Aix en Provence: "La Traviata" mit Natalie Dessay


  • Lieber Bernward
    Das ist die Traviata, die ich oben beschrieben habe. Leider gibt es sie nur als CD. Wie gesagt, ich habe sie auf Video und alles weitere wird sich in nächster Zeit finden.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Mich wundert nicht, dass Dessay bei der Kritik nicht unbedingt gut wegkam. Sie verfügt nicht über die stimmlichen Mittel, um einer Violetta ganz gerecht zu werden. Dafür ist ihr Sopran zu eindimensional und es fehlen ihr die Farben und auch die Dramatik in der Stimme, die sie für diese Partie benötigt. Sie schlägt sich stellenweise wacker, aber ihre Stimme ist einfach zu leicht für diese Rolle.


    Am Anfang störte mich Castronovo's ständiges Flackern in der Stimme. Mir persönlich ist die Stimme zu dunkel timbriert. Aber er hat die Partie gut gesungen.
    Als Darsteller war er sehr schwach. Dieser immer gleiche Gesichtsausdruck mit dazugehörigem Dackelblick war auf Dauer schlichtweg nervig. Schauspielunterricht wäre dringend nötig.


    Der beste Sänger auf der Bühne war Tezier. Sehr gut gesungen. Dieser Bariton ist mir bisher eigentlich noch nie richtig aufgefallen.


    Die Inszenierung gab nicht viel her.
    Eine große schwarze Bühne mit wenigen Requisiten (mal was ganz neues :rolleyes: ).


    Aber warum gab es so wenig Nähe zwischen Violetta und Alfredo? ?( Manchmal schien es als liefe sie vor ihm davon. Oder war es umgekehrt?
    Ein Beispiel: Im letzten Bild - als sie sich endlich wieder sehen - fallen sie sich vor Freude nicht in die Arme, sondern Violetta dreht ihm den Rücken zu. Er bleibt auch einfach stehen.


    So kann man keine Liebe glaubhaft rüberbringen und wen soll das berühren? ?(
    Das Publikum zeigte dieser Inszenierung ja auch die rote Karte.


    Den Vogel schoß ja die Moderatorin ab als sie beim Bühnenvorhang des Regieteams meinte, dass auch der Regisseur vom Publikum bejubelt wird während man eindeutig recht viele Buhs hören konnte. :pfeif:


    Eine recht enttäuschende Traviata.


    Gregor

  • Im Traviata-Thread habe ich geschrieben - und Dir auch am Telefon erzählt, lieber Chrissy - daß ich diese "Traviata" auch auf DVD besitze.
    Ich habe sie bei premiereopera, New York, bestellt und bekommen. Leider ist die Bildqualität nicht berauschend. Es handelt sich um ein NTSC-Videoband, das auf DVD umkopiert wurde.


    Allerdings ist dies der Thread zur Traviata 2011 in Aix-en-Provence.

    LG


    8)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Der beste Sänger auf der Bühne war Tezier. Sehr gut gesungen. Dieser Bariton ist mir bisher eigentlich noch nie richtig aufgefallen.


    Dabei hat er hier um Forum sogar einen eigenen Thread:


    Ludovic Tézier - französischer Bariton


    Allerdings ist er bisher hier oft verissen worden. Ich erinnere mich an eine Operngala in Baden-Baden mit Netrebko und Co., als er für Mariusz Kwiecien einsprang und von einigen Taminas herb kritisiert wurde.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Mein lieber Harald!


    Hier im Forum sind schon Sänger und Sängerinnen anderen Kalibers böse kritisiert worden, die hießen z. Bsp.: Franco Bonisolli, Kurt Rydl, Karl Ridderbusch und zuletzt Erika Köth. Wenn es aber unter die Gürtellinie geht wie bei der Köth, deren Stimme als "Operetten-Soubrette" bezeichnet wurde, spreche ich diesem Kritiker jegliche Fach-Kompetenz ab.


    Um auf den Bariton Ludovic Tézier zurückzukommen, er war für mich noch der Hörenswerteste dieser "La Traviata".




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Ich bin erst am Beginn des zweiten Aktes eingestiegen und war in meinen Gefühlen hin- und hergerissen, genauso wie Freund Fritz/Milletre geschrieben hat.


    Aber: Der Einwand des Alterunterschiedes kommt auf der Bühne immer wieder auf uns zu. Ich erinnere mich an glanzvolle, alte Vorstellungen, wo als Vater Eberhard Wächter und als Sohn Giuseppe Zampieri besetzt waren. (Optisch war Zampieri locker zwanzig Jahre älter als Wächter) Und beide hatten die Marotte, während der Vater-Arie den anderen am Kopf zu graulen - war immer eine humorvolle Einlage! Soviel zu den guten alten Zeiten!


    Trotzdem noch viele schöne Traviatas wünscht Euch


    Erich, der Operngernhörer

  • Das ist die Traviata, die ich oben beschrieben habe. Leider gibt es sie nur als CD.

    Die habe ich im Regal. Sehr gut. (Damals noch von Acanta). Aber hier im forum gibt es auch Meinungen, dass "Freni" nicht unbedingt die beste Besetzung sein soll.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • im forum gibt es auch Meinungen, dass "Freni" nicht unbedingt die beste Besetzung sein soll.

    Jeder darf und soll natürlich seine eigene Meinung haben. Die sei ihm unbenommen, zumal es immer eine individuelle und subjektiv persönliche Geschmackssache ist. Zwischen Freni und Dessay liegen für mich in allem Welten, ein Unterschied wie Tag und Nacht. Dies wird besonders deutlich, wenn man diese Aufnahme nicht nur hört, sondern auch sieht. Aber, wie gesagt, das ist meine Meinung und die muß für andere nicht richtig und auch nicht nachvollziehbar sein.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Man kann die Violetta mit verschiedenen Stimmtypen singen. Als spinto oder eher lyrisch, veristisch oder im belcanto-Stil - hat alles seine Berechtigung wenn es gut gemacht ist. Aber SINGEN muß man sie - in dieser Rolle kann man sich nicht mit reinem Intellekt drüberretten. Dessay ist weder eine Verdi Sängerin noch eine große Sängerin generell meiner Meinung nach. Das war ihre Olypmia im Hoffmann - ja. Aber stimmlich ist sie mittlerweile meilenweit von dem entfernt, was man für eine Traviata braucht. Da klingt alles leichtgewichtig oder pseudo-bedeutungsschwanger.


    Dessay ist eine engagierte, überdurchschnittliche Interpretin, die sich mit Routine clever durch die Schwierigkeiten der Rolle laviert. Sie arbeitet gewissenhaft mit dem Text und zeigt ein paar schöne Farben und Nuancen, die Stimme ist mittlerweile nicht mehr als ein Faden, kaum mehr belastbar und vom Timbre her spröde und unattraktiv. Ist sie wirklich eine große Schauspielerin? Bin da skeptisch.


    Der Bariton ist für mich keine Erwähnung wert, vom Tenor hab ich nur die verhaute Schlussnote nach der Arie im zweiten Akt im Ohr.

  • Liebe La Gioconda
    Als Olympia kenne ich die Dessay nicht, kann dazu nichts sagen. Allem anderen was Du schreibst, kann ich zustimmen. Bis auf den Bariton Teziere. Der war für mich noch der Beste von dem Ensemble. Die von mir beschriebene und hochgelobte Traviata mit der Freni kennst Du ja wahrscheinlich leider nicht, schade... Da hast Du garantiert was verpaßt.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Liebe taminos,


    Lesen bildet, auch lesen in diesem forum. Über N. Dessay gibt es hier sage und schreibe 457 Postings, allein im Thread - Nathalie Dessay - Belcanto par excellence - immerhin 91 Postings. An Warnungen, wegen ihrer vermutlich zu leichten Stimme die Traviata zu übernehmen, hat es hier im forum nicht gemangelt. Alles höchst interessant und lesenswert, wer mehr über sie erfahren möchte.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich hab mir dir Traviata auch aufgenommen und kann mit der Inszenierung eigentlich gut leben. Ein befreundeter Regisseur von mir meinte mal das man die Regieidee des " Theater im Theater " immer dann gerne nimmt, wenn dem Regisseur zu dem Stück sonst nichts einfällt . Trotzdem kann ich mit der Inszenierung gut leben, ich hab schon schlimmere Traviatas gesehen. Ich bin zwar ein Fan von Frau Dessay, doch ich finde mit der Traviata tut sie sich keinen Gefallen. Man muss nur mal die Traviata von Mirelle Delusche von 2003 aus Aix und der von Frau Dessay vergleichen. Darstellisch war sie hervorragend , aber sängerisch tat sie sich leider viel zu schwer. Ich habe selten eine Sopranistin gehört bei der das Finale des ersten AKtes so angestrengt geklungen hat. Wenn sie auf so einer kleinen Bühne schon ihre Schwierigkeiten hat möchte ich nicht wissen, wie das in Wien sein wird. Charles Castronovo war galnz zufriedenstellend, aber warum er die Stretta im 2. AKt unbedingt mit dem hohem Ton abschließen musste, was natürlich misslang, weiß ich nicht. Wie heißt ein Sprichwort : Weniger ist manchmal mehr . Der beste Sänger des abends war für mich Lodovic Tezier. Endlich mal kein Brüll Bariton. Ansonsten war alles eher durchschnitt.
    l

  • Die von mir in manchen Rollen sehr geschätzte Freni zählt nicht zu meinen liebsten Violettas. Zu brav, fast bieder - gesanglich schlägt sie sich ja gut, aber eben "nur" gut. - Aber allemal - gegen Dessay ist sie aber geradezu ein spinto-Sopran.


    Mich stört vor allem, daß Dessay so ganz offensichtlich aus der Not eine Tugend macht und die Partie so pseudo-vergeistigt, weil sie sie stimmlich so gar nicht ausfüllt. Dann muß man eben die Finger von der Partie lassen, auch wenn es einen noch so juckt.

  • Ich habe die Übertragung auf DVD vom Fernseher. Leider habe ich sie mir zu spät angesehen.


    Als Fan von Nathalie Dessay erwartete ich eine überzeugende Violetta und habe Karten für Wien gekauft. Es war eine Enttäuschung für mich, obwohl ich das in erster Linie der Regie anlaste.
    Oft ist es bei mir so, dass ich die elektrische Form (CD/DVD) schlechter beurteile als das Liveerlebnis. Hier hat mir beides nicht gefallen.


    Das ich diese Wienreise trotzdem in bester Erinnerung habe liegt an einer anderen Aufführung, die wir gesehen haben. Eigentlich die Notlösung für den freien Abend. Wir haben Händels Serse/Xeerxes im Theater an der Wien gesehen. Ein Traum! Die harmonischte und stimmigste Aufführung, die ich je gesehen habe. Es passte einfach allles:
    Das Theater, das Publikum, die Sänger (ihrer Rolle optimal angepasst) und deren gesangliche und schauspielerische Leistung, die Musik, die Kostüme und das Bühnenbild. Meine Begleitung bemerkte, dass sogar die Schuhe optimal zu den Kostümen passten. Naja - Frauen und Schuhe- ich habe das nicht bemerkt.
    Wenn ich mal eine grauslichen Inszenierung irgendeiner Oper erwischt habe und nach Hause komme, sehe ich mir ein Video an, dass ich damals gemacht habe. Während einer Vorstellung nie, aber beim Schlussapplaus mache ich gerne ein kleines Video um die Akteure, die Kostüme und das Bühnenbild zur eigenen Erinnerung fest zu halten. Bei dieser Aufführung hat mich Jean-Christophe Spinosi überrascht, als er von der Bühne aus noch einmal den letzten Chor (Ritorna a noi la calma) dirigierte. Daran, wie das Ensemble mit gesungen hat, konnte man erkennen, dass nicht nur das Publikum an diesem Abend Spass hatte.


    Gute Nacht


    Serse