"Der Freischütz" oder "The Hunter's Bride" auf der großen Leinwand

  • Restaurierter Beitrag vom 12. Sept. 2010:


    Vor einer Woche war in Dresden Weltpremiere; in unsere Kinos kommt der Film an Weihnachten:


    THE HUNTER'S BRIDE - DER FREISCHÜTZ


    MUSIKFILM NACH DER ROMANTISCHEN OPER VON CARL MARIA VON WEBER, SCHWEIZ 2010, 137 MIN., FSK: KEINE
    PRODUZENTEN: SYQUALI MULTIMEDIA AG ZÜRICH PETER STÜBER & JENS NEUBERT
    DREHBUCH UND REGIE: JENS NEUBERT
    KAMERA: HARALD GUNNAR PAALGARD
    DARSTELLER: FRANZ GRUNDHEBER, BENNO SCHOLLUM, JULIANE BANSE, REGULA MÜHLEMANN, MICHAEL VOLLE, MICHAEL KÖNIG, RENÉ PAPE, OLAF BÄR U.V.A./LONDON SYMPHONY ORCHESTRA
    DIRIGENT: DANIEL HARDING/RUNDFUNKCHOR BERLIN, LEITUNG SIMON HALSEY


    Im "Freischütz"-Thread wurde jüngst die Frage gestellt: Wer sieht sich diese Oper in der Zukunft noch an, wenn wir "Alten" nicht mehr da sind und die jüngere Generation das Interesse verloren hat?
    Vielleicht sind Opernfilme wie dieser eine Möglichkeit, diese junge Generation an die Oper heranzuführen!


    Die Filmoper basiert auf dem romantischen Märchen „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber und erzählt die dramatische Geschichte um die Jägersbraut Agathe vor dem historischen Panorama der napoleonischen Kriege 1813. Sehnsucht und Hoffnung auf ein besseres Leben treiben die Jäger Max und Kaspar in einen unerbittlichen Zweikampf um Agathe: Zwei Männer, eine Frau, sieben Kugeln!


    Die Kinoproduktion, Buch/Regie Jens Neubert, Kamera Harald Gunnar Paalgard, wurde von August bis September 2009 in Deutschland gedreht und kommt ein Jahr nach Drehschluss am 4. September am Ort ihrer Entstehung zur Premiere.


    In den weiblichen Hauptrollen sind Juliane Banse als Agathe und Regula Mühlemann als Ännchen zu hören und zu sehen. Die Rolle des Freischützen Max singt und spielt Michael König. Sein teuflischer Widersacher Kaspar ist Bassbariton Michael Volle. Den böhmischen Fürsten Ottokar verkörpert der Doyen der deutschen Opernsänger, Franz Grundheber. Als Eremit ist der Bass René Pape zu erleben und in weiteren Rollen Olaf Bär und Benno Schollum.


    Die Tonaufnahmen für den Film wurden im Juli 2009 im Abbey Road Studio in London abgeschlossen. Daniel Harding dirigiert das London Symphony Orchestra. Es singt der Rundfunkchor Berlin unter der Leitung von Simon Halsey.
    Die Solisten der Tonaufnahme wirkten alle bei den sechswöchigen Dreharbeiten in Deutschland mit. „Echo-Award“-Preistraeger Torsten Rasch
    (Sound-Producer) und Joel Iwataki (Sound Engineer) erarbeiteten die Dolby-Surround-Mischung der Filmoper. Herausgekommen ist ein neuartiges
    Klangkonzept: „3-D fuer die Ohren“. (Soll auch noch als SACD erscheinen)
    Zum Creative-Team um den Regisseur gehoeren der Kameramann Harald Gunnar Paalgard, Set Designer Per Hjorth und Cutter Martin Hoffmann sowie der Line-Producer Kaare Storemyr. Anne Walser betreute die Postproduktion.


    Die Produktion entstand unter Mitwirkung von elf Chören und ueber 600 Darstellern aus der Region sowie mit Unterstützung des Freistaates Sachsen, der Stadt Dresden, der Schlösser und Gärten Sachsen, des Staatlichen Gestütes Moritzburg, des Ministeriums für Forst- und Landwirtschaft, des Sächsischen Staatsforsts, des Nationalparks Sächsische Schweiz, der Gemeinde Triebischtal, der Evangelischen Kirchgemeinde Triebischtal-Miltitz und des Stadtkrankenhauses Friedrichstadt.


    *Constantin Film bringt am 23. Dezember »Der Freischütz« bei uns ins Kino.


    LG


    :hello:


    PS: Dank an Elisabeth fürs Aufspüren!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Huch, wo ist denn unsere kleine Diskussion zum Freischütz hin, Harald? Gelöscht?




    Nun denn: Guten Morgen zusammen,




    Schnee geschippt, Baguettes fürs Fondue schon gekauft, Knoblauchzehe für die Kräuterbutter vergessen, gleich noch Geschenke einpacken - schnell ein paar Zeilen:




    Gestern war ich im Freischütz. Gähnend leer war's. Außer mir nur fünf
    weitere Hanseln. Es bleibt dabei: ich liebe diese Musik - dirigiert von
    Daniel Harding in Dolby Surround ist sie noch mal so schön, so
    romantisch, märchenhaft, schmissig, gruselig. Leider fand ich es aber
    gesanglich wenig überzeugend. Das kann natürlich auch an der Tontechnik
    liegen. Es klang alles so dumpf und knödelig. Von Brillanz keine Spur.
    berichtet mir mal, wie Ihr das empfunden habt. Ich habe den Vorführer
    sogar noch gebeten, was am Ton zu machen. Dann wurde es wenigstens
    lauter:-) Letztendlich hat mich nur der Eremit von Rene Pape und auf
    weiten Strecken auch das Ännchen der Regula Mühlemann begeistert. Bei letzterer kommt
    allerdings auch noch der Pluspunkt der Ausstrahlung dazu. Womit wir beim
    Knackpunkt dieser Verfilmung sind. Regisseur Neubert betont das
    Romantische der Oper, so steht es schon - allen Regietheatergenossen
    zum Trotz - im Vorspann: ROMANTISCHE OPER. Er bindet den Wald ein, wo es
    nur geht. Besonders schön in der Ouvertüre in Verbindung mit Rauschen,
    Knarren, Vogelrufen. Herrlich ist das! Auch die Überblendungen zum
    Napoleonkrieg passen. Dennoch hätte ich es besser gefunden, wenn es in
    der librettogemäßen Zeit, also kurz nach dem 30jährigen Krieg gespielt
    hätte. Dann hätte das dämonische Element der Oper weniger aufgesetzt
    gewirkt.




    Leider erschließt sich mir nicht die Kameraführung. Ich mag es schon
    nicht, wenn eine Ouvertüre für Titeleinblendungen genutzt wird. Ich
    hätte den Film nur mit Waldgeräuschen und Impressionen beginnen lassen
    (wie bei Sound of Music :D
    ), da dann die Titel eingeblendet und langsam die Musi einspielen
    lassen. Aber gut. Zu Anfang gibt es noch viele und abwechslungsreiche
    Schnitte. Reitende Jäger zu von Webers Musik, das hat was:-) Doch dann
    wird es immer einfallsloser: Die Kamera gefriert schier ein. Wo bleiben
    die Vogelperspektiven? Wo die Halbtotalen? Gegenlichtaufnahmen? Singende
    Münder in ewigst langen Großaufnahmen, das hat schon nicht bei so
    engelsschönen Wesen wie der fair lady Audrey Hepburn funktioniert. Und
    hier leider auch nicht. Es berührt einen nicht. Mein Mitleid hielt sich
    leider bei 0 Prozent. Sie spielen noch nicht mal schlecht, aber die
    Maske ist auch nicht sehr hilfreich: Max sieht eher aus wie Kaspar -oder
    schneidet er sich aus lauter Depressionen nicht mehr die Haare? Er
    läuft extrem schmuddelig rum. Agathe ist wie aus dem Ei gepellt und dass
    die beiden sich mal umarmen, kann man sich kaum vorstellen. Tun sie
    dann auch erst zum Schluss.




    Kurzum: Ichverstehe nicht, dass das Medium Film nicht komplett
    ausgeschöpft wird: Wenn ich doch so eine Oper auswähle, dann ab in die
    Vollen. Dann sollten bei "umschwebt ihn Ihr Geister" die dunkeln
    Schatten nur so fliegen. Die flattern aber erst bei der Wolfsschlucht.
    Die Musik hat mir Schauer über den Rücken gejagt. Tatsache, vor allem in
    Verbindung mit den Geräuschen: Da rauscht und heult und knackt es.
    Kaspar enthauptet einen der toten Soldaten in der Schlucht (so hatte ich
    das bei meiner Inszenierung auch gemacht:-)) und dann könnte dank
    moderner Computertechnik doch der Budenzauber beginnen. Tut er aber
    nicht: Es bleibt bei abstrakten Lichtspielen (Ich habe prompt die Nacht
    vom Physikunterricht geträumt) , aus denen sich etwas Böses
    materialisiert. Das war nicht schlecht, doch ich hätte mir mehr
    gewünscht. Mehr Shyamalan, Spielberg, Lucas. Ja, ja - ich kann mir schon
    denken, wie die Mitleser aus anderen Foren jetzt hämisch züngeln. Doch
    ich stehe dazu, wenn schon kinotopp, dann richtig und ich glaube, dass
    man damit auch ein anderes Publikum gewinnen könnte. Die Geschichte ist
    nämlich wirklich schön und funktioniert immer noch und die Musik
    sowieso. Auch glaube ich, dass Herr Neubert mehr wollte, doch sich
    vielleicht nicht immer getraut hat? Vieles bleibt im Ansatz stecken,
    wird nicht auf den Punkt gebracht. Zumindest gibt es aber keine
    regietheatertypischen Brechungen, wenn man mal von der Waschung toter
    Soldaten bei Agathes Gebet oder dem Häuten und Ausweiden des Wildgetiers
    zum Vorspiel des 4. Bildes absieht...





    Die Dialoge sind arg zusammengestrichen und ich glaube, dass man als
    Librettounkundiger viele Zusammenhänge nicht versteht. Allerdings werden
    die Dialoge überwiegend sehr gut und natürlich gesprochen, vor allem
    vom Kaspar. Im Theater wird ja doch vielles deklamiert, hier wird
    geflüstert, gemurmelt, gezischt, sodass die Texte regelrecht wachgeküsst
    werden. Das hat mir gut gefallen.




    Fazit: Es hätte Mehr sein können. Dennoch gibt es schöne Momente und
    lohnt sich, mal zu sehen. Besser als der Regietheatermist allerorten ist
    der Film allemal. Und ich hoffe, dass noch mehr Opern verfilmt werden. Man stelle sich vor: Königskinder in Waldromatik! Ein Traum! In diesem sinne: Frohe Weihnachten euch allen!


    Mist, jetzt musste ich mich neu anmelden. Erfreulicherweise hatte ich meinen Text schon kopiert, doch dann wird der immer so dumm layoutet. ist mir schon ein paar Mal passiert. Kann man das irgendwie umgehen????


    Noch was: HAtte mal einen Thread eröffnet: Wie würdet Ihr den Freischütz inszenieren? Finde den leider nicht mehr. Ist der auch vom Absturz gefressen worden?

  • Huch, wo ist denn unsere kleine Diskussion zum Freischütz hin, Harald? Gelöscht?


    Ja, leider. Nur der erste Beitrag von damals wurde gerettet (Dank an Elisabeth!), der Rest unserer Diskussion ist der mangelnden Datensicherung beim Crash zum Opfer gefallen.


    Lieber Knuspi, herzlichen Dank erstmal für Deinen schnellen und ausführichen Bericht. Zwar bin ich enttäuscht über den mangelnden Zuspruch, hatte eigentlich ein volles Haus erwartet, aber das kann ja auch am Termin so kurz vor den Feiertagen oder am Winterwetter gelegen haben!
    Zu wünschen wäre es dem Film, dass eine größere Zahl an Zuschauern die Kinokasse füllt! Aber vielleicht bekommen wir ihn auch schon bald im Pantoffelkino zu sehen.


    Ich will mir den "Freischütz" auf jeden Fall im Kino ansehen, komme erst nach den Feiertagen dazu, hoffentlich wird er nicht frühzeitig abgesetzt mangels Publikumsinteresse.


    LG


    8)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Aus Angst vor eben diesem verfrühten Absetzen waren wir heute in Köln im Cinedom im Freischütz. Sicherheitshalber hatte ich heute Nachmittag mal zwei Karten reserviert.


    Was soll ich sagen...: Begrüßt wurden wir von der Kartenabreißerin mit den Worten: "Waren Sie das, die reserviert haben? Dann bleiben Sie wohl alleine..." Ich bin noch nie in einem Kino persönlich begrüßt worden. Wir, das sind meine Frau und ich, waren dann im Kino 8 des Cinedom vollkommen alleine...


    Nun ja. Zum Film die Tage noch mehr, wenn ich es ein Bißchen habe sacken lassen. Zum Kino: Ich hätte mir etwas von dem Boxenvolumen gewünscht, dass uns bei jedem Hollywood-Trailer vorab um die Ohren geblasen wurde. Es war nicht wirklich leise, aber auch noch nicht so, wie ich mir das gewünscht hätte. Die Schauspielerischen Leistungen fand ich großartig. Warum sich der Kasper allerdings meistenteils kriechend fortbewegt, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Und Max hätte sich wenigstens für seinen Probeschuß mal waschen können. Warum müssen die Menschen neuerdings in Historienfilmen immer wie die Schweine aussehen?!?


    Wie dem auch sei: ich glaube, lange hält der Film sich nicht im Kino. Die ganzen Werbeblöcke und Trailer vorab sind aber auch ernüchternd und vollkommen deplatziert. Irgendwelche Rap und Hip-Hop-Werbungen helfen wirklich nicht, die Opernzielgruppe ins Kino zu holen. Und um eine neue Zielgruppe zu erschließen ist der Film 'zu werktreu' (wenn er auch um einige hundert Jahre nach hinten in die napoleonische Zeit verlegt wurde). Man hätte dann vermutlich die Musik ver-rappen und die Dialoge krass fett modernisieren müssen, ey, 'sch schwör!


    Mir hat der Film sehr gut gefallen, mit kleineren Abstrichen. Aber ein Kassenschlager wird das nicht...

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  • Sagitt meint: überall wahrscheinlich, jedenfalls auch in Bremen, so gut wie keine Zuschauer.


    Auch ich befürchte immer, dass Filme, die so wenig Zuspruch haben,sofort wieder aus den Kinos verschwinden und war deswegen gestern im Film.


    Das Naturalistische hat mich weniger angesprochen. Die Verlegung der Handlung in das Jahr 1813 macht nicht so viel Sinn, weil zur Fascination seinerzeit gehörte, dass es möglichst weit in der Vergangenheit lag,eben in der Zeit des dreissigjährigen Krieges.


    Da sind viele, sicher sehr teure Scenen eingebaut worden, die für den Ablauf kaum eine Rolle spielen.


    Die Wolfsschlucht,herrlich die sächsische Schweiz, ist modern gruselhaft. Lauter tote Soldaten,einem wird der Kopf abgeschnitten, modernes Schauerkino halt.Samiel, ebenfalls ein modernes Technikmonster.


    Also vom Sehen hat es mich nicht sonderlich beeindruckt.
    Vom Hören?


    Wenn ich an Kleiner sen.Kleiber jun. oder Harnoncourt denke, gefällt mir diese Wiedergabe unter fast keinem Gesichtspunkt.
    Weder vom Orchester noch von den Sängern her.Selbst Juliane Banse. sicher mit grosser Freischütz-Erfahrung kann nicht überzeugen, wird eigentlich,optisch und stimmlich, vom Ännchen ausgestochen.


    Fazit: Ich würde da nicht noch eimal reingehen und kann es auch niemandem empfehlen. :thumbdown:

  • Für mich einer der besten Opernfilme:




    Sorry, irgendwie spinnt die Technik. Klickt einfach oben auf den kleinen Punkt drauf, dann kommt Ihr zu einem Meilenstein der Opernverfilmungen.


    Das kommt gelegentlich bei nicht mehr erhältlichen, oder wie in diesem Fall, gar nicht von Amazon geführten Titeln vor.
    Theo

  • Kurz vor dem jahresende hier noch meine Meinung zum Freischütz:
    Insgesamt war ich ganz zufrieden: Opernfilme sind immer schwer, da richtige Sänger, die so tun als würden sie singen, doch meistens unfreiwillig komisch aussehen. Dennoch wurden die Sänger ganz gut eingefangen, was man von den Kostümen und der Maske kaum sagen kann. Ich stimme zu, dass die Männer viel zu dreckig aussehen und Max sah viel zu sehr verkommen aus. Dass der Mann so zu seiner Hochzeit gegangen wäre, glaubt ja wohl kein Mensch. Gewaschen haben die sich ja auch....
    Von der Regie gab es interessante Ideen: Das Treffen mit Agathe und dem Eremiten wurde als Puppentheater erzählt, so wurde der Freischütz, der ja auch eine großartige Oper für Kinder ist, direkt in die Nähe der Kinder gesetzt, die dem Ermiten gelangweilt oder gespannt lauschten. Von der Wolfsschlucht hatte ich mir etwas mehr erhofft: Großartig der Kamera-Abstieg hinein zwischen die Felsen, spannend der Dialog Kasper - Samiel, den man übrigens nicht sieht, der nicht brüllt, sondern bedrohlich flüstert. Beim Kugelsegen hätte man mehr drauß machen können: Ein Computeranimiertes Lichtgebilde, dessen herkunft ich nicht verstanden habe, das Kasper und Max zurücktreibt, ein paar herabstürzende Steine, Max Blick in das Universum, das war mir zu vage und zu wenig. Nach einem schön erzähltem Finale, dann ein ruhiger Ausklang im Wald. Schön, dass hier nicht einfach abgeblendet wurde, sondern der Moment ausgekostet wurde.
    Sängerisch war der Film gut bis sehr gut besetzt. Mit Juliane Banse bin ich persönlich noch nie richtig warm geworden, ihre Höhe strahlt mir zu wenig. Dennoch war ihre Leistung ordentlich. Regula Mühlmann als Ännchen ist ein riesiges Versprechen für die Zukunft, ich möchte sie gerne als Zerlina oder Susanna mal hören, eine tolle Interpretation war das. Michael König ist ein ordentlicher Max, wird aber vom dämonischen Michael Volle, der sich famos in die Rolle wirft, über den Haufen gesungen. Stark besetzt waren die Nebenrollen: Grundheber als Ottokar und Pape als Ermeit sind klasse, Olaf Bär habe ich schon besser gehört und Benno Schollum fand ich als Kuno zu blass.
    Auch das Dirigat von Daniel Harding kann sich hören lassen. Als ob er selbt eine große Leinwand füllen wollte, setzt er auf breiten Sound, und eher gemäßigte Temoi, die er den zupackend steigern kann. Ich werde mir den Soundtrack so fern es einen gibt, auf jeden fall zu legen.

  • Gestern hab ich mir den Film angetan. Das Münchner Filmtheater am Sendlinger Tor ist gottlob ein Kino mit schöner alter Theateratmosphäre (einschließlich Balkon), was der Stimmung schon mal gut tut. Hinzu kommt glücklicherweise eine recht gute Soundanlage, die den teilweise ja recht schmissigen „Soundtrack“ recht eindrucksvoll und passend rüberbrachte. Immerhin etwa zur Hälfte besetzt mit vorwiegend älterem (bis altem) Publikum, und: keine Werbung, keine Vorfilme – sofortiger Beginn.


    Nach den knapp zweieinhalb Stunden bin ich dann einigermaßen ratlos gegangen. Ich hatte zwar keine (großen) Erwartungen, aber schon nach kurzer Zeit zeigte sich für mich, was an dem Experiment „Spielfilm-Oper“ bzw „Opern-Spielfilm“ (hier) nicht so recht funktionierte. Die (durchaus tollen und liebevoll gestalteten) Bilder waren für die Musik m. E. viel zu „schnell“ umgesetzt, zu unruhig und der jeweiligen Stimmung und der musikalischen Handlung nicht gerecht werdend. Zudem sind einzelne Szenen mit den jeweils zugehörigen „Effekten“ (z.B. der einminütige plötzliche Platzregen beim Tanz zu Beginn) ohne Sinn und Dramaturgie quasi aneinandergereiht worden. Die Figuren fand ich durchwegs passabel bis gut; auch wenn der Max (als Figur) für meine (!) Begriffe vollkommen fehlbesetzt war (so brilliant Michael König auch gespielt und gesungen hat). Das über weite Strecken vollkommen deplatziert grimmige Gucken durch ungepflegte zottelige Haare passt irgendwie so gar nicht zu meinem Max-Bild. Und man hat ihm nie und nimmer abgenommen, dass er der „Liebste“ der Agathe ist - dass die beiden ein Paar sind.


    Vollkommen daneben – entschuldigt bitte – fand ich die Wolfsschluchtszene. Da wurde eine ganz ganz große Chance vertan, die Librettoanweisungen ( die ja auf einer Bühne so unglaublich schwer rüberzubringen sind), entsprechend umzusetzen. Eine der schönsten und für diese Szene passendsten Landschaften Deutschlands, und nix als nackte Felsen in Nahaufnahmen und deplatzierte (und noch nicht mal richtig tot aussehende) Soldatenleichen. Und was sollte der ganze Hightech-Shice á la Armageddon oder Matrix? Ich saß nur kopfschüttelnd da.


    Absolut nervig empfand ich auch die unruhige Kameraführung (Handkamera), die jede kleinste Regung der Charaktere mitgegangen ist. Das mag beim unruhigen Geist Kaspar vielleicht noch halbwegs Sinn gemacht haben, aber ansonsten fand ich es nur störend. Zumal sich dies auch und gerade bei den unnötig langen Nahaufnahmen auf die Gesichter extrem störend bemerkbar machte. Ich glaube, man hätte mir einer ruhigeren Kameraführung und längeres Verweilen in (den wunderschönen) Totalen und Halbtotalen der Sache und der Stimmung erheblich gerechter werden können. Genug genörgelt; insgesamt eine dennoch eindrucksvolle Arbeit.


    So, just my five cents, und das Bier hat uns anschließend trotzdem geschmeckt. Ich denke, als Liebhaber dieser Oper sollte man sich den Film durchaus anschauen – und dann als Episode ins geistige Archiv legen.

  • Es ist schon erstaunlich, wie stark der Biedermeier-Geist den "Freischütz" verdorben hat. So verdorben, dass einige sich eine solche "Freischütz"-Biedermeier-Szenerie zurückwünschen.


    Dabei ist doch völlig klar, dass Max und Kaspar hier zwei ehemalige Kriegskumpane sind. Wobei beide unterschiedlich mit ihrem Leben weiter verfahren. Wenn man das verstanden hat, dann wird klar, dass so schnell nach dem Krieg keine Verwandlung des Max möglich ist. Wie wäre sonst zu erklären, dass er immer wieder auf Kaspar reinfällt. Dafür ist dem Regisseur etwas gutes eingefallen: äußerlich ist Max noch der alte heruntergekommene Kämpe aber im Inneren versucht sich Max zu wandeln, einen Neuanfang zu versuchen. Dabei ist ihm Agathe behilflich, die sich in ihn verliebt hat. Ja, aber warum verliebt sich ein junges Mädchen in solch einen Mann: er ist ein Kerl, mutig, kampf- und kriegserprobt und eben kein smarter Schwiegermutter-Wunschkandidat-Schönling. Früher zählten andere Werte. Max ist kein Fenton-Nicolai-Verschnitt, sondern von ganz anderem Kaliber: ein weit über eindimensionale Lortzing-Flotow-Nicolai-Bürschchen hinausweisende Charaktergestalt mit Ecken und Kanten.




    :hello: LT

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Da ich den Film grad erst am Wochenende gesehen habe, will ich hier einmal meine Resümee dazu abgeben.
    Nun vielleicht habe ich zu viel erwartet, aber ich war etwas enttäuscht. "Der Freischütz" gehört nicht unbedingt zu meinen Lieblingsopern (ich mag ihn, aber ich liebe ihn nicht), möglich dass ich deswegen trotz allem viele Ideen des Films sehr gut und interessant fand, Problem dabei scheint mir aber, dass diese Ideen oftmals im Rohzustand stecken bleiben.
    Erstmal das Positive...die Verlegung der Handlungszeit vom Ende des 30jährigen Krieges zum Ende der Napoleonischen Kriege hat mich nicht gestört, wenn sie im Grunde genommen auch völlig hanebüchen und sinnlos ist (die Kostüme sind einfach nur andere), glaube aber, dass das mit einem vermeintlichen Zuschauergusto zusammenhängt, der diese Zeit Anfang des 19Jh. eher mit Romantik in Verbindung bringt als die Mitte des 18Jh. Das in der Ouvertüre Geräusche der Handlung eingeflochten waren, finde ich passend und naheliegend bei einer Filmumsetzung, sowas hat etwas Dynamisches (ganz und gar undynamisch fand ich die Kameraarbeit...sehr statisch und teilweise glorios daneben). Auch das Max und Kaspar hier Kriegkumpane sind ist ein guter Einfall und die moderne Sicht auf die Figuren...beide als mehr oder minder Kriegstraumatisierte, was sich auch in deren Äußeren ausdrückt, weshalb ich zB die Auslassungen über die Optik des Max nicht verstehe, so wie das im Film gedacht ist, passt das sogar sehr gut. Besser hätte ich noch gefunden Kaspar noch mehr als völlig Traumatisierten darzustellen, Samiel als Ausbund seiner Verstörung.
    Die Wolfsschluchtszene, nun gut, spektakulär war das nun wahrlich nicht, hätte ich auch mehr erwartet. Im Ansatz gar nicht schlecht, die Schlucht voller toter Soldaten, Max Blick ins Universum usw. aber da fehlt mir irgendwie der letzte Schliff, das wirkte reichlich unfertig auf mich. Man hätte Kaspar wirklich gut mit sich selbst sprechen lassen können (auch wenn Michael Volle wohl auch Samiel spricht), als weiteres Zeichen seiner Verwirrung.
    Auch hatte ich den Bildern nach zu urteilen mehr Wald erwartet, das war letztlich doch etwas spärlich, so insgesamt.
    Szenen wie das Tiere ausnehmen und das Heranreiten der Jägergilde zum Thema des Jägerchors fand ich sehr gut.
    Aus Agahthes Nachtwandel-Szene hätte man auch mehr machen können...minutenlang einfach nur singend auf dem Turm stehn, wurde mir schnell langweilig. Wie hier bereits erwähnt, war die Eremiten-Szene sher unspektakulär, so lieblos eingeworfen.
    Was die Darsteller angeht, bin ich weitesgehend zufrieden. Michael König als Max hat mir super gefallen, er hat das, was für die Lesart richtig war, super herübergebracht, auch wenn ich mit seinem Timbre nicht recht warm wurde. Michael Volle als Kaspar hätte ich mir noch düsterer gewünscht, auch fehlte mir bei ihm etwas die letzte Hingabe, gesanglich okay. Julia Banse war mir als Agathe dann doch etwas zu hausbacken, klar soll sie ein Kontrast zu Ännchen sein (Regula Mühlemann, wie schon oft hier gesagt, eigentlich das Highlight dieses Films), aber es war mir ein wenig zu "gehemmt". René Pape als Eremit auch ein Glanzpunkt, wenigstens gesanglich. Die restliche Männerriege läuft bei mir unter okay, kann ich mit leben.
    Orchestral war es mir teilweise zu hastig und auch ein wenig lapidar runtergespielt.
    Letztlich hat der Film für mich etwas Steriles und Kaltes, so richtige Herzenswärme kam bei mir nicht auf. Trotz der tollen Kulissen und Kostüme fehlte mir ein wenig das Organische im Ganzen.


    Aber das es einen Film wie diesen gibt, empfinde ich schon als positiv, wollen wir hoffen, dass Produktionen von richtigen Opernfilmen immer mal wieder gewagt werden.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Lieber spät als nie: mittlerweile hatte ich auch die Chance, diesen Film als BluRay zu genießen.



    Gemäß den vorstehenden Rezensionen war es scheinbar nicht immer im Kino möglich, den Sound optimal wiederzugeben; ungeachtet dessen ist die Bild- und Klangqualität auf der Blu Ray Disc vom Feinsten, ein absoluter Genuß.
    Trotz der ein- oder anderen Schwäche fand ich den Film, alles in allem, wirklich ganz fabelhaft! Musikalisch wie schauspielerisch war ich sehr angetan.
    Der Max war gut gesungen, wenn es auch sicher noch bedeutendere Vertreter dieser Rolle geben mag, aber ingesamt würde ich Michael Schöne im Zusammenspiel von Darstellung und Gesang eine sehr gute Leistung bescheinigen. Auch Michael Volle bringt die notwendige, unheimliche Atmosphäre eindrucksvoll zum Tragen, wenn ich persönlich eventuell einen noch etwas "schwärzeren" Bass bevorzugen würde, Gottlob Frick hat einen Kasper abgeliefert, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, aber wen könnte man schon mit Gottlob Frick vergleichen...
    Juliane Banse gefällt mir ebenfalls sehr gut als Agathe, ihr sinnlicher, etwas schwererer Sopran und ihre melancholisch-ängstliche Wesensart, die nur gelegentlich durch Ännchen aufgehellt wird, finde ich ausgesprochen beeindruckend und mitreißend; gerade im Zusammenspiel mit dem genialen Ännchen von Regula Mühlemann erlebt man ein wahres Fest! Gerade die mir bisher unbekannte Regula Mühlemann ist betörend, mädchenhaft, hell und freundlich, aber nie oberflächlich, sondern seelentief, in ihrem Blick ahnt man, dass sich hinter dieser zarten, fröhlichen Maid noch etwas Tieferes verbirgt. In manchen Momenten spürt man, dass sie eine ganz feine, intuitive Ahnung der Schrecknisse hat, die sie umgeben, und dass alle ihre scheinbare, unbekümmerte Naivität nur eine Seite der Medaille ist. Zusammen mit ihrem hell strahlenden Sopran, der meisterhaften Phrasierung und Stimmführung gelingt hier eine profunde Auslotung der Rolle, die ihresgleichen sucht.
    Auch die weiteren männlichen Nebenrollen sind, wie bereits erwähnt, mit Franz Grundheber, René Pape, Olaf Bär und Benno Schollum hochkarätig besetzt.
    Was die allgemeine Inszenierung angeht, sind einige wunderschöne Momente und Bilder gelungen, allein die Wolfsschluchtszene hätte auch für mein Gusto noch wirksamer in Szene gesetzt werden können.
    Die BluRay wartet außerdem noch mit opulentem Zusatzmaterial auf, es gibt ein Making of, Interviews mit allen Sängern, eine Fotogalerie, alles sehr interessant und sehenswert.


    Fazit: für mich ein insgesamt überaus ansprechender, toller Film, den ich noch oft anschauen werde.