Schuberts Symphonien und deren Nummerierung

  • Hallo!


    Durch einen Beitrag mit einer falsch bedruckten CD habe ich das Nummerierungssystem der schubertschen Symphonien näher betrachtet und habe dazu ein paar Fragen:


    - Wann wurden die Unvollendete D 759 von der Symphonie Nr. 8 zur Nr. 7


    - Wann wurde die Große D 944 von der Symphonie Nr. 9 zur Nr. 8


    Wenn man nach dem alten Nummerierungsschema geht, dann gab es ja ein Loch zwischen der "alten" 6. und der "alten" 8. Symphonie - welche war die 7. Symphonie, bevor die "alte" 8. zur "neuen" 7. umgereiht wurde?


    lg
    Andi

  • Hi


    Zitat

    - Wann wurde die Unvollendete D 759 von der Symphonie Nr. 8 zur Nr. 7
    - Wann wurde die Große D 944 von der Symphonie Nr. 9 zur Nr. 8


    Kurz und schnoddrig: gleichzeitig!


    Für genauere Datierungen werden sich schon noch entsprechende Experten melden. Die Umnummerierung erfolgte vor noch gar nicht vielen Jahren, als sich unter Musikhistorikern immer mehr die Erkenntnis durchsetzte, dass eine geheimnisvolle, verlorengegangen geglaubte 7. Symphonie (die Gasteiner-Symphonie) gar nie existierte (bzw. ohnehin die große C-Dur D.944 ist).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Na hoffentlich gleichzeitig, sonst hätte es ja eine Zeitlang zweimal Nummer 8 gegeben.
    Ist die Umnumerierung wirklich "offiziell"?
    Meinem Eindruck nach hat die sich nie durchgesetzt (anders als bei Dvorak, wo ich 9 <->5 nur aus alten Konzertführern kenne)...


    mein Vorschlag: Die Nummern weglassen und "Unvollendete" (oder
    h-moll) resp. "Große C-Dur-Sinfonie" sagen (endlich mal ein Fall, wo die Beinamen was nützen)


    weiterer Vorschlag im Subjekt "dessen" -> "deren"


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Andi,


    ich weise dich auch gerne auf eine kurze Diskussion hin, die schon einmal in Bezug auf die Nummerierung der Symphonien Schuberts geführt wurde:


    Die Lieblings-Symphonien der Taminoaner


    Der Beitrag von observator war das Ende. Ein paar Beiträge vorher ging es los und es gab hier und da ein kurzes Kommentar.
    Sicherlich auch interessant, es beinhaltet aber nicht die Antwort auf deine Frage, WANN diese Umnummerierung getätigt wurde.


    Gruß, Maik



    PS: Observator weiß es sicherlich ;)

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • ja, leider ist das komplizierter als man meinen möchte!


    hat man es hier nicht nur mit vollständigen sinfonien, einer „unvollendeten“, „normalen“ fragmenten, sondern auch mit fälschungen und phantomen wie der notorischen „gmunden-gasteiner“ zu tun.
    der englische bauingenieur george groves (1820-1900), bis heute berühmt als herausgeber des „dictionary of music and musicians“, versteifte sich auf eine verschollene sinfonie von 1825, eine fehlmeinung, der bis in die 70er jahre des 20. jhdts gefolgt wurde, ehe intensivierte forschungen anlässlich des 150. todesjahres des komponisten die „gmunden-gasteiner“ (ziemlich) eindeutig als „große c-dur“ d944 identifizierten. der maßgebliche otto erich deutsch (1883-1967) hatte der „verschollenen“ in seinem katalog (=deutschverzeichnis) 1951 noch eine nummer reserviert (d849).


    zur chronologie aus sicht des publikums: ab 1839 (entdeckung der „großen“ d944) gab es also 7 sinfonien: die ersten 6 (die schubert selbst übrigens in einer aufzählung seiner kompositionen gar nicht erwähnt –man könnte sie demnach sogar als „jugendsinfonien“ wie bei mendelssohn sehen), und eben als 7. d944.
    1865 wurde dann die h-moll d759 entdeckt, als „unvollendete“ hatte man kein logisches problem, sie als nr. 8 zu führen, obwohl sie vor d944 komponiert worden war. diesem standpunkt schlossen sich auch die herausgeber der alten gesamtausgabe (aga) 1885, unter ihnen johannes brahms, an. es setzte sich dann aber im 20. jhdt. eine chronologische zählung m.o.w. durch, mit der besonderheit, dass aus nr.7 (d944) nr.9 wurde und nr.7 freigehalten wurde. aber nicht für das phantom, das wäre ja chronologisch 81/2 (otto e mezzo 8) )gewesen! auf den platz versuchte sich ein von brian newbould bearbeitetes fragment d729 zu setzen. die schubertforscher sind aber bis heute uneins bzw. zerstritten. die herausgeber der neuen gesamtausgabe (nga) haben 1978 den deutschkatalog neu aufgelegt und hier der „unvollendeten“ d759 die nr. 7 und der „großen“ d944 die nr. 8 gegeben. (das ist jetzt vielleicht die antwort auf fuchurs fragen)
    ernst hilmar hat vor ca. 10 jahren eine chronologische nummerierung unter einbeziehung aller fragmente (inklusive einer „nullten“ wie bei bruckner) vorgeschlagen, demnach hat schubert an 13 (!) sinfonien gearbeitet, und d759 wäre nr. 10, d944 nr. 11. wird sich auch nicht durchsetzen…


    :hello:aus schubert-town

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    weiterer Vorschlag im Subjekt "dessen" -> "deren"


    und evtl: Nummerierung --> Numerierung
    :D

  • Trotz aller umNumerierungen


    (in meiner Jugend wurde Die "große" soweit ich mich erinnern kann als Nr 9 geführt, jedoch mit einer 7 eben in Klammer.


    Nr 9(7) !!


    Wie auch immer, allen Änderungen zum Trotz: die meisten Schallpattenfirmen (und ich schließe mich hier an) verwenden bis heute konsequent die alte Zählung, soll heißen die "Unvollendete" als Nr 8 und die "Große" C-dur Sinfonie als Nr 9.


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Hallo observator!


    Vielen Dank für deine Ausführung. Sehr interessant, wie sich das so entwicklet hat (und sicher noch weiterhin entwickelt - das scheint ja kein Ende zu finden).
    Persönlich denke ich, dass es niemals in diesem Fall zu einer Ideallösung kommen wird.
    Die einen wollen sich nicht umgewöhnen, andere gewöhnen sich für das Korrekte gerne um.


    Ich gehöre, wie die von Alfred beschriebenen Plattenfirmen, zu denen, die sicherlich bei der Nummerierung bleiben, wo die Achte die 'Unvollendete' ist.
    Möglich wäre höchstens eine Umgewöhnung dazu, dass es doch die 7. ist, aber nie dazu, dass es die 10. ist.


    Danke und Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Ciao!


    Nachdem der Obsi hier auf diesen Thread hinwies, wollte ich doch jetzt mal [eigentlich schon länger, aber immer wieder vergessen] eine m. E. diskussionswürde Frage lostreten:


    Aus den gehabten Diskussionen über die "Unvollendete", "Gmunden-Gasteiner" und "Große" iVm diversen Threads zur Vervollständigung/Ergänzung/Rekonstruktion diverser Fragmente [auch anderer Komponisten] scheint mir jetzt logisch, daß die "Unvollendete" überhaupt nicht [mit]gezählt wird, da sie dem Tenor der Äußerungen nach eben nicht in ihrer Zweisätzigkeit als von Schubert vollendet zu betrachten ist. Demnach hätte die "Große" wieder die originäre Nr. 7. Die "Unvollendete", die ihren Titel dann auch zu Recht trägt, reiht sich dann zu den Fragmenten D615, D708A, D729, D936A, obwohl sie im einzelnen "vollendeter" ist, als die genannten.


    Ich finde das auch hinsichtlich der ewigen Diskussionen um den Fortschritt im Allgemeinen ganz witzig, daß man letztlich wieder dort anlangt, wo man herkam. Man hat viel durchgemacht und erlebt - aber gebessert hat sich nix.


    :beatnik:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Ich habe schon verschiedentlich und an anderer Stelle vorgeschlagen, nur die ersten sechs Sinfonien von Schubert überhaupt zu numerieren.
    Abgesehen von der "großen" C-Dur-Sinfonie (die nach Papierforschungen von Robert Winter und anderen unbedingt mit der "Gmunden-Gasteiner" identisch ist) sind alle anderen Sinfonie-Projekte Schuberts Fragment geblieben. Die Tonarten und Deutsch-Nummern tun ihr Übriges zur Identifikation...

  • Adoration und submisseste Devotion für obsi.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Wer sagt denn, daß es im Neandertal unzivilisiert zuging?
    Wie heißt noch das alte Lied von Günther Neumann?


    EIN NEANDERTALER
    (Text & Musik: Günther Neumann)


    Männer gibt es heut' ja wieder reichlich,
    und wir werden nach wie vor begehrt.
    Aber leider sind `se furchtbar weichlich,
    keiner is'n Kerl wie sich's gehört.
    Mancher trägt am Kinn `ne Stoppelfräse,
    daran sieht man bloß: er ist`n Mann.
    Blasse kenn ich, Zarte und Nervöse,
    nur im Traum erscheint mir dann und wann:


    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,
    den ich kämmen kann auf seinem Schulterblatt.
    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,
    der so`n richt`jen Meisterringerkörper hat.
    Er malt Höhlenbilder ohne jeden -ismus,
    ohne Schnorchel holt er Fische aus dem See,
    kennt nicht Bandscheibe und kennt nicht Rheumatismus,
    aus drei Felsen kloppt der Mann mir ein Büffet.
    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,
    gegen den wär`n mir die andern Männer schnurz.
    Die sind mickrig, die sind schmächtig,
    nee so`n strammen Tarzan möcht` ich,
    jeden Dienstag wasch` ich ihm den Lendenschurz. Ei, ei.


    Frauen sind heut` tüchtig, weil `se müssen.
    Frauen bau`n sozialen Wohnungsbau,
    selbst in Berlin kämpfen Frau`n verbissen,
    alles, alles, alles macht die Frau.
    Kommt ein Dieb bei Nacht, muss ich ihn suchen,
    Männer bleibt im Bett in Sicherheit.
    Die Beschützerrolle? Pustekuchen!
    Goldne Steinzeit, ach, wie bist Du weit!


    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,
    um die Hüften schlank wie`n junger Leopard.
    Von den Bäumen munter haut er Nüsse runter,
    ist ein Beefsteak hart, dann reitet er es zart.
    Unsern Eisschrank ham` wir oben auf dem Gletscher,
    Sodawasser holt er mir vom nahen Quell.
    Kommt ein wilder Bär, dann zeigt er sich als Catcher,
    und `ne Stola schenkt er mir vom Bärenfell.



    Ein Neandertaler, ein Neandertaler
    nu` wird mancher sagen: Ach, die war`n so dumm!
    Überschätzt mir nicht die Birne: hinter mancher
    Denkerstirne
    Ist auch heute oft ein kleines Vakuum. Klopf, klopf.


    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,
    wenn er atmet spring`n ihm Knöppe von der Brust,
    der nicht lange fackelt, bis das Sofa wackelt;
    so ein Mann ist seines Mannestums bewußt,der
    nicht Zeitung ließt, wenn man mit ihm am Tisch ist,
    der wie ich ein Stück von Becket nicht begreift,
    der auch ohne Frischzellkuren immer frisch ist
    und mich nachts am Schopf in seine Höhle schleift.
    Ein Neandertaler, ein Neandertaler,der mich an
    sich reißt, wenn`s sein muss auch mal grob.
    Ach, der piekt so schön beim Küssen,
    und will ich es mal nicht wissen,
    krieg ich gleich eins mit der Keule auf den Kopp.
    Bumm, bumm.

  • Lieber ben,


    Köstlich!


    Schön wär's schon, aber dieses Ideal ist so schwer zu erreichen wie ein Olympia-Sieg.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Um mal wieder zum Thema zu kommen: Die Schubert-Forschung ist leider heillos über das "Numerierungsproblem" zerstritten. Die Zahlen sind nunmal in der Welt und lassen sich wohl auch nicht mehr ändern -- allein schon aufgrund der vielen alten Publikationen, die darauf Bezug nehmen.


  • Auch hier war man sich nicht einig! Ich habe noch eine Böhm-LP, wo "Symphonie Nr. 7 (9)" drauf steht.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!