Wege aus der Regietheaterkrise - konstruktiv

  • Zitat

    Zitat von Wolfram: Vielleicht dieses: Kinder, die diesem Bild entsprechen, sind vielleicht noch nicht zum Opernbesuch geeignet.

    Lieber Wolfram,


    ich habe meine eigenen Kinder und auch die Enkelkinder erst in einem Alter mitgenommen, in dem sie durchaus reif waren, eine Oper zu sehen (frühestens mit 12 Jahren) und dann zunächst in leicht verdauliche Opern. Sie hätten mich wohl wirklich für verrückt erklärt, wenn ich ihnen vorher eine Einführung gegeben hätte, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt und sie hätten es das nächste Mal abgelehnt, wieder in solch einen Unsinn zu gehen. Ich frage dich, wann sollte man den Nachwuchs denn an die Klassik heranführen? Etwa, wenn sie schon soweit sind, dass sie nur noch neuesten Pop hören wollen? Und glaubst du, dass sie diese Verrücktheiten verstehen, wenn wir als Erwachsene nicht einmal einen Reim darauf machen können, aus welchem Grunde alles so verdreht und entstellt werden muss?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    natürlich steht es mir nicht zu, darüber etwas zu sagen, dass Dich Deine eigenen Kinder für verrückt erklären könnten.


    Ich meine, dass ich im fraglichen Alter den Unterschied zwischen einem Libretto, einer Partitur und einer Opernregie durchaus verstanden hätte. Dass die geometrischen Körper in der "Zauberflöte" nicht in der Partitur standen, war mir ebenso klar, wie dass sie für die abgezirkelte Regelwelt des Sarastro-Ordens stehen, also eine zarte Kritik an der ach so heilen und geordneten Welt andeuten.


    Wo ist das Problem? Ich habe deswegen niemanden für verrückt gehalten, schon gar nicht jemanden, mit dem ich jahrelang aufgewachsen bin und über dessen geistigen Zustand durch andere Erfahrungen mir ein Bild machen konnte. - Ich finde Deine Argumentation daher ziemlich bemüht und offen gesagt unglaubwürdig.

  • Lieber Wolfram,


    du ziehst deine Argumentation an einer "Zauberflöte" auf, die ja nach deinen Schilderungen des Bühnenbildes - verglichen mit vielen Verrücktheiten heutiger Inszenierungen (ich meine nicht nur die Zauberflöte) - durchaus als akzeptabel gelten kann. Vielleicht neigtest du damals schon ein wenig zum Analytiker, was man wohl von den meisten Jugendlichen - damals und heute - nicht sagen kann. Ich meine, da überschätzt du viele Jugendliche. Aber auch viele Erwachsene (ich möchte sogar behaupten die meisten) - und das weiß ich nicht nur aus meinem Bekanntenkreis, sondern auch aus den vielen Beiträgen hier im Forum - gehen nicht in die Oper, um diese zu analysieren, sondern um sich an der Musik, dem dazu passenden Bild und der dem Inhalt entsprechenden Handlung zu erfreuen und nicht, um sich mit wahnwitzigen Interpretationen (vor allem auch in der Handlung) überdrehter Regisseure herumschlagen zu müssen. Und so halte ich deine Argumentation ebenfalls für unglaubwürdig.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die Hauptfrage ist für mich nach wie vor, ob Kindern dieses Theater gefällt.


    Ich war mit vier Jahren das erste Mal im Opernhaus und war begeistert. Diese Begeisterung hielt an. Es gab immer mal wieder Ausreißer, wie eine Aida, die im Zuge der Chereau-Verehrung in die Entstehungszeit verlegt wurde, aber grundsätzlich wurde ich als Kind und Jugendlicher wenig enttäuscht bzw. um die Erfüllung meiner Erwartungshaltung betrogen.


    Heute???? Mein Neffe war schon arg enttäuscht als er die karge Hänsel und Gretel-Inszenierung in Köln sah - und die zählt zu den gemäßigten Varianten... Bei ihm hat es bis heute nicht gefunkt. Befreundete Eltern berichten dasselbe: Die Kinder seien konservativer als sie selbst. Eine Beobachtung, die auch der jetztige und der letzte Kölner intendant machten.

  • Mir wäre es peinlich in Gegenwart Erwachsener gewesen, kopulierende, masturbierende oder urinierende Darsteller auf der Bühne zu sehen.


    Alles schon da gewesen: In der "Faust"-Inszenierung des bedeutenden Filmregisseurs Russell an der Wiener Wiener Staatsoper 1985 mußte der Sänger des Mephisto in der Gartenszene in ein Weihwasserbecken pissen. Dies veranlaßt mich zur Frage, wie wohl unsere Mainstream-Exegetiker Wolfram/Amfortas dies sachlich begründen könnten.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Meine erste Begegnung mit dem Regietheater:
    Ich kann berichten ,dass ich meinen ersten Opernbesuch 1995 als Neunjähriger hatte. ich besuchte zusammen mit meinen Grosseltern den berühmten Münchner Staatsopern-Hänsel zur Weihnachtszeit. Ich war derart begeistert, dass wir kurz darauf in die Zauberflöte inszeniert von Everding und den leider längst abgesetzten Rennert-Figaro besuchten. Weil ich so begeistert war besuchten wir kurze Zeit später auch die Idomeneo Neuproduktion. Ich hatte mich sooooo auf das Seeungeheuer gefreut, doch leider war dieses den Eskapaden eines damals noch unbekannten Herrn Homoki, der demnächst in Zürich wüten darf, zum Opfer gefallen.
    Ich erinnere mich zu gut, wie ich als Zehnjähriger in gespannter Erwartung auf die phantstische idomeneo-Handlung zwischen Opa und Oma in der Münchner Staatsoper sass ....und dann ging der Vorhang auf und jede Illusion wurde durch einen orangenen Würfel zunichte gemacht... Den Rest kann man sich ja denken...
    Woran ich noch erinnere: Es war beeindruckend als Zehnjähriger mitanzusehen wie sich zornige Opernbesucher den Weg durch die Zuschauerreihen bahnten und buhrufend die Türe zuknallten. Damals liess sich das Publikum eben nicht alle bieten...

  • Lieber figaroo,



    das ist genau das, was ich meine! Ich habe mich als Kind auch immer beim Lesen der Inhaltsangabe gefreut, wie die das auf der Bühne wohl lösen werden und erlebte dann die ersten Enttäuschungen mit dem Aufkommen des Regietheaters. Witzigerweise beschreibt Günter Krämer, der hier in Köln als Intendant gewütet hat, dasselbe: Er habe als Kind beim Siegfried sehnlichst auf den Drachen gewartet. Der kam dann aber nicht und er sei sehr enttäuscht gewesen. Schade, dass er daraus nichts gelernt hat. Und zu Homoki sage ich nur: Ich meide seine Inszenierungen!!!

  • Ich habe mich als Kind auch immer beim Lesen der Inhaltsangabe gefreut, wie die das auf der Bühne wohl lösen werden und erlebte dann die ersten Enttäuschungen mit dem Aufkommen des Regietheaters.


    Lieber Knusperhexerich,


    würdest Du so weit gehen, die von Dir beschriebenen frühkindlichen Traumata als Erklärung für die hier ausgelebte Aggressivität heranzuziehen - zumindest teilweise?

  • Oh - lieber Knusperhexerich, das tut mir leid. Bitte lass mich wissen, worin Deiner Meinung nach die Anmaßung besteht, damit ich miene Worte in Zukunft weiser zu wägen vermag. Ich kann nämlich keine Anmaßung erkennen und hatte auch eine solche nicht im Sinn.

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  • Lieber Wolfram,
    nun ist es wie bei Goethes "Dichtung und Wahrheit". Was heißt den hinterfragen. Ich war damals so um die 10 Jahre alt. Da läßt man wahrscheinlich das Ganze einfach kritiklos auf sich einströmen und haften bleibt wie in meinem Fall die gigantischste, grausige Szene. Komtur zieht den Bösen ins Grab. Eine der ersten Opern, die meine Tochter sah, waren die "Lustigen Weiber von Windsor" damals als eine der Abschiedsvorstellungen für Gottlob Frick inszeniert. Bei der Premierenfeier fragte Frick meine Tochter " Alexandra was hat Dir denn am besten gefallen"? Anwort "Lobl wie schnell du in den Waschkrob hinein gekommen bist". Wie an diesem Beispiel ersichtlich, Kinder empfinden anders. Sie erleben bis zu einem gewissen Alter Oper wahrscheinlich als musikalisches Märchen. "O, selig, o,selig ein Kind noch zu sein".
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Wolfram,
    nun ist es wie bei Goethes "Dichtung und Wahrheit". Was heißt den hinterfragen. Ich war damals so um die 10 Jahre alt. Da läßt man wahrscheinlich das Ganze einfach kritiklos auf sich einströmen und haften bleibt wie in meinem Fall die gigantischste, grausige Szene. Komtur zieht den Bösen ins Grab. Eine der ersten Opern, die meine Tochter sah, waren die "Lustigen Weiber von Windsor" damals als eine der Abschiedsvorstellungen für Gottlob Frick inszeniert. Bei der Premierenfeier fragte Frick meine Tochter " Alexandra was hat Dir denn am besten gefallen"? Anwort "Lobl wie schnell du in den Waschkrob hinein gekommen bist". Wie an diesem Beispiel ersichtlich, Kinder empfinden anders. Sie erleben bis zu einem gewissen Alter Oper wahrscheinlich ausschließlich als musikalisches Märchen. "O, selig, o,selig ein Kind noch zu sein".
    Herzlichst
    Operus

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  • Lieber Gunter Hämel,


    na, wenn ich einen Resignierten aus der Abstinenz in die Diskussion zurücklocke, dann hat es sich ja gelohnt.


    Einesteils hast du natürlich recht. - Ich habe hier darauf abgestellt, daß es immer jenseits der eigentlichen Handlung ein anarchisches Vergnügen gibt - Operus hat mit der Komturszene ja das beste Beispiel gegeben. Denn wenn ein Kind auch sonst nichts vom Don Giovanni versteht - das höhere Kasperletheater am Ende mit Rauch, Feuer und Höllenfahrt ist auch für Kinder großartig.


    Ich möchte - immer für meine Person, bei anderen mag alles anders sein - aus der anarchischen Freude an der unterschwelligen Dekonstruktion und Unterminierung, wie sie etwa in der Leverszene zum Tragen kommen, eine Brücke zur Freude am Regietheater schlagen, zumal was die Ironisierung und Infragestellung betrifft. Denn die inhaltliche Rückbindung dieser Auflösungstendenz beim Lever an die Handlung des Rosenkavaliers, die einen Moment großer Nachdenklichkeit schafft, habe ich erst viel später nachvollziehen können. Und sie schadet ja der Komik der Situation keineswegs.


    Ich hätte hier auch auf meine Fernseh-Erinnerungen an den in meine Kindheit viel gepflegten Feydeau im Boulevardtheater rekurrieren können. Der war natürlich auch werkgerecht. Aber mir vermittelten solche Produktionen einen ungeheuren Eindruck von Respektlosigkeit, Frivolität ud Klamauk in altehrwürdiger Gewandung. Für mich hält jede gute Bühnenproduktion dieses Moment des Erstaunens und nicht für möglich Haltens irgendwo bereit. Es hat etwas mit der Wahrhaftigkeit und dem Zauber des Theaters zu tun.


    Die Ironie vertieft ja im Grunde alles (wehalb Shakespeares Komödien so tiefsinnig sind, und der Hamlet beinah eine Farce). Was wäre das Rheingold ohne den Sprachwitz? "Pension Schöller" ist mir auch so ein unvergeßliches Theatererlebnis - vom harmlos Alltäglichen zum Irrsinn ist es bloß ein Schritt.


    :angel:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • In der "Faust"-Inszenierung des bedeutenden Filmregisseurs Russell an der Wiener Wiener Staatsoper 1985 mußte der Sänger des Mephisto in der Gartenszene in ein Weihwasserbecken pissen. Dies veranlaßt mich zur Frage, wie wohl unsere Mainstream-Exegetiker Wolfram/Amfortas dies sachlich begründen könnten.


    Darf ich die Antwort sagen: Der Sänger des Mephisto muss wohl mal gemusst haben. Sachlicher geht es nicht. :D


    Im Übrigen finde ich es billig, aus enttäuschten Kindheitserwartungen eine Keule gegen das so genannte Regietheater zu schnitzen. Ich war auch enttäuscht, als die Götter am Schluss des Rheingold nicht über den Regenbogen schritten, dabei hatte ich mich so sehr darauf gefreut, weil ich meine Erwartungen einzig aus diesen Szene-Beschreibungen gewann. Die Götter sind nie über den Regenbogen gewandelt, in der Uraufführung nicht, 1920 nicht, auch 1963 nicht als noch niemand ahnte, was uns heutige Regisseure bescheren würden. Ein Kind muss erfahren, was Enttäuschungen sind. Das ist ein wichtiger Prozess für soziale Kompetenz. Letztlich ist es wichtiger gewesen, dass die Götter nicht geschritten sind. Ich habe dadurch mehr begriffen in der Kunst und im Leben als wenn sie denn geschritten wären.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Stimmt nicht. Sie sind geschritten. Davon gibt es unzählige Szenenfotos. Die Frage ist nur, wie befriedigend das Ganze ausfiel. In Leipzig muss der Regenbogen arg gewackelt haben. In Berlin sah es großartig aus, in Köln ebenfalls und in München sowieso.

  • Zitat

    Zitat von Rheingold: Ein Kind muss erfahren, was Enttäuschungen sind. Das ist ein wichtiger Prozess für soziale Kompetenz.

    Aha, jetzt wissen wir, warum das sogenannte Regietheater geschaffen wurde. Es haben schon viele "Lehrmeister" versucht, an den Kindern herumzuexperimentieren, und Hunderte Lehrbücher wollen uns -meist in sehr unterschiedliche Richtungen - treiben. Aber die meisten Experimente darf man als gescheitert bezeichnen, und dazu gehört auch dieser Versuch, der eher dazu dient, Kindern die Klassik zu verleiden. Ich frage mich, ob man Kindern bewußt Enttäuschungen bereiten sollte. Auch ohne dass diese bewußt erzeugt werden, hält das Leben doch genug Enttäuschungen bereit. Glücklich, wer sich seine kindliche Freude an schönen Dingen bis ins hohe Alter bewahren kann.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Aha, jetzt wissen wir, warum das sogenannte Regietheater geschaffen wurde. Es haben schon viele "Lehrmeister" versucht, an den Kindern herumzuexperimentieren, und Hunderte Lehrbücher wollen uns -meist in sehr unterschiedliche Richtungen - treiben. Aber die meisten Experimente darf man als gescheitert bezeichnen, und dazu gehört auch dieser Versuch, der eher dazu dient, Kindern die Klassik zu verleiden. Ich frage mich, ob man Kindern bewußt Enttäuschungen bereiten sollte. Auch ohne dass diese bewußt erzeugt werden, hält das Leben doch genug Enttäuschungen bereit. Glücklich, wer sich seine kindliche Freude an schönen Dingen bis ins hohe Alter bewahren kann.


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Lieber Gerhard,


    diese deine Antwort auf die hirnrissige These, Kinder müssten Enttäuschungen erleben, um das spätere Leben meistern zu können, würde ich für den Pulitzer-Preis vorschlagen.


    Hier entlarven sich nämlich die Neu-Fundamentalisten als Missionare für Provokationen und Enttäuschungen. "Nach Schwefel riecht's in Eurer Näh'!" (Pfitzner, "Palestrina, 1. Akt)

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Du hast meinen Text nicht genau gelesen, lieber Gerhard. Nichts von dem, was Du mir anlastest, habe ich geschrieben. Schon gar nicht will ich irgendwelchen Experimenten an Kindern das Wort reden. Das wäre das Letzte, was ich möchte. Es gehörte auch verboten. Wir beide haben nur diametrale Auffassungen über die Lebenserfahrungen und Erziehungsziele von Kindern. Das ist alles. Und wir haben wohl auch unterschiedliche eigene Erlebnisse, die uns prägten. Ich bin froh, dass mich meine Eltern nicht in einer heilen, abgeschirmten Welt hielten, aus der ich dann spätestens in der Pubertät unter Schmerzen herausgepurzelt wäre. Ein weites Feld, fürwahr. Inwieweit sich die Verfasser von hunderten Lehrbücher zum Thema, auf die Du Dich berufst, irren, kann ich nicht beurteuilen. Ich bin kein Erziehungswissenschaftler. Mit Regietheater hat das alles nun wirklich nichts zu tun. Der von mir hergestellte Zusaamenhang hatte einen ganz anderen Ansatz.


    Mein Eindruck ist, dass in diesen Thread, der vom Thema her sehr spannend ist, oft zu reflexartig reagiert wird. Das mindeste, was ich von Menschen mit Schulbildung erwarte, ist, die andere Meinung anzuhören und zuzulassen. TAMINO ist schließlich ein Forum. Und in einem Forum werden sachlich Meinungen ausgetauscht und keine Brandreden gehalten.


    Es grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Gerhard,


    diese deine Antwort auf die hirnrissige These, Kinder müssten Enttäuschungen erleben, um das spätere Leben meistern zu können, würde ich für den Pulitzer-Preis vorschlagen.


    Ich hoffe doch sehr, dass das ironisch gemeint ist. :D

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold1876,


    Die andere Meinung zulassen - "Die Botschaft hör' ich wohl jedoch mir fehlt der Glaube. Wie schön wäre es. wenn alle Taminos Deiner Empfehlung folgen würden. "Steter Tropfen höhlt den Stein". Vielleicht bringen die Mahnungen von Dir, mir und anderen Taminos, die alle guten Willens sind doch eine "Demokratisierung" der Diskussionskultur bei unserem wertvollen Gedankenaustausch.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Na, seit "Borgia" wissen wir doch, daß die Geschichte sich wiederholt. Zypern ist ein internationales Besatzungsgebiet. Die untergordneten Chargen kochen ihr eigenes Süppchen. Sogar dem Einsatz der Medien (Film) wird engegengearbeitet - man denke nur, wie sich im großen Ensemble des vorletzten Bildes das Private und die Haupt- und Staatsaktion überschneiden (und Otello den großen Bahnhof als Rahmen nutzt, um seine Frau zu demütigen). Aber vielleicht gilt dein Kopfschütteln ja auch der Zeichenhaftigkeit aller weltgeschichtlichen Vorgänge.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Lieber Figarooo,


    wenn ich es richtig gelesen habe, bist du um die 25 Jahre alt. Auch von anderen im Forum weiß ich, dass sie in deinem Alter sind und das Regietheater nicht mögen. Da sage noch einer, nur wir Älteren (Verstaubten) wären dagegen und die Jüngeren ließen sich nur noch mit solchen Inszenierungen in die Oper locken. Du und mancher andere beweisen, das das Gegenteil der Fall ist, die Jungen also eher abgeschreckt werden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Hallo, Gerhard!


    Ich habe mir die Bilder des von Figarooo eingestellten "Otello", oder das was "Otello" sein soll, angesehen. Ich kann nur sagen: Schrecklich! Ich kenne keinen in meinem Bekanntenkreis, der sich solch einen Sch...e ansehen würde. Nicht für Geld und gute Worte!



    Herzlichst


    Wolfgang

    W.S.

  • Lieber Figarooo,


    wenn ich es richtig gelesen habe, bist du um die 25 Jahre alt. Auch von anderen im Forum weiß ich, dass sie in deinem Alter sind und das Regietheater nicht mögen. Da sage noch einer, nur wir Älteren (Verstaubten) wären dagegen und die Jüngeren ließen sich nur noch mit solchen Inszenierungen in die Oper locken. Du und mancher andere beweisen, das das Gegenteil der Fall ist, die Jungen also eher abgeschreckt werden.


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Lieber Gerhard,
    du hast vollkommen Recht. Die Leute in meinem Alter scheinen diejenigen zu sein, die dass Regietheater am meisten ablehnen. Ich habe zahlreiche opernbegeisterte Freunde und Kommilitonen und kenne eigentlich niemanden, der modernen Inszenierungen etwas abgewinnen kann. Es scheint wirklich ein Missverständnis zu sein, wenn Intendanten immer glauben, junge Menschen würden sog. heutige Sichtweisen bevorzugen. Wie sollen junge Menschen die Oper kennen und liebben lernen, wenn ihnen total die Möglichkeit genommen wird, ein Werk "im Orginal" kennen zu lernen.
    Aber auch im publikum gibt es jedenfalls hier in München fast ausschliesslich negative Meinungen zum Regietheater, wenn man sich bei Vorstellungen mit Leuten unterhält. ich frage mich, wer die Leute sind, die ein Regieteam laut ausbuhen, sobald es auf der Bühne etwas traditioneller zu geht...
    viele Grüsse
    Figarooo

  • Auch den Intendanten ist bewusst, dass die jüngeren Opernbesucher konservativer sind als so mancher alter Opernhase. Aber das ist für viele leider nur noch mehr Grund gesellschaftsverändernde Zwangsbeglückung zu betreiben.


    Endlich ist der Soundtrack zu dem tschechischen Märchenfilm "Mala Morska Vila/Die kleine Meerjungfau" erschienen. Während der russisch-kommunistischen Diktatur haben die Tschechen sehr fantasievolle Filme produziert. In dem umfangreichen Booklet der CD steht, dass der Film als Paralle angelegt war: So wie sich die Nixe nach der Welt da oben sehnt, so sehnten sich die unterdrückten Tschechen nach dem Westen. Das Schöne an dieser Regiearbeit ist, dass man das hineininterpretieren kann, aber nicht muss - natürlich auch aus Angst vor Repressalien. Und das ist genau das, was ich dem Regietheater vorwerfe: Nichts wird der Fantasie überlassen, alles wird ausformuliert und mit dem Vorschlaghammer serviert, damit auch dem letzten Deppen die Botschaft klar wird. Und das traurige ist, dass es dann auch nur diese eine Botschaft gibt und keine weiteren Deutungen möglich sind. Sprich: Wenn aus diesem formidablen Soundtrack eine Oper entstanden wäre - so wie aus Vladimir Sommers Soundtrack zu "Princ Bajaja" eine Symphonie - dann dürften wir uns heute wahrscheinlich "erfreuen" an einer Nixe, die an der Berliner Mauer wehklagt. Und die politisch korrekten Gutmenschen rufen: "Hurra" und Claque! Claque! Claque!

  • Wieder mal ein hervorragendes Beisipiel wie unterschiedlich Kritiker Meinungen und Zuschauermeinungen sind. Am Samstag war ich in Essen bei der Premiere von Hoffmanns Erzählungen in einer Inszenierung von Dietrich Hilsdorf. Eine grauenhafte und langweilige Inszenierung und der Regisseur hat sich wieder mal angemaßt das Stück zu kürzen. Die Aufführung dauert mit Pause 2 3/4 St. An der Rheinoper dauert die Komplette Fassung ohne Striche 4 1/ 2 Stunden mit 2 Pausen. Das Bühnenbild war natürlich eine leere Bühne und man hatte eher den Eindruck das ganze spielt , wie einfallsreich und noch nie dahgewesen, während einer Probe und es wurde wieder mal mit dem Thema: Theater im Theater gespielt. Während im Olympia Akt, Olympia ihre Arie singt, setzt sich Hoffmann nicht wie sonst eine Brille auf, sondern setzt sich ins Parkett zu den Zuschauern. Der Gipfel ist es aber wenn am Anfang zuspätkommende Zuschauer sich durch die Reihen drängen und andere Zuschauer belästigen, das gehört natürlich zum Regiekonzept. Die WDR Kritikerin Frau Gonndorf sage im Interview im DLR das sie ein großer Hilsdorf Fan ist und seine Inszenierung alle sehr intelligent findet und wie super toll doch der Abend war. Zugegeben es gab Für Herrn Hilsdorf kein einziges Buh aber die große Begeisterung wie früher bei seinen Essener Verdi Inszenierungen gab es auch nicht. Die meisten Besucher in der Pause waren eigentlich eher gelangweilt als angeregt.

  • Zypern ist ein internationales Besatzungsgebiet.


    Aber Farinelli! Wer soll es wissen wenn nicht Du, dass Verdis Otello so wenig mit Zypern zu tun hat wie Tannhäuser mit der Wartburg. Immer diese vordergründig plumpen Aktualisierungen, die ich auch diesem Foto entnehme, und die sich immer mehr breit machen auf den Openbühnen. Und wenn mich nicht alles täuscht, dürfte diese Kopftuch tragende Muslima Desdemona sein. Na bitte, da ist ja auch das Taschentuch. Der historisch absurde Zypernkonflikt mit seiner ganzen Vorgeschichte ist so alt wie das Gebirge. Zufällig habe ich mal darüber gearbeitet, und ich kenne auch Zypern, wo sich die Menschen ganz gut eingerichtet haben diesseits und jenseits der Grenze. Ich möchte aber den oder die sehen, die sich außer dem Uno-Zypernbeauftragten noch dafür interessieren. Ein Opernhaus ist für mich der letzte Ort, wo ich über den Zypernkonflikt belehrt werden möchte. Ja, belehrt. Das will es, unser Theater. Und genau das geht mir nur noch auf die Nerven. Ich will nicht 50 Euro ausgeben und mich in einer von Gutmenschen organisierten Politikveranstaltung wiederfinden, wo alles schön korrekt zugeht. Da trete ich doch lieber in die SPD ein.


    Der arme Figarooo! Du tust mir echt leid. Du wirst das Stück wohl nie sehen, dass Dir Hören und Sehen vergeht. Immer wirst Du Politunterricht verabreicht bekommen. :(


    Ich bekenne freimütig, im Opernhaus gut unterhalten werden zu wollen - mit Gänsehaut und erschüttert sein. Das ist mir in den letzten zehn Jahren nur dreimal passiert - als der kleine Florez den Elvino in der Sonnambula sang und die Silja die Küsterin und die Emilia Marty. Mehr war nicht.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Nichts wird der Fantasie überlassen, alles wird ausformuliert und mit dem Vorschlaghammer serviert, damit auch dem letzten Deppen die Botschaft klar wird.


    Lieber Knusperhexerich,


    wenn es so wäre, wäre es selbstverständlich abzulehnen.


    Aber was ist mit den gelungenen Beispielen des Regietheaters? Die der Fantasie Spielraum lassen, die zum Mit- und Nachdenken anregen?

  • Lieber wolfram,


    nenne Sie mir bitte. Mir fallen keine ein. Das meine ich ganz ehrlich. Ich entsinne mich nur plumper Aktualisierungen, à la "Der Selbstmordattentäter Samson und das Flitscherl Dalia".

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