Mehrfache Verwendung eines musikalischen Themas

  • Hallo


    Beethoven hat sein Eroica - Thema insgesamt vier mal verwendet. Im Contretanz Nr. 7, in den Eroica-Variationen, im Finalsatz der "Geschöpfe des Prometheus" und natürlich in der Dritten Sinfonie.


    Was mich interessiert:


    Gibt es vergleichbare Themen? Dabei meine ich nicht die musikalischen Themen, die einander ähneln oder in denen ein Komponist die Melodie eines anderen dadurch geehrt hat, dass er sie für eines einer Werke verwendete.


    Ich meine tatsächlich ein und denselben musikalischen Einfall, der offen "einer Mehrfachverwertung zugeführt wurde".


    Gruß Wolfgang

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Lieber Wolfgang,


    bei Berlioz gibt es die "idee fixe", die nicht nur alle Sätze seiner "Symphonie fantastique" durchzieht, sondern auch in einem anderen Werk auftaucht, nämlich in der erst 1991 wiederentdeckten Messe solennelle, die allerdings nach meiner Kenntnis schon vor der Symphonie fantastique komponiert wurde. Auch Themen aus seinem Requiem finden schon in der Messe solennelle Verwendung, und Themen aus der Messe solennelle schließlich tauchen später wieder auf in der ersten Hälfte seiner Oper "Benvnuto Cellini".

    Auch bei Beethoven selbst tauchen z. B. die Themen der vorangegangenen Sätze zu Beginn des Finales in der 9. Symphonie wieder auf.

    Das ist, was mir im Moment so einfällt. Nun wende ich mich den Erinnerungen zu, weil ich später noch etwas einkaufen muss.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • DIES IRAE


    Lieber Wolfgang ;) 2,


    das Dies Irae-Thema ist ein mittelalterlicher Hymnus auf das "jüngste Gericht" und wurde von unendlich vielen Komponisten verwendet; mehr als ich selber dachte, bis ich das heute bei Wikipedia gelesen habe.

    Siehe dort = Dies Irae - Thema


    Mir persönlich ist es zuerst bei Franz Liszt Totentanz für Klavier und Orchester aufgefallen, dann bei Rachmaninoff Die Toteninsel, Sinfonie Nr.1, Paganini-Variationen und bei Berlioz in der Symphony fantastique, sowie in Saint-Saens Danse macabre.

    Ich vermute was Willi meint ist eben genau diese idee fixe !


    :love: Jedenfalls ein tolles Thema, mit dem ich selber schon oft auf dem Klavier improvisiert habe, wenn ich Lust hatte was ganz ausdrucksvoll Düsteres mit full Power zu spielen, was mich selber vom Hocker haut ! :D Das Klavier hat trotzdem keinen Schaden genommen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    wenn ich mich nicht irre, ist dieser Ausdruck "idee fixe" bei der Rezeption der Werke Berlioz' entstanden. Mit dem Dies irae hast du natürlich auch Recht, es ist sehr umfassend, ist aber ursprünglich ein greogorianischer Choral, den wir auch schon bei verschiedenen Gelegenheiten gesungen haben.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Monteverdi verwendet seine Fanfare am Anfang des Orfeo auch für den Anfang der Marienvesper.

    Besonders interessant ist in der 9. von Beethoven der Anfang des 4. Satzes. Da werden die ersten drei noch mal zitiert. Eine geniale Idee und perfekt ausgeführt.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

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  • Hallo


    Bei Beethovens 9ter macht es auch insofern Sinn, als er zu Beginn des 4. Satzes im Grunde genommen die Themen und Stimmungen der ersten drei Sätze nochmal anbietet um dann in den eigentlichen 4. Satz einzusteigen.


    Gruß

    Wolfgang

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Das häufigste dürften Bearbeitungen eigener Stücke, also meist etwas mehr als bloß Themenverwendung sein, so etwa Bachs d-moll-Klavierkonzert und die Kantate 146 oder die Orgelbearbeitung von "Wachet auf" und der Kantatensatz aus BWV 146 sein. Bei Händel gibt es zB die "Expansion" eines Flöten- oder Triosonatensatzes in einen Orgelkonzertsatz oder die Transformation eines Chorsatzes in einen Konzertsatz (in einigen der doppelchörigen Konzerte).


    Die Romanze aus Haydns berühmter Militärsinfonie stammt auch aus einem anderen Stück, wurde uminstrumentiert und auch expandiert, so wurde die "militärische" Stelle mit dem Signal und dem Ausbruch in Moll hinzugefügt. Auch für seine Sinfonie Nr. 89 hat er zwei Sätze aus einem älteren Werk verwendet, die aber jeweils mit zusätzlichen Abschnitten aufgewertet wurden, nicht nur instrumentiert. (Die Sätzen stammen alle aus den Notturni und Konzerten für Orgelleier.) #102 hat als Mittelsatz die Bearbeitung eines Klaviertriosatzes.


    Noch häufiger ist Verwendung eigener Themen für Variationen, was ja etwa dem Falle des Prometheus-Themas entspricht. Haydns Kaiserquartett, Schuberts Forellenquintett, "Tod und das Mädchen". Ich bin nicht ganz sicher, aber das Variationenthema in Schuberts 2. Sinf., 2. Satz kommt fast genauso nochmal in einem viel späteren Klavierstück.


    Schumanns Musik ist voll mit Zitaten eigener und fremder Musik.


    Keine Ahnung, ob und wie man das ggü. solchen Fällen wie Prometheus/Eroica abgrenzen kann.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Beethovens 9. ist ein recht spezieller Fall. Die Skizzen verraten, dass Beethoven sich große Mühe gab, den Choreinsatz irgendwie zu motivieren. Er hatte zuerst mehrere Textstellen geplant, so sollte der Sänger die Fragmente der vorherigen Sätze "zurückweisen", dann aber die Freudenmelodie begrüßen usw. Die Zurückweisung übernimmt nun das instrumentale Rezitativ von Cello und Bässen, aus dem dann die Freudenmelodie entwickelt wird. Dadurch wird der einzelne Satz (O Freunde, nicht diese Töne...) zwar unlogisch, denn wir haben die angenehmeren und freudenvolleren Töne ja schon vernommen (in instrumentalen Variationen), aber musikalisch ist es schlüssiger.


    Die Melodie für den Chorpart der Chorfantasie hat Beethoven übrigens dem eigenen älteren Lied "Seufzer eines Ungeliebten und Gegenliebe" entnommen:

    ab 2:57

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • bei Berlioz gibt es die "idee fixe", die nicht nur alle Sätze seiner "Symphonie fantastique" durchzieht, sondern auch in einem anderen Werk auftaucht, nämlich in der erst 1991 wiederentdeckten Messe solennelle, die allerdings nach meiner Kenntnis schon vor der Symphonie fantastique komponiert wurde.

    ... und in der Kantate "Herminie" (1828)


    http://ks.imslp.net/files/imgl…erminia_(orch._score).pdf


    gleich zu Anfang.

  • Giacomo Puccini hat in seiner wunderschönen Oper "La Bohéme" viele Stellen und Motive, vor allem aus dem 1. Akt,

    hervorragend und erkennbar in den letzten Akt einfließen lassen.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Wolfgang Amadeus Mozart in DON GIOVANNI seine aus dem Figaro stammente Arie"Non più andrai" orcherstral anspielen....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • In der Tafelmusik Giovannis vor dem zweiten Finale: Außerdem Arien aus den Opern "Cosa rara" (Martin y Soler) und "I due litiganti" (Sarti) Jedesmal kommentiert von Leporello (während er heimlich Essen stibitzt). In einer deutschen Fassung, die ich mal gesehen habe, sagt Leporello beim letzten Zitat "Endlich kommt mal was von Mozart" o.ä. (orig. questa poi la conosco pur troppo).

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