Salut,
der große Schlichter kommt! --->
ZitatOriginal von Edwin Baumgartner
Die Diskussion dreht sich (naturgemäß) im Kreis. Und zwar, weil Kriterien konstruiert werden, die in Wirklichkeit nicht aussagekräftig sind.
Ich will es an einem extremen Beispiel verdeutlichen.
Mozart ist in seinen Opern in der Führung der Singstimme ein wahrhaft begnadeter Melodiker.
Debussy vermeidet im "Pelléas" jede herkömmliche Melodie in der Singstimme.
Nun kann ich als Debussy-Fan sagen: Es ist ein Fortschritt Debussys gegenüber Mozart, dass Debussy seine Singstimmen dem Tonfall der gesprochenen Sprache anpasst, statt lied- oder arienhafte Melodien zu erfinden.
Ich würde das auch als einen Fortschritt bezeichnen - und zwar objektiv. Subjektiv wäre die Frage, bb es mir gefällt - das ist etwas anderes. Ich kenne Debussys Vokalwerke leider noch nicht, seine Instrumentalmusik hingegen mag ich. Derzeit aber liegt mein besonderes Interesse bei den Leidgenossen Mozarts. Das war einst ganz anders - und das wird auch seine Grenzen habe. Aber ich lerne dazu, das finde ich toll.
Zitat
Was ist in ästhetischer Hinsicht schon ein Fortschritt im Sinne einer positiven Weiterentwicklung?
Nochmals aus dem Kreis: Für mich ist eine positive Weiterentwicklung ein Fortschritt. Es steht ja jedem frei, eine neue Errungenschaft zu nutzen, oder sie ungenutzt liegen zu lassen. Das ist ja im Zweifelsfalle keine Wertung, sondern eine Bedarfsfrage.
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Im übrigen bin ich mit Claus Huth wieder einmal einer Meinung: Kein einziger mir bekannter "Vertreter der Moderne" streitet den Wert der Tradition ab. Es gibt mitunter seltsame und höchst individuelle Wertungen, aber keine prinzipielle Ablehnung. Die Ablehnung findet jedoch sehr oft in der entgegengesetzten Richtung statt. Oder konkreter gesagt: Ich kenne mehr Stockhausen-Fans, die für Bach schwärmen als Bach-Fans, die für Stockhausen schwärmen. Der den "Vertretern der Moderne" immer wieder unterstellte Snobismus ist also eher auf der anderen Seite zu suchen.
Daraus schließe ich etwas anderes.
Was mich stört ist, dass es offenbar nicht möglich ist, die Faszination für Neue Musik begreifbar zu machen.
Ich bin ein "moderner" Mensch, d.h. ich beobachte neue Entwicklungen mit großem Interesse und so sie mir sinnvoll, praktikabel oder schön erscheinen, versuche ich sie zu nutzen, wenn es möglich ist. Mit der Neuen Musik hat das bisher nicht funktioniert - daher habe ich beschlossen [Herdplattenprinzip], die Finger bei mir zu halten. Meine persönliche Auffassung von "Kunst" im abstrakten Sinne [also ohne unbedingte Herleitung von "Können"] ist, dass mich ein Werk [Literatur, Malerei, Musik] ohne besonderen Zwang "anmacht". Dabei ist es mir völlig gleichgültig, wann ein Werk entstanden ist und wer der Autor ist. Es "muß" sich nur in mein Wohlfühlgefühl quasi von selbst integrieren. Die Neue Musik konnte das bisher nicht. Das heißt nicht, dass ich diese Musik abwerte, sondern mich davon weitestgehend distanziere. Gefordert sind aber die Vertreter dieses Genres, das Gegenteil zu bewirken, oder? Das ist eine große Aufgabe, um die ich Euch nicht beneide.
Ulli