Mozarts Große Messe in c-moll - ein gewaltiger Torso

  • Hallo zusammen,


    ein glücklicher Umstand hat es mir ermöglicht, am vergangenen Sonntag mit meiner Frau Mozarts c-moll-Messe zu erleben.


    Es war in der Kirche San Paolo entro le mura in Rom, aufgeführt vom Stuttgarter Bach-Chor und dem Nova Amadeus Chamber Orchestra unter GMD Jörg Hannes Hahn. Unter den Solisten ist die Sopranistin Cornelia Dupré hervorzuheben, deren beseelte Gesangskunst die Krönung einer nachhaltig beeindruckenden Aufführung war. Weitere Solisten waren die Sopranistin Carla Paryla, der Tenor Carlo Putelli und der Bassist David Greiner.
    Die Fugen und die 8-stimmigen Chöre stellten für mich den Gipfel dessen dar, was im Chorgesang möglich ist. Das Orchester begleitete konzentriert und gut vorbereitet.


    Die Aufführung des unvollendeten Werkes wurde mit dem Agnus Dei nach der Melodie des Kyrie beendet.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Schön Nachmittag Siegfried!


    Das wird des öfteren gemacht, dass das Agnus Dei, nach dem Kyrie empfunden, gesungen wird.


    Diese Messe ist so imposant, allein das "Et incarnatus est" ist doch ein Traum, auch das "Kyrie" + "Gloria" mit den 2 Sopranen,


    ein Wunder in der Vielfalt, der Mozartschen Messen.


    Ein Torso der nicht schöner sein kann.


    ich selbst habe diese Messe, als 1. Solo-Sopran, gesungen, sie ist unheimlich schwer, aber ein Traum, wenn sie gelingt.


    Liebe Grüße Peter aus Wien..

  • Lieber Peter aus Wien,


    auch dir scheint dieses Werk unter die Haut zu gehen, danke für deinen Beitrag.
    Zum Solisten hats bei mir bisher (noch) nicht gereicht, aber auch als Chorbassist ist man ganz schön gefordert. Ich erinnere nur an "Cum Sancto Spirito..."
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Peter, ich liebe diese Messe auch sehr!


    Was die Arie "Traurigkeit ward mir zum Lose" angeht, darf ich Dich ein bisschen ergänzen: da werden zwar keine extremen Koloraturen wie in der Marternarie oder bei "Ach ich liebte, war so glücklich" verlangt, aber dafür tun sich andere Schwierigkeiten auf.
    Eine sehr stressige Tessitur, die sich viel in der Bruchlage der Soprane abspielt (im oberen Bereich des Notensystems zwischen e und g) und lange Phrasen die eine sehr gute Atemführung und gekonntes Legato fordern. Eine serh anstregende Arie. So wie die Constanze ohnehin eine der allerschwierigsten Miozart-Partien ist .
    Der Charakter ist m.E. wirklich sehr ähnlich wie das "Incarnatus est", da pflichte ich Ulli bei. Das "Incarnatus" est ist etwas höher gelegen und noch anstrengender, also im Schwierigkeitsgrad noch etwas höher anzusetzen.
    Aber eine Sopranistin, die die Arien der Constanze singen kann, kann auch die C-moll Messe singen-das ist gleiches Stimmfach und gleicher Meisterschaftsgrad.


    Hast du als Knabensopran diese Arie als Messensolist gesungen?
    Bravo! Dann musst Du wirklich serh gut gewesen sein! :jubel:


    F.Q.

  • Mein Knabensopran war so gut geschult, dass ich nicht nur die Constanze singen konnte, sondern sogar die Königin, ich hatte ein gis,


    bei der Traurigkeitsarie gibt es keine Koloratur, aber bei der Marternarie oder bei "Ach ich liebte" das ist ganz schön schwer.


    Auch das "Et incarnatus est" ist sehr schwierig zu singen,


    aber ich habe diese Partie als 16ähriger das noch gesungen, habe ja bis zum 20. Geburtstag Sopran gehabt, und auch eine Gesangsprofessorin, die mir richtig prohezeite, dass ich meine Stimme beim Bundesheer verlieren werde, womit sie absolut Recht hatte.


    Damals ist es mir nicht so schwer vorgekommen und ich kannte kein Lampenfieber,


    heute bei Prüfungen an der UNI manchmal schon..


    Liebe Grüße und extra Handküsse, liebe Fairy Queen, aus Wien sendet Dir Peter

  • Kann mir irgendwer eine Einspielung empfehlen,
    an der niemand rumgepfuscht hat?


    Also keine "rekonstruierte" Fassung...


    Bitte!


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Zitat

    Original von Hammel
    Also keine "rekonstruierte" Fassung...


    Das ist deshalb nicht so ganz einfach, weil Mozart die Orchestrierung in manchen Sätzen offenbar nur unvollständig ausgeführt hat. Wollte man also den aufgefundenen Text so "nackt", wie er ist, aufführen, wäre das Ergebnis wenig angenehm anzuhören.


    Hierauf hat Richard Maunder in seiner 1989 bei Oxford University Press erschienenen Ausgabe Rücksicht genommen und die unvollständige Orchestrierung ergänzt. Er hat aber an keiner Stelle Musik hinzugefügt, wo Mozart keine Musik geschrieben hat. Ich meine, dass dies einer "nicht rekonstruierten Fassung", wie sie Dir vorschwebt, nahe kommen sollte.


    Das Ergebnis ist mit Camilla Tilling, Sarah Connolly, Timothy Robinson und Neal Davies, Gabrieli Consort & Players unter Paul McCreesh auf dieser Aufnahme vom Oktober 2004 zu hören:
    Die Besetzung: der Chor mit 10/8/6/6 (die Altos 4 Männer und 4 Frauen), die Streicher 8/8/5/4/2, dazu die üblichen Bläser, insgesamt also keineswegs schwachbrüstig, sondern recht saftig im Klang. Die Aufnahme finde ich höchst spannend, wirklich mitreißend.

  • Auch ich habe diese großartige Messe in mehreren Einspielungen: Leonard Bernstein, Nicol Matt, Nikolaus Harnoncourt; Helmuth Rilling (rekonstruiert) und, last but not least, die großartige Aufnahme von Ferenc Fricsay von 1960 mit Maria Stader, die ich 1963 noch persönlich in der Missa Solemnis in Münster erleben durfte, Hartha Töpper, Ernst Haefliger und Ivan Sardi sowie dem damals auf der Höhe seiner Kunst befindlichen RSO Berlin und dem Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin.
    Diese Aufnahme steht bei mir ganz oben an, gefolgt von Bernstein und Harnoncourt.
    Es stellt sich immer die Frage: was wäre gewesen, wenn Mozart diese Messe vollendet hätte? Ganz gewiss ein gewaltiges Werk vom Schlage einer Missa Solemnis oder einer H-moll-Messe, ganz gewiss aber mehr als die Rekonstruktion von Levin mit Rilling, die ich mir nur aus Neugierde zugelegt hatte.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • 9 Jahre ist es her, dass in diesem Thread ein Eintrag geschrieben wurde.


    William B.A. hat die von Ferenc Fricsay geleitete Aufnahme mit Maria Stader, Hertha Töpper, Ernst Haefliger, Ivan Sardi, dem RIAS Symphonie-Orchester Berlin & Kammerchor erwähnt. Weil die gesetzte Verlinkung in Beitrag 1 nicht besteht setze ich sie hier.



    Clemens Klemme hat eine rekonstruierte Fassung erstellt, die in dieser Aufnahme des Labels BRKlassik aus dem Jahr 2018 benutzt wurde. Die erste CD enthält die Studio-Einspielung mit den Solisten Christina Landshamer, Anke Vondung, Steve Davislim, Tobias Berndt. Der Chor des Bayerischen Rundfunks hat das Werk einstudiert, die Akademie für Alte Musik Berlin spielt den Orchesterpart. Die Leitung hat Howard Arman.


    Auf der zweiten CD hört man eine Werkeinführung, welche die Messe und ihre Geschichte unterhaltsam wie informativ nahe bringt.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lange nicht gehört, aber in bester Erinnerung:

    Barbara Schlick, Monika Frimmer (Sopran), Christoph Prégardien (Tenor), Klaus Mertens (Baß),

    Kölner Kammerchor & Collegium Cartusianum, Dirigent: Peter Neumann (Aufnahme: Köln, Deutschlandfunk, 11/1989).

    (+ "Krönungsmesse" KV 317, Missa Solemnis KV 337 & Kyrie c-moll, KV 341 sowie Epistelsonaten Nr. 16 KV 329 & Nr. 17 KV 336).


    Werde sie in den kommenden Tagen hören und mit Fricsays berühmter Aufnahme von 1960 vergleichen.


    LG Nemorino


    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Die maßstäblichen Aufnahmen dieses Wahnsinnswerkes sind für mich die beiden folgenden:



    Maria Stader, Sopran I

    Hertha Töpper, Sopran II

    Ernst Haefliger, Tenor

    Ivan Sardi, Bass

    Chor der St.-Hedwigs-Kathedrale

    Radio-Symphonie-Orchester Berlin

    Ferenc Fricsay

    Aufnahme: Haus des Rundfunks, Berlin, 9 & 10/1959



    Helen Donath, Sopran I

    Heather Harper, Sopran II

    Ryland Davies, Tenor

    Stafford Dean, Bass

    London Symphony Chorus
    London Symphony Orchestra

    Sir Colin Davis

    Aufnahme: Westminster Cathedral, London, 2/1971


    Sowohl Fricsay als auch Davis haben das richtige Tempogespür mit breitem Zeitmaß, wie es für ein solch festliches geistliches Werk angemessen erscheint. Klanglich ist die neuere Philips-Einspielung etwas überlegen; dort kommt das Orchester noch größer herüber. Die schmalbrüstigen HIP-Interpretationen, die in diesem Thread teils sehr beworben wurden, geben mir persönlich wenig.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich darf vielleicht die Ausgabe als DVD der Bernstein-Interpretation nachliefern, die ich auch vorliegen habe, leider kann ich sie mangels Masse nicht von JPC einstellen, aber dafür gibt es sie komplett bei Youtube:



    Ich höre u d sehe sie mir gerade an, und schon im einsetzenden Kyrie wird hörbar und durch Bernsteins Mimik auch sichtbar, wie er dieser Musik Mozarts die Größe verleiht, die ihr gebührt und wie weit Mozart schon mit dieser Messe seiner Zeit vorasu ist, und als die wunderbare Arleen Auger das "Christe eleison" anstimmt, geht mir wahrhaft das Herz auf.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).