Lieblingschorwerke
Die großen Chorwerke sind hier alle schon genannt worden. Ich wähle daher 10 großartige Chorwerke, die nicht so bekannt sind, die ich aber empfehlen kann, weil ich sie schon alle selbst gesungen habe.
1.Thomas Tallis „Lamentationes Jeremiae“, ca. 1548 (für gute Kammerchöre besser aufführbar als “Spem in alium”). Ein Stück mit richtigen Dissonanzen! 5stimmig. Hier habe ich 2. Alt gesungen (also eine hohe Tenorstimme: eine tolle Erfahrung, als einziger Mann mit Frauen zusammen zu singen).
2.Leonhard Lechner „Johannespassion“, 1593. Ein Stück ohne Evangelisten, etwas spröde, aber intensiv, für jeden Chor eine Herausforderung, richtig schwer, aber machbar.
3.Leonhard Lechner „Deutsche Sprüche von Leben und Tod“, posthum 1606.
15 kurze, expressive Sätze, Texte vom Komponisten. 6stimmig.
4.Melchior Franck „Fünf Hoheliedmotetten“, 1608.5stimmig (2 Tenorstimmen). Die schönsten Hoheliedkompositionen, die ich kenne.
5.Johann Hermann Schein „Das ist mir lieb“ (Ps.116), 1623, 5stimmig, mit einem dynamischen Alleluja-Schluss, der einem den Atem verschlägt und mit dem berühmten „Messias-Alleluja“ durchaus konkurrieren kann. Ein Stück, das Schütz nicht hätte besser machen können (Schütz schrieb ja eine großartige Motette auf den Tod Scheins „Das ist je gewisslich war“).
6.Salomone Rossi „Hebräische Psalmen“, 1623. Salomone Rossi war ein jüdischer Komponist, der am Hofe in Mantua wirkte und expressive Musik im Stile Monteverdis schuf, die jüdische Traditionen aufnahm.
7.Paul Ben-Haim „Roni akara“, ca. 1940. Ben-Haim wurde als Paul Frankenburger in München geboren und starb als israelischer Staatsbürger 1984 in Tel Aviv. Er überlebte, weil er 1933 emigrierte. „Roni akara“ (aus dem Jesajabuch) ist ein überaus effektives, rhythmisches Stück, das europäische und orientalische Elemente vereinigt. Es gibt einige kurze solistische Teile, die aber von Chormitgliedern gut bewältigt werden können.
8.Ernst Pepping „Jesus und Nikodemus“, 1938. Eine moderne, aber gut singbare Evangelienmotette.
9.Benjamin Britten „Hymn to St. Cecilia”, 1942. 5stimmig. Ein grandioses Werk mit einer Reihe von richtigen Ohrwürmern. Auch hier sollten die kurzen solistischen Partien mit Chorsängern besetzt werden. Ich kannte dieses Stück schon und schlug es meinem neuen Chor zum Singen vor: die Ablehnung war einhellig. Aber mit jeder weiteren Probe wuchs die Zustimmung bis hin zur einhelligen Begeisterung, was sich in einer tollen Aufführung niederschlug. Dies ist ein Werk, in dem sehr gute Laienchöre den Profis Paroli bieten können.
10.K. Penderecki „Agnus Dei“, 1981. 8stimmig. Wir waren der zweite Chor in Deutschland mit diesem Stück und es ist uns wirklich schwer gefallen, weil es anspruchsvolle moderne Musik ist, aber durchaus singbar. Der Höhepunkt ist in der Mitte ein Cluster, in dem jeder Sänger seinen eigenen Ton zu singen hat (ich glaube, ich habe meinen nur bei jedem 2. Mal richtig getroffen).