Bekannte Namen umgeben einen Unbekannten…
Leopold Anton Kozeluch wurde am 26. Juni 1747 in Welwarn als eines von 16 Kindern des fleißigen Schusters Anton Bartholomäus Kozeluch [1708-1794] geboren. Offenbar stellten seine Eltern ob der großen Kinderschar keine allzu großen Überlegungen mehr an und tauften den Knaben auf den Namen Johann Anton [Ioannes Antonius]. Sie konnten ja auch nicht wissen, dass ihr Sprössling es seinem etwas älteren namensgleichen Cousin [1738-1814] gleichtun und Komponist werden würde. Die beiden „Namensvettern“ und deren Schöpfungen auseinander zu halten, hat der Musikforschung bis heute große Freude bereitet. Das konnte auch Kozeluchs später selbst vorgenommene Vornamensänderung nicht wirklich verhindern.
Nachdem Kozeluch ersten Klavierunterricht bei Antonín Kubík erhalten hatte, widmete er sich dem Studium der Humaniora in Prag und besuchte fleißig philosophische und mathematische Lehrcurse, was ihn offenbar anregte, an der Prager Universität Jurisprudenz zu studieren. Anregte…, aber nicht fesselte: Er verabschiedete sich von seinem Studium nach Absolvenz des Naturrechtes zu Gunsten seiner Komponistenlaufbahn, die gar nicht mal so übel war:
Bereits als Elfjähriger hatte er mit ersten Klavierkompositionen aufgetrumpft, so war es ihm ein Leichtes, 1771 – als 24jähriger – als Auftragskomposition für das Prager Nationaltheater ein Ballett zu komponieren – von durchschlagendem Erfolg: es folgten 23 weitere Ballettkompositionen im Auftrage des Nationaltheaters innerhalb von 7 Jahren. Leider sind diese Werke heute allesamt nicht auffindbar und gelten als verloren [tut mir echt Leid, Lullist]. Kozeluch etablierte sich schnell zum geschätzten Pianisten und so verschlug es ihn 1778 nach Wien, wo er vermutlich auf Johann Georg Albrechtsberger traf. In Wien unterrichtete er Bekanntheiten wie Josepha [von] Aurnhammer, Maria Theresia Paradis [die übrigens selbst komponierte] und Simon Sechter. Aurnhammer und Paradis waren bekanntlich auch Schülerinnen Mozarts und Salieris. Kozeluch kursierte offenbar in besten Kreisen und war später auch mit Mozart, Vanhal und Dittersdorf bekannt.
Als ihm 1781 die Nachfolge Mozarts als Hoforganist in Salburg angeboten wurde, konnte er bereits gelassen darauf Pfeifen – er schlug die Stelle aus. Viel passender für seinen Geldbeutel kam ihm daher, dass er nach Mozarts Tode [05.12.1791] die bis Ende Februar 1793 unbesetzte Stelle als k.k. Kammerkompositeur vorläufig bereits seit Juni 1792 besetzte und ab dem 1. März 1793 dann offiziell. Er erhielt weitaus mehr als das doppelte Gehalt Mozarts und strich 1.500 Gulden Jahresgehalt ein. Das entspricht heutigem Geldwert von etwa 27.000 € - nicht die Welt, aber immerhin. Allerdings waren ihm auch ein paar Kleinigkeiten auferlegt, so hatte er beispielsweise jährlich eine Oper oder ein Oratorium, im Bedarfsfalle auch zwei weitere Opern zu komponieren. Dadurch erweiterte sich die Position und er konnte sich k.k. Kammer- und Hofkompositeur nennen. Diese Stelle behielt er bis zu seinem Tode.
Kozeluch heiratete Maria von Allstern, konnte aber dem Vorbild des Vaters nicht ganz gerecht werden: Aus der Ehe gingen eine Tochter Katharina und ein Sohn Anton hervor. Weiterhin wird vermutet, dass es sich bei Baptist Kozeluch um einen weiteren Sohn Kozeluchs handelt. Er starb am 7. Mai 1818 in Wien an zurückgetrettener Gicht, wie es heißt. Ja, man war erfinderisch damals…
Kozeluch war übrigens Freimaurer und gehörte den Logen Zum Palmbaum sowie seit 1782 Zu den Drei Adlern an. Seinen dienstlichen Pflichten wurde er gerecht, hielt sich aber bei sakralen Werken deutlich zurück:
Oratorien
Moisè in Egitto, azione sacra [Wien, 1787]
La Giuditta
Opern
Mazet, Oper 2 Akte [Wien, 1780]
Debora e Sisara, Seria 2 Akte [Wien, 1789]
Didone abbandonata, dramma serio 3 Akte [Wien, vor 1790]
Telemach auf der Insel der Kalypso [Prag, 1798]
Judith und Holofernes, Oper 2 Akte [Wien, 1799]
Ballette
La principessa Adelasia ritrovata, 1782
La tempestà di Telemacco, 1798
Die Maskerade, 1799
La morte di Ottone II imperatore,
1791 zur Krönung Leopolds II. In Prag [vgl. La clemenza di Tito, Mozart]
Sein Werk umfasst weiterhin Kantaten, Chöre, mehrstimmige Gesänge [Notturni], eine Vokalsinfonie Dum ti dum, französische und italienische Arien, mehr als 20 Sinfonien, darunter drei Concertante [eine davon mit Mandoline und Trompete], über 80 Klaviertrios, 2 Klarinettenkonzerte, 3 Konzerte für Klavier vierhändig, etliche Klavierkonzert [nur zweihändig], Divertimenti, Serenaden, Quartette, Tänze, Duos, Sonaten . . .
Kozeluch publizierte oft im Eigenverlag, auch Werke anderer zeitgenössischer Komponisten wurden verlegt.
Seine Schöpfungen sind generell ausgezeichnet und mit gediegener Beschaffenheit, gutem Geschmack und korrekter Harmonik im Überfluß augestattet; und die Imitationen Haydns sind weniger häufig als bei jedem anderen Meister dieser Schule… – so Charles Burney in dem 1789 veröffentlichten letzten Band seiner General History of Music. Kurz an Mozarts Haydn-Quartette erinnert, liegt der Grund für Mozarts Rage doch ziemlich nahe…
Noch besitze ich nur zwei CD’s mit Werken Kozeluchs:
SINFONIEN C-Dur, A-Dur „à la française“, D-Dur „Periodique“ und B-Dur „L’irresoluto“
CONCERTO KÖLN
Die C-Dur-Sinfonie ist einmalig, Haydn’s „Maria Theresia“ könnte einpacken dagegen…
Kaufzwang wegen des Klavierkonzertes D-Dur, dankeswerter Weise von Karl-Andreas Kolly eingespielt. Ihm fehlt etwas der Sinn für Humor, sonst ganz ordentlich, elegant und spritzig. Kozeluch zitiert böshaft im ersten Satz Mozart’s D-Dur-Violinkonzert thematisch eisenhart, der dritte ein Variationssatz – bezaubernd. Es git sogar eine Variation, in der das Klavier schweigt, dafür fehlt die bei Mozart obligat gewordene moll-Variation. Da haben wir nicht aufgepasst, gell, Herr Kozeluch…
Hinweisen möchte ich noch auf diese Besonderheit:
Einige CD’s mit Seltenheitswert findet man übrigens hier: