kleines Update, nachdem ich Informationen zu Serkin und weitere Plädoyers für die Wiederholung des Grave gefunden habe.
Bei Amazon UK gibt es eine Serkin CD mit Pathetique / Hammerklaviersonate / Fantasie, Aufnahmedatum unbekannt, mit Wiederholung des Grave.
Ob die hierzulande derzeit angebotenen Serkin-Zusammenstellungen die gleiche Aufnahme enthalten, ist mir unbekannt (diese Aufnahmen stammen teilweise aus den 40er Jahren).
Hugo Riemann und Joachim Kaiser fordern die Wiederholung des Grave:
Joachim Kaiser (zitiert aus www - raptusassociation.org/son8e.html)
Zitat... Erstaunlich, fast unglaublich scheint zunächst, daß selbt bei diesem beispiellos populären Stück keine Einigkeit über die weiß Gott nicht beiläufige, irgendwelche Druckfehler oder Lesarten philologisch ausspielende Frage herrscht, ob der pathetische Teil der Pathetique, nämlich die gewaltige Grave-Einleitung, tatsächlich eine >>Einleitung<< ist. Also ein Portal, durch das man zum Bau des >>Allegro di molto e con brio<< gelangt. Oder gehören diese hochexpressiven zehn Takte als völlig integrierter Bestandteil zum Sonatensatz? Beethoven hat am Ende der Exposition des Allegro ein Wiederholungszeichen vorgeschrieben, aber es ist nicht eindeutig klar, ob nur das Allegro wiederholt werden soll oder auch das eröffnende Grave. Hugo Riemann schreibt in seiner >>Analyse von Beethovens Klaviersonaten<<, 2. Band. S. 1ff: >>Daß das Grave aber keine Einleitung ist, sondern durch mehrmalige, wenn auch nur andeutungsweise Wiederkehr den ganzen Satz zusammenhält wie Mörtel die Steine, betont bereits Lenz sehr nachdrücklich ... Meine Ausgabe der Beethovenschen Sonaten<<, fährt Riemann fort,>>fordert bei der Reprise im ersten Teil >>von Anfang<<. Der wichtigste Grund, das Grave bei der Reprise mit zu wiederholen, ist aber natürlich der, daß das Kopfmotiv desselben an der Spitze der Durchführung selbst gleich zu Anfang ... verarbeitet wird . . .<<" (Kaiser: 158-161)
Die für mich wichtigsten Argumente nochmal kurz zusammengefaßt:
1. Schluß der Exposition + Anfang Grave bilden eine sinnvolle Einheit, die in dreifach variierter Gestalt auftritt (darin genau dem Muster der Mehrzahl von Beethovens Sonatensätzen entsprechend)
2. Das Allegro-Hauptthema taucht am Ende der Exposition auf, und zwar wörtlich und mit der originalen Tremolobegleitung. Es würde im Fall eines Wiederholungsbeginns beim Allegro dieses unlogischerweise vorwegnehmen.
3. das dreimalige Auftreten des Grave verbietet einen Vergleich mit anderen langsamen Einleitungen (die nicht wiederholt werden). Einzig op. 130 wäre vergleichbar (Wiederholung vom Anfang).
4. Es gibt keine kompositionstechnischen Gründe, die gegen die Wiederholung des Grave sprechen. Die weit verbreitete ablehnende Haltung fußt (für mich erkenntlich) auf rein subjektiven Argumenten, wenn nicht schlimmeres (Macht der Gewohnheit).
Gruß, Khampan