Widerstand gegen das Regietheater wächst unaufhörlich - ist das Ende nah?

  • "alle" ? ?( ?( ?( ?( ?(
    na na na
    was hat denn z.B. mein Posting zu Elisabeth Lutyens und Brian Ferneyhough oder zu den den Quartette von Schönberg mit dem sog. "Regietheater" zu tun ?
    Habe ich irgendwo Werbung fürs sog "Regietheater" gemacht und geschrieben wie geil das doch alles mit dem sog. "Regietheater " ist ?
    :hello:

  • Bitte sich mit der Nazi-Keule zurückzuhalten, mit Verlaub. Die hat sich bereits abgenutzt.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Tja, war halt doch nicht alles im Osten schlecht. In der DDR wußte man auch noch, wie man Wagner angemessen in Szene setzt ("Meistersinger" 1981 aus Ost-Berlin unter Suitner z. B.).


    LG

    Genau! - Und nicht nur das: Man wusste auch, wie man "angemessene" Liedertexte verfasste (nicht so, wie ein Wolf Biermann) und wie man "angemessene" Filme machte (nicht so, wie Frank Beyers Spur der Steine). Und noch viel besser wusste es der große Bruderstaat, der den "Formalisten", wie z.B. Prokofjew oder Schostakovich wahrscheinlich am liebsten gleich das Komponieren verboten hätte. Leider waren wohl beide schon zu berühmt, also mussten eben andere, uns Unbekannte, in die Lager ...

  • Wenn die Götter heutzutage in Schlips und Kragen auf der Bühne rumlaufen (und singen), Wotan am Computer sitzt, wird es auch sicher Neugierige ins Theater treiben. Aber sicher keine echten Opernliebhaber. Die schauen und hören sich lieber eine "normale" DVD ohne Aufreger zu Hause an. Mit Sicherheit.


    "Mit Sicherheit" nicht! - Tatsächlich bin ich nicht willens, mir vorwerfen zu lassen, ich sei kein "echter Opernliebhaber", weil ich zu den Neugierigen gehöre, die es lieber darauf ankommen lassen, sich in der Oper live aufregen zu lassen. Dabei ist es mir vollkommen egal, ob ich auf der Bühne Regietheater geboten bekomme oder nicht. Es solte nur spannend sein und mir bestenfalls eine neue Sicht auf das Stück offenbaren. Und gerade Wagners Ring ist in seiner Gesamtheit aus Musik und Text derartig vielschichtig, dass es immer wieder Sichten und Nuancen gibt, die in einer guten Regiearbeit herausgearbeitet werden können.


    Im übrigen vermisse ich in dieser gesamten Diskussion etwas m.E. ganz Fundamentales: Eine einigermaßen tragfähige und übereinstimmende Definition dessen, was Regietheater überhaupt ist. Ich persönlich weiss es nämlich nicht, weshalb ich auch so naiv bin und versuche zwischen guten und schlechten Inszenierungen zu unterscheiden. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass es sich dabei zumindest in erster Näherung immer um einen subjektiven Eindruck handelt, den es mit objektiven Argumenten zu unterfüttern gilt. Genau dies, nämlich die - wenigstens versuchsweise - "objektiven Argumente" hingegen vermisse ich in dieser Diskussion allerdings sehr. Vielmehr vermag ich in vielen Beiträge eher Polemik und Dogmatismus bis hin zur Verschwörungstheorie zu erkennen.

  • Welche „traditionelle“ Darstellung eines Drachens solls denn nun sein ? Eine Darstellung die vor vielen Jahrhunderten mal entstand ? oder eine aus dem 19. Jahrhundert, die vermutlich nicht in Wagners Sinne war, weil er mit Resultaten haderte, die sich ihm boten ?
    Oder etwa eine aus den 50zigern des 20. Jahrhunderts ?


    Das ist ja gerade das Schöne an werktreuen Inszenierungen: Sie kreieren aus traditionellen Sehgewohnheiten etwas Neues, dessen Wurzeln man aber erkennt. Um beim Drachen zu bleiben: Ein Konglomerat aus all dem von Dir Zitierten würde immer noch jedes Schulkind als Drache erkennen. Einen Bagger wohl eher nicht. Goggle doch einfach mal, was wikipedia landläufig zu "Drache" von sich gibt.


    Übrrigens beschrieb der ehemalige Kölner Intendant Günter Krämer mal, wie enttäuscht er als Kind beim Besuch seiner ersten Oper war: Er sah "Siegfried" und hatte sich die ganze Zeit auf den Drachen gefreut. Der kam aber nicht. Schade, dass er daraus die falschen Schlüsse zog und sich als Erwachsener dem Regietheater zuwendete.

  • Zitat

    ....also mussten eben andere, uns Unbekannte, in die Lager ...

    wenn sie nicht vorher umgebracht wurden...

    Zitat

    Das ist ja gerade das Schöne an werktreuen Inszenierungen: Sie kreieren aus traditionellen Sehgewohnheiten etwas Neues, dessen Wurzeln man aber erkennt. Um beim Drachen zu bleiben: Ein Konglomerat aus all dem von Dir Zitierten würde immer noch jedes Schulkind als Drache erkennen. Einen Bagger wohl eher nicht. Goggle doch einfach mal, was wikipedia landläufig zu "Drache" von sich gibt.

    1. Woher die Behauptung, dass dieses Konglomerat "werktreu " sei, wenn Zeitgenossen Wagners berichten, dass der Komponist mit den Lösungen, die sich ihm anboten wenig zufrieden war. „Werkgetreue“ Inszenierung ist in diesem Zusammenhang folglich eine bloße Unterstellung, ohne jeden Nachweis. Wobei andererseits damit nicht behauptet werden soll, dass Wagners Regie-Vorstellungen – soweit seine Sehgewohnheiten überhaupt rekonstruierbar sind – werkgetreuer seien, als die Ideen der nachfolgenden Interpreten/Regiesseure.


    2. Etwas „Neues“ würde aus diesem Konglomerat nicht ersichtlich, wenn sogar jedes Schulkind das als Drache identifiziert. Ein Bagger wäre für dieses Ziel möglicherweise geeigneter, da dieser die Fantasie beanspruchen müsste, um diesen als Drache zu identifizieren. Wobei in diesem Zusammenhang nicht gefordert werden soll, einen Bagger als Drachen auf die Bühne zu bringen.


    Die Frage bleibt also weiterhin unbeantwortet, was für ein Drache es von Googel nun sein soll, um’s besonders "werkgetreu" zu gestalten. Riemenschneider oder mehr Uffizien. Mit oder ohne Flügel. Große oder kleine Augen. Dino-like... oder mehr in Richtung Tabaluga ... Playmobil und Barbie böten auch interessante Varianten. Vielleicht hätten ausgerechnet diese letzteren dem Komponisten besonders zugesagt, wenn er sie gesehen hätte ....


    ...Fragen über Fragen..
    :hello:

  • ..., die vor dem Regietheater so leicht zu beantworten waren. Aber offensichtlich scheint der zwanghafte Versuch, mit alten Sehgewohnheiten zu brechen, wirklich nachhaltig Schlimmes angerichtet zu haben. Schade.

  • Ach Gott, immer dasselbe Spiel der Regietheater-Vertreter, dass genauso langweilig ist, wie ihre abgedroschene Theaterform. Der eine "weiss nicht" was er unter Regietheater verstehen soll, der andere will wissen, welche Sorte Drachen man erwartet; alles dient letztlich nur dazu, dem Gegner Antworten zu entlocken, in die man sich dann festbeissen kann, um ihn lächerlich zu machen.


    Nun liebe Freunde von "Opas Theater" (auch dies eine entzückende Bezeichnung), liebe Konservative, "Ewig-Gestrige", "Reaktionäre" usw., usw!


    Wir haben lange genug die Faust im Sack gemacht und uns lange genug die Oper vermiesen lassen. Wie viele von uns betreten schon lange kein Opernhaus (im deutschsprachigen Raum) mehr, nur weil wir nicht viel Geld ausgeben wollen, um uns zu ärgern. Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass wir immer mehr werden, die nicht mehr still sind, sondern laut unsren Protest kundtun. Und dieser zeigt auch mittlerweile erste Erfolge: Die traditionellen Inszenierungen nehmen zu, ungeachtet der Ablehnung durch das Feuilleton. Und vielleicht haben auch die durch die schwindenden Staatsgeldern bedingten Subventionskürzungen ein Gutes. Sogenannte "Wagnisse" werden geringer, wenn der Intendant riskieren muss vor leeren Rängen zu spielen. Also nicht verzagen, Hoffnung besteht! Was wir heute beim Regietheater erleben sind nur die letzten Zuckungen einer schon längst überholten Form der Opernregie, die von Anfang an eine Totgeburt war.

  • Ach Gott, immer dasselbe Spiel der Regietheater-Vertreter, dass genauso langweilig ist, wie ihre abgedroschene Theaterform. Der eine "weiss nicht" was er unter Regietheater verstehen soll, der andere will wissen, welche Sorte Drachen man erwartet; alles dient letztlich nur dazu, dem Gegner Antworten zu entlocken, in die man sich dann festbeissen kann, um ihn lächerlich zu machen.


    Das glaube ich auch langsam. Sehr gerne werden dann immer irgendwelche Parallelen zu "bösen Regimen" gesponnen, vorzugsweise "die zwölf Jahre", manchmal auch "die vierzig Jahre", jedenfalls wird einem dann zumindest indirekt unterstellt, man sympathisiere mit eben diesen. Wobei diese "Beweisführung" ja schon zeigt, daß den Beförwortern im Grunde die Argumente ausgehen, wenn sie widerlegen wollen, weshalb man nicht einfach die Opern (wieder) so inszenieren kann, wie es im Libretto vorgeschrieben ist und auch Jahrzehnte lang gehandhabt wurde.


    Natürlich gibt es gutes Regietheater. Mit Wieland Wagner und Nachahmern könnte man heute leben. Aber das, was uns heutzutage ganz überwiegend präsentiert wird, verdient es nicht, unter derselben Kategorie zu firmieren wie diese großen Regisseure der Vergangenheit, denen der Geist des Werkes und die Vorgaben des Komponisten noch am Herzen lagen. Leute wie Claus Guth sind doch nur das dekadente letzte Überbleibsel einer Bewegung, die sich überlebt hat. Man sollte wirklich Verunstaltungstheater sagen, wie es Gerhard Wischniewski vorgeschlagen hat.


    Ich sagte es ja bereits: Es kommen noch Zeiten (oder sind längst da), wo man froh wäre um eine "staubtrockene und biedere" Inszenierung á la Wolfgang Wagner, der ja immer gern angeführt wird, wenn man die "Konservativen" brüskieren will. Seine Inszenierungen waren zumindest nie gegen das Werk gerichtet. Man erkannte bei ihm immer, um welche Oper es sich gerade handelt. Operus verweist immer auf seine "Ring"-Inszenierung von 1960, die offensichtlich alles andere als mittelmäßig gewesen ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ach Gott, immer dasselbe Spiel der Regietheater-Vertreter, dass genauso langweilig ist, wie ihre abgedroschene Theaterform. Der eine "weiss nicht" was er unter Regietheater verstehen soll, der andere will wissen, welche Sorte Drachen man erwartet; alles dient letztlich nur dazu, dem Gegner Antworten zu entlocken, in die man sich dann festbeissen kann, um ihn lächerlich zu machen.


    Ja, das ist doof, ne'?

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  • menno, find ich och doof …

    Zitat

    ..., die vor dem Regietheater so leicht zu beantworten waren. Aber offensichtlich scheint der zwanghafte Versuch, mit alten Sehgewohnheiten zu brechen, wirklich nachhaltig Schlimmes angerichtet zu haben. Schade.

    Wenn die Fragen vor dem sog. „Regietheater“ so leicht zu beantworten waren, warum
    1. haderte Wagner mit Bühnenbild-Lösungen, die sich ihm boten
    2. wurde dann ca. 100 Jahre lang nicht ständig eine einzige Regie des Siegfrieds mit dem z.B. gleichen Drachen ständig wiederholt (also in der Epoche vor dem sog. „Regietheater“) ?


    …. Fragen über Fragen….

    Zitat

    Ach Gott, immer dasselbe Spiel der Regietheater-Vertreter, dass genauso langweilig ist, wie ihre abgedroschene Theaterform. Der eine "weiss nicht" was er unter Regietheater verstehen soll, der andere will wissen, welche Sorte Drachen man erwartet; alles dient letztlich nur dazu, dem Gegner Antworten zu entlocken, in die man sich dann festbeissen kann, um ihn lächerlich zu machen.

    ..dazu braucht man sog. „Gegnern“ doch keine Antworten mehr zu entlocken…
    ...jedoch, woher speist du denn die Behauptung, dass, diejenigen die schlichten Stammtischparolen der sog. „Freunden“ von „Opas Theater“ skeptisch gegenüberstehen, wären auch gleichzeitig Verfechter des sog. „Regietheaters“ ? Außerdem ist’s völlig unklar, worin in deinem Posting der Unterschied zwischen sog. „traditionellen“ Theater und dem sog. „Regietheater“ liegt.; gab es im traditionellen Theater etwa keinen Regisseur ?

    Zitat

    wenn sie widerlegen wollen, weshalb man nicht einfach die Opern (wieder) so inszenieren kann, wie es im Libretto vorgeschrieben ist und auch Jahrzehnte lang gehandhabt wurde

    es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Schenks Ring-Arbeit wichtige Anweisungen/Vorschriften im Libretto einfach ignoriert bzw. sich dafür desinteressiert (im Siegfried war Barry Koskys Arbeit wichtigen Libretto-Anweisungen zuweilen näher als Schenk).


    Wolfgang Wagner verfälscht den Parsifal, da er Kundry überleben lässt. Was für ein Skandal !


    Die Aussage: Seine (Wolfgangs Wagners) Inszenierungen waren zumindest nie gegen das Werk gerichtet ist damit überhaupt nicht haltbar.


    Wer von den genannten Regisseuren ist denn nun dem sog. „Verunstaltungstheater“ zuzuordnen. ?


    Mein Vorschlag zur Güte: Wolfgang Wagners Lebenswerk als Bollwerk gegen die schändlichen Unsitten des Regietheaters zu propagieren, denn er hatte nie Interesse an Götz Friedrich, Chereau, Schlingensief etc.. gehabt...


    :hello:

  • Wolfgang Wagner als "Verfälscher" in eine Reihe mit C. Guth, P. Konwitschny, C. Bieito usw. zu stellen würde ich mir besser zweimal überlegen. Bei all seinen Inszenierungen war ersichtlich, in welcher Wagner-Oper man sich gerade befindet, was ich von den anderen genannten Herrschaften beim besten Willen nicht behaupten kann. Seine stockbiederen "Meistersinger" [1981–1988] etwa, und selbst in seiner letzten Inszenierung [1996–2002] fühle ich mich besser aufgehoben als bei den anderen "Publikumsbeglückern". Ein mit Mini-Häusern spielender Sachs oder Biene Maja und Willy, das ist für mich hingegen ein Kindergarten-Niveau, das vielleicht ein paar billige spontane Lacher bringt, aber nichts zur Substanz des Werkes beiträgt. Denn was soll das noch mit einem Aufzug der Nürnberger auf der Festwiese zu tun haben? Daß Wagner irgendwelche Insekten im Sinne gehabt haben könnte, ist rein spekulativ und m. E. absurd. Dann auch noch den Schlußmonolog zu unterbrechen, das überschreitet für mich endgültig die Grenze des Zumutbaren, denn hier haben wir das, was man als nächste Stufe der Verunstaltung einer Oper bezeichnen könnte: den direkten Eingriff in die Musik. Daß sich der betreffende Dirigent damals nicht dagegen gewehrt hat, macht mich fassungslos. Wer mit irgendwelchen zusammengeschusterten Schein-Argumenten nunmehr behauptet, dies führe die Handlung der "Meistersinger" auf eine andere, höhere Ebene, der deckt damit im Grunde genommen das völlige Auseinandernehmen des Werkes. Wagner wird gleichsam verpflügt, nur das (in den Augen des Regisseurs) Beste nimmt dieser für sich in Beschlag und schustert es mit seinen wahnwitzigen Ideen zu einem absonderlichen Etwas zusammen, das letztendlich alles ist, aber sicherlich nicht mehr die Intention des Komponisten. Durch das Lächerlichmachen der Quintessenz-Stelle dieser Oper tut der Regisseur genau das, was er nach Wagner nicht tun soll: die Kunst verachten. Die Intendanten, die derartigen Unfug zulassen, machen sich zu Mittätern. Die Sänger können vermutlich nicht anders, sonst riskieren sie ihre Anstellung.


    Wahrlich ein Jammertal. Vielleicht trocknet ja das zunehmende Ausbleiben staatlicher Subventionen tatsächlich diesen Morast allmählich aus. Bis dahin kann man nichts tun als der Oper fernbleiben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    das überschreitet für mich endgültig die Grenze des Zumutbaren, denn hier haben wir das, was man als nächste Stufe der Verunstaltung einer Oper bezeichnen könnte: den direkten Eingriff in die Musik.


    Warum hat Gustav Mahler


    - Schumanns Sinfonien neu instrumentiert
    - Schuberts Streichquartett Nr. 14 d-moll für Streichorchester gesetzt
    - sogar in Beethovens Neunter (horribile dictu!) die Instrumentation retuschiert?


    Warum hat Bach das Preludio der 3. Partita für Violine solo für Orgel, Streicher, Oboen, Trompeten, Pauken + B. c. gesetzt?


    Waren das auch verabscheuungswürdige "Eingriffe in die Musik", oder war das seinerzeit eher akzeptiert als bei den heutigen Gralshütern?

  • Zitat

    Wolfgang Wagner als "Verfälscher" in eine Reihe mit C. Guth, P. Konwitschny, C. Bieito usw. zu stellen würde ich mir besser zweimal überlegen.

    wieso sollte man sich das 2 x überlegen, wenn er sich im Parsifal erklatant gegen eine wichtige Vorgabe seines Großvaters richtet ?
    :hello:

  • Beachte wohl, Joseph, zu den "Fragen über Fragen" kommen jetzt Behauptungen über Behauptungen:


    1. Unsere Meinungen sind "Stammtischparolen".


    2. Welche Anweisungen im Librtetto "wichtig" sind, weiss "Amfortas" genau (und dadurch natürlich auch, welche nicht!).


    3. Ebenso ist ihm bekannt, dass sich Wolfgang Wagner, mit Chereau, Friedrich oder gar Schlingensief absolut identifizierte. Dies, obwohl er genau weiss, dass ihm alle diese drei persönlich suspekt war und ihm der letzte von der Konwitschy-Schülerin Katharina auf's schon altersschwache Haupt gedrückt wurde.


    Weisst du, Amfortas, die Zeit, in welcher wir uns von den Verfälschern unterdrücken liessen, ist endgültig vorbei. Ab jetzt bestimmen nicht mehr selbsternannte Autoritäten, was Verfälschungen sind, sondern die Mehrheit des zahlenden (oder nicht mehr zahlenden) Publikums.


    Wir sind ja durchaus tolerant, was die Personenregie betrifft und hier auch zu Experimenten bereit (deshalb sind Leute wie Wolfgang Wagner und Tankred Dorst auch für uns nicht dass gelbe vom Ei). Aber wir erwarten entweder traditionelle oder abstrahierende Bühnenbilder und Kostüme, bevor wir auch nur einen Cent für einen Opernbesuch ausgeben und deswegen warten wir die ersten Kritiken ab, um zu wissen, ob wir eine Neuproduktionen besuchen wollen. Die Lösung, die wir hier in Zürich dank Pereira mit einer Mischung aus Sponsoren und Subventionen gefunden haben, hat uns bisher weitgestgehend (leider nicht ausschliesslich) die schlimmsten Auswüchse (Bieito, Kosky) erspart. Herr Homocky wird sehen, wie rasch wir ihn durch die Abstimmung an der Kasse wieder los sein werden, wenn wir weder die Starsänger, die wir uns gewohnt sind, noch die traditionellen Inszenierungen, die wir haben haben wollen, bekommen. Das Pereira-Modell könnte für die deutschen Theater Vorbildcharakter haben und Christoph Marthaler kann dem Leiter der Komischen Oper erzählen (dem ich zwei Spielzeiten prognostiziere), wie schnell man hier entlassen werden kann. Dies ist glücklicherweise ein Vorteil der hierzulande üblichen direkten Demokratie :thumbsup: !

  • Zitat

    Waren das auch verabscheuungswürdige "Eingriffe in die Musik", oder war
    das seinerzeit eher akzeptiert als bei den heutigen Gralshütern?

    ganz zu schweigen von Weberns Sparversion von Schönbergs 1. Kammersinfonie, der Kammerfassung von Bruckners 7. Sinfonie durch den Schönberg-Schülerkreis und Webern hat sein op. 6 zweimal (!) neu instrumentiert, Bernstein das Beethovensche Cis-moll-Quartett und Busoni und Liszt wagten es Orgelwerke von Bach fürs Klavier zu transponieren etc .... ts ts ts ts...
    :hello:

  • Zitat

    Ab jetzt bestimmen nicht mehr selbsternannte Autoritäten, was Verfälschungen sind, sondern die Mehrheit des zahlenden (oder nicht mehr zahlenden) Publikums.

    du bist also die Mehrheit des zahlenden Publikums.. welche Ominipotenz einer selbsternannten Autorität !!!

    Zitat

    Wir sind ja durchaus tolerant, was die Personenregie betrifft und hier auch zu Experimenten bereit

    das wäre mir neu, denn: wir erwarten entweder traditionelle oder abstrahierende Bühnenbilder und Kostüme, bevor wir auch nur einen Cent für einen Opernbesuch ausgeben => ein Dritttes ist nicht gegeben

    Zitat

    Man sollte wirklich Verunstaltungstheater sagen, wie es Gerhard Wischniewski vorgeschlagen hat.

    Zitat

    Vielleicht trocknet ja das zunehmende Ausbleiben staatlicher Subventionen tatsächlich diesen Morast allmählich aus

    wenn das keine Stammtischparolen sind... :pfeif:

    Zitat

    Ebenso ist ihm bekannt, dass sich Wolfgang Wagner, mit Chereau, Friedrich oder gar Schlingensief absolut identifizierte.

    wo, bitte schön, habe ich so etwas behauptet ?

    Zitat

    Dies, obwohl er genau weiss, dass ihm alle diese drei persönlich suspekt war

    warum durfte dann Götz Friedrich später noch den Parsifal in Bayreuth inszenieren ?


    :hello:

  • Vorsicht - das wird jetzt leider etwas länger:


    Wenn jemand eine Ming-Vase übermalt - mit der Begründung unsere Zeit bräuchte auch Kunstwerke unserer Zeit, so wird er von Kunstfreunden entweder gesteinigt werden oder im Irrenhaus landen (Wahrscheinlich wird in der Realität weder das eine noch das andere geschehen - man wird versuchen irgendjemanden für das Geschehene zur Verantwortung zu ziehen und irgendwie eine riesige Menge Geld herauszuschinden - in einer Zeit, da man glaubt, alles wäre mit Geld zu kaufen - aber wahrscheinlich war das immer schon so)


    WEnn jemand eine klassische Oper verunstaltet -dann verlangt er, daß man sich mit ihm auseinandersetzt - seine Argumente hört.
    Das ist aber gar nicht nötig. Wenn jemand gegen Tabus verstösst, dann wird er in der Regel von der Gesellschaft geächtet - mehr als wenn er ein Gesetz bricht. Aber ein Tabu ist ja in gewisser weise auch ein Gesetz - wenngleich ein ungeschriebnes.


    Über unantastbare Dinge kann man nicht diskutieren - sie sind UNVERÄNDERLICH


    Kommen wir nun zu Eingriffen der Regie bei Aufführungen in vergangenen Jahrhunderten.
    Es hat sie immer gegeben. ABER man muß hier beachten WAS hier verändert wurde - und WARUM
    Zum einen waren es Probleme mit Besetzungen - zum anderen solche mit den Kosten - und vor allem solche der Bühnentechnik.
    Da musste umgemodelt werden was das Zeug hielt. Dann gab es "eingeschobene Arien - die von unbelehrbaren Sängern verlangt wurden - und vermutlich auch vom Publikum. Eine Unart bleibt es dennoch - und wir sollten darüber den Stab brechen - und nicht als Beispiel heranziehen, das heutige Unarten legalisiert.
    Aber hier sind wir schon beim Unterschied. Waren es früher kleine Eignemächtigkeiten, so sind heutige Änderungen dergestalt, daß man sobald sich der Vorhang öffnet - nicht mal weiß welches Stück hier gegeben wird - wäre da nicht die Musik und der Text - der allerdings nicht mehr zur gezeigten Szene passt.
    Und DARÜBER verhandle ich nicht.


    Daß Inszenierungen auch in der Vergangenheit -unter Wahrung der Librettotreue - sehr unterschiedlich ausfallen konnten - ist anhand etlicher Videoaufzeichnungen belegbar.


    Kommen wir nun zum gern zitierten "Drachen" - Es gibt keine - also kann er nicht authentisch dargestellt werden.
    So lautet zumindest eine sophistische Behauptung.
    Die bildende Kunst aller Länder hatte indes keine Schwierigkeiten Drachen so darzustellen, daß sie als solche erkennbar waren, von Klagenfurt (Lindwurm) bis nach China.....
    Irgendwie gab es - bei aller Verschiedenheit - einen Konsens. Man frage in fünfjähriges Kind - wie ein "Gespenst" aussieht.
    Es wird zumindest eine grobe Vorstellung davon haben. Anders sieht es schon aus ein "Gespenst" auf die Bühne zu bringen, oder - einen Engel.


    All das waren in der Vergangenheit Probleme, nämlich die Phantasie des Librettisten mit der Realität des Bühnengeschehens und der Bühnentechnik in Einklang zu bringen - und die Imagination des Publikums nicht zu zerstören.
    Seit etwa 40 Jahren gibt es fast keine Grenzen - wir können fast jeden Stoff so auf die Bühne bringen, daß er glaubwürdig wirkt, selbst eine Hexenverbrennung auf offener Bühne ist technisch machbar.


    Und gerade JETZT wo wir all diese Kunstkniffe - von denen Wagner und Verdi nur träumen konnten -
    lassen wir Schauspieler in Alltagskleidung oder Turnhosen auftreten. Tabus aller Art werden gebrochen etc.


    Die einst etablierten Vertreter des konventionellen Theaters haben EINEN Fehler begangen der anscheinen immer wieder begangen wird; Sie fühlten sich in ihren Positionen absolut sicher und lachten über die feindliche Seite.
    Das hat schon den Adel Frankreichs während der französichen Revolution den Kopf gekostet, ebenso fühlte sich das Management eines Computerkonzerns so sicher, daß niemand ihre Technologie nachbauen könnte - Man meldete etliche Technologien nicht zum Patent an - vermutlich um Geld zu sparen - oder weil man es nicht für notwendig hielt.
    In Kürze war das Monopol durch die sogenannten "Kompatiblen" gebrochen.


    Ich verstehe ja nicht - oder besser gesagt verstehe ich es nur zu gut - warum man nicht NEUE Werke schreibt, anstatt die alten zu demolieren - kein Mensch wollte sich das anschaun - ähnlich wie die zeitgenössische Musik (ich fälle hier bitte - zumindest momentan - kein Wertuirteil - ich stelle nunr fest, daß die Mehrheit des Publikums lieber Beethoven hört als einen zeitgenössischen Komponisten - wie immer er heissen mag.


    Ich würde auch goutieren wenn diese "Regietheaterressigeure" ihre geistigen Ergüsse an jenen Orten veröffentlichten, die ihnen meist ohnedies besser gefallen, als Opernhäuser, nämlch in Fabrikshallen und Bahnhöfen, U-Bahn Remisen und Fußballstadien, Mehrzweck -Betonhallen etc etc...
    UNSERE altehrwürdigen Opernhäuser mögen sie jedoch tunlichst meiden.
    Sie passen dort nicht hin !!!


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • So "leid" es mir tut, Dir Amfortas, "noch einmal" zu widersprechen:


    Was heisst hier selbsternannte Autorität? Ich kenne die Auslastungszahlen der Verfremdungsinstitution par éxcellence, der Komischen Oper im Vergleich mit der Wiener Staatsoper und dem Zürcher-Opernhaus!


    Des Weiteren weiss ich wie die Sponsorenbeiträge in Zürich heruntergegagen sind (2mio Sfr.), nur weil die Auto-Zufahrt vor dem Operhaus durch ein Bauprojekt verunmöglicht wurde. Was meinst Du erst, was passieren wird, wenn wir uns mit den Inszenierungen nicht mehr abfinden können, sondern dadurch brüskiert werden.


    Und bitte, Amfortas, hänge mich nicht an einzelnen Sätzen (Götz Friedrich) auf, wie es einst Werner Hintze tat. Wenn Du widersprechen willst, tu es, bitte, an allen genannten Namen ( in allen Jahren)!

  • Zitat

    ich stelle nunr fest, daß die Mehrheit des Publikums lieber Beethoven hört als einen zeitgenössischen Komponisten - wie immer er heissen mag.

    gilt nur teilweise, z.B. in Berlin waren die meisten Konzerte in denen ausschließlich Musik von Pierre Boulez gespielt wurde komplett ausverkauft...
    :hello:

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  • Zitat

    So "leid" es mir tut, Dir Amfortas, "noch einmal" zu widersprechen

    kein Problem, sonst wär das doch alles langweilig...

    Zitat

    Was heisst hier selbsternannte Autorität? Ich kenne die Auslastungszahlen der Verfremdungsinstitution par éxcellence, der Komischen Oper im Vergleich mit der Wiener Staatsoper und dem Zürcher-Opernhaus!

    in anderen Opernhäusern - wie z.B. Hannover - bleiben Besucherzahlen konstant, "trotz" z.B. Kosky und Konwitschny.


    Nonos "Al gran sole" (Regie Konwitschny!!!) war am letzten Spieltag ausverkauft (soweit nochmal zur Annahme von Alfred Schmidt, für die moderne Musik gäbe es nur eine Minderheit) , ich hatte Glück auch für diese Vorstellung überhaupt noch eine Karte zu bekommen...

    Zitat

    Und bitte, Amfortas, hänge mich nicht an einzelnen Sätzen (Götz Friedrich) auf, wie es einst Werner Hintze tat. Wenn Du widersprechen willst, tu es, bitte, an allen genannten Namen ( in allen Jahren)!

    ???? ich kenne keinen Hintze und weiß auch nicht was du damit meinst...
    :hello:

  • Dann auch noch den Schlußmonolog zu unterbrechen, das überschreitet für mich endgültig die Grenze des Zumutbaren, denn hier haben wir das, was man als nächste Stufe der Verunstaltung einer Oper bezeichnen könnte: den direkten Eingriff in die Musik. Daß sich der betreffende Dirigent damals nicht dagegen gewehrt hat, macht mich fassungslos. Wer mit irgendwelchen zusammengeschusterten Schein-Argumenten nunmehr behauptet, dies führe die Handlung der "Meistersinger" auf eine andere, höhere Ebene, der deckt damit im Grunde genommen das völlige Auseinandernehmen des Werkes.


    Hallo Joseph II.,


    ich nehme jetzt einfach mal an, Du spielst damit auf meine Replik auf eines von Wolframs Postings im Thread "Was ist so faszinierend am Regietheater?" an!? - Dazu möchte ich der Vollständigkeit halber nur anmerken, dass ich dort kein "zusammengeschustertes Schein-Argument" verwendet habe, sodern vielmehr überhaupt gar kein Argument. Ich habe lediglich festgestellt, dass die Durchbrechung der Handlung das Stück in diesem Moment auf eine andere Ebene gehoben - oder meinethalben auch gesenkt hat; ich bin sogar bereit einzuräumen, dass der von mir in diesem Zusammenhang verwendete Begriff "Metaebene" zu Missverständnissen führen mag. Rein formal jedoch ist es für mich keine Behauptung, sondern subjektiv unbestreitbar, dass die Ebene der eigentlichen Oper durchbrochen bzw. verlassen wurde. Ob man dies nun goutiert oder nicht, sei jetzt einfach mal dahingestellt. Das ich allerdings mit einem, wie gesagt, garnicht vorhandenen Schein-Argument "das völlige Auseinandernehmen des Werkes" decke, das bezeichne ich als Behauptung, wenn nicht gar Unterstellung.


  • Das glaube ich auch langsam. Sehr gerne werden dann immer irgendwelche Parallelen zu "bösen Regimen" gesponnen, vorzugsweise "die zwölf Jahre", manchmal auch "die vierzig Jahre", jedenfalls wird einem dann zumindest indirekt unterstellt, man sympathisiere mit eben diesen. Wobei diese "Beweisführung" ja schon zeigt, daß den Beförwortern im Grunde die Argumente ausgehen, wenn sie widerlegen wollen, weshalb man nicht einfach die Opern (wieder) so inszenieren kann, wie es im Libretto vorgeschrieben ist und auch Jahrzehnte lang gehandhabt wurde.

    Das muss ich doch einfach noch mal wiederholen! Danke, m.joho und Joseph II.! Verbunden mit Appell an Alfred, uns beim Aufbau unseres Vereins zu unterstützen!

  • das überschreitet für mich endgültig die Grenze des Zumutbaren, denn hier haben wir das, was man als nächste Stufe der Verunstaltung einer Oper bezeichnen könnte: den direkten Eingriff in die Musik.


    Was ist eigentlich, wenn Alfred Brendel Sonaten von Beethoven auf einem Steinway spielt? Also auf einem Instrument, das Beethoven gar nicht kennen konnte und das sich von den ihm bekannten Hammerklavieren gravierend unterscheidet? (Das hört sogar ein Laie.) Ist das auch ein Eingriff in die Musik, der fern ist von dem, was der Komponist je beabsichtigt hatte? Ist das auch eine Verunstaltung?


    Was ist eigentlich, wenn die Matthäus-Passion mit sechzig oder hundert oder mehr Chorsängern aufgeführt wird? An so viele hatte Bach nicht im Traum bei seinen Aufführungen im liturgischen Kontext gedacht. Ist das auch ein Eingriff in die Musik und fern von dem, was der Komponist je beabsichtigt hatte?


    Was ist eigentlich, wenn beim "Se vuol ballare, Signor Contino" keiner mehr den Atem anhält, weil man eben nicht mehr wegen der impliziten Vorführung des Adels und seiner Unarten nur darauf wartet, dass irgendwelche Exekutivtruppen der Souveräne die Künstler von der Bühne holen und einsperren? Was ist, wenn eine saturierte Gesellschaft im Parkett und auf den Rängen, die genau zu wissen glaubt, was das Stück beinhaltet und was nicht, dieses Stück nur noch um des Genusses willen hört? Ist das dann das, was der Komponist und der Texter beabsichtigten?

  • Mein lieber Wolfram!


    Ich verstehe z.T. auch Eure Gegenargumente. Aber was ich als Opernliebhaber in den letzten Jahren auf den Opernbühnen erlebt habe, ging wirklich über die berühmte "Hutschnur". Das hatte mit "modernisieren" und "entstauben" überhaupt nichts mehr zu tun! Daher habe ich kein Abonnement mehr. Von primitiver Bühnenausstattung, lächerlicher Abweichung vom Libretto bis zum Porno habe ich schon alles erlebt. Es fehlt nur noch, das in der "Walküre" Sieglinde und Siegmund kopulieren. Das wärs dann. So bekäme man bestimmt das Theater voll. Aber ist das "moderne Oper"? Wollt Ihr das?



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    danke für Deine Antwort! Ich schicke mal voraus, dass ich eher in der Rolle des advocatus diaboli argumentiere.


    Ich würde mich ebenfalls freuen, keine offensichtlichen Verunstaltungen mehr zu sehen, bei denen sich für mich kein Gewinn beim "Genuss" der Inszenierung mehr ergibt. Mit anderen Worten: Wenn das, was bei Nichtbeachtung der Anweisungen der Partitur verloren geht, nicht durch andere Aha-Erlebnisse und neue Sichten auf das Stück aufgewogen wird, dann sind Eingriffe aus meiner Sicht unberechtigt. Mir ist klar, dass diese Unterscheidung immer subjektiv sein wird, dennoch sehe ich kein anderes Kriterium. - Die Eingriffe Konwitschnys bei den "Meistersingern", die ich an anderer Stelle erwähnte, fand ich legitim und erfrischend.


    Vielleicht ist es auch eine Frage des Verhältnisses. Wenn ich - mal fiktiv - auf zwanzig Inszenierungen der Zauberflöte zurückblicken könnte, und da wären zwei oder drei dabei gewesen, die das Stück verfremden, dann fände ich das ok. - Ich höre Beethoven-Sonaten gerne mit Schnabel, Solomon, Gulda, Brendel, Pollini und Korstick und kann dazwischen einen Glenn Gould gut vertragen. Dann habe ich auch wieder einen anderen Blick auf konventionellere Interpretationen.


    Leider scheint es einen Genialitätszwang unter den Inszenierenden zu geben. Keiner traut sich mehr, einfach spielen zu lassen, was da steht, und das mit guter Personenführung usw., also einfach gutem Handwerk herbeizuführen. (Regie hat was mit Regieren zu tun.)


    Dennoch ist es nicht ganz so einfach, dass man einfach "Regietheater" = "schlecht" und "konventionell" = "gut" setzen dürfte. Die Diskussion muss differenzierter sein. Sie muss intelligenter argumentieren, als es die Verunstalter tun. Und das sehe ich hier in weiten Teilen nicht. Ich nehme hier teilweise eine muffige Haltung des "Bedient werden wollens", des "Rühr bloß nicht mein Weltbild an" wahr. (Bitte: Das ist meine Wahrnehmung! Ich will niemanden verurteilen.) Und eine solche Haltung ist ganz leicht mit Blick darauf auszuhebeln, was Komponisten und Texter wollten. Die wollten häufig eben gerade nicht ein saturiertes Publikum einlullen.


    Es klingt manchmal (für mich) ein wenig so, als ob ein Kind sauer wäre, weil es seine Pommes mit Ketchup nicht bekommt und stattdessen Obst und Salat essen muss. Das ist zu wenig an belastbarer Argumentation.

  • Es klingt manchmal (für mich) ein wenig so, als ob ein Kind sauer wäre, weil es seine Pommes mit Ketchup nicht bekommt und stattdessen Obst und Salat essen muss. Das ist zu wenig an belastbarer Argumentation.


    Eher umgekehrt: Man kriegt ständig Pommes mit Ketchup serviert und möchte lieber Obst und Salat.


    Ansonsten gehe ich aber mit Dir konform.

  • Ein befreundeter Regisseur erzählte mir mal das er mit seinen Inszenierungen erreichen möchte , das wenn Opernbesucher von Leuten die die Aufführung nicht gesehen haben gefragt werden: was habt ihr denn gesehen ? die Opernbesucher ihnen ohne Probleme die Handlung nacherzählen können. Und er meine eine Inszenierung müsste auch so vertändlich sein, das man sich als Opernbesucher vorher nicht stundenlang vorbereiten muss. Nur er meinte aber auch das das Vorhaben leider an vielen Intendanten scheitert, die meinten mit einer normalen Inszenierung nicht in die Presse zu kommen . Und viele seiner Kollegen würden sich schon gar nicht mehr die Mühe machen, einfach nur eine Geschichte zu erzählen. Denn wie man es macht ist es verkehrt. Würde man konventionell inszenieren sind die Zuschauer zufrieden, aber die Kritiker nicht und wenn man modern inszeniert meckern die Zuschauer und die Kritiker sind zufrieden.

  • Lieber MSchenk,


    dein Verweis auf diese "Meistersinger"-Inszenierung war für mich nur der Aufhänger. Dir persönlich wollte ich mitnichten etwas unterstellen. Hätte ich wohl gleich so kennzeichnen sollen. Mea culpa.



    Lieber Wolfram,


    ob man Werke in HIP aufführt oder "konventionell" (also mit "modernen Instrumenten"), ist für mich eine andere Sache. Ob die Stücke dadurch gewinnen oder verlieren, sei dahingestellt.


    Ich bin kein großer Kenner von Klaviermusik, muß bei genanntem Beispiel also passen.


    Das Beispiel mit der Matthäus-Passion ist nun freilich interessant. Ich glaube persönlich, daß Dirigenten wie Karl Richter, Günther Ramin, Kurt Thomas, Otto Klemperer oder die Brüder Mauersberger persönlich mehr von Bach verstanden als viele ihrer Nachfolger, die heute in einem Affenzahn durch diese Passion hetzen und auf Mini-Chöre, wenn nicht gar solistische Besetzungen setzen. Der Geist des Werkes verliert m. E. bei den zuerst genannten Dirigenten (und einigen dieser Strömung mehr) nichts an seiner Wirkung. Freilich ist dies diskutabel. Aber wollten die Herren Richter, Ramin, Thomas, Klemperer und Mauersberger damit provozieren, indem sie riesige Chöre einsetzten? Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht. Vielmehr wollten sie wohl den Bach auf eine höhere Ebene heben und ihn noch gewaltiger erscheinen lassen als er schon war. Ob Bach das nötig hatte, ist eine andere Frage. Daß hier etwas "verunstaltet" wurde, meine ich aber verneinen zu können.


    Wenn Schalk und Mahler meinten, Bruckner bzw. Schumann und Beethoven "nachbessern" zu müssen, so wohl auch aus dem Drang, die Musik noch majestätischer wirken zu lassen. Ich gehöre wohl zu den wenigen, die Schalks Bruckner-Bearbeitungen und Mahlers Schumann-Bearbeitungen nicht gänzlich mißlungen finden. Freilich, das Original sollte Vorrang haben, aber ich verurteile diese Bearbeitungen nicht pauschal, sondern lasse sie als solche stehen: eben Schumann, ed. Mahler, bzw. Bruckner, ed. Schalk. Wer einmal die Finalcoda der 5. Symphonie von Bruckner in der Schalk-Edition sowie das Finale der 2. Symphonie von Schumann in der Mahler-Edition gehört hat, wird wohl zustimmen, daß diese Werke dadurch pompöser (nicht im heute eher negativen Sinne gemeint) wirken und einige neue Facetten hinzugewinnen (andere hingegen verlieren, klar).


    Der Unterschied zum modernen Regietheater besteht m. M. n. darin, daß alle Vorgenannten versuchten, die Musik zu "verbessern", zu verschönern, in ihrer Wirkung noch zu steigern, sich also in den Dienst des Werkes zu stellen. Sie waren nicht bestrebt, irgendjemanden zu schocken oder zu vergraulen. Das Regietheater nunmehr versucht (zumindest in Teilen) aber genau das. Es provoziert unabläßig, kennt keine Tabus, hat keineswegs die Schönheit der Werke im Sinn. Nein, vielmehr wird gerade das Häßliche betont. Oder will jemand ernstlich behaupten, durch eine fragwürdige Unterbrechung einer Schlüsselstelle der "Meistersinger" geschähe eine Verschönerung der Oper um der Oper willen? Nein, die Regisseure handeln m. E. in erster Linie um ihrer selbst willen. Es mag hie und da Ausnahmen geben, aber das, was ich seit Jahren in der Presse verfolge, spricht eine andere Sprache.


    LG an alle
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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