Operninszenierungen - modern vs. "altmodisch"

  • AD hat geschrieben, dass Regisseure erst dann künstlerisch loslegen konnten, als die Bühnen subventioniert waren und nannte als Zeitpunkt irgendwas um 1900.


    Übrigens ging es beim Naturalismus um neue Stücke und nicht um naturalistische Umdeutungen alter Werke (oder wenn letzteres auch, dann sicher nicht vorrangig).


    Dass der Regisseur beim Naturalismus sich so freispielen konnte wie nie zuvor, ist doch auch völlig widersprüchlich.
    :hello:

  • Um meine Gedanken nochmal etwas klarer zu formulieren (wie gesagt: sie sind nur fragmentarisch und erheben keine Ansprüche auf Vollständigkeit):
    Wenn ein Theater, das sich aus Eintrittsgeldern finanziert, den Geschmack des Publikums nicht erfüllt und den Erwartungen nicht gerecht wird, ist es pleite. Dementsprechend gibt es ja heute die diversen Musicalbühnen, die auf Massenabfertigung ausgelegt sind. Insofern sind Subventionen eine Voraussetzung, um den ökonomischen Freiraum für Aufführungen zu schaffen, die die Erwartungen des Publikums nicht erfüllen.
    Was den Naturalismus angeht, so ging die Durchsetztung der neuen Werke und des neuen Darstellungsstils Hand in Hand. Brahm inszenierte durchaus nicht nur Hauptmann und Ibsen, und die Darstellung der Klassiker wurde von der konservativen Kritik ebenfalls heftig angefeindet.

  • [quote]Original von Armin Diedrich
    Wenn ein Theater, das sich aus Eintrittsgeldern finanziert, den Geschmack des Publikums nicht erfüllt und den Erwartungen nicht gerecht wird, ist es pleite. [quote]


    Und deswegen gibt's in Amerika noch so viele traditionelle Inszenierungen. Weil's da an den Subventionen hapert.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    [quote]Original von Armin Diedrich
    Wenn ein Theater, das sich aus Eintrittsgeldern finanziert, den Geschmack des Publikums nicht erfüllt und den Erwartungen nicht gerecht wird, ist es pleite. [quote]


    Und deswegen gibt's in Amerika noch so viele traditionelle Inszenierungen. Weil's da an den Subventionen hapert.


    Eben. Das einzige Opernhaus, das in einem nennenswerten Ausmaß öffentliche Zuschüsse erhält, ist die MET (vielleicht noch die NYCO, aber da bin ich nicht informiert). Die anderen müssen sich in massivem Umfang auf Fundraising, ihre Guilds und Mäzene stützen ; und wenn jemand eine Million für eine neue "Traviata" stiftet, will er natürlich auch etwas sehen, das ihm gefällt. Die finanzielle Situation der diversen "Off-Broadway"-Ensembles ist ja nicht gerade rosig...

  • Ja, und damit wären wir wieder am Anfang: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche des Publikums gelegt? Stop, bevor jetzt wieder alle alvianos, antracisse und santoliquodos ;)buhen: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche eines gewissen Teils - wenn auch nicht gerade eines kleinen Teils - des Publikums gelegt?

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Stop, bevor jetzt wieder alle alvianos, antracisse und santoliquodos ;)buhen: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche eines gewissen Teils - wenn auch nicht gerade eines kleinen Teils - des Publikums gelegt?


    Buhen ist die Domäne der Konserativen; in meinem ganzen Leben habe ich noch niemals im Theater gebuht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Ja, und damit wären wir wieder am Anfang: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche des Publikums gelegt? Stop, bevor jetzt wieder alle alvianos, antracisse und santoliquodos ;)buhen: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche eines gewissen Teils - wenn auch nicht gerade eines kleinen Teils - des Publikums gelegt?


    Mag sein, dass wir hier in Berlin einen Vorteil mit den drei großen Opernhäusern haben...Hier gibt es meiner Ansicht nach noch genügend "altmodische" Inzenierungen (ich übernehme absichtlich den Ausdruck aus dem Thread-Titel). Die Staatsoper spielt z.B. immer noch die Everding-Inszenierung der Zauberflöte mit den Nachbildungen der Schinkel-Bühnenbilder, Bohème und Le Nozze di Figaro werden ebenfalls sehr klassisch gegeben.


    Gruß
    Rosenkavalier

  • Zitat

    Original von Santoliquido
    Buhen ist die Domäne der Konserativen


    :no:
    Es werden durchaus konservative Stücke ausgebuht von der "Avantgarde-Fraktion". Wär schlimm, wenn die das nicht dürften!

  • Zitat

    Original von Armin Diedrich


    Eben. Das einzige Opernhaus, das in einem nennenswerten Ausmaß öffentliche Zuschüsse erhält, ist die MET (vielleicht noch die NYCO, aber da bin ich nicht informiert). Die anderen müssen sich in massivem Umfang auf Fundraising, ihre Guilds und Mäzene stützen ; und wenn jemand eine Million für eine neue "Traviata" stiftet, will er natürlich auch etwas sehen, das ihm gefällt. Die finanzielle Situation der diversen "Off-Broadway"-Ensembles ist ja nicht gerade rosig...


    Hallo,


    die Frage ist es allerdings, ob das Fehlen von Subventionen die Qualität der künstlerischen Arbeit verbessert. Das Mäzenatentum der öffentlichen Hand ist ja nicht auf der Luft entstanden. Der Opernbetrieb ist aufwendig. In den USA herrscht, wenn ich das Geschriebene richtig zu deuten versuche, auch nicht der Geschmack einer "Mehrheit", sondern dann der Geschmack der Geldgeber. Das dieser oft genug auch eine Form von Zensur beinhalten kann, ist nicht zu übersehen. Ich glaube nicht, dass sich ein Opernfreund diese Form der Finanzierung wünschen sollte. Es bedeutet ja eben auch, dass man auf das sogenannte Repertoire setzt, interessante weniger bekannte Stücke kaum eine Chance haben, auf die Bühne zu gelangen.


    LG Peter

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  • Zitat

    Original von Santoliquido
    Buhen ist die Domäne der Konserativen; in meinem ganzen Leben habe ich noch niemals im Theater gebuht.


    Ich wollte, ich hätte das getan. Und dann sehr oft. Leider bin ich halt anders erzogen. :motz:


    Ich möchte es von einer anderen Seite nähern. Ich merke es nur auf, sondern werde auch hier weiter nichts mehr zu sagen. Denn bin wirklich müde geworden dauernd erklären zu müßen, daß - jedenfalls für mich - ein Werk nicht mehr lebt, wenn es so fern seinen Wurzeln entfremdet ist.


    Wie Ulli öfter schrieb, hat man bei Drottningholm noch das Glück, daß (fast) alles da original ist: die Bühnenbilder sind also mehr als 200 Jahre alt.


    Wie werden die "Regies" (welch ein häßliches Wort, genauso wie Staubis) darüber denken? Muß da auch aufgeräumt werden? Sollen diese Kunstschätze, denn das sind es, irgendwo in Lagerschuppen verstauben wenn nicht verschimmeln?
    Und die Kleider? Was muß damit passieren?


    Kann eine Ausführung dort eigentlich als seriös betrachtet werden. Lenkt jene Pracht nicht vom eigentlichen Werk ab?
    Denn das sind m.E. doch Argumenten dieser "Regies".


    Eines möchte ich noch zum Schluß bemerken.
    Philhellene schreibt

    Zitat

    Man mag mich für verrückt halten, aber es ist eine reine Tatsache, dass ich mir in den meisten Fällen überhaupt keine Gedanken über Ort und Zeit der Inszenierung mache


    Dies wird verstanden. Für mich gilt gerade das Gegenteil. Dauernd ärgere ich mich, weil ich sowohl Ort als Zeit vermisse. Und das wird mir dann nachgetragen. Ist das nicht messen mit zwei Maßen?
    Gerade wenn man eine Oper "vorbereitet" hat und das Libretto liest, sollte das doch gelten.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Ja, und damit wären wir wieder am Anfang: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche des Publikums gelegt? Stop, bevor jetzt wieder alle alvianos, antracisse und santoliquodos ;)buhen: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche eines gewissen Teils - wenn auch nicht gerade eines kleinen Teils - des Publikums gelegt?


    Das frage ich mich auch, warum es nicht viel mehr Gluck-Opern im Repertoire gibt ...


    LG Peter

  • Zitat

    Original von musicophil
    Ist das nicht messen mit zwei Maßen?


    Freilich. Drum sind ja die Versöhnung- und Verwässerungsversuche sinnlos. Es geht nicht um "gut" oder "schlecht" sondern um "modern" oder "altmodisch".
    :yes:

  • Zitat

    Original von Rosenkavalier
    Mag sein, dass wir hier in Berlin einen Vorteil mit den drei großen Opernhäusern haben...Hier gibt es meiner Ansicht nach noch genügend "altmodische" Inzenierungen (ich übernehme absichtlich den Ausdruck aus dem Thread-Titel). Die Staatsoper spielt z.B. immer noch die Everding-Inszenierung der Zauberflöte mit den Nachbildungen der Schinkel-Bühnenbilder, Bohème und Le Nozze di Figaro werden ebenfalls sehr klassisch gegeben.


    Gruß
    Rosenkavalier


    Hallo rosenkavalier,


    fern der Wehmut, dass in Köln alle alten inszenierungen verschrottet wurden: Wann gab es in Berlin die letzte Neuinszenierung, die alte Sehgewohnheiten bediente? Schön, dass Ihr die alten Everdings, Ponelles, Schlumpfs, Frigerios und wie sie alle heißen noch im Repertoire habt, aber gab es die letzten zehn Jahre eine oder vielleicht mehrere Premieren, die in ähnlichem Fahrwasser fuhren? Das ist es, was mich so immens stört! Und darum noch mal: Warum macht keiner mehr traditionelle Inszenierungen in Deutschland? Warum z.B. wuchtet ein Bühnenbildner, der allenthalben in Spanien althergebrachte Schauwerte bedient, in Hagen auf einmal eine total gegen den Strich gebürstetes Bühnenbild auf die Bühne?


    In Düsseldorf haben sie auch noch ein paar alte, verschwindend wenige, Inszenierungen im Repertoire. Ich habe mir jetzt die Stücke rausgesucht, die ich sehen möchte, aber da geht's schon los. Ich liebe Eugen Onegin, habe mich aber bei der dortigen Neuinszenierung wahnsinnig aufgeregt( Musikstücke umgestellt, einige gestrichen oder durch künstliches Knistern zur Schellackplatte umfunktioniert, vor der dann eine wahnsinnige Tatjana sitzt :kotz:) )bin aber gezwungen, es mir noch mal anzusehen, weil ich's live hören möchte. Wenn ich mal solch ein erlebnis habe, o.k., dann kann ich sogar noch drüber lachen. Aber immer und immer wieder diese holzhammermäßig zertrümmerten alten Optiken zu verkraften, das zermürbt.



    Zitat

    Original von pbrixius
    Das frage ich mich auch, warum es nicht viel mehr Gluck-Opern im Repertoire gibt ...


    Ja Peter, das ist wieder so ein trauriges Kapitel: Die Ausdünnung des Repertoires. Das sollten wir aber vielleicht in einem separaten thread besprechen?


    LG,
    Christoph

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Ja, und damit wären wir wieder am Anfang: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche des Publikums gelegt? Stop, bevor jetzt wieder alle alvianos, antracisse und santoliquodos ;)buhen: Warum wird hierzulande so wenig Wert auf die Wünsche eines gewissen Teils - wenn auch nicht gerade eines kleinen Teils - des Publikums gelegt?


    Weil wir eben nicht NUR aus diesem Teil des Publikums bestehen... ;-) Und weil eben Kunst auch eine gewisse Unabhängigkeit von "der Masse" braucht... (was ja sogar gesetzlich verankert ist) Und weil es ja auch die "anderen Formen" gibt... Wo also ist das Problem? Ich kann es nicht sehen...


    Ist das Problem eher, daß Deine Wünsche (und die einiger anderer hier) evtl. allgemeingültig (im Sinne von: Für alle gültig) sein sollen? Oder daß Du Dir wünscht, Deine Art der Vorstellung auch an großen Häusern zu sehen?


    Ich habe genug Kollegen in USA, die genau dieses Mäzenatentum (und die damit verbundene "Zensur") bemängeln, und uns in "good old Europe" massiv darum beneiden, WIE GROSS die Auswahlmöglichkeit der unterschiedlichsten Inszenierungen und Aufführungsstile ist (die gehen sogar fast aus Protest nicht mehr ins Theater/Oper, weil sie es als "MIttelmaß" empfinden).


    Ich habe es ja an anderer Stelle schon mehrfach gesagt: Ein Beispiel ist Liege/Lüttich, die z.B. das zu bieten scheinen (ich habe da nur mal Boccanegra gesehen), was Du Dir wünschst, und von anderen kleinen Opernhäusern kenne ich nicht soviele, um zu beurteilen, was es dort wie gibt.


    Kurz gesagt: Es gibt die ganze Bandbreite, nach wie vor, evtl. bleibt eher nun die spannende Frage, WARUM die Aufführungsformen und Inszenierungen, die Du Dir wünschst, es eben doch NUR auf kleine Bühnen schaffen... Vielleicht sind es doch nicht so viele, die für diese Form des Genusses auch genug zu zahlen bereit sind? (OK, die bekommen ggfls. auch nicht sooo viel Subventionen, dennoch... )


    Aber auch diese Frage haben wir schon mehrfach diskutiert...


    Matthias

  • Zitat

    Original von musicophil
    Wie Ulli öfter schrieb, hat man bei Drottningholm noch das Glück, daß (fast) alles da original ist: die Bühnenbilder sind also mehr als 200 Jahre alt.


    Wie werden die "Regies" (welch ein häßliches Wort, genauso wie Staubis) darüber denken? Muß da auch aufgeräumt werden? Sollen diese Kunstschätze, denn das sind es, irgendwo in Lagerschuppen verstauben wenn nicht verschimmeln?
    Und die Kleider? Was muß damit passieren?


    Lieber Paul,


    zumindest die anwesenden Opernfreunde darfst Du von dieser Vermutung ausnehmen. Die meisten haben - so wie ich - schon mehrfach erklärt, dass sie weder etwas gegen eine konventionelle noch gegen eine historische Aufführung haben - es geht um Qualität, und die ist von allen gefordert. Gegen das Einmotten von Drottningholm hätte ich genau so viel wie gegen das Einmotten von Opern.


    Zitat

    Kann eine Ausführung dort eigentlich als seriös betrachtet werden. Lenkt jene Pracht nicht vom eigentlichen Werk ab?
    Denn das sind m.E. doch Argumenten dieser "Regies".


    "Die wirst du hier bei uns nicht finden" ...



    Zitat

    Gerade wenn man eine Oper "vorbereitet" hat und das Libretto liest, sollte das doch gelten.


    Lieber Paul, das geht mir doch genauso. Wie vernachlässigt (um ein schlimmeres Wort zu vermeiden) komme ich mir vor, wenn ich mich etwa in den Don Carlos sorgsam eingearbeitet habe, Partitur und Hintergründe studiert habe, mich auf einen aktuellen Stand der Diskussion um die Interpretation des Stückes gebracht habe - und dann eine Aufführung erlebe, die das alles nicht zur Kenntnis genommen hat.


    Zum Musiktheater bin ich gekommen, weil ich anfing, mich mit den Stücken und mit der Musik gründlich zu beschäftigen. Und ich kenne eben auch beide Seiten: das musikhistorischen Interesse, ein Stück zu rekonstruieren, es aus seiner Zeit heraus zu verstehen, und das musikdramatische Interesse, ein Stück für ein gegenwärtiges Publikum zu gewinnen.


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Zitat Peter
    Es bedeutet ja eben auch, dass man auf das sogenannte Repertoire setzt, interessante weniger bekannte Stücke kaum eine Chance haben, auf die Bühne zu gelangen.


    Seltsamerweise stimmt das so nicht ganz.
    In den USA kommen vom "älteren Repertoire", also bis inklusive etwa Richard Strauss, tatsächlich nur die Zugstücke auf die Bühne. Man bemüht sich kaum, vorhandene Stücke auszugraben.
    Gleichzeitig gibt es aber erstaunlich viele Uraufführungen, wobei auch selbst national relativ unbekannte Komponisten Chancen haben.


    Übrigens ist dieser Punkt für einen Regieli wie mich der einzige Wermuthstropfen beim Regietheater: Es bietet die Möglichkeit, unter Umgehung des zeitgenössischen Schaffens eine fortschrittliche Einstellung zu suggerieren.


    Der Trick dabei ist, prinzipiell nur von "Modernem Musiktheater" zu sprechen. Und flugs wird ein Premieren-Quartett etwa mit Verdis "Aida", Puccinis "Boheme", Wagners "Holländer" und Mozarts "Entführung" - allzuoft auch in den Augen des Publikums und der Rezensenten - zum innovativen Spielplan, wenn die Regisseure z.B. Neuenfels, Bieito, Dew und Herheim heißen. Tatsächlich aber handelt es sich um ein stockkonservatives Premieren-Quartett, das nur über die Regie-Schiene zum "Modernen Musiktheater" wird.


    Nun mag ich zwar das Regietheater sehr gerne, noch lieber ist es mir aber, wenn Opern zeitgenössischer (also jetzt lebender oder zumindest erst cum grano salis in den letzten 20 Jahren verstorbener) Komponisten zum Zug kommen. Ich habe auch mit mehreren Intendanten über die Problematik der zeitgenössischen Oper gesprochen - und fast immer wichen sie auf das mit Regietheater modernisierte konservative Repertoire aus, um zu erklären, daß sie ja ohnedies Modernes Musiktheater machen würden.


    Insoferne schießt mir der grauenhafte Gedanke durch den Kopf, daß das Regietheater in Wirklichkeit dem Modernen Musiktheater, wie ich es verstehe, also komponistenbezogen, mehr schadet als nützt.


    Meine lieben Mit-Regielis, rettet mich vor solchen lästerlichen Gedanken...! :D


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von pfuetz
    Weil wir eben nicht NUR aus diesem Teil des Publikums bestehen... ;-)


    Das habe ich wiederholt betont. Aber Du musst wohl auch mal unsere Enttäuschung über dieses neue Theater akzeptieren. Wie würde es Dir gehen, wenn plötzlich - hoffentlich schon bald :D - alle Regisseure wieder solche Bühnenbilder und Kostüme einfordern, wie's im Libretto verankert ist? Und Du weiß Gott wohin fahren musst um Regietheater zu genießen?


  • Paul,


    ich denke, keiner hier will Dir Deine Wünsche absprechen! Es sind halt unterschiedliche Wünsche, und die scheinen eben nicht "in Überdeckung" bringbar zu sein. Dennoch hat Beides seine Berechtigung, und wird ja auch bedient.


    Ja, es ist messen mit unterschiedlichen Maßen. Aber beides ist legitim, denke ich, und wir sollten es tunlichst vermeiden, nur eine "Richtung" zulassen zu wollen.


    LG,


    Matthias

  • Banner Strizzi
  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Ja Peter, das ist wieder so ein trauriges Kapitel: Die Ausdünnung des Repertoires. Das sollten wir aber vielleicht in einem separaten thread besprechen?


    Lieber Christoph,


    ich fürchte, das das zwei Seiten einer Medaille sind ...


    LG Peter

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Insoferne schießt mir der grauenhafte Gedanke durch den Kopf, daß das Regietheater in Wirklichkeit dem Modernen Musiktheater, wie ich es verstehe, also komponistenbezogen, mehr schadet als nützt.


    Freut mich, das von Dir zu hören.
    :D
    (Es zeigt nämlich, dass ich womöglich doch nicht die Situation komplett falsch einschätze.)


    Das passt gut zu dem Thread, in dem wir uns überlegen, warum moderne Bildende Kunst ein größeres Publikum hat als Neue Musik. Antwort haben wir zwar keine, aber die Problematik ist ähnlich.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Das habe ich wiederholt betont. Aber Du musst wohl auch mal unsere Enttäuschung über dieses neue Theater akzeptieren. Wie würde es Dir gehen, wenn plötzlich - hoffentlich schon bald :D - alle Regisseure wieder solche Bühnenbilder und Kostüme einfordern, wie's im Libretto verankert ist? Und Du weiß Gott wohin fahren musst um Regietheater zu genießen?


    Klar würde mich das ärgern, dann wäre es aber nicht zu ändern. Und ich muß versuchen, mich damit auseinanderzusetzen. Deswegen sprechen wir ja auch diese Bedürfnisse und Wünsche ab!


    Wir können uns aber auch darüber aufregen, daß die großen Kinopaläste tot sind, und so gut wie nicht mehr in Cinemascope gefilmt wird, und insbeondere, daß es eben keine Stummfilme in Schwarzweiß mehr gemacht werden...


    Manche Dinge sterben eben (leider!), oder halten sich nicht. Ich will damit aber keinesfalls Gestrigkeit unterstellen...


    Matthias

  • Zitat

    Original von pfuetz
    und insbeondere, daß es eben keine Stummfilme in Schwarzweiß mehr gemacht werden...


    ähm, es geht um Aufführungen alter Opern, nicht um neue Opern in altem Stil (wenn man schon Parallelen ziehen will).

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    ähm, es geht um Aufführungen alter Opern, nicht um neue Opern in altem Stil (wenn man schon Parallelen ziehen will).


    Stimmt... Oder auch nicht...


    Um den Titel zu nutzen: "modern vs. 'altmodisch'"... (und die Frage bleibt: Warum steht nur "altmodisch" in Anführungszeichen?)


    Wobei wir uns ja nur bisher so gut wie ausschliesslich um die Inszenierungen kümmern, und nicht um die Aufführungspraxis der Musik (alte Instrumente vs. "moderne") oder der Intonationen kümmern (wie hoch war Kammerton A zu welchen Zeiten, wie sind die "Geschwindigkeitsangaben" zu verstehen (das Metronom kam ja erst sehr spät), etc... )


    Und um die Frage: Ist Regie ein Teil der künstlerischen Freiheit oder gehört sie in das Korsett des Librettos?


    Und das über den Lauf der Zeit, und was daraus geworden ist, und was wir daraus ableiten könnten...


    Und erst wenn wir diese Fragen geklärt haben (oder zumindest ein gemeinsames Verständnis haben) können wir klären, ob mein schwarzweissfilm Vergleich hinkt oder nicht... ;-)


    Matthias

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Gleichzeitig gibt es aber erstaunlich viele Uraufführungen, wobei auch selbst national relativ unbekannte Komponisten Chancen haben.


    Lieber Edwin,


    sind das auch diesselben Spielstätten? Ich kenne mich in den USA nicht so gut aus und kenne das Wirken des Fundrising vor allem aus England. Da gibt es immerhin durch die BBC einen kräftigen Kontrapunkt. Aber das ROH ist doch weitgehend im Repertoire konservativ und auch die ENO ist keine Offenbarung (die waren auch schon mal mutiger).


    Zitat

    Übrigens ist dieser Punkt für einen Regieli wie mich der einzige Wermutstropfen beim Regietheater: Es bietet die Möglichkeit, unter Umgehung des zeitgenössischen Schaffens eine fortschrittliche Einstellung zu suggerieren.


    ich werde auch nicht müde, da Zeitgenössisches einzufordern. Du hast Recht, es ist schon ein wenig deprimierend in den Spielplan der KOB unter solchen Gesichtspunkten zu schauen, da findet man Weills Mahagonny, Dessaus Lukullus und Cole Porter (den Rosenkavalier zähle ich irgendwie nicht ins 20. Jahrhundert), als Modernes, doch nichts Zeitgenössisches.


    Zitat

    Insoferne schießt mir der grauenhafte Gedanke durch den Kopf, daß das Regietheater in Wirklichkeit dem Modernen Musiktheater, wie ich es verstehe, also komponistenbezogen, mehr schadet als nützt.


    Der Gedanke hat leider viel für sich. Wenn man sich die Produktionen von Konwitschny anguckt, so hat es bei ihm auch Neueres gegeben (ein Stäbler war dabei), aber vieles Neues gehört zu den Arbeiten, die am Ende nicht realisiert wurden (warum?). Mit zunehmendem Erfolg ist Konwitschny dann allerdings nur noch im Repertoire tätig (und den Wozzeck würde ich inzwischen auch dazu zählen).


    LG Peter

  • Zitat

    Original von pfuetz
    Manche Dinge sterben eben (leider!), oder halten sich nicht. Ich will damit aber keinesfalls Gestrigkeit unterstellen...


    Und wieder: Warum? Wo es doch so viele schmerzlich vermissen. Ich begreif's einfach nicht. Tut mir leid. Und ich kann nur wiederholen, Matthias, sei mir net bös:" Ich war mit dem alten Theater zufrieden!"


    @ Peter: Ja, da magst Du recht haben. Nein, eigentlich sehe ich es genauso wie Du. Und ich beurteile diese Entwicklung - viele nennen Karajan als Auslöser, was ich nicht beurteilen kann - als sehr ungünstig.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Hallo rosenkavalier,


    fern der Wehmut, dass in Köln alle alten inszenierungen verschrottet wurden: Wann gab es in Berlin die letzte Neuinszenierung, die alte Sehgewohnheiten bediente? Schön, dass Ihr die alten Everdings, Ponelles, Schlumpfs, Frigerios und wie sie alle heißen noch im Repertoire habt, aber gab es die letzten zehn Jahre eine oder vielleicht mehrere Premieren, die in ähnlichem Fahrwasser fuhren?


    Vielleicht, weil das Musiktheater wie vieles andere auch einem permanenten Wandel unterliegt. Und warum sollte eine Neuinzenierung z.B. des Figaro genau das Gleiche zeigen, wie die vorherige ("altmodische")? Oder - vielleicht will das neue Publikum auch gar keine alten Inzenierungen mehr. Ich kann jeden persönlichen Standpunkt in dieser Frage verstehen - aber dass die Mehrheit der heutigen Operngänger unbedingt ganz traditionelle Aufführungen will, sehe ich nicht. Vermutlich machen sich die meisten gar keine Gedanken über die Inzenierung, sofern diese nicht allzu haarsträubend, schockierend oder pornografisch ist und sie die Musik nicht wesentlich stört.


    Gruß
    Rosenkavalier

  • Hmm, 'ne Antwort auf die berlinspezifische Frage war das jetzt nicht. Dafür hat Rosnekavaliers Beitrag wieder neue Fragen aufgeworfen:
    Ist das Musiktheater wirklich permanentem Wandel unterworfen? Mir kommt's stagnierend vor. Im Grunde so, wie's vor dem Regietheaterbruch war, nur in anderer Richtung: Gab's früher beim Freischütz allenthalben Wald und Wiese, findet man jetzt überall Klos, Tankstellen oder ähnliches. Viellicht steht uns ja wieder eine Revolution ins Haus?

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Viellicht steht uns ja wieder eine Revolution ins Haus?


    Ja, HIP auf der Bühne, das wär was neues.
    (Dieser Beitrag ist dafür nix neues, da ich das schonmal geschrieben habe.)


    Laßt uns diesen Thread weiter drehen ...

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