Jean Francaix (geb. 23.5.1912, Le Mans; gest. 25.9.1997, Paris)
Geboren als Sohn einer Musikerfamilie, studierte er in Paris bei Nadia Boulanger.
Zeit seines Lebens prägt die zahlreiche und fast immer in knappe, lakonische, verspielte Formen gegossene Instrumentalmusik - neben wenigen Opern und geistlicher Musik - das Prinzip der clarté französischer Prägung, "musique pour faire plaisir" - stärker noch als bei dem zwischen ironischem Witz und religiösem Ernst durchaus gebrochenen Landsmann Poulenc. Viele Auftragskompositionen finden sich darunter, vor allem für Kammermusik aller Art.
Bereits als Zwanzigjähriger wurde Jean Francaix bekannt durch ein Concertino (1932) und ein Konzert für Klavier und Orchester (1936). Mit Letzterem, vielleicht sogar seinem markantesten Werk, hat er wahrlich einen Coup gelandet. Sein Stil hat sich nie mehr entscheidend verändert. Gewiss kann man Francaix vorwerfen, dass er sich nicht nur einmal wiederholt hat, eine gewisse Erwartbarkeit in seiner Thematik und in seinen knappen Entwicklungslinien liegt. Dennoch: Ich möchte die große Eingängigkeit, den eleganten Charme, die blendende Rhythmik, die swingende Leichtigkeit, den ganz und gar französischen Esprit seiner Musik nicht missen.
An Kammermusik wäre neben vielem an allererster Stelle das Bläserquintett von 1948 zu nennen, das kompositorisch besonders originell und unkonventionell erscheint, denn diese Komposition ist durch einen spezifischen Klangwitz gekennzeichnet, der von den Spielmöglichkeiten der Holzbläser herrührt.
Als Soloinstrumente für Konzerte hat Francaix kaum etwas ausgelassen: Hervorzuheben sind das Klarinettenkonzert von 1968, das Kontrabasskonzert von 1974, das bemerkenswert groß und pathetisch angelegte Konzert für zwei Klaviere und Orchester, das er 1965 komponiert und zusammen mit seiner Tochter Claude eingespielt hat, aber auch für Cembalo, Flöte, Fagott, Gitarre oder Violine gibt es typische Werke, die dennoch in ihren Charakteren und ihrer Ausdehnung recht unterschiedlich sind.
Kompositionen wie das spritzige und augenzwinkernd-anzügliche "L´heure du berger" für Trompete und Klavier (neben einer Bläserquintettfassung) oder die mild-grotesken "Cinq portraits de jeunes filles" für Klavier von 1936 beweisen, dass der Hobbypianist an der scheinbar so unbeschwert und einfach klingenden Musik durchaus schwer zu kauen haben kann ...
Erst vor wenigen Jahren lernte ich mit dem einstündigen Oratorium von 1939 "L´Apocalypse selon Saint-Jean" für Soli, Chor und großes Orchester auch eine höchst beeindruckende geistliche Komposition kennen. Die Vielschichtigkeit, vor allem die reiche, bisweilen grelle Instrumentierung des Werks hinterlässt einen tiefen Eindruck - die Farbigkeit eines Hexensabbats vermengt sich mit der Linienführung mittelalterlicher Frömmigkeit. Und doch hat Francaix seinen Stil mit keiner Note geleugnet.
Ein umfangreiches Werkverzeichnis enthält der Wikipedia-Artikel, der wiederum als Quelle http://www.klassika.info anführt.
Ich besitze um die fünfzig Mitschnitte vom Rundfunk, möchte aber auch auf CDs hinweisen, die mir gelungen erscheinen und sich zum Kennenlernen eignen. (Mehr besitze ich gar nicht an gekauften Konserven, aber es wäre ja auch schön, wenn der Thread noch etwas weiterliefe ... ).
Aubade für zwölf Violoncelli (1974)
Dem kritischen Kommentar kann ich nicht ganz widersprechen.
Divertissement für Fagott und Streicher
Die Aufnahme des Klavierkonzerts mit Claude Paillard-Francaix und dem Orchestre de Radio Luxembourg unter der Stabführung des Komponisten würde ich meinem Rundfunkmitschnitt mit den Münchner Philharmonikern und der Pianistin Gitti Pirner vorziehen, da schwungvoller und farbiger musiziert. Klangtechnisch ist die Einspielung deutlich besser als manch anderes - - auf dieser CD.
Von der Johannes-Apokalypse besitze ich eine Produktion aus dem Jahre 1999 unter der Leitung von Jean-Pierre Loré, die es bei Amazon nicht mehr zu geben scheint. Alternativen sind erhältlich; ich kenne sie nicht. Meine Einspielung hat mich zufriedengestellt, ohne dass sie technisch wirklich überzeugt, da als Livemitschnitt doch recht wenig luftig und durchsichtig aufgenommen. Entscheidend war für mich, das Werk, das ich im Rundfunk anhand eines Konzerts aus München etwa 2000 kennengelernt hatte, auch mein Eigen zu nennen.
Besten Gruß, Wolfgang