Il trovatore ist ja eine Oper, die es einem musikalisch leicht macht sie zu lieben und inhaltlich ebenso schwer. Möglichkeiten also für die Musiker zu glänzen und für die Regie zu scheitern. Beides ist (nur) ein wenig geschehen.
Gesangspartien
Der Jubel beim Schlussapplaus blieb so leise wie ich es in Hamburg lange nicht mehr erlebt habe, Szenenapplaus kam nur schwer in Gang. Und das obwohl die vier Hauptrollen alle sehr solide performt haben. Aber solide ist eben nicht herausragend. Am besten gefiel mir persönlich Aleksei Isaevs Graf Luna. Da war ein schöner und kräftiger Klang zu vernehmen, Souveränität und auch darstellerische Umsetzung der Rolle (fast als einzige der Hauptrollen). Da hätte ich ein bisschen mehr Appaus für erwartet. Sein männlicher Widerpart Manrico wurde von Gwyn Hughes Jones gegeben und stand nach den Buhrufen bei der Premiere unter besonderer Beobachtung des Publikums. Es ist schon ein Unding, dass er bei der Premiere für ein paar verbeutelte Spitzentöne eiskalt ausgebuht wurde. Heute saßen die Töne, aber Unsicherheit war überdeutlich zu spüren. Dazu kommt die weinerliche Stimme - die Jones immer hat, ich habe ihn schon gelegentlich gehört - die aber nicht immer gut passt. Leonora wurde von Guanqun Yu gesungen, die ich bis dato nicht kannte. Die Chinesin ist insgesamt souverän, lässt ihre Leonora wenigstens ein bisschen spielen und überzeugt in leiseren Arien. Gegen das Tutti ist sie manchmal aber zu schwach, selbst wenn Bisanti die Philharmoniker spürbar an die Leine nimmt. Es bleibt Elena Maximovas Azucena, die heute am meisten Applaus einheimste. Ich persönlich aber war enttäuscht. Grade diese Rolle verträgt bzw. benötigt gutes Schauspiel, davon war kaum etwas zu sehen. Und das kratzige und etwas kehlige Timbre mag ich leider gar nicht. Dunkel und kräftig hätte ich mir gewünscht.
Ein Dauer-Pluspunkt in Hamburg ist der Opernchor, der auch beim Troubador wieder sehr überzeugt. Auf die ist gesanglich und darstellerisch einfach Verlass.
Orchester
Die Philharmoniker unter Bisanti sind an diesem Abend ohne Fehl. Da ist Brio ohne Italianata-Seligkeit und vor allem gute Kooperation mit der Bühne. Bisanti nimmt QRücksicht auf den gebeutelten Jones und die leise Yu. Erneut überzeugt mich also nicht nur das Orchester, das aus seiner Krise schon länger raus ist, sondern auch Giampaolo Bisanti, der zuletzt einen herrlichen Trittico dirigiert hatte. Alles in bester Ordnung im Graben.
Regie
Licht und Schatten klingt so abgedroschen - aber genauso habe ich es empfunden. Der Troubador ist zweifellos schwer zu inszenieren und eine Stärke der Inszenierung liegt für mich darin, Milieus wie 'Zigeuner', Millitär und Kloster relativ unbeachtet zu lassen und die Geschichte davon so unabhängig zu erzählen, wie möglich. Der Fokus liegt also auf den Figuren und auf den Regieeinfällen Immo Karawans. Und die gelingt leider nicht immer. Das Bühnenbild bleibt durchgehend ein heruntergekommener und später sogar abgebranntes Palazzo. Das passt eigentlich nicht zur Handlung, funktioniert für mich aber im Rahmen der Aufhebung der Milieus. Feuer spielt eine große Rolle und taucht immer wieder auf; Aufhänger ist natürlich der Scheiterhaufen der Handlung. Am schwersten zu ertragen ist ein auf die Bühne rollender brennender Kinderwagen, der sich aber als Metapher noch aus der Handlung ableiten lässt. Zur Zeichnung des gewalttätigen Charakters Lunas wird Feuer aber auch benutzt, um eine Dienerin wie nebenbei anzustecken. Drastische Bilder, die nicht unbedingt nötig sind. Die in der Premiere ausgebuhte und nicht in der Handlung verankerte Vergewaltigung einer Dienerin im 3. Akt setzt der dargestellten Gewalt dann noch eins drauf. Das geht in meinen Augen am Ziel vorbei. Ich habe kein Problem mit drastischen Darstellungen und vor allem entsprechenden Bebilderungen der Handlung. Eine Vergewaltigung findet dort allerdings gar nicht statt. Sie soll nur des Grafen toxische Männlichkeit mit dem Holzhammer einhämmern. Das ist in meinen Augen aber sinn- und geschmacklos! Viele weitere kleine Regieeinfälle bleiben unlogisch bzw. unklar: Wieso ist Leonora im Finale z.B. plötzlich hochschwanger - rein zeitmäßig aus dem Libretto völlig unmöglich abzuleiten?
Die Personenregie gefällt mir vor allem beim Chor recht gut, wenn sie auch inkonsequent ist. Die erste Szene funktioniert nämlich als eingefrorenes bzw. auftauendes Tableau sehr gut - nur lässt sich dieses Freezing später nicht mehr finden. Die Choreographien des Chores gefallen mir dabei ziemlich gut - hier ist viel Eleganz im Spiel. Bei den Hauptrollen hätte es wie gesagt mehr sein dürfen, lediglich Graf Luna und ein wenig Leonora spielen überhaupt. Besonders der Manrico Jones' betreibt großflächiges Rampensingen - was ich durchaus auch mal ertragen kann, wobei hier aber zuviel Potenzial verloren geht (zumal es stimmliche Mängel ausgleichen könnte).
Fazit
Vor dem endlich mal wieder sehr zahlreichen Hamburger Publikum wird eine interessante und streitbare neue Produktion eines Klassikers entfaltet. Dass es Emotionen auslöst gefällt mir! Das hebt sich sehr deutlich ab von der über-routinierten Tosca die ich letztens zufällig ein zweites Mal sah und die fast schon langweilig wurde. Allerdings enttäuscht so manche Solistenleistung und die Regie übertreibt manch guten Ansatz und bleibt gleichzeitig unter dem Potenzial des Stückes und der eigenen Ansätze. Sollte man hingehen? Einmal unbedingt!