Geistliche Musik, Religion und Atheismus

  • Nun, die Frage nach Bachs " innerer Konfession" stellt sich mir so gar nicht- ich halte sie für mich im zentralen Punkt für beantwortet.


    Formal war Bach Protestant - aber dieser Begriff sagt bei der modernen Zersplitterung des Protestantismus NICHTS über seinen Glauben aus. Formal korrekter wäre zu sagen, er war orthodoxer Lutheraner in sächsischer Ausprägung.
    Aber außerdem war Bach theologisch überkonfessionell gebildet - in einem Maße, dass der Großteil evangelischer und katholischer Geistlicher mit Hochschulabschluß sehr blass gegen ihn aussähen. Er hatte also das Christentum geistig in seinen verschiedenen Ausprägungen durchdrungen und so eine eigenständige Frömmigkeit erlangt.


    ABER diese eigenständige und weite Frömmigkeit trifft sich IM ZENTRUM mit der Luthers. Und da sind mir beide sehr nahe.
    Nahezu jede geistliche Komposition Bachs läßt sich zurückführen auf die Kernsätze des Luthertums: Sola Gratia, Sola Fide, Sola Scriptura und Solus Christus!
    Oder wie Paulus es verschiedentlich schreibt :allein durch Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben an Christus.
    DAS höre ICH bei Bach in jedem Ton!
    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Zitat von Oolong:
    ABER diese eigenständige und weite Frömmigkeit trifft sich IM ZENTRUM mit der Luthers. Und da sind mir beide sehr nahe. Nahezu jede geistliche Komposition Bachs läßt sich zurückführen auf die Kernsätze des Luthertums: Sola Gratia, Sola Fide, Sola Scriptura und Solus Christus! Oder wie Paulus es verschiedentlich schreibt :allein durch Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben an Christus. DAS höre ICH bei Bach in jedem Ton! Gruß Stefan


    Das ist wunderbar ausgedrückt - nur das ich das so schön nicht schreiben konnte...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich muß mich zunächst einmal bei allen Forenmitgliedern, die hier mitlesen, entschuldigen: Nach Durchsicht meiner Notizen (das hätte ich vorher machen sollen) habe ich einen falschen Professor zitiert.


    Ich erbitte Nachsicht in die Ewigkeit: Mea culpa, Prof. Moser, für meinen Irrtum. Es soll nicht wieder vorkommen!


    Der seinerzeit die Rundfunksendungen der Bach-Kantaten musikwissenschaftlich begleitende Professor war Friedrich Blume.


    @ Kurzstueckmeister:


    Ich muß Dir recht geben, daß meine Absätze, so, wie sie da stehen, keinen Widerspruch darstellen. Das liegt aber an mir; ich vergaß leider, die Schlußfolgerungen Prof. Blumes mitzuteilen (eigenes Zitat ergänzt):


    Innerhalb dieser Sendereihe vertrat Prof. Moser immer wieder die These, die Kantaten Bachs, seine Passionsmusiken und das Weihnachts-Oratorium seien in "Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen" geschrieben worden - und das habe mit religiöser Überzeugung nichts zu tun.


    Diese seine Schlußfolgerung war der Grund für einen langen und vehement geführten Meinungsstreit in den Fünfzigern - vor allen Dingen, und daher ist es mir bekannt, in den musikinteressierten Kreisen der Evangelischen Kirche - unter Kantoren, beispielsweise.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Man sollte nicht nur den (gott)gläubigen Menschen mit den nichtgläubigen Menschen vergleichen sondern auch den wissenden Menschen mit einbeziehen.Mit Wissen meine ich das Wissen über die Religion bzw. Religionsgeschichte.
    Es gibt sicherlich religiöse Menschen,die gottgläubig sind,aber von der Religionsgeschichte kaum Ahnung haben.Und umgekehrt gibt es Menschen,die die Religion(nen) wissenschaftlich erkundet haben,aber nicht religiös sind.
    Und somit kann man sich auch fragen,ob der Religionswissende geistliche Musik anders erlebt als der Religionsunwissende. Das wäre dann keine Glaubensfrage mehr.
    Und da meine ich,wer sich geistliche Musik anhört und ein entsprechendes Wissen über Religion verfügt,kann mit der Musik mehr anfangen als ein Unwissender.
    Das Wissen fängt damit an,daß man den Inhalt der Bibel oder wenigstens des Neuen Testaments kennt,ganz egal ob man gläubiger Christ ist oder nicht.
    Wenn ich Bachs Kantaten anhöre,ohne den religiösen Hintergrund zu kennen,kann mich das kaum berühren.Wenn ich weiß,worum es geht,komme ich der Sache schon näher.Falls ich daran glaube,wir das sicherlich auch nicht abträglich sein.
    Wenn jemand wünscht,daran glauben zu können,sollte er sich zunächst das Wissen aneignen,denn dadurch kommt er der geistlichen Musik näher.
    Das betrifft natürlich auch auch z.B. orientalische Musik oder jüdische Musik.
    Wie Juden christliche Musik erleben,weiß ich nicht.Zumindest haben Juden und Christen eine gemeinsame Religionswurzel.Jesus war Jude durch und durch.Seine Anhänger waren zunächst Juden,die einer Glaubensrichtung des Judentums angehörten.Sie hielten Jesus für den jüdischen Messias.Daran glauben die anderen Juden nicht und wurden demzufolge keine Christen.
    Nun kann man sich vorstellen,daß die Juden christliche Musik als befremdlich empfinden,weil für sie der erwartete Messias noch nicht erschienen ist.
    Geistliche Musik,die lediglich alttestamentarische Themen zum Inhalt haben,dürften für Juden keine Religionsprobleme verursachen.
    Wenn man keine Ahnung vom Orient hat,fällt es einem schwer,sich auf diese Musik einzulassen.Den Orientalen geht es genauso mit dem Zugang zu westlicher Musik.
    ,


    Savall zeigt in diesen Büchern mit 2 SACDs von Alia Vox, wie es geht.
    Welche Lust,sich darauf einzulassen!

    mfG
    Michael

  • Zitat

    Original von zatopek


    Genau dieses Gefühl habe ich oft auch. Wahrscheinlich bleibt einem nicht-religiösen Menschen genau diese Botschaft verschlossen.


    Mich beschlich beim Hören geistlicher Werke immer die Ahnung, dass diese Musik für einen wirklich gläubigen Mensch mehr an Sinn und Bedeutung transportiert, als ich selber jemals erfahren könnte. Insofern hatte ich die Vermutung, dass ein religiöser Hörer diese Musik anders rezipiert als jemand, dem die Glaubensinhalte gleichgültig sind. Die Beiträge von musikwanderer und Gustav haben mich in dieser Auffassung bestätigt.


    Hallo Bernd,


    das leuchtet ja auch ein, aber das sind komplexe Erlebnisse, die man natürlich auch weiter analysieren und die Problemstellung damit präzisieren kann. Der Text kann eine Trostbotschaft zum Ausdruck bringen und die Musik tröstlich klingen. Das alles kann ich sehr wohl verstehend nachvollziehen, auch wenn ich nicht religiös davon berührt bin. Der religiöse Mensch wird nun darüber hinaus selbst in sich so etwas wie Trost verspüren können, d.h. da wird etwas in ihm ausgelöst, eine persönliche Annahme dieser tröstenden Botschaft und Identifikation, die beim Ungläubigen so nicht stattfindet. Es gibt beim emotionalen Erlebnis verschiedene Ebenen: Ausdruck und Ausdrucksverstehen und Auslösung (Wirkung) sind ganz verschiedene Dinge.


    Darüber hinaus wäre zu fragen: Was ist überhaupt ein religiöses Erlebnis und was davon kann die Musik, das musikalische Erlebnis, überhaupt vermitteln? "Musik kann stürmen, wogen, rauschen, das Lieben oder Zürnen trägt nur unser eigenes Herz in sie hinein", bemerkt Eduard Hanslick so treffend. Ich liebe jemand, zürne jemandem, d.h. hier gibt es ein Objekt, dem ich diese Gefühle adressiere. Das aber kann die Musik nicht, "stürmen, wogen rauschen" sind grammatisch intransitive Verben, sind objektlos. Die Musik kann deshalb so etwas wie unstillbare Sehnsucht ausdrücken (das ist ein objektloses Gefühl) aber eben nicht Eifersucht z.B., die sich auf eine bestimmte Person richtet. Ebensowenig wie Eifersucht kann Musik deshalb den Glauben an einen Gott ausdrücken oder eine bestimmte religiöse Botschaft wie die Auferstehung von den Toten. Was sie sehr gut ausrücken kann, ist die "metaphysische" Dimension des religiösen Erlebnisses, die eigentlich wenig mit einem Gottglauben zu tun hat: Sie kann ein Gefühl der Zeitenthobenheit z.B. vermitteln, der Entrückung usw. Im Mittelalter gibt es dieses Bewußtsein der Vergänglichkeit alles Irdischen und die Bewunderung des Ewigen, die Wunder der Himmelsbewegung, deren ewiges Kreisen. Von Schiller gibt es diese schöne Bemerkung über die Kunst, welche die "Zeit in der Zeit aufhebt". Der Symbolismus wollte in diesem Sinne das Ewige in einem Augenblick darstellen. Das findet sich z.B. bei Debussy. In dem Orchesterstück "Nuages" wird die ziellose Bewegung der Wolken dargestellt ohne Anfang und Ende als Symbol dieser Ewigkeit. Diese metaphysische Dimension des religiösen Erlebnisses kann glaube ich jeder Mensch von uns nachvollziehen. Ich halte dieses metaphysiche Bedürfnis des Menschen, die Grenzen der eigenen, beschränkten Existenz sprengen zu wollen durch solche Erfahrungen von Transzendenz, für anthropologisch unausrottbar!


    Beste Grüße
    Holger

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  • Lieber Holger!


    Wenn Hanslick und du recht haben, dann hat Bach also keine protestantische Musik geschrieben, ebensowenig wie Mozart katholische, nur weil beide Werke vorgelegt haben, die eben einen konfessionell geprägten (textlichen) Inhalt haben.


    Wie sollte Bach auch z.B. die Lutherische Abendmahlsvorstellung in Töne fassen?


    Ich sehe es ähnlich. Erst in Verbindung mit dem Text erkenne ich die protestantische Ausrichtung. wobei ich dieses Empfinden dann aber in die Musik transportiere.


    Einzig würde ich noch sagen, dass Bach in seinen Passionsmusiken z.B. sich eher der sinnlich strengeren Ausrichtung des Protestantismus hingibt, in der nach dem Bildersturm einzig das Wort Zentrum der Liturgie blieb. Aber das ist eine Aneignung protestantischen "Lebensgefühls", noch keine entsprechend theologisch ausgerichtete Musik.


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von zatopek


    Das ist ein imo schönes Beispiel. Ich kann mir vorstellen, dass gerade die beiden Schlusszeilen für Christen tröstlich und beruhigend sind, während sie mich z.B. überhaupt nicht berühren. Darin steckt eine tiefe Dimension, die man - oder besser: die ich - als Aussenstehnder nur erahnen kann.


    Ich meinte eigentlich etwas anderes:
    Ist Dir ohne in Kommentaren nachzuschlagen z.B. klar, wie wörtlich die erste Zeile an die Entdeckung des Sündenfalls (Gott geht am Abend im Garten Eden umher (Gen.3,8 ) und sucht Adam, der sich mit schlechtem Gewissen verbirgt) anschließt?
    Was bedeutet Zeile 3? Worauf nehmen Zeilen 4 u. 5 Bezug?
    Alle diese Texte sind voll von solchen Bezügen, die den Zeitgenossen wohl weitgehend klar gewesen sein dürften, die aber heute kaum mehr zur Allgemeinbildung zählen.


    viele Grüße
    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Gustav
    Einzig würde ich noch sagen, dass Bach in seinen Passionsmusiken z.B. sich eher der sinnlich strengeren Ausrichtung des Protestantismus hingibt, in der nach dem Bildersturm einzig das Wort Zentrum der Liturgie blieb. Aber das ist eine Aneignung protestantischen "Lebensgefühls", noch keine entsprechend theologisch ausgerichtete Musik.


    Lieber Gustav,


    geanu. Da spielt natürlich auch noch der religiöse Vorbehalt - besonders des Protestantismus - gegen reine Instrumentalmusik hinein. Musik, die nicht Gottes Wort verkündigt, wird verdächtigt, sinnlich-dämonisches Teufelszeug zu sein. So schreibt etwa noch im 18. Jahrhundert ein gewisser Kapellmeister Wolf, Gott habe dem Menschen eine Sprache gegeben, damit er sie mit den Tönen verbinden solle. Über manchen Instrumentalstücken Bachs stehen Bibelzitate. Das kann man so interpretieren, daß Bach damit solche religiösen Vorbehalte gegen wortlose Instrumentalmusik vorbeugend entkräften wollte. :angel:


    Beste Grüße
    Holger


  • Nun, ich würde - auch ohne Kommentar - Zeile 3 einer Episode der Evangelien zuordnen, gestehe aber, dass ich nicht weiss, welcher genau, Zeile 4 und 5 der alttestamentarischen Geschichte um Noah und der Taube. Das Verbindende in allen Zeilen bleibt der Abend, der Übergang vom Tag in die Nacht, vielleicht auch die Dämmerstunde, an der alles verschwimmt und eine ander Bedeutung erhält.


    Aber du hast natürlich völlig recht, es ist hier nicht anders als in der Ikonographie. Wir stehen heute vor Gemälden mit biblischen Inhalten, deren Symbolik uns nicht mehr vertraut ist. In anderen Zeiten wußten die Betrachter sofort, was mit den einzelnen Zeichen gemeint war. In Zeiten, in denen die Fähigkeiten des Lesens und Schreibens nicht weit verbreitet waren, war das wohl auch die einzige Art, in der man sinnhafte Inhalte weiitergeben konnte.


    Aber das meinte ich eigentlich mit meiner Ausgangsfrage nicht. Das betrifft die "intellektuelle" Ebene. Mit ging es eher darum zu erfahren, ob es Unterschiede im emotionalen Erleben geistlicher Musik gibt, bei religiösen und nicht-religiösen Menschen.


    Und einige Antworten darauf haben sich hier ja auch schon ergeben.


    Viele Grüße, Bernd

  • Hallo,



    ein Versuch, der Lösung der Frage mit einer anderen Herangehensweise näher zu kommen.



    Musik ist älter als Sprache (siehe mein Betrag zu Morten Lauridsen); also lassen wir doch mal die Sprache weg und denken wir uns ein geistliches/weltliches Werk - oder ein Stück daraus - als Text "lalala…" gesungen (die phonetische Verarmung soll dabei außer Acht bleiben, sie hat ja mit der Musik als solche Nichts zu tun). Bleibt es "gute" (formaler Aufbau, Satztechnik, Melodik, Harmonik, Rhythmus usw.) Musik?
    Die "Forelle"/Schubert bleibt auch auf "lalala… gewiss gute Musik, ebenso wie "Des Antonius von Padua Fischpredigt"/Mahler, das Händel'sche "Halleluja", "Exultate jubilate/Mozart oder "Und unser lieben Frauen"/Reger.



    Nun verweise ich auf den Beitrag von "Schneewittchen"; hat der Hörer "nur" Religionskenntnisse, ist es "nur" ein religiöser Mensch oder hat er Beides. Davon hängt es nun einerseits ab, wie der Text in Verbindung mit der Musik auf den Hörer wirkt, andererseits wie es dem Komponisten gelungen ist, eine Symbiose zwischen Musik und Text herzustellen, besser noch: Ob es dem Komponisten gelungen ist, den Text durch die Musik zu verdeutlichen. (Es gibt auch Musik, die ohne einen Texthintergrund religiöse Erlebnisse - im weitesten Sinn - vermittelt; siehe Beitrag von "Kaletha".)



    Religiöse Texte in Opern haben mit der hier diskutierten Frage weniger zu tun; es handelt sich ja dabei stets um den Bezug zur Oper bzw. zu der Opernfigur, die diesen Text singt. Es kann z. B. der Ausdruck von "Volksfrömmigkeit" (im Stil von festlicher Stimmung am "Heiligen Abend" o. ä.) sein, die vom Komponisten/Librettisten so erwünscht ist oder es ist ein besonders "glaubensstarker" Charakter darzustellen.



    An einigen wenigen Stellen aus Bachs h-Moll-Messe will ich nun verdeutlichen, wie ich die Frage "löse":


    "Et unam sanctam catholicam et apostolicam…": Eine Bassstimme (f oder sogar ff)singt eine sehr dominant angelegte Melodie (Terzsprung aus dem Grundakkord, Oktavsprung zurück zum Grundton; gleiche Notenwerte ohne rhythmische oder dynamische Veränderungen), welche Wirkung durch Harmonik und Orchestersatz noch verstärkt wird. Eine geradezu beispielhafte musikalische Verdeutlichung des Textinhaltes. Ist die andere Melodieführung auf "ecclesiam" nur dem Zeitgeist des musikalischen Ausdrucks geschuldet oder steckt mehr dahinter? (Dabei bleibt die Frage: Steht Bach hinter dieser Textaussage - ich meine ja(?) - hat er sich nur "andienern" wollen oder ist es purer Zynismus, um die Machtstrukturen des Klerus anzuprangern.)
    Für mich völlig klar: Eine Musik, die auch ohne Text "unter die Haut geht" und - siehe oben
    .


    "Et incarnatus…:
    Das nenne ich eine klare, unmissverständliche, emotionale Musik"sprache" und Textverdeutlichung.
    "Et resurrexit…:


    "Quoniam…:
    Zweifellos "beste Bachmusik" - mit der Textverdeutlichung komme
    ich nicht zu Recht
    "Dona nobis…:.



    Ich höre seit vielen Jahren, nicht regelmäßig, aber immer wieder, auf BR-Klassik am Sonntag die Bach-Kantate. In vielen Fällen ist dies für mich die vom Dienstherrn verlangte "Gebrauchsmusik"; musikalisch "echter" Bach - Textverdeutlichung?





    Dieser Beitrag ist infolge des Crash verloren gegangen - nachdem ich den Text auf meinem PC gespeichert habe, stelle ich ihn nun erneut ein.



    Viele Grüße


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Höchst interessant.


    Da ich aus dem Katholischen Eichsfeld stamme und selbst Obermessdiener war und lange Jahre im Kirchenchor mitgesungen habe, auf dem flachen Land, wo die Gottesdienste nicht nur an hohen Feiertagen voll und die Kollekten hoch sind, kann ich vieles was geschrieben steht, bestätigen. Aber im Gegensatz zu Thomas sagen mir die religiösen Werke von Bruckner weniger, wir haben Messen von Haydn und Mozart, die Schöpfung und Auszüge aus dem Messias sowie sehr gern die Passionen gesungen. Bruckner kam nicht vor. Vielleicht war er zu schwer.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hallo, zweiterbass,


    zur Frage des " catholicam et apostolicam Ecclesiam" in der h-moll Messe und der Frage der Bedeutung dieser Formel für Bach habe ich eine explizite Meinung: Wie oben geschrieben, war Bach orthodoxer Lutheraner sächsischer Tradition, Luthers Theologie springt mich oft in Reinform aus Bachs Werk an ( un verbindet mich über die Jahrhunderte mit ihm). Doch weder der theologisch hochgelehrte Bach noch der ursprünglich " Verantwortliche", Bruder Martin, waren konfessionelle Separatisten. Vielmehr verstanden sie das "catholicam" im ursprünglichen Wortsinne des griechischen καθολικος (katholikos) - als die eine, allgemeine, weltumspannende ( apostolische) Kirche Jesu Christi. Und dies ist fest verankert im Neuen Testament. "Andienern" musste er sich also gar nicht - Konfessionstreit als Kirchenpolitik im Alltag war und ist das Eine, die Sicht auf die EINE Kirche im spirituellen, ja transzendentalen Sinn das Andere und Entscheidende.



    Herzliche Grüße


    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo Bernward
    Hallo Stefan,


    in jungen Jahren habe ich sämtiche Graduale von Bruckner im Chor mitgesungen - leider noch ohne mir viel Gedanken über den Text zu machen; von der Musik war ich damals schon sehr begeistert.



    "Et unam sanctam catholicam et apostolicam..."
    Verstehe ich: Und eine heilige katholische und apotholische...
    "Eine heilige katholische" ist für mich ein Begriff, wahrscheinlich verstehe ich das als Protestant falsch. Aber: War da in den Medien der letzten Zeit nicht die Rede davon, das "Rom" den anderen Kirchen die "Ecclesiam" abspricht?


    Dennoch: Es war reine Spekulation (aus Spaß an der Freud) von mir, was Bach u. U. gemeint haben könnte.
    Aber die musikalische Textumsetzung (=wie finde ich den Text in der Musik) ist für mich bei Bach höchst unterschiedlich.


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo, zweiterbass!


    Klar, offizielle Doktrin aus Rom ist, es gibt nur eine " Ecclesia", nämlich die römisch- katholische! Nun weiß ich aber aus sicherster Quelle, dem Neuen Testament, dass diese Frage nicht in Rom, sondern vom HERRN entschieden wird. Und ich glaube, der hat den dicken, poltrigen Bruder Martin, den jähzornigen und doch frommen Johann Sebastian, Dich und mich genauso gern in seiner einen ( katholischen) Kirche, wie den sich selbst zu wichtig nehmenden Bischof von Rom... ;)


    Gruß


    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo (Oolong) Stefan,


    so ein Beitrag tut gut!


    Es hat sich aber auch in der ev. Kirche etwas bewegt:
    Dem Chor, in dem ich vor ca. 50 Jahren mitgesungen habe, wurde ein Kirchenkonzert in einer ev. Kiche in Nürnberg verweigert, weil auf dem Konzertprogramm u. a. auch Bruckner's Ave Maria stand - der Chorleiter und der Chor haben die Herausnahme verweigert und auf das Konzert verzichtet.


    Ich denke, diese Zeiten sind vorbei.


    Viele Grüße
    (zweiterbass) Horst

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Hallo miteinander!


    zweiterbass sagt:

    Dem Chor, in dem ich vor ca. 50 Jahren mitgesungen habe, wurde ein Kirchenkonzert in einer ev. Kiche in Nürnberg verweigert, weil auf dem Konzertprogramm u. a. auch Bruckner's Ave Maria stand

    Ähnliches ist mir von der katholischen Seite her auch bekannt: Verweigerung des Kirchenraums für Beerdigungen, Andachten etc. Bloß habe ich damals vor so ca. 30 Jahren schon das Gefühl gehabt, dass das mehr Individualentscheidungen des Pfarrers vor Ort waren, als Anordnungen vom Bistum. D. h. die beiden Pfarrer, mit denen ich in meiner Heimatgemeinde zu tun gehabt hatte, zwei ältere Herren mit Lebenserfahrung (WK 2 aktiv!), waren da auch auf dem flachen Lande, respektive im tiefsten Walde schon wesentlich pragmatischer, toleranter und offener.


    Bloß während meiner Internatszeit ist mal eine Panne passiert, da hat unser damaliger Präfekt Degenhardt-Lieder zum Besten gegeben, "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" und "den deutschen Sonntag". Die Sache war insofern pikant, als dass dieses bischöfliche Studienseminar ein Ort war, wo der Spiegel verboten, die Süddeutsche suspekt, aber Franzjosef Degenhardt damals schon ein ausgewiesener Kommunist und Mitglied bei der DKP war.
    Gemerkt hat er es nicht, der Herr Präfekt, und wenn später doch, dann ist er mit Sicherheit auf Exerzitien gegangen.


    John Doe :D