vielleicht hilft es, wenn wir die Aussagen dieses Threads mit denen unter "Genusshörer" verknüpfen.
wer geniessen will, den kann die mangelnde Tonqualität einer alten Aufnahme durchaus stören und ihm den Genuss verderben.
das erklärt auch umgekehrt, worauf jene Menschen achten, bzw. was sie erleben wollen.
Wer geniessen will, möchte jeden Moment des Hörens perfekt erleben, eine Aufnahme wird an der eigenen Vorstellung von einem schönen Klang gemessen und entsprechend kritisiert.
wer sich auf Inhalte der Musik konzentriert, der kann das Rauschen und den unvollkommenen Klang ausblenden bzw. sich zurechthören.
(natürlich ist zB. eine übersteuerte Aufnahme Schrott... aber so etwas kommt ja nicht in den Handel.)
die Caruso (bzw.die alten Gesangs-) Aufnahmen sind eine Ausnahme, da man der Melodiestimme gut folgen kann, jedoch der Orchesterklang ist sehr verstümmelt.
plötzlich zeigt sich ganz klar, dass es neben dem Genusshörer noch einen weiteren Typus gibt. Ich zögere, den Typus zu benennen.
ist ein Vergleich mit der Haute Cuisine möglich?
man kann raffiniert zubereitete Speisen einfach geniessen und sich daran erfreuen.
und man kann überlegen, wie es zubereitet wurde, welche Zutaten, welche Gewürze verwendet wurden etc. Falls man selbst gerne kocht, kann man versuchen, das Rezept zu erraten bzw. nachzumachen...
das ändert aber nichts am Genuss des Essens, ist bloss eine zusätzliche Option.
und so würde ich das auch bei der Musik sehen:
man kann darüber reflektieren, was man gehört hat - über die Momente nachdenken, die einem gefallen haben: warum sie einem gefallen haben (siehe: Musik, die emotional stark bewegt);
wenn man selbst musizieren kann, ist ein Versuch, die Interpretation zu imitieren, möglich
Analytiker suchen nach formalen oder satztechnischen Besonderheiten;
Komponisten finden vielleicht Details, die sie noch nie probiert haben, oder die sie nicht ganz verstehen...
da gibt es noch viele Möglichkeiten...aber nochmals, das ändert nichts am Genuss
darf ich abschliessend sagen:
grundsätzlich sind fast alle Hörer Genusshörer,
wenn man allerdings beim reinen Genuss stehenbleibt, verpasst man die Chance, dem Denkvermögen (oder einfach: dem Gehirn) neue Anregungen zu geben.
Es ist weder ein Problem, noch eine minderwertige Einstellung, wenn man stimmungsvolle Musik zum reinen Vergnügen hören will. (man stelle sich Weihnachten ohne Musik vor...) [persönlich denke ich: wie herrlich... ]
Bedenklich finde ich lediglich, wenn man Musik auf die Berieselung reduziert und die Merkmale der handelsüblichen Dinnermusik auf den ganzen Musikbetrieb ausdehnt...