Leos Janacek: "Ein Überwachsener Pfad" und anderer Werke für Klavier solo

  • Im Rahmen meiner Befassung mit klassischen Pianisten in den letzten Tagen - und damit auch Werken der Klavierliteratur - durchsuche ich nicht nur das Internet, sondern auch meine eigene Sammlung. In diesem Zusammenhang bin ich auf das im Titel genannte Werk, eigentlich ein Zyklus in 2 Teilen gestoßen, interpretiert durch den Janacek Schüler Rudolf Firkusny (1912-1994), welches auf der gezeigten Dopel-CD enthalten ist.

    Es handelt sich hierbei um einen Zyklus von kleineren Klavierstücken, wo die im ersten Teil befindlichen mt Namen versehen sind. Angeblich hat Janacek die Stücke aus einer tiefen Depression heraus geschrieben, durch den Tod seiner erst 22 Jahre alten Tochter

    Dementsprechend klingen die Stücke teilweise recht sperrig und melancholisch - und der Zugang zu ihnen ist keine leichte Sache.

    Hier nun eine Auflistung der einzelnen Titel in deutscher Übersetzung


    1. Unsere Abende

    2. Ein verwehtes Blatt

    3. Kommt mit!

    4. Die Friedecker Muttergottes

    5. Sie schwatzten wie die Schwalben

    6. Es stockt das Wort!

    7. gute Nacht!

    8. So namenlos bange

    9. In Tränen

    10. Das Käuzchen ist nicht fortgeflogen!


    Als Firkusny 1970 die Aufnahme machte, galt sie als Sensation und Firkusny als Autorität in Sachen Janacek. Im deutschsprachigen Text des Booklets (der keine Übersetzung des englischen ist - sondern eigenständig) wir allerdings drauf hingewiesen, daß es auch andere Interpretn gibt, die Janaceks Werke überzeugend spielen können.

    Es ist übrigens ein eigenartiges Gefühl. wenn im Booklet drauf hingewiesen wird, daß 25 Jahre seit der Aufnahme vergangen seien - und einem bewusst wird, daß dieser Test nun auch schon wieder 27 !!! Jahre alt ist.


    Ich bin kein Janacek Kenner, aber es gibt im Forum secher jemand, der etwas zu diesen Werken zu sagen hat, bzw welchen Aufnahmen er den 'Vorzug gibt - und WARUM....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Ja, das ist ein wunderbarer, gänzlich unverwechselbarer Zyklus, diese verwachsenen Pfade (weitere Übersetzungsvariante), und ich kenne einen kleinen Schwung Einspielungen, die gewiss nicht schlecht sind. Geben tut es Dutzende weitere.


    Aber mit Firkusy ist man bestens bedient. Vielleicht noch eine andere Empfehlung. Danae Dörken hat hier debütiert (?) und reüssiert - dank ihrer subtilen Klarheit und Ausgewogenheit. Die Musik ist fragil, stets überraschend, mehrschichtig, durch und durch naturlauthaft. Sie ist nichts zum Kennenlernen klassischer Musik, man muss gelernt haben, hinzuhören. Ich habe lange gebraucht, um zu ihr zu finden, sie aber seitdem viele dutzende Male gehört.


    Will man sich bei Janacek überhaupt erst einhören, so würde ich (natürlich) die Sinfonietta empfehlen. Wenn man von der Oper kommt, ist der Weg ein relativ kürzerer. Klaviermusik wiederum führt einen gewiss auch nicht gleich zu diesem mährischen Komponisten, dessen Schöpfungen so genial sind und so völlig für sich stehen.



    Und wenn es irgendeine klassisch-romantische Musik gibt, die aus dem Geist des Akkordeons - respektive Harmoniums - erfunden wurde, dann ist es dieser Zyklus. Die folgenden beiden Einspielungen sind atmosphärisch so dicht, dass man sich regelrecht hineinknien kann.


    Bearbeitungen sind es, alles in allem, natürlich trotzdem. Aber Janacek hatte das Harmonium im Hinterkopf. Das kann man mehrfach lesen.


       


    Vor allem Dr. Pingel wird mir bei allem bislang Gesagten wohl nicht widersprechen ... :)


    Ich klimpere die Pfad-Nummern gern am Klavier - sie liegen in der Schwierigkeit nicht jenseits von Gut und Böse. Natürlich kann ich die Musik nicht wirklich spielen, aber ich will es ...


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Authentischer als der Janaček-Schüler Firkusny wird man es nicht spielen können. Leider kenne ich nun diese Einspielung nicht. Ich habe von diesem wundervollen kleinen Werk einige Interpretationen tschechischer Pianisten, liebe aber ganz besonders zwei Einspielungen, die sehr sensibel sind.



    Die luxemburgische Pianistin Cathy Krier spielt hier neben dem Zyklus "Auf verwachsenem Pfade" noch "Im Nebel" und seine Klaviersonate "Auf der Straße 1. Oktober 1905", die erste Klavierkomposition, die ich von ihm kennenlernte, damals noch in einer Interpretation von Benedikt Koehlen.


    Auch der deutsche Pianist Lars Vogt hat dieses Werk für meine Ohren vorzüglich interpretiert



    Hier macht Lars Vogt für das Album...



    und hier hören wir ein Stück aus dem Zyklus:

  • Nein, das wird er bestimmt nicht. Ich kenne diese Stücke schon lange. Die Leiterin meines ersten Vokalensembles, Susanne Glauber, war Schülerin von Detlef Kraus; sie hat diese Stücke, verteilt auf mehrere Abende, gespielt. Daraufhin habe ich mir die Firkusny-Aufnahme gekauft. Da ich kein Klavier-Experte bin, hat mir diese Aufnahme genügt.

    Hier im Forum ist ja bekannt, dass Janacek meine Nr. 1 ist. Mein erstes Werk war die Jenufa auf deutsch, eine WDR-Aufnahme. Die habe ich so oft gehört, bis ich sie in den meisten Teilen mitsingen konnte. Heute sind Aufnahmen auf tschechisch die Regel, daher ist es gut, wenn man weiß, was gerade vor sich geht. Charles Mackerras und der englische Musikwissenschaftler John Tyrell haben dann eine revidierte Fassung der Musik hergestellt, befreit von Retuschen späterer Komponisten und Dirigenten. Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen, denke ich, dass man Janacek mit einer Oper beginnen und den Text mitlesen sollte (Booklet oder Klavierauszug). Zum Einstieg ist neben Jenufa auch das "Schlaue Füchslein" sehr geeignet, gut als DVD, möglichst nicht in einer Regietheater-Fassung. Die anderen Opern danach, Makropulos und Totenhaus zum Schluss. Über Janacek gibt es hier viele threads, auch im Opernführer. Dann gibt es noch Katja Kabanowa, Die Ausflüge des Herrn Broucek und Osud (Schicksal).

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Eine aktuelle Einspielung der Suite "Auf verwachsenem Pfade" der deutsch-ukrainischen Pianistin Olena Kushpler





    Kushplers Spiel ist klanglich überzeugend, ein bisschen mehr Volkstümlichkeit als bei Vogt oder Krier. Der bei jpc hinterlegte Text stammt von Kusplers Internetseite


    Hier die Stücke "Kommt mit" und "Gute Nacht"



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  • Wiedermal etwas für mich Unbekanntes.


    Ich habe eine Brilliant Doppel CD von 2004 mit Hakon Austbö gefunden. Wäre die als Einstieg zum Kennenlernen geeignet ? Gibt es leider nicht bei jpc.


    Kalli


  • Die Klavierwerke von Leos Janacekgehören zu meinen liebsten. Kleine Preziosen, immer überraschend, immer geheimnisvoll.


    Es gibt eine Vielzahl von Aufnahmen. Mir noch unbekannten Interpreten bin ich hier begegnet. Die bedeutenden Namen der Pianistenriege haben sich mit wenigen Ausnahmen diesen Werken gewidmet.


    Andras Schiff hat beim Label ECM einige Klavierwerke aufgenommen


    Sonate 1905; Im Nebel; Auf verwachsenem Pfad; Eine Erinnerung


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Das ist eine besonders vollständige Sammlung der Klaviermusik von Janacek. Ich habe sie wenige Male gehört und wüsste von keinen Bedenken meinerseits. Der Pianist ist ja auch nicht unbekannt, selbst wenn ich seinen Prokofieff - die Sonaten - für nicht ganz so herausragend halte. Skrjabin mit ihm überzeugt mich durchaus, ebenso Messiaen, die Vingt Regards.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Weit davon entfernt, ein Janacek-Kenner zu sein, kann ich dennoch diese Aufnahme empfehlen. Sie war auch mein Erstkontakt mit den verwachsenen Pfaden. Ebenfalls vorzüglich ist die Aufnahme, die Landsmann Radoslav Kvapil vorgelegt hat. Die habe ich mir vor Jahren mit einigem Aufwand als LPs zusammengekauft (also das gesamte Klavierwerk Janaceks). Und, da ich von dem Pianisten recht angetan war und bin, noch so einiges mehr, was greifbar war. Das gehört aber nicht hierher. Zu meinem Entzücken stelle ich gerade fest, dass die Aufnahmen auch als CD verfügbar sind, voilà:



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Die in den Niederlanden lebende russische Pianistin Helena Basilove (eine Entdeckung, die ich Garaguly verdanke) setzt sich neben den Werken Scriabins und Feldmans auch für den Mähren Janáček ein. Insbesondere sein Zyklus Auf verwachsenem Pfade findet in ihr eine farbig strukturierende Interpretin...






    Einmal editiert, zuletzt von astewes ()

  • Und auch diese beiden Einspielungen sprechen mich sehr an. Eine dezent melancholische, Kontraste vermittelnde, sehr ausgewogene, ganzheitliche Sicht! Dank an astewes.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Danke,


    ich habe die Hakon Austbö Aufnahme nun gehört und sie gefällt mir gut. Das liegt aber sicher auch an der Musik auf die ich mich leicht einlassen kann.


    Kalli