Grundrepertoire 'Klassik'

  • Leider habe ich große Teile dieses Treads verpasst, ich war einige Stunden nicht im Forum......


    Aber zur Frage: Wo ist der Mittelpunkt der "Klassischen Musik" ?


    Nun die klassischesten aller klassichen Komponisten sind nun mal


    Haydn Mozart Beethoven und Schubert.


    Hier befinden wir uns DIREKT im Zentrum dessen, was allgemein als klassiche Musik beschreben wird. Keiner dieser vier Komponisten ist verzichtbar.


    LG


    Alfred.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred schieb:
    Leider habe ich große Teile dieses Threads verpasst, ich war einige Stunden nicht im Forum......


    Da siehst Du, lieber maestro Alfred, was herauskommt, wenn man seine Kinder nur ein paar Stunden aus den Augen läßt (ich spreche da aus Erfahrung).


    In submissester Ergänzung zu der von Dir genannten Quadriga der Göttlichkeit (Haydn - Mozart - Beethoven - Schubert:


    "Was teutsch und echt, wüßt' keiner mehr, gäbe es nicht":
    J.S. Bach als quasi-Urvater
    Richard Wagner
    Richard Strauss
    Gustav Mahler
    Alban Berg


    Für "welschen Tand"


    Giacchino Rossini
    Georges Bizet
    Giuseppe Verdi
    Giacomo Puccini


    "Für die slawische Fraktion des Musik-Oberhauses"
    Smetana
    Dvorak
    Tschaikowsky
    Mussorgsky

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Nun die klassischesten aller klassichen Komponisten sind nun mal Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert.


    Und wenn ich nun behaupte: Bach, Händel, Schumann, Brahms...?


    Oder: Monteverdi, Rameau, Wagner und Mahler...?


    Ich kann Dir für jede Nennung eine genaue Begründung ebenso liefern wie ein Gegenargument.
    Ich würde sagen, Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert haben sich beim breiten Publikum als Kern der Klassik etabliert.
    Obwohl - bei Schubert bin ich mir da schon gar nicht mehr so sicher. Im Bewusstsein des breiten Publikums ist er ein drei-Werke-Komponist (Unvollendete, Große C-Dur, Erlkönig). Beethoven gar nur ein zwei-und-ein-viertel-Werke-Komponist (3., 5., 9. Finale). Und was ist von Haydn WIRKLICH im Bewusstsein des Publikums? Ich behaupte, dass mehr Leute Wagner kennen als Haydn; zumindest, wenn sie verheiratet sind.

    ...

  • Lieber edwin, du schriebst:


    "Ich behaupte, dass mehr Leute Wagner kennen als Haydn; zumindest, wenn sie verheiratet sind."


    Ist Deine Frau eine Wagnerianerin?
    Glückwunsch.


    Was Schubert betrifft, so werden bereits arme Schulkinder mit dem Liederfürsten vergewaltigt und trällern "Am Brunnen" und ähnliche Hits.
    Deshalb glaube ich nicht, daß nur die Große C-Dur etc. bekannt ist.


    Volle Zustimmung, daß sich die genannten 4 als Kern der Klassik etabliert haben. Also muß irgendwas dran sein.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Lieber Alfred,


    den Mittelpunkt klassischer Musik empfindest man glaube ich in erster Linie dort, wo man seine frühesten Prägungen erhalten hat. Das ist bei vielen die Wiener Klassik, aber wohl nicht bei jedem. "Unverzichtbar" sind ja wohl nun viele Komponisten, oder empfindest Du etwa Bach und Händel, oder etwa Bruckner und Brahms als "verzichtbar"?


    Ich empfinde es in diesem Punkt als höchst problematisch, daß die Epoche der Klassik der klassischen Musik ihren Namen gegeben hat. Das suggeriert, daß die Musik vorher nicht richtig ausgereift war und später anfing, dekadent zu werden. Aber es gab schon vor der Wiener Klassik möglicherweise auch Phänomene der Dekadenz und nach der Wiener Klassik unausgereifte Musik. Händel ist für mich ein absoluter Gipfel der Musik, wenn das kein Zentrum sein soll, was dann?


    Ich finde jedenfalls den Fokus auf die Klassik zu legen in doppelter Weise falsch. Ersten ist das sehr eine deutsche oder österreichische Sichtweise, denn alle von Dir aufgeführten Komponisten sind Österreicher oder Deutsche. Zweitens liegt dann noch der Fokus auf einer ganz bestimmten Epoche.


    Also die englische Musik lief doch nun wirklich erst ab Elgar zu großer Form auf. Sie mag mal moderner, mal konservativer sein, aber sie ist da weder "unausgereift noch dekadent". Ich kann mir gut vorstellen, daß die Engländer ihre "klassische Epoche" mal ins 20. Jahrhundert verlegen werden und wenn sie dann in guter patriotischer Stimmung sind, diese dann als den absoluten Mittelpunkt aller Musik hochleben lassen werden.


    Gruß Martin

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  • Zitat

    Ist Deine Frau eine Wagnerianerin?


    Nein, Missverständnis, unsereins ist Single. Ich dachte an "Treulich geführt...", das bei praktisch jeder Hochzeit erklingt.


    Zitat

    vergewaltigt und trällern "Am Brunnen"


    Wo hatte ich nur meinen Kopf? - Der "Lindenbaum" ist ja auch vom Schwammerl.


    Aber Haydn ist nur dem Namen nach im Bewusstsein.



    ad Martin:
    Aber Du stellst jetzt nicht Elgar auf die Stufe von Schubert? Die nationale Bedeutung spreche ich ihm nicht ab. Aber für alle Länder, an denen der Victorianismus vorbeigegangen ist, sollte Elgar eigentlich nicht mehr sein als eine mehr oder weniger willkommene Randerscheinung.

    ...

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Aber zur Frage: Wo ist der Mittelpunkt der "Klassischen Musik" ?


    Salut,


    das ist nun ganz und gar nicht [meine!] Frage gewesen - aber, was soll's!? Es gibt keinen Mittelpunkt der Klassischen Musik, lediglich Musikzentren des 18. Jahrhunderts, das waren neben [neben!] Wien u.a. Paris, Mannheim, London, Neapel...



    Zitat

    Nun die klassischesten aller klassichen Komponisten sind nun mal


    Haydn Mozart Beethoven und Schubert.


    Sicher nicht. Wären sie wirklich 'klassisch' - sie wären heute vergessen.


    Zitat


    Hier befinden wir uns DIREKT im Zentrum dessen, was allgemein als klassiche Musik beschreben wird. Keiner dieser vier Komponisten ist verzichtbar.


    Zwar halte ich auch kaum einen Komponisten für verzichtbar [man kann das Gute ohne das Schlechte nicht schätzen], aber zu glauben, dass Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert als Inbegriff der Klassik gelten, halte ich heutzutage für einen Irrtum. Ich würde André Rieu nennen...


    :angel:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Das kann man vielleicht so sehen... nur weil diese innerhalb der "Klassik" nochmal als "Klassik" bezeichnet werden, nehmen sie noch keine tatsächliche Zentralposition ein.
    Es spiegelt sich nämlich im traditionellen Repertoire von Sinfoniekonzert und Oper der letzten 50-80 Jahre kaum wieder; Haydn und Schubert spielen hier nur ganz am Rande eine Rolle; der zeitliche Schwerpunkt liegt eher 1870 als 1800. Zentral sind viel eher Brahms, Tschaikowsky, R. Strauss, Bruckner, Mahler, inzwischen auch Debussy, Ravel, Prokofieff, Stravinsky.
    Ähnliches gilt für den Soloklavierabend; hier ist sogar Mozart eher marginal, viel häufiger werden Chopin, Schumann, Liszt, Brahms, Prokofieff, Rachmaninoff, Debussy etc. gegeben. (inzwischen ist das ja wieder anders, aber wenn man in die erste Hälfte des 20. Jhd. schaut: kein Mensch hat Schubert- oder Mozartsonaten im Recital gespielt)
    Unser Repertoire (wie der Konzertbetrieb selbst) ist ja in dieser Form im 19. Jhd. entstanden und wird entprechennd dominiert. In der Rezeptionsgeschichte schirmt (auf dem Gebiet der sinf. Musik) Beethoven alles, was vorher war, ab und dominiert die Folgegenerationen. Und zwar Beethoven allein, nicht Mozart (Oper) und schon gar nicht Haydn und Schubert (-> Kammermusik & Lieder).


    Wenn das Grundrepertoire also (auch) davon ausgehen soll, was tatsächlich häufig gespielt wird, ist eine Dominanz der "Wiener Klassik" eine starke Verzerrung


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    Weil dieser Thread gar so schön brennt, noch ein bisschen Öl ins Feuer: :D


    Edwin Baumgartner schrieb:


    Zitat

    Ich würde sagen, Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert haben sich beim breiten Publikum als Kern der Klassik etabliert.


    Genau - um das ging es schließlich hier - um den Grundstock - weniger um Vorlieben oder Streitfragen der Qualität


    Zitat

    Und wenn ich nun behaupte: Bach, Händel, Schumann, Brahms...?


    Oder: Monteverdi, Rameau, Wagner und Mahler...?


    Noch in den späten sechziger Jahren meinte einer meiner Lehrer (Kulturkunde) Mahler wäre besser beraten gewesen nicht zu komponieren - ein Standpunkt der - man erinnert sich nicht gern - damals in Wiener Musikkreisen durchaus salonfähig war.


    Monteverdi und Rameau sind - vertraut man den Katalogen großer Tonträgerlabels - eher Repertoire für "Spezialisten".


    Wagner wird noch heute von vielen abgelehnt. (Wenngleich ich ihn auf "meine" Liste von "wichtigen" Komponisten gesetzt habe, auf der ich sträflicherweise vergessen ghabe, Dvorak zu erwähnen, in der Tat ist seine Sinfonie "Aus der Neuen Welt" ein absoluter Fixstern am "Klassikhimmel"


    Zu Martin: Elgar und zahlreiche andere englische Komponisten - welcher europäische Durchschnittshörer besitzt Platten von ihnen ? Leider kann man im Tamino Klassikforum diesbezüglich keine Umfrage starten, zum einen, weil kaum jemand zugeben würde, Elgar nicht zu schätzen , zum andern, weil unser Forum ja nicht aus Durchschnittshörern besteht.


    Zitat

    Also die englische Musik lief doch nun wirklich erst ab Elgar zu großer Form auf.


    Das sehe ich anders:


    Die englische Lautenmusik des 16. Jahhunderts, Purcell, Arne und einige andere (manche zählen Händel zu den Engländern (?) )
    geben mit persönlich wesentlich mehr als Elgar und Nachfolger, bzw sind auch wesentlich bedeutender, weil beispielsweise die englischen Lautenlieder von Byrd, Morley , Dowland, Wilson und zahlreichen Ungenannten und Anonymen kaum Konkurrenz auf dem Kontinent vorzuweisen hatten.


    Aber der breiten Masse von Klassikhörern sind diese Namen desungeacht heute völlig unbekannt


    Weil wir beim Thema sind: Bellini, Donizetti und Rossini sind - selbstverständlich EISERNER Bestandteil des Opernrepertoires


    Freundliche Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    ad Martin:
    Aber Du stellst jetzt nicht Elgar auf die Stufe von Schubert? Die nationale Bedeutung spreche ich ihm nicht ab. Aber für alle Länder, an denen der Victorianismus vorbeigegangen ist, sollte Elgar eigentlich nicht mehr sein als eine mehr oder weniger willkommene Randerscheinung.


    Also ich denke Elgar ist schon ein verdammt guter Komponist. Ich weiß nicht auf wessen Stufe er steht, das ist mir ehrlich gesagt auch wurscht, aber er ist ein großer Komponist, gar keine Frage. Du kannst ihn doch nicht auf den Viktorianismus reduzieren! Ich höre ihn sehr gerne: Seine Sinfonien, seine Konzerte ( wobei mir das Violinkonzert ein bißchen langatmig erscheint, das Cellokonzert kompakter ist), seine Enigmavariationen, sein Klavierquintett), na ja und seine Pomp und Circumstances sind doch auch ganz nett, ein spezielles davon kennt jedes Kind. Nein, er ist wirklich ein Komponist, den ich sehr hoch ansiedeln würde. Es gibt sicherlich auch Werke von ihm, wo er einfach nur gefällig im viktorianischen Sinne sein wollte ( kenne da auch ziemlichen Kitsch von ihm, "chanson d'amour" oder so ähnlich und solche Sachen, aber selbst der ist gut gemacht), aber welcher Komponist wollte nicht doch auch einfach mal gefallen? Du nicht?


    Zitat

    Original von Alfred SchmidtDie englische Lautenmusik des 16. Jahhunderts, Purcell, Arne und einige andere (manche zählen Händel zu den Engländern (?) )
    geben mit persönlich wesentlich mehr als Elgar und Nachfolger


    Also mir gefallen Dowland und Purcell auch sehr gut. Aber das ist wirklich schon sehr lange her.


    Zitat

    Zu Martin: Elgar und zahlreiche andere englische Komponisten - welcher europäische Durchschnittshörer besitzt Platten von ihnen ?


    Gegenfrage: Welcher europäische Durchschnittshörer besitzt denn überhaupt Platten mit Musik des 20. Jahrhunderts? Na ja, die Carmina Burana vielleicht.


    Gruß Martin

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Nein, Missverständnis, unsereins ist Single. Ich dachte an "Treulich geführt...", das bei praktisch jeder Hochzeit erklingt.


    Bei meiner Hochzeit habe ich mir den letzten Akt der Götterdämmerung ausbedungen. Nibelungengleich stand ich im Endkampf um meine Freiheit, aber das Schicksal... " Starke Scheite schichtet mir empor..." ;)



    Wenn ich mir das versammelte Musikmaterial ansehe, und die illustre Reihe der Komponisten, dann besteht das Grundrepertoire mitterweile aus nahezu der gesamten abendländischen Musikgeschichte. Irgendetwas ist an der Definition Grundrepertoire falsch. :hello:

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr


    Bei meiner Hochzeit habe ich mir den letzten Akt der Götterdämmerung ausbedungen. Nibelungengleich kämpfte ich um meine Freiheit, aber das Schicksal... " Starke Scheite schichtet mir empor..."


    ;)


    Pasender scheint mir:


    Brünnhilde
    Hojotoho! Hojotoho!
    Heiaha! Heiaha! Hojotoho! Heiaha!
    Dir rat ich, Vater, rüste dich selbst;
    harten Sturm sollst du bestehn.
    Fricka naht, deine Frau,
    im Wagen mit dem Widdergespann.
    Hei, wie die goldne Geissel sie schwingt!
    Die armen Tiere ächzen vor Angst;
    wild rasseln die Räder;
    zornig fährt sie zum Zank!
    In solchem Strausse streit ich nicht gern,
    lieb ich auch mutiger Männer Schlacht.
    Drum sieh, wie den Sturm du bestehst:
    ich Lustige lass dich im Stich!
    Hojotoho! Hojotoho!
    Heiaha! Heiaha! Heiahaha!


    Wotan
    Der alte Sturm, die alte Müh'!
    Doch stand muss ich hier halten!


    ;)


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Dieser Tread brennt so schnell, daß ich manchmal scheinbar nicht auf Argumente antworte, die jemand VOR miir gebracht hat. Die Ursache ist aber darin, daß die Beiträge oft simultan geschrieben wurden, ich sie also erst erstmals sehe, wenn ich meinen bereits veröffentlicht habe...


    Martin schrieb völlig richtig


    Zitat

    Gegenfrage: Welcher europäische Durchschnittshörer besitzt denn überhaupt Platten mit Musik des 20. Jahrhunderts? Na ja, die Carmina Burana vielleicht.


    Besser hätte ich es auch nicht formulieren können.


    Man mag es drehen und wenden wie man will - Musik des 20. Jahrhunderts ist - von wenigen Ausnahmen mal abgesehen -
    nicht in den Herzen des breiten Klassikpublikums verankert -
    gehört also AUS DIESER BETRACHTUNG nicht zum Grundrepertoire...


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Martin!


    Zitat

    Welcher europäische Durchschnittshörer besitzt denn überhaupt Platten mit Musik des 20. Jahrhunderts?


    Die Antwort ist: Welcher nicht?
    "Tosca" (1900), "Butterfly" (Letztfassung, 1905), "Turandot" (1926), "Rosenkavalier" (1911), Mahler 5. (1904), "La mer" (1908 ), Sibelius 2. (1902), Rachmaninow 2. Klavierkonzert (1901), Ravel "Bolero" (1928 ), "Feuervogel" (1911), "Rhapsody in Blue" (1924), "Dreigroschenoper" ("Und der Haifisch...", 1928 ); die Liste ließe sich mit diversen HiFi-Aufnahmen zwecks Test von Stereo-Anlagen fast beliebig verlängern. Ich garantiere Dir, dass zumindest eines der genannten Stücke selbst bei eher unmusikalischen Leuten meines Bekanntenkreises in der einen oder anderen Version im Regal steht.


    ad Elgar: Ein guter Handwerker, bei dem hie und da eine nette Melodie aufblitzt. Von Zeit zu Zeit durchaus genießbar. Aber Elgar steht nicht auf derselben Stufe wie ein Beethoven, ein Schubert oder, um modernere Komponisten zu nennen, ein Strawinskij, ein Bartók, ein Janácek oder gar ein Mahler, dessen Zeitgenosse er ist. Man vergleiche etwa die durchaus gelungene 1. Symphonie Elgars mit Mahler 6. Elgar ist gute Mittelklasse, entsprechend Mjaskowskij bei den Russen, Roussel bei den Franzosen, Respighi bei den Italienern etc.


    ad Alfred

    Zitat

    Noch in den späten sechziger Jahren meinte einer meiner Lehrer (Kulturkunde) Mahler wäre besser beraten gewesen nicht zu komponieren - ein Standpunkt der - man erinnert sich nicht gern - damals in Wiener Musikkreisen durchaus salonfähig war.


    Sogar in den späten 70er-Jahren, als ich in die Schule ging, gab es bei uns einen Musikprofessor, der meinte, Mahler sei eine "vorübergehende Hysterie" und sein symphonisches Schaffen sei nicht halb soviel wert wie ein einziges Werk von Reger. Nebenbei: Er meinte auch, dass man Debussy nicht brauche, weil so ein paar Takte für Klavier könne jeder zusammenbosseln.
    Seien wir froh, in einer Zeit zu leben, die Mahler (und Debussy) richtiger einschätzt.

    Zitat

    Monteverdi und Rameau sind - vertraut man den Katalogen großer Tonträgerlabels - eher Repertoire für "Spezialisten".


    Rameau - vielleicht.
    Aber Monteverdi? Ich habe mich schnell bei jpc schlau gemacht. 442 Einspielungen gibt's, der "Orfeo" liegt in überschlagsmäßig 15 Einspielungen vor. Das geht für mich über eine Spezialisten-Einspielung um rund 13-14 Aufnahmen hinaus.

    ...

  • Zitat

    ...Grundrepertoire mitterweile aus nahezu der gesamten abendländischen Musikgeschichte.


    Robert, Dir gehört meine virtuelle Umarmung (und da mich Bernstein seinerzeit mehrfach umarmt hat, bist Du sozusagen virtuell mit ihm verbunden - falls Dir das was gibt).
    Zuziehen tust Du Dir das für obiges Zitat, das ich etwas abwandeln will: Das Grundrepertoire sollte die abendländische Musikgeschichte sein. Als Musikliebhaber sollte man versuchen, diesem Ziel nahe zu kommen.

    ...

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  • Ich würde ca. 50 EUR wetten, dass folgende Werke des 20. Jhds. häufiger auf den Spielplänen von Sinfoniekonzerten der westlichen Welt auftauchen als irgendeine Sinfonie von Haydn, irgendeine von Schubert außer 5,8,9 und irgendeine von Mozart außer den letzten 6:


    Strawinsky: Le Sacre, Feuervogel, Petrouchka
    Prokofieff: 1. Sinfonie , 1.,2.,3. Klavierkonzert, Violinkonzerte, Romeo &Julia
    Debussy: La Mer
    Ravel: La Valse, Bolero, Daphnis-Suiten, Klavierkonzert etc.
    Bartok: Konzert f. Orchester
    Schostakowitsch: 5., 8., 9., 10. Sinfonie, 1. Violinkonzert, vermutlich noch mehr.
    Vermutlich könnte man, wenn man den englischsprachigen Raum berücksichtigt auch noch einige Werke von Vaughan Williams und Britten nennen, ebenso andere, die mir jetzt nicht einfallen wie De Falla usw.


    (Spät- oder Nachromantiker wie Rachmaninoff, Sibelius, Elgar, R. Strauss zähle ich gar nicht mit, obwohl von denen auch viele Werke aus dem 20. Jhd. stammen)


    Ebenso wird Bergs Wozzeck in Deutschland gewiß häufiger inszeniert als irgendeine Bellini-Oper außer Norma...


    Man sollte also , obwohl es zweifellos eine ganez Menge Musik gibt, die obwohl fast 100 Jahre alt noch immer als sperrig empfungen wird, nicht übersehen, dass ein ganz eheblicher Teil der Musik bis ca. 1940 festen Eingang ins Repertoire gefunden hat. Und eben nicht nur Spätromantik, sondern Debussy, Strawinsky etc., die seinerzeit keineswegs sofort akzeptiert wurde.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Lieber Edwin,


    muß man denn seine Postings denn immer so überkorrekt verfassen? Daß nun Puccinis Tosca nicht mit "Musik des 20. Jahrhunderts" gemeint war, müßte doch eigentlich völlig klar sein ( wenn es im Jahre 1900 heraus kam, kann ich dazu nur sagen, daß es Experten gibt, die das 20. Jahrhundert mit dem Jahre 1901 beginnen lassen). "Rhapsodie in Blue" und "Dreigroschenoper" sind nun in Punkto E Musik wirklich schon Grenzfälle ( womit ich nichts gegen diese Werke gesagt haben will) und selbstverständlich war mit Musik des 20. Jahrhunderts schon E Musik gemeint und nicht "Mama" von Heintje. Bei Mahlers 5. und La Mer von Debussy gehts aber doch schon los. Ob die der europäische Durchschnittshörer kennt? Wenn jemand Mahlers 5. kennt, dann vermutlich doch eher wegen des Adagiettos ( das für Richard Strauss eine Geschmacksverirrung war), weil es mal in "Der Tod in Venedig als Soundtrack lief. Rachmaninovs Klavierkonzert und Sibelius 2. ins Feld zu führen ( die nun wie Du sagst 1901 und 1902 raus kamen), ist ebenfalls kleinlich. Den Bolero, ja den kennt man, weil man dazu, wie ich ebenfalls im Film gesehen habe, so gut Sex machen kann und weil das nun halt schon sehr "eingängig" ist. Aber ehrlich gesagt finde ich Daphnis und Cloe schon tausendmal faszinierender. Und ob der Rosenkavalier wirklich so gut bekannt ist? Den Feuervogel kennen zugegeben ein paar Leute. Na ja, aber auch das ist 1911.


    @ Alfred.


    Es gibt aber nun weiß Gott auch nicht soviel Klassik, die der europäische Durchschnittshörer hört, selbst wenn er der klassischen Musik noch einigermaßen aufgeschlossen ist, kennt. Deshalb zieht Dein Argument nicht. Es kennen vermutlich dann doch schon mehr Leute La mer von Debussy oder Mahlers und Sibelius Sinfonien als Beethovens Klaviersonaten ( außer der Mondschein vielleicht). Und sind die Klaviersonaten von Beethoven denn nun wirklich so schlecht?


    Gruß Martin

  • Was eine völlig dubiose Gestalt wie der "europäische Durchschnittshörer" kennt, ist zweitrangig, da nicht herauszufinden. Wenn jemand seit 20 Jahren ein Abo hat, aber die Konzerte zur Hälfte verschläft, oder die Karten verschenkt, sobald neuere Musik als Brahms auftaucht, oder eh nur ins Konzert geht, um die Brillanten und Pelze der Gattin auszuführen, hat er die 20 Jahre vielleicht überstanden, ohne jemals Strawinsky oder Schostakowitsch zu hören. Aber so eine Person ist einfach völlig uninteressant. Wenn sie Mahlers 5. und La Mer nicht kennt, kennt sie Haydns 83. oder Schuberts 2. erst recht nicht...
    Daher sollte man in Konzertprogramme schauen bzw. zur Not in Plattenkataloge.
    Mir gings weniger um Musik des 20. Jhds als um die unbestreitbare Feststellung, dass der Kern aktueller Sinfoniekonzerte nicht in der "Wiener Klassik" besteht, sondern der Schwerpunkt auf Beethoven bis Spätromantik und klassischer Moderne liegt und Mozart schon nur ausschnittsweise, Haydn und Schubert nur sehr sporadisch vorkommen.
    Ebenso wie in der Oper Mozart, Verdi, Wagner, Puccini und Strauss die Basis bilden, gesprenkelt mit einigen ausgewählten Werken der italienischen Komponisten des Belcanto und einigen Einzelwerken wie Carmen oder Fidelio (und seit ca. 20-30 Jahren eben auch einigen Stücken des Barock) usw.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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  • Grundrepertoire: Wenn jemand zu mir kommt und sagt: "Mir gefällt klassische Musik, aber ich kenne mich noch nicht wirklich aus, kannst du mir ein paar wichtige Werke empfehlen, die ich kennen sollte?" - dann könnte ich jene Musikstücke, zu denen ich ihm dann riete, als "Grundrepertoire" bezeichnen.
    Ich denke, ein Grundrepertoire sollte nicht, oder nicht vorrangig aus jenen Stücken bestehen, mit denen auch Klassikächter im Supermarkt etc. in fabelhaft scheußlichen Arrangements dauerbeschallt werden, sondern eine Stütze für einen, der sich bereits für klassische Musik interessiert, darstellen.


    Zwei Punkte sind zu beachten: Es sollten möglichst wenig Musikstücke sein, und es sollten idealerweise jene sein, auf die sowohl der Aspekt der musikgeschichtlichen Wichtigkeit als auch, in Einzelfällen vielleicht ein bisschen schwächer gewertet, der Aspekt der Popularität zutrifft. Es sollten alle Epochen vorhanden sein, es sollten die wichtigen Nationalitäten vertreten sein, es sollten die wichtigen Gattungen und besonders die in der jeweiligen Epoche wichtigen Gattungen vertreten sein. Es sollte möglichst vielfältig sein.


    Eine ganz minimalistische Liste (die wahrscheinlich viele Kontroversen hervorrufen wird, aber ja noch ausgebaut werden kann), könnte beispielsweise umfassen:


    Renaissance:
    Palestrina/Missa Papae Marcelli (die sowieso gerne mit dem Allegri-Miserere gekoppelt wird)


    Barock:
    Bach/Musikalisches Opfer (Begründung: Vielfalt an Gattungen, Spaß beim Wiederfinden des Themas)
    Vivaldi/4 Jahreszeiten
    [Bei den Opern tu ich mir ein bisschen schwer mit der Auswahl - L'Orfeo gibt es meiner Meinung nach leider keine wirklich befriedigende Aufnahme abgesehen von der Savall-DVD]
    [Bei der Matthäuspassion bin ich mir nicht ganz sicher, ob die im absoluten Minimalprogramm schon enthalten sein sollte]


    Klassik:
    Mozart/Hochzeit des Figaro (die Zauberflöte kennt eh jeder)
    Mozart/große g-moll Sinfonie
    Mozart/Requiem
    Beethoven/Klaviersonate op. 27/2 cis-moll alle drei Sätze
    Beethoven/Sinfonie Nr. 6


    Biedermeier:
    Schubert/Winterreise


    Romantik:
    Mendelssohn-Bartholdy/Sinfonie Nr. 3
    Tschaikowsky/Eugen Onegin
    Berlioz/Symphonie fantastique
    Verdi/Requiem
    Puccini/Il trittico (der Gipfelpunkt seines Schaffens, außerdem drei Opern in einer Verpackung; aber alternativ evt. Tosca wegen der Dramaturgie)
    Chopin/Nocturne op. 27/2 Des-Dur


    Impressionismus:
    Debussy/La mer


    Spätromantik und Klassische Moderne:
    de Falla/Noches en los jardinos de Espana
    Janácek/Streichquartett Nr. 1
    Berg/Wozzeck
    Britten/Peter Grimes
    Poulenc/Gloria
    [und evt. Villa-Lobos/Bachianas Brasileiras Nr. 9]


    Moderne:
    [hier seht ihr mich jetzt besonders ratlos im Walde stehen]
    Messiaen: Turangalîla-Sinfonie
    [und dann?]


    Ich hab 25 Werke. Wer unterbietet mich? :D

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  • Zitat


    Zitat Martin
    muß man denn seine Postings denn immer so überkorrekt verfassen?


    Nein, nur korrekt genug, dass man weiß, wovon die Rede ist. Wenn Du schreibst "Musik des 20. Jahrhunderts", sind die Stücke, die ich genannt habe, meinetwegen exklusive "Tosca" dabei.
    Ich will Dir jetzt auch kein Kolleg halten über Kurt Weill, dessen "Dreigroschenoper" natürlich keine Unterhaltungsmusik ist, sondern eine Reflexion der Unterhaltungsmusik, was eben nicht das selbe ist.


    Deine Unterstellung, dass Mahler, Ravel etc. nur bekannt sind, weil ihre Musik verwendet wurde, um Filmszenen zu unterlegen, funktioniert nicht. Es ist völlig egal, wodurch Musik bekannt wird. Wenn meinetwegen ein Regisseur einen Softporno dreht und ihn aus welchem Grund auch immer mit dem Finale von Vaughan Williams 2. Sinfonie unterlegt, dieser Film ein totaler Renner wird und die Leute in der Folge wie verrückt die 2. Sinfonie von Vaughan Williams kaufen, muss ich sagen, dass die 2. Sinfonie von Vaughan Williams bekannt ist. Ob ich sie mag oder nicht, spielt keine Rolle.


    Ich persönlich z.B. gestehe, dass ich so wenigen Werken Mozarts etwas abgewinnen kann, dass ich insgesamt sagen muss: Mozart mag ich eher nicht. Ich wäre aber irrenhausreif, wenn ich behaupten würde, dass Mozart ein unbekannter, unbedeutender und schlechter Komponist wäre.
    Man sollte versuchen, zwischen subjektivem Werturteil und objektiver Feststellung eines Bekanntheitsgrades einen Unterschied zu machen.


    Du verfällst mitunter in den Fehler, das zu mischen: "Bolero" willst Du nicht akzeptieren, also ist er Sexmusik, hätte ich "Daphnis" geschrieben (auch mir lieber als der "Bolero") hättest Du mit Recht sagen können: Ob so viele Leute "Daphnis" kennen?


    Nein, nein: Ich bleibe beim Bolero, der so bekannt ist, dass er sogar als Melodie für Kabarettnummern hergehalten hat. Und ich bleibe bei der "Rhapsody" und ihrem Bekanntheitsgrad dank Bierreklame und bei der 5. Mahler und ihrem Bekanntheitsgrad dank "Tod in Venedig"..


    Wäre ich zynisch (Alfred, Du schweigst jetzt einmal, gelt :baeh01: ), würde ich sagen, den Malcolm Arnold kennt man auch nur wegen eines Marsches in einem Kriegsfilm - und dabei ist die Melodie nicht einmal von ihm.


    Ist doch egal, warum man welche Musik kennt. Seien wir doch lieber froh, wenn auch die Musik des 20. Jahrhunderts sich in den Köpfen der Musikkonsumenten einnistet!

    ...

  • Hallo allerseits,


    erst mal muss ich loswerden, dass ich den Thread unglaublich interessant finde :jubel: Auch wenn er NIE auf einen Punkt kommen wird!


    Warum? Weil das einfach gar nicht möglich ist.
    Im Verlauf des Threads kam mir so der Gedanke, dass Klassikhörer eigentlich gar nicht in der Lage sind, ein Grundrepertoire zu erstellen! Wir können das überhaupt nicht MEHR - es ist einfach zu spät, wenn man einmal etwas in die Tiefe gegangen ist.
    Man lernt so viel kennen, das unverzichtbar wird und man doch letztlich mit dazuzählen möchte.
    Natürlich nennt man immer Werke, die zum Repertoire dazugehören, aber man nennt letztlich zu viel und zu spezifisch.
    Das Grundrepertoire ist IMO viel simpler und befasst sich in unserem Kulturkreis (in jedem anderen Land wid das einfach anders sein) wirklich viel mit Mozart und Beethoven. Das sind hier bei uns in Sachen Grundrepertoire die Hauptakteure. Hinzu kommen einige andere Komponisten aus Deutschland und Österreich. Andere Länder zählen sehr selten in unserer Region zum Grundrepertoire. In Russland, England, Amerika oder sonst wo sieht das total anders aus!


    Wie gesagt, ich denke nicht, dass Menschen, die sich näher mit dieser Musik, der klassischen Musik, befassen, jemals solch einen Kanon oder eine Liste zusammenstellen könnten - sie würde zu umfangreich für einen, der wirklich nur Grundrepertoire haben will, für einen Einsteiger, werden.


    Vielleicht könnte man solch ein Liste nur kreieren, indem man Umfragen tätigt, um das Wissen der allgemeinen Bevölkerung zu erfahren.
    Das würde sicher keine großen Dimensionen einnehmen, aber sicher näher an ein Grundrepertoire heranreichen, als irgendeine ellenlange Liste von unsereins...



    Das nur als meine bescheidende Meinung.


    Liebe Grüße, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Lieber Edwin,


    auch ich freue mich, wenn sich Musik des 20. Jahrhunderts irgendwie einnistet. So wie meinetwegen auch der Satie, der in einer Reklame für Lebensversicherungen lief und den glaube ich auch schon viele Leute kennen.


    Aber in Bezug auf den Elgar:


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    ad Elgar: Ein guter Handwerker, bei dem hie und da eine nette Melodie aufblitzt. Von Zeit zu Zeit durchaus genießbar. Aber Elgar steht nicht auf derselben Stufe wie ein Beethoven, ein Schubert oder, um modernere Komponisten zu nennen, ein Strawinskij, ein Bartók, ein Janácek oder gar ein Mahler, dessen Zeitgenosse er ist. Man vergleiche etwa die durchaus gelungene 1. Symphonie Elgars mit Mahler 6. Elgar ist gute Mittelklasse, entsprechend Mjaskowskij bei den Russen, Roussel bei den Franzosen, Respighi bei den Italienern etc.




    ich finde es etwas überheblich, in Elgar nur einen guten Handwerker zu sehen. Ich kann mit solchen Kategorien wie "gute Mittelklasse" wenig anfangen. Elgars 1. Sinfonie ist in England mit Begeisterung aufgenommen worden, sie war in gewisser Hinsicht die Geburtsstunde des Revivals englischer Musik und zu Recht. Sie mit Mahlers 6. zu vergleichen, ist abwegig, Du kannst nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Sicher würde ich Mahler im Zweifelsfall höher bewerten, das ist doch klar, aber für mich sind sie keine Konkurenten, weil jeder auf seine Weise sehr gut ist. Elgar hat mit Sicherheit viel dazu beigetragen, daß zeitgenössische englische Musik in England im 20. Jahrhundert auch wahrgenommen wurde ( ob das heute noch so ist, weiß ich nicht). Vielleicht ist da manches gar nicht so schlechtes auch böse durchgefallen ( wie das 2. Klavierkonzert von Howells, wie es neulich in einem Thread hieß), aber an sich ist von Menschen wahrgenommen zu werden für einen Komponisten ja auch nichts schlechtes.


    Mjaskovski ist auch ein sehr guter Komponist. Hätte es nicht einen Schostakowitsch, Prokovjew und Strawinski gegeben, dann wäre er vielleicht der bedeutendste russische Komponist seiner Zeit gewesen. Und das nennst Du gehobene Mittelklasse? Wobei es sicher besseres und auch schlechteres von Mjaskovski gibt ( aber zum Beispiel die 22. finde ich toll)


    Von Roussel kenne ich nur die 3., die mir ganz gut gefällt. Auch da interessiert es mich die "Mittelklasse" eigentlich wenig.


    Gruß Martin

  • Hallo Maik!

    Zitat

    Auch wenn er NIE auf einen Punkt kommen wird! Warum? Weil das einfach gar nicht möglich ist.


    Das macht die Sache ja so vergnüglich! :hello:


    Hallo Martin!
    Natürlich kann man ein Gedankenspiel machen: Wenn es die kontinental-europäische Musikentwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht gegeben hätte und alle im Stil eines Brahms dahinkomponiert hätten, dann wäre Elgar ein einzigartiges Genie.
    In der Realität muss man aber erkennen, dass Elgar nur national unverzichtbar ist - was wiederum nicht sagt, dass ich nicht einige Stücke von ihm recht gerne mag.


    Dein Argument

    Zitat

    Hätte es nicht einen Schostakowitsch, Prokovjew und Strawinski gegeben, dann wäre er (Mjaskowskij, Anm.) vielleicht der bedeutendste russische Komponist seiner Zeit gewesen.


    haut aus dem gleichen Grund nicht hin. Da es Schostakowitsch, Strawinskij und Prokofjew eben gab, ist Mjaskowskij eben nur zweitklassig.
    Wobei ich sofort anfügen will, dass für mich seine Sechste Symphonie ein großes Werk ist und dass ich ihn durchaus schätze.


    LG

    ...

  • Was also kann man als 'Grundrepertoire' bezeichnen?


    Käme ein von klassischer Musik völlig unbeleckter Mensch zu mir und fragte mich, welche Werke er anhören soll, würde ich spontan folgende nennen:


    Mozart 40., Klavier d-moll, Don Giovanni
    Beethoven 6., Fidelio
    Schubert C-Dur
    Verdi La Traviata, Requiem
    Rossini Barbier
    Wagner Lohengrin
    Bruckner 4.
    Mahler 1.


    Und von dieser Basis soll er sich dann selber (nach vor und nach hinten) weiterhanteln ;-)


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

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  • Lieber Edwin,


    unsere Diskussion um Elgar und Mjaskovski können wir ja auch noch mal unter dem Gesichtspunkt des Grundrepertoires betrachen.


    Also meine Lebenspartnerin ist nun keine exzessive Klassikhörerin. Wenn Du so willst, hört sie nur ihr ganz persönliches Grundrepertoire und ist neuen Dingen gegenüber skeptisch.


    Aber Elgar und Mjaskowski gehören erstaunlicherweise zu diesem Grundrepertoire. Sie hört kaum Beethoven, kaum Brahms, keinen Bruckner ( den findet sie abscheulich, das "klingt nach Wald"), keinen Mahler. Aber Elgars 1. Sinfonie liebt sie sehr ( "das klingt nach dem Meer"). Und dann mag sie sehr Saint Saens Orgelsinfonie ( die ja nun wirklich auch unumstrittenes Grundrepertoire ist). Und sie mag auch Mjaskovskis letztes Streichquartett.


    Barockmusik und Mozart hört sie übrigens dann schon sehr viel lieber.


    Warum sollte ich also den Elgar und den Mjaskovski vom Grundrepertoire ausnehmen, wenn ich damit in Bezug auf die Musik des ausgehenden 19. Jahrhunderts und des 20. doch immerhin mal so schöne Erfolge habe feiern können? Auch sind diese beiden Komponisten gegenüber den Komponisten, in dessen Schatten sie stehen, unbezweifelbar auch Konservative ( aber nicht reaktionär) und dieser Konservativismus von Elgar und Mjaskovski könnte in Bezug auf den Einstieg in die Musik des 20. Jahrhunderts durchaus eine Brücke sein.


    Gruß Martin

  • Salut,


    Griegs 'Holberg-Suite' zähle ich in jedem Fall zum 'Grundrepertoire' wie auch 'Tanz der Trolle' aus 'Peer Gynt' [?]:


    Es ist tolle Musik, bekannt und wird häufig gespielt.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Rienzi meint: Laß' an mein Herz Dich drücken - das ist es

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von Rienzi
    Rienzi meint: Laß' an mein Herz Dich drücken - das ist es


    :yes:

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Oder anders gesagt:


    Haydn ade,
    Scheiden tut weh.
    Rossini, komm her,
    Denn Schumann ist zu schwer.


    Um wieder prosaisch zu werden: Was Austria vorschlägt, ist mit Ausnahme von Bruckners 4. und Mahlers 1. genau jenes "Grundrepertoire", das mir die Klassik verleidet hat, ehe durch "Ring", "Wozzeck" und "Elektra" neugierig geworden bin.


    Meine subjektive Kritik an diesem Vorschlag: Richtige Komponisten im gewählten Zeitausschnitt (außer Rossini, den braucht man wohl wirklich nicht so unbedingt), falsche Werke.
    Gleiche Komponisten, zumeist andere Werke:
    Mozart: "Jupiter", Requiem
    Beethoven: 5.
    Schubert: C-Dur, "Winterreise"
    Verdi: "Otello", Requiem
    Wagner: "Ring"
    Bruckner: 4., 7.
    Mahler: 5.
    statt Rossini nominiere ich Haydn: "Paukenschlag"


    Abgesehen davon: Vielleicht ein Vorschlag, der eine Eingrenzung bringt: Wie wäre es, die Angelegenheit in 2 Durchgänge zu gliedern? - 1. Durchgang: Nominierung der Komponisten; 2. Durchgang: Nominierung der Werke der genannten Komponisten.


    ad Martin:
    Solche Beispiele halte ich für wenig zielführend. Ebenso gut könnte ich Dir jetzt den Fall eines Freundes von mir berichten, der an seine jazz- und rockabhängigen Ohren genau 3 Werke der Klassik heranlässt, nämlich
    1) Messiaens "Trois petites liturgies de la Présence Divine", deren zweiten Satz er mit breitem Grinsen "groovy" nennt, was auch immer das heißen mag.
    2) Schostakowitschs 7., deren Finale er jedesmal mit dem Wort "geil" quittiert, und genau dieses Wort verwendet er auch für
    3) Strawinskijs "Sacre".
    Allerdings würde ich nur letzteres zu einem Grundrepertoire zählen.

    ...

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