Gibt es schon "Fugenanlagen"?

  • Hallo,


    ich weiß nicht genau, wie ich es nennen soll. Aber ich würde gerne wissen,
    ob es schon möglich ist, jede einzelne Stimme aus einer anderen Richtung
    des Raumes aus einem anderen Lautsprecher mit jeweils verstellbarer
    Lautstärke erklingen zu lassen.


    So was hatte Glenn Gould mal in einem seiner Artikel als eine lohnenswerte
    Zukunftsentwicklung gepriesen, denn so könnte man Fugen noch
    besser hörbar machen.


    Da ich mich jedoch nicht im Hifibereich auskenne, gebe ich die Frage mal
    an euch weiter.


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Hallo „SMOB“ *,


    also Voraussetzung dafür wäre natürlich die separate, mehrkanalige Aufnahme der einzelnen Stimmen und die entsprechende Beschaffenheit der Tonträger, um diese dann auch einzeln wiedergeben zu können.
    Mit derzeitiger Stereo-Technik sind halt nur zwei Kanäle verfügbar. Mehrkanalige Medien böten da sicher schon einen Ansatzpunkt für dementsprechende Weiterentwicklungen.


    Eine beim Abspielen erfolgende Aufspaltung des Signals anhand der Frequenz wäre zwar technisch auch bei Stereo-Aufnahmen möglich, jedoch musikalisch unsinnig, da eine exakte Herausarbeitung einzelner Stimmen aus dem „Klangbrei“ praktisch kaum möglich sein dürfte.



    M.f.G. Laurenz



    * [ps: Ich vermute mal, daß „SMOB“ nur Dein Pseudonym ist, oder wurdest Du von Deinen Eltern tatsächlich mit dem ungewöhnlichen Vornamen „Smob“ gestraft? ;) ]

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Ich bin kein HiFi-Kenner.
    Ich sehe aber folgendes Problem:


    Damit jede Stimme unabhängig von den anderen lauter und leiser gedreht werden kann, muss jede Stimme allein zur Verfügung stehen, das heißt, dass sie auch allein, also solistisch, eingespielt werden muss, denn sonst sind auf der Schallaufzeichnung auch alle anderen Stimmen (wenn auch leiser) drauf.


    Ein polyphones Werk Stimme für Stimme einzuspielen ist aber ein musikalisch nicht befriedigendes Unterfangen.


    Besondere Anlage braucht man für das Ganze nicht. Kauf einen Mackintosh mit Pro-Tools als Abmischprogramm und steuere über ein Mischpult Deine Kanäle aus ...


    Du mußt aber vorher die Stimmen alle einzeln einspielen.
    ;)

  • Scheint mir als einem Nichtexperten durchaus möglich, wenn man jede Stimme einzeln aufnimmt. Ob man den Effekt durch Nachbearbeitungen bestehender Aufnahmen erreichen kann, dürfte fraglich sein. Aber wie gesagt, ich weiß es auch nicht wirklich...


    [Oh, da waren andere schneller als ich.]

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Sonnensucher
    Mit derzeitiger Stereo-Technik sind halt nur zwei Kanäle verfügbar.


    Moment, es gibt 8-Kanal-Digitaltonbänder!


    (Ich hab ein elektronisches 8-Kanal-Stück von mir auf diesem Medium zu Hause rumliegen.)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Moment, es gibt 8-Kanal-Digitaltonbänder!


    (Ich hab ein elektronisches 8-Kanal-Stück von mir auf diesem Medium zu Hause rumliegen.)


    Du hast natürlich Recht, ich hatte bei dieser Bemerkung das Abspielen (Stereo-LP, -CD u.ä.) im Sinne und nicht die Aufnahme. Selbstverständlich werden schon seit Jahrzehnten mehrkanälige Aufnahmen angefertigt.


    Gruß: Laurenz

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    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
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  • Ich finde eher die Frage ist, warum man das überhaupt tun sollte. Wenn Bach eine Fuge für ein Tasteninstrument schrieb, ging er keinesfalls davon aus, dass die einzelnen Stimmen aus allen Himmelsrichtungen kommen sollten. Entgegen Goulds Obsession besteht die Pointe polyphoner Musik eben darin, dass die Stimmen zwar unabhängig, aber auch abhängig, nämlich strukturell und harmonisch aufeinander bezogen sind. Daher ist mir überhaupt nicht klar, ob so ein "Raumklang" im Sinne der Musik ist...


    Dass es mal ein cooler Effekt sein könnte, steht auf einem anderen Blatt. :D


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • So eine Anlage ist zwar für Fugen nicht wirklich nötig, wie schon oben erklärt wurde, aber was ist mit mehrchöriger Renaissancemusik?
    Da wäre es doch ein lohnendes Gerät.

  • Hallo,


    die Sache ist an sich nicht schwer zu realisieren, man benötigt aber einsichtigerweise mehr als zwei Kanäle.


    Diese Möglichkeiten sind jetzt mit Surround-Sound gegeben, üblicherweise werden sie aber nicht genutzt, um das eingangs beschriebene Ziel zu verfolgen, sondern um Ambiance/Umhüllung zu verbessern.


    Es spricht aber nichts dagegen, von der Frontalperspektive wegzugehen und den Zuhörer mitten ins musikalische Geschehen zu setzen. Dieser Ansatz wird meines Wissens von der Firma "Tacet" verfolgt, die solche Aufnahmen unter der Bezeichnung "real surround" vertreibt:


    http://www.tacet.de/main/seite1d.htm


    Es lassen sich viele Anwendungen denken, wo sowas auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, der Herausgeber Andreas Spreer wendet das Verfahren jedoch auch dort an, wo es auf den ersten Blick nicht sinnvoll erscheint (bei ganz gewöhnlicher sinfonischer Musik oder auch Kammermusik).
    Ob es auf den zweiten Blick sinnvoll erscheint, bleibt jedem selbst überlassen.


    Es sei daran erinnert, daß man für Surround-Sound ohnehin möglichst fünf gleiche und hochwertige Vollbereichslautsprecher verwenden sollte, was hier wohl noch etwas stärker ins Gewicht fallen dürfte.
    Also keine diffus strahlenden Effekt-Joghurtbecher hinten und dazu ein brummelnder Subwoofer, wie es sich (leider) für Filmtonanlagen eingebürgert hat.


    Gruß


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

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  • Ist es bei klassischer Musik sinnvoll den Hörer mitten ins Geschehen "zu setzten"? Ich setzt mich in der Opter ja auch nicht auf die Bühne oder den Orchestergraben.


    Was ich viel interessanter finde, sind Hall Effekte. Ich denke da in Kirchenmusik. Da sezte ich mich gerne mitten ins Geschehen, nämlich mitten in die Kirche.


    Sind nur so ein paar gedanken.
    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo leute,


    erstmal zu den SMOBschen Fugenanlagen. Soetwas gibt es nicht obwohl technisch ohne weiteres möglich - aber IMO absolut ohne Sinn - deshalb Schluß davon.
    ----------------------------------------------


    Hallo Gallo Nero,


    wenn es Dir um fehlenden Hall bei einer Aufnahme geht, so hat heute jeder mittelpreisige DolbySurround-Receiver die entsprechenden Hall-Programme zur Verfügung um den Hall den hinteren Lautsprechern zuizumischen.
    Man kann sogar verschiedene Orchestersääle wählen, die man "nachbilden" möchte.
    Ob das allerdings sinnvoll ist, Aufnahmen auf diese Art und Weise "zu verfälschen" wäre ein anderes Thema --- für HIGHENDER jedenfalls absolut undenkbar.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    falls es nicht deutlich genug geworden ist:


    Man nehme eine "real surround" Aufnahme des Labels Tacet und gebe diese über eine (möglichst SSF-01 konforme) Fünfkanalanlage wieder. Dabei handelt es sich prinzipiell um das, was SMOB sucht. Alle benötigten Komponenten sind kommerziell problemlos erhältlich.


    Ob und in welchen Fällen das auch sinnvoll ist, muß jeder für sich selbst entscheiden. Man sollte zumindest vorurteilsfrei an die Sache herangehen und nicht unbedingt darauf beharren, daß die Nachahmung des Schallfeldes einer Originaldarbietung in einer typischen Hörerperspektive der einzig wahre Weg sei.
    Prinzipiell sehe ich durchaus positive Möglichkeiten, die Musik auf diese Weise übersichtlicher und leichter faßlich darzustellen und das polyphone Hören zu erleichtern. Natürlich kann man auch Einwände erheben, aber alles ohne Versuch von vornherein als "absolut ohne Sinn" abzulehnen, erscheint mir kurzsichtig.


    Gruß


    Andreas (ganz gewiß kein "Highender"!)

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Zitat

    Original von teleton
    Hallo Gallo Nero,


    wenn es Dir um fehlenden Hall bei einer Aufnahme geht, so hat heute jeder mittelpreisige DolbySurround-Receiver die entsprechenden Hall-Programme zur Verfügung um den Hall den hinteren Lautsprechern zuizumischen.
    Man kann sogar verschiedene Orchestersääle wählen, die man "nachbilden" möchte.
    Ob das allerdings sinnvoll ist, Aufnahmen auf diese Art und Weise "zu verfälschen" wäre ein anderes Thema --- für HIGHENDER jedenfalls absolut undenkbar.


    Hallo teleton,
    Du hast mich ja völlig falsch verstanden. Ich besitze einen handelsüblichen, mittelpreisigen DolbySorround-Receiver und der beherrscht genau die von Dir beschriebenen Effekte. Diese Funktionalitäten nutze ich aber nicht, da diese auch aus meiner Sicht absolut unsinnig sind.


    Ich spreche von einer Aufnahme, die in einer Kirche gemacht werden könnte, um diese dann exakt so wiedergegeben, wie sie aufgenommen wurde: Mit Hall von allen Seiten.


    Liebe Grüße
    Gallo Nero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)