern „mehr Ausdruck der Empfindung als Mahlerey“.
Doch was ist nun dieser „mehr Ausdruck“? Ist es vielleicht umgekehrt wie bei Mussorgsky? Bei jenem ist die Promenade der Rahmen, in welchen die Bilder eingefügt werden, wohingegen hier die Bilder der Rahmen zu sein scheinen, in welchem die Empfindungen mit musikalischen Mitteln beschrieben werden.
Wie ist es mit dem Verhältnis von „Mahlerey“ und „Ausdruck der Empfindung“ in dieser Sinfonie?