HIP oder HOP - das ist hier die Frage

  • Zitat

    Original von Santoliquido
    Gegen das Argument der wissenschaftlichen Erkenntnis lässt sich ja nun gottlob wenig einwenden.


    Gegen die Erkenntnis nicht, gegen das Argument schon.


    Zitat

    Original von SantoliquidoMan könnt auch boshaft werden: das Gegenteil von HIP wenn es um zeitgemäßes Erklingen klassischer Kostbarkeiten zwischen Bach und Mozart geht wäre wohl die Klassik-Serie von James Last. :D :D :D


    Und das Gegenteil einer traditionell-modernen Interpretation ist es, sich heutzutage im Barockkostüm in eine ausgekühlte Thomaskirche zu hocken und ein paar schlechtgelaunten, ausgehungerten Thomanerknaben beim Vortrag einer Kantate zuzuhören, wobei die originale Unhygiene einer Stadt im frühen 18. Jahrhundert durch ein munter drauflosäpfelndes Pferdefuhrwerk vor den Kirchentoren gewährleistet wird, während ein mit seinem Posten merklich unzufriedener Thomaskantor denkt: Ach, wenn ich doch ein fettes Orchester mit Metallsaiten, Dauervibrato und einen Chor mit mindestens 400 Stimmen hätte :stumm:

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Santoliquido
    Das notorische Überlegenheitsgefühl einer lebenden Generation der vorangegangenen gegenüber, verbunden mit der steten Weiterentwicklung von Instrumenten hat das Musizieren über die Jahrhunderte letztendlich ärmer gemacht, durch den Fortfall von Instrumenten wie Viola d'amore oder Arpeggione oder der Reduktion der Vielfalt der Tasteninstrumente auf den heutigen Konzertflügel wurde einiges an Klang schlichtweg gleichgeschaltet.


    Ist nicht eher das 19. Jhdt eine wichtige Wasserscheide?
    Plötzlich wurden die Orchester immer größer. Die Instrumente (Klavier, Geige, usw) mußten damit Schritt halten. Darmsaiten wurden ersetzt duch Metallsaiten.
    Und alles wurde mit jener "romantischen" Auffassung gespielt, auch im 20. Jhdt.


    Ob man HIP verflucht oder segnet, sie hat jedenfalls dafür gesorgt, daß z.B. Bachs MP nicht mehr ausgeführt wird mit gigantischen Chören.


    LG, Paul

  • Aber wenn Zelter und Mendelssohn die MP nicht 1829 mit einem "gigantischen" Chor aufgeführt hätten, hätte sich das Werk vielleicht nicht in der heute selbstverständlichen Form neu etablieren können.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Das ist ein reines Scheinargument. Nur weil Mendelssohn das Werk mal so aufgehört hat, heißt das nicht, es müsse auch weiterhin in dieser Tradition aufgeführt werden. Man muß ihm dankbar sein, das Werk Bachs auf diese Weise wieder in das Blickfeld des allgemeinen Musikpublikums gebracht zu haben, aber das war es dann auch schon.


    IMHO baust Du eine reine Scheinkulisse als Grundlage für Deine Argumentation auf. So übertrieben, wie du es schilderst, ist HIP nicht und nie gewesen. Wenn man sich an einem frei erfundenen HIP-Bild mißt, ist es freilich leicht, die romantisierende Aufführungstradition in strahlendem Lichte erscheinen zu lassen. Mit der Wirklichkeit hat das aber nichts zu tun.


    Tatsächlich hat kein ernstzunehmender HIP-Vertreter jemals behauptet, man könne Bach heute so spielen wie zu Lebzeiten. Es mag ein paar Dogmatiker geben, aber sie sind nicht repräsentativ für HIP. Es ist daher argumentativ abwegig zu behaupten, HIP-Vertreter wären der Meinung, Bach hätte ausreichende Anweisungen hinterlassen und müsse daher so und nicht anders gespielt werden. Es war ja gerade der Ausgangpunkt der historisierenden Betrachtung festzustellen, daß man sich Bach jedenfalls nicht so nähern könne wie es die romantisierende Fraktion praktiziert und eine historisierende Annäherung die richtige Vorgehensweise sei. Annäherung ist das Wort, nicht Dogmatismus.


    Letztlich sehe ich mich in meinem Argument, daß Wulf noch einmal fett hervorgehoben hat, voll bestätigt.


    Es ist auf der Basis subjektiver Vorlieben zulässig, Richter (oder Furtwängler, Mengelberg usw.) zu mögen und Gardiner nicht. So wie ich auf dieser Basis bei Beethoven Furtwängler jederzeit vor Gardiner bevorzuge, obwohl letzterer unbestritten musikhistorisch korrekter spielt.


    Aber es ist eine ganz andere Sache, musikwissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Argument zu negieren oder herunterzuspielen, sie seien nicht relevant, dogmatisch uswusf.. Im Grund ist das auch keine ernsthafte Verteidigung der romantisierenden Position. Dafür genügt der schon Hinweis, daß musikwissenschaftliche Erkenntnis allein nicht erklären kann, wieso bestimmte Werke auf verschiedene Hörer unterschiedlich wirken. Die romantisierende Position ist schon aus diesem Grunde völlig legitim. Aber sie sollte aufhören sich zu verteidigen, indem sie die HIP-Vertreter mit schlichtweg falschen Argumenten zu widerlegen oder herabzusetzen versucht.

  • Zum Thema HIP und Barockmusik fiel mir vorhin dieser Text aus dem Thread auf:


    Zitat


    Original von Draugur
    ...aber ich meine...zu wissen, dass fast alles außer dem blanken Notentext (d. h. Phrasierungen, Dynamik usw.) Herausgeberzutat ist.


    Im Grossen und Ganzen stimmt das, wobei Bach schon an einigen, ihm offensichtlich wichtigen Stellen Artikulationsbögen oder Dynamik ( in Buchstaben wie p oder f) eingezeichnet hat.
    Aus den von Herausgebern der Romantik wild bearbeiteten Noten spielt heute eigentlich keiner mehr.
    Manche Interpreten trauen auch den heutigen Herausgebern nicht ganz über den Weg und besorgen sich zusätzlich eine Kopie der Originalpartitur und der Einzelstimmen, sofern die erhalten sind.
    Nur so kann man sich Gewissheit darüber verschaffen, was nun vom Herausgeber stammt und was original vom Komponisten ist.


    Wenn ich aber aus den von Herausgebereinträgen bereinigten Noten spiele, wie soll ich die dann spielen?
    Eine 1:1-Umsetzung des Notentextes führt zu ausdruckslosen, langweiligen und im wahrsten Sinne des Wortes nichts_sagenden Ergebnissen.
    Es gab eine Zeit, da wurde so eine Art fröhlich-naiver Maschinenmusik gespielt.
    Das Achtel- und Sechszehntelgeratter wurde "Bachstrich" genannt, Dynamik ware eher als "Terassendynamik" bekannt, was durch die "Erfahrungen", die man mit jenen unsäglichen metallisch klingenden Eierschneider-Cembali ( die eigentlich vom Aufbau mehr mit einem Flügel etwas zu tun hatten) missverständlich noch bestärkt wurde.
    Man nahm für sich in Anspruch, eine neue Objektivität gefunden und die alte Musik vom Balast der Romantik befreit zu haben.
    Die "romantischen" Herausgeber haben mit ihren wilden Einträgen noch erkannt, dass man das Skelett der Notenschrift nicht einfach ausdruckslos herunterspielen kann.
    Wenn ich mich zwischen neutralem Notenabspielen und wirklich romantischen Bearbeitungen entscheiden müsste, würde ich also in diesem Fall sogar die romantische Interpretation wählen.
    Als ich noch in 80er-Jahren in die Musikschule ging, da musste schon aus Henle-Urtextausgaben gespielt werden.
    Hier wurde den Schülern manchmal eine für mich schlimme Mischung aus monotonen Geratter und pseudo-romantischer Subjektivität empfohlen.
    Oft habe ich mitbekommen, wie Lehrer zu Schülern z.B. sagten: "Die Achtel bei den Bach-Inventionen spielst Du Staccato, die Sechzehntel müssen Legato sein. Und stell Dir vor, dass die Töne alle wie auf einer Wäscheleine schön gleichmässig hintereinanderliegen."
    Wenn ein Schüler musikalisch war, dann sollte er noch irgendwie Gefühl `reinlegen: "Hier vielleicht leiser und zum Schluss hin ein grosses Crescendo"
    Solche hilflosen Interpretationsversuche mit "erlaubt ist, was gefällt" zu rechtfertigen, wäre in der Tat zeitgeistig.
    Die Intentionen des Komponisten sind einem bei diesem Motto unwichtig.


    Zurück zum Ausgangspunkt:
    Wenn ich die wild-romantisch bearbeiteten Noten ablehne und aus Orginalausgabe spiele, wie soll ich denn die Noten nun spielen, die nur sehr wenige Vortragszeichen enthalten?
    Was bedeuten den diese merkwürdigen Symbole über den Noten?
    Ornamentik? Wie spiele ich denn das?
    Soll ich hier alleine auf meinen Geschmack vertrauen, nur auf mein Gefühl?
    Der Geschmack muss aber etwas gehabt haben, woran er sich orientieren kann, er muss doch eine Chance gehabt haben, sich zu bilden.


    Genau hier liegt m.E. der Ausgangspunkt für das, was wir heute historisch informiertes Spiel nennen.
    Zum Glück hat sich schon längst -selbst in den Symphonieorchestern und damit auf breiter Front- die Erkenntnis durchgesetzt, dass man hier nicht einfach auf rein subjektive Eingebungen von mehr oder weniger genialen Musikern setzen kann.


    Man sollte sich als Musiker schon informieren, was mit dem Chiffre der Notenschrift eigentlich gemeint sein könnte, um über das eigene Verständnis der barocken Klangsprache auch dem Hörer das Werk verständlich zu machen.
    Hierüber geben die zeitgenössischen Quellen manchmal sogar recht penibel Auskunft ( wie z.B. die zum heutigen Standardwerk gewordenen Flötenschule von Quantz oder, etwas theoretischer, aber mindestens genauso wichtig "Der vollkommene Capellmeister" von Mattheson).


    Die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis sind also m.E. eine gute, brauchbare Grundlage für die Lösung des Problems, wie ich die karge Notenschrift denn nun interpretieren soll.
    Aufbauend auf diesem Fundament kann ich dann beginnen, entsprechend meinen Fähigkeiten, Erkenntnissen oder auch Missverständnissen mehr oder weniger grosse Kunst zu zelebrieren.
    Dies gilt vor allem dann, wenn die Interpretation gleichermassen nicht romantisch und nicht stur-maschinell sein soll.


    Bisher habe ich noch nicht von alten Instrumenten gesprochen.
    Die kommen in der Barockmusik aus meiner Sicht nur deshalb ins Bild, weil ich bestimmte musikalische und klangliche Ziele damit leichter erreichen kann. Es ging den Väter der historischen Aufführungspraxis nie darum, originale Klangbilder von einst wiederauferstehen zu lassen.


    Das originale Instrument kann nur das sein, was es vom Wortsinn her ist: Ein Vehikel zur Erreichung höhere künstlerischer Ziele, kein Selbstzweck.


    Und HIP kann und sollte also m.E. nur eine brauchbare Grundlage, aber niemals ein Versteck für historisch zwar korrektes, aber langweilig-uninspiriertes Spiel sein.


    Auch für HIP gilt:
    Man braucht Musiker, die mit Leidenschaft und Stilsicherheit die Alte Musik so spielen, dass sie die Menschen der heutigen Zeit berührt, erheitert, belehrt und erschüttert.
    Mit anderen Worten: Das Musikantische, dass erfüllte Musizieren braucht man auch hier, den nur das bewegt und überzeugt letztendlich.


    Zwar spielte Karl Richter keineswegs auf der Grundlage des HIP, aber er war durchaus so ein Musikant. Und primär deswegen, und nicht wegen seiner mit Recht anfechtbaren Problemlösungen aufführungspraktischer Fragen hat er wohl auch heute noch eine Gemeinde von glühenden Anhängern.
    Ähnliches könnte man von Furtwängler sagen.


    Zum Glück gibt es aber auch innerhalb der HIP-Szene Persönlichkeiten, bei denen die Musik brennt, atmet und mitreisst.
    Ich nenne jetzt keine Namen, sonst geht der Streit gleich wieder los.... :D


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Zitat

    Original von Glockenton
    Zum Glück gibt es aber auch innerhalb der HIP-Szene Persönlichkeiten, bei denen die Musik brennt, atmet und mitreisst.
    Ich nenne jetzt keine Namen, sonst geht der Streit gleich wieder los.... :D


    Laß mich raten, Karajan? :pfeif:


    Ein weiteres Gutes der HIP- und Bachdiskussion: Ich habe angefangen, den Elste wieder zu lesen... :yes:


  • Hallo Bernd,



    wieder einmal ein sehr schöner Beitrag!


    Pikanterweise wird die von dir angesprochene "Geradeaus"-Aufführungspraxis mit Bach-Strich ("bei Bach muß jede Note gleich betont und gleich lang sein") und "Terrassendynamik", die in meiner Jugend noch als "objektiv" angesagt war, heute von vielen mit einer "romantisierenden" Interpretation verwechselt oder zumindestens in einen Topf geworfen.


    Wie meinte ein befreundeter Barockoboist und überzeugter HIPler mal zu mir: "Furtwängler und Hanoncourt sind in einigen Punkten erstaunlich nahe beieinander!"


    Viele Grüße


    Bernd


    P.S.: Völlig d´accord bin ich auch mit deiner Aussage, man müsse sich als Musiker über die Hintergründe der jeweils zu interpretierenden Musik informieren. Wenn man heutzutage Barockmusik spielt, kann man nicht so tun, als ob es die mit der HIP-Bewegung einhergehenden Erkenntnisse nie gegeben hätte. In den letzten 30 Jahren ist vieles klar geworden, was vorher unter einem dichten Nebel lag - jetzt einfach die Augen zuzumachen, gilt nicht!


    Ob einen die Interpretationen von Hanoncourt, Gardiner, Göbel etc. usf. im Einzelnen besonders ansprechen, steht auf einem anderen Blatt.


    P.P.S.: Einigen von Draugurs Aussagen :) gehören trotz alledem meine heimlichen Sympathien.... :D


  • Mein Erfahrungshorizont in diesem Punkt enthält z. B. das Erlebnis, dass ein Kommiltone sagte, Bachs WO heute mit einem 50köpfigen Chor aufzuführen sei "pervers". Solche Aussagen sind es, die mich stören. Solange sich beide Richtungen gegenseitig tolerieren, ist doch alles super. Nur leider ist es nicht so. Aufgrund musikhistorischer Kenntnisse wird ein bestimmter Zugang zur Musik etwa Bachs als veraltet dargestellt. Du wirfst mir vor, meine persönliche Vorliebe auf gleiche Ebene mit einer wissenschaftlichen Position zu stellen. Dazu kann ich nur sagen: Kunst und Wissenschaft sind zwei ganz unterschiedliche Angelegenheiten. Die Gültigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis für künstlerische Interpretation ist m. E. sehr eingeschränkt. Jeder kann nachlesen, wie Richard Wagner seine Bühne gestaltet haben wollte, dafür braucht man nicht mal Wissenschaftler. Trotzdem wird alles anders gemacht. Damit will ich sagen: Wenn ein Richter Bach aufführt, dann ist dein volles Recht zu sagen: Das klingt breiig, ist nicht durchhörbar usw. Aber wenn du sagst: So wurde es aber zu Bachs Zeit nicht gespielt, ist das m. E. kein gültiges Argument, da es Kunst nach Maßstäben der Wissenschaft misst. Genauso argumentieren einzelne(!) HIP-Anhänger. Die von dir erwähnte Legitimation einer individuell-künstlerischen, auch eben mal romantischen Herangehensweise existiert für sie nicht. Ich wollte das beileibe nicht allen unterstellen. Nur mit ein bisschen Polemik macht es einfach mehr Spaß.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Hallo Bernd,


    Zitat


    Original von Bernd Schulz


    Wie meinte ein befreundeter Barockoboist und überzeugter HIPler mal zu mir: "Furtwängler und Hanoncourt sind in einigen Punkten erstaunlich nahe beieinander!"


    Das sind sie auch, vor allem in ihrer Eigenschaft als Musikanten, (nicht mit dem gleichnamigen Stadl zu verwechseln. :D)


    Wo Du gerade Furtwängler erwähntest, sei es mir erlaubt, aus meinen Erinnerungen zu erzählen:


    Ich kenne drei Harnoncourt/CMW-Interpretationen des berühmten "Air" aus der D-Dur Orchestersuite.
    Alle drei wurden auf HIP-Grundlagen und den alten Instrumenten gespielt, aber trotzdem sind sie fast schon extrem verschieden, obwohl zwischen ihnen vielleicht nur Monate dazwischenlagen ( die erste "Pionier-Aufnahme" lasse ich jetzt einmal aussen vor)
    Vor allem mit der dritten Version hat es etwas Besonderes auf sich.
    Die erste stammt von der bekannten zweiten Schallplatten/CD-Aufnahme.
    Ruhig, fliessend und ausdrucksvoll gespielt, mit sparsamen Cembalo-Continuo - schon sehr schöne Musik, die Extreme meidend.


    Die zweite kommt aus einer davon zeitlich nicht so weit davon entfernten Fernsehproduktion, anlässlich eines Bach-Jahres.
    Etwas langsamer, bedeutsamer, wesentlich mehr Dynamik und hierzu breites, der Orchesterdynamik angelehntes Cembalo-Continuo in längeren Arpeggien - gefällt mir noch besser.


    Und jetzt kommt es:
    Die dritte Version habe ich live in der Bielefelder Oekterhalle gehört.
    Zufällig kannte ich vorher schon Furtwänglers Version.
    Es war doch tatsächlich das gleiche, sehr langsame Furtwängler-Tempo!
    Allein schon dadurch, aber natürlich auch durch die Dynamik und Tongebung wurde es zu einer vollkommen anderen Interpretation.
    Es ging in Richtung grosse Bedeutungstiefe, sozusagen furtwänglerische Vergeistigung.
    Das, was man manchmal von Furtwänglers Aufführungen berichtet, ist auch hier eingetreten: Es war in den unendlich langen Spannungspausen zwischen den Wiederholungen eine unglaubliche Spannung, wie Elektrizität im Saal. Eine derartige Stille, ein derartiges Atemanhalten habe ich bis dato noch nicht erlebt, auch nicht später.
    Der Cembalist hat fast nicht gespielt um nicht zu stören und jede einzelne Note der Achtelbässe wurde bedeutsam.


    Als dann die Gavotte einsetze, flüsterten ein neben mir sitzender Bekannter und ich uns fast gleichzeitig zu: Das war ja schon wie bei Furtwängler!
    Stimmt, und zwar nicht wegen der Instrumente, nicht wegen HIP, sondern wegen dieses gewissen Musenkusses.
    Durch ihn wird Musik erst richtig spannend, ob es nun HIP mit alten Instrumenten ist oder nicht.


    NB: dieses "Air" wurde ja von R.Goebel völlig anders, nämlich solistisch gespielt.
    Bei Wiederholungen diminuierte er die Melodie, ganz im barocken Sinne.
    Es ist verglichen mit dem, was ich vorhin beschrieben habe, wirklich eine völlig andere Musik, aber trotzdem auch toll.
    Ich bin froh, auch diese Einspielung zu kennen, denn auch sie hat ihre grossen Reize, für mich vor allem auch klanglich, von der Tongebung und vom hier nicht störenden kammermusikalischen Charakter her.
    Sehr fasziniert hat mich auch einmal eine Radio-Übertragung mit London Baroque.


    HIP gibt also m.E. sehr viel Raum zur Individualität, und -wie schon erwähnt- es ist eine gute Grundlage.
    Noch wichtiger ist für mich aber dieser Musenkuss, der aus einem Konzertsaal/einer Kirche ein elektrisches Spannungsfeld macht.


    Mit solchen Bemerkungen

    Zitat

    Original von Bernd Schulz


    Pikanterweise wird die ..."Geradeaus"-Aufführungspraxis mit Bach-Strich ("bei Bach muß jede Note gleich betont und gleich lang sein") und "Terrassendynamik", die in meiner Jugend noch als "objektiv" angesagt war, heute von vielen mit einer "romantisierenden" Interpretation verwechselt oder zumindestens in einen Topf geworfen


    und auch Deinem P.S. rennst Du bei mir natürlich offene Türen ein. :yes:



    LG :hello:
    Bernd

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Draugur:


    Es gibt leider in beiden Lagern engstirnige Dogmatiker, die unsinnige Aussagen machen, wie von Dir soeben zitiert. Ich glaube, wir sind uns einig, daß diese Haltung nicht weiterführt.


    Zitat: "Du wirfst mir vor, meine persönliche Vorliebe auf gleiche Ebene mit einer wissenschaftlichen Position zu stellen. Dazu kann ich nur sagen: Kunst und Wissenschaft sind zwei ganz unterschiedliche Angelegenheiten. Die Gültigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis für künstlerische Interpretation ist m. E. sehr eingeschränkt."


    Es stimmt, Wissenschaft und Kunst sind zwei völlig unterschiedliche Wege der Welterkenntnis. Da rennst Du bei mir offene Türen ein. Deshalb machen musikwissenschaftliche Erkenntnisse allein noch keine befriedigende Bachinterpretation.


    Aber ich habe ( kann da nicht aus meiner Juristenhaut :hello: ) nicht behauptet, Du Deine persönliche Vorliebe auf eine Stufe mit wissenschaftlichen Positionen stellst. Ich habe die romantisierende Position (die ich ja bei Beethoven selbst einnehme - nieder mit Gardiner ;) ) als legitim und in jeder Hinsicht gleichwertig bezeichnet. Lies bitte evtl noch einmal nach. Es geht mir darum, daß sich die Vertreter der romantisierenden Fraktion mit unzulässigen und sachlich falschen Argumenten gegen die HIPs wehren. Obwohl sie es doch gar nicht nötig hätten (siehe oben Kunst und Wissenschaft...)!

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  • Zitat

    Original von rappy
    Musik muss so klingen, dass sie schön klingt, nicht, dass sie klingt, wie sie vor Jahrhunderten geklungen hat. Die Interpreten sollen die Musik so auffassen, wie sie sie für schön halten, ob es dabei anders klingt, als der Komponist es vielleicht erwartet hatte, ist egal, denn es interessiert nicht, ob die Musik dem Komponisten gefällt, sondern dass sie uns, den Hörern gefällt. Zudem sind moderne Instrumente in ihrer Klangreinheit, Fülle und ihrem Schönklang ein Fortschritt, dem die damaligen Komponisten sicherlich gefolgt wären, hätten sie ihn miterlebt.


    Dies ist meine Meinung als klarer HIP-Gegner


    Die beste Beschreibung was Non-HIP will, war diese Aussage von Rappy. Aber darum ist es noch keine klare Aussage.
    Er verschweigt zB Orchestergröße, Chorgröße und was es noch mehr gibt.


    Und die Bemerkung "...dass sie schön klingt, nicht, dass sie klingt, wie sie vor Jahrhunderten geklungen hat..." ist natürlich nichtssagend, denn "schön klingen" schließt nicht aus, daß sie trotzdem klingt "...wie sie vor Jahrhunderten geklungen hat...".


    "...ob es dabei anders klingt, als der Komponist es vielleicht erwartet hatte, ist egal, denn es interessiert nicht, ob die Musik dem Komponisten gefällt, sondern dass sie uns, den Hörern gefällt...."
    Hier hätte er schreiben sollen "...denn es interessiert mich nicht...".


    Dem dritten Punkt
    "...Zudem sind moderne Instrumente in ihrer Klangreinheit, Fülle und ihrem Schönklang ein Fortschritt, dem die damaligen Komponisten sicherlich gefolgt wären, hätten sie ihn miterlebt..." wurde auch schon diskutiert.
    Hier gilt natürlich "wenn das Wörtchen wenn nicht wär".


    Kurz: kann einer sagen was Non-HIPper willen. Bisher liest man fast nur, was sie ablehnen. Kein konkreter Vorschlag.
    Ja, es muß größer. Wie groß? Sind da Grenze? Wie groß sollen die Konzertsäle der Zukunft sein? Mammutfabrike für zigtausende Hörer? Ist da nicht ein Gleichgewicht erwünscht?
    Was ist wünschenswert und was ist realisierbar? Bis jetzt las ich darüber nichts.


    LG, Paul

  • ...schaltet doch `mal in das Magnificat auf ZDF-Theater `rein.


    Das müsste doch ein Fest für aller Anti-HIPler sein.


    Ich sehe es mir auch an, aber mit einem recht beklemmenden melancholischen Gefühl, was HvK betrifft.


    Der Respekt verbietet mir, noch mehr dazu zu sagen.
    Es hat etwas Tragisches.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Erst durch dieses Forum wurde ich darauf aufmerksam, dass HIP inzwischen bis hin in die Musik des 20. Jahrhunderts quasi alles aufgreift.


    Genau da beginnen für mich ernsthafte Zweifel an der Authentitizät des HIP.


    Meine Erfahrung ist, dass die Barockmusik eine ebenso eigene Welt ist wie die nachfolgende Klassik. Es gibt gewisse Verbindungen der Musik seit der Klassik bis heute, dennoch sind die Romantiker eigentlich eine Welt für sich und die Musik des 20. Janrhunderts erst recht.


    Daraus folgt, was ich bei Konzerten wie auch durch Tonträger immer wieder feststellen konnte, dass ein Musiker jeweils in seiner eigenen Welt zuhause ist und Gastspiele in der anderen Welt selten gut ausgehen. Dasselbe trifft auch auf komplette Ensembles zu. Musiker, die glauben, alle Welten zu beherrschen, sind eigentlich nirgendwo zu Hause.


    Sollte es wirklich so sein, dass Dirigenten mit ihren Ensembles inzwischen das gesamte musikalische Schaffen seit der Renaissance neu aufrollen, bestätigt das den Eindruck, dass sie es im Wesentlichen vom Kopf her tun.


    Soweit sich Wissenschaftler mit der Aufführungspraxis der Entstehungszeit eines Werkes auseinandersetzen und diese Erkenntnisse auch von Musikern aufgegriffen und zumindest einmal zu Denkanstößen führen, ist das völlig in Ordnung.


    Mahlers Sinfonie der Tausend wäre mit einem Barock Ensemble ein ebenso lächerliches Unterfangen wie das Umgekehrte.

  • Zitat

    Original von Gerhard
    Es gibt gewisse Verbindungen der Musik seit der Klassik bis heute, dennoch sind die Romantiker eigentlich eine Welt für sich und die Musik des 20. Janrhunderts erst recht.


    Wie meinst Du das? Gerade das 20. Jhd. wird gerne mit dem Begriff Stilpluralismus in Verbindung gebracht. Insofern ist die Musik des 20. Jhd. für mich nicht eine Welt, sondern viele - vielleicht in sich abgeschlossene Welten.


    Zitat


    Dasselbe trifft auch auf komplette Ensembles zu. Musiker, die glauben, alle Welten zu beherrschen, sind eigentlich nirgendwo zu Hause.


    Im Kern kann ich Dir zustimmen, ganz so drastisch würde ichs persönlich nicht ausdrücken. Große Orchester, die dem Anspruch der Universalität nahe kommen möchten, könne IMO meist nicht anders als einen Kompromiss eingehen.


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Gerhard,


    um hier vielleicht ein Missverständnis kurz aus der Welt zu schaffen:


    Historische Aufführungspraxis bezieht sich natürlich -der Name sagt es eigentlich schon- auf die jeweilige historische Situation (z. B. den technischen Entwicklungsstand im Instrumentenbau) zur Zeit der Entstehung/ Uraufführung des betreffenden Werkes, das man aufführen möchte.


    So gesehen kann es eigentlich kein Musikstück geben, das nicht auch HIP-mäßig aufgeführt werden kann.


    Zitat

    Mahlers Sinfonie der Tausend wäre mit einem Barock Ensemble ein ebenso lächerliches Unterfangen wie das Umgekehrte.


    Das ist natürlich Unsinn - da hast Du Recht, aber es würde auch kein Barock-Ensemble, bzw. kein in dem Genre Tätiger ein solches Projekt ernsthaft in Angriff nehmen, denn das wiederum wäre ja genau wieder nicht HIP!


    Man darf HIP eben nicht unbedingt nur mit Barock- (und noch älterer) Musik gleichsetzen, sonst hieße es ja BIP.... :D:D


    Allerdings hat die "HIP-Bewegung" im 20. Jahrhundert interpretatorisch mit der Barockepoche begonnen - in irgendeiner Epoche muss man ja mal ansetzen mit dem "Entstauben" und "Archiv-Aufräumen" :yes:
    Daher rührt es wohl, dass HIP oft nur mit Barockmusik gleichgesetzt wird.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • Zitat

    Original von Gerhard
    Genau da beginnen für mich ernsthafte Zweifel an der Authentitizät des HIP.
    Sollte es wirklich so sein, dass Dirigenten mit ihren Ensembles inzwischen das gesamte musikalische Schaffen seit der Renaissance neu aufrollen, bestätigt das den Eindruck, dass sie es im Wesentlichen vom Kopf her tun.


    Das ist ein fataler Irrtum. HIP ist eine Technik, eine Herangehensweise durch eine Interpretation im Sinne einer historischen Authentizität. Sie hat erstmal nichts mit Barockmusik zu tun. Dort hat sie lediglich ihren Anfang genommen, weil die Musiker dort am dringendsten das Bedürfnis nach "Entstauben" hatten. Musik vor dem Barock ist AFAIK nie wirklich romantisierend aufgeführt worden, oder irre ich mich da?


    Es ist deshalb nur logisch, wenn Dirigenten wie Gardiner, Jacobs, Brüggen u.a. diese Technik auf andere Musikepochen ausdehnen. MarcCologne hat recht, wenn er schreibt, daß jedes Werk HIP aufgeführt werden kann.


    Und ich hoffe doch stark, daß Musiker vom Kopf her ausführen! Wer sich in romantisierender Gefühlsduselei ohne Bezug zur Partitur verliert, hat seinen Beruf verfehlt. Richter, Furtwängler, Mengelberg, Karajan, sie alle haben immer ihren Kopf benutzt. Das ist kein Argument!

  • Zitat

    Original von Wulf
    Große Orchester, die dem Anspruch der Universalität nahe kommen möchten, könne IMO meist nicht anders als einen Kompromiss eingehen.


    :hello:
    Wulf.


    Das ist schon richtig und zeigt zugleich die Problematik.


    Barockmusik wirkt eigentlich fast immer deplaziert, wird sie von einem Universalorchester aufgeführt.


    Selbst für die Werke der Frühklassik sind diese Orchester viel zu groß.



    Mir ist klar, worum es bei historischer Aufführungspraxis geht.


    In meinen Augen wird ein Dirigent incl. Ensemble unglaubwürdig als Musiker, wenn er nun meint, die gesamte Musikgeschichte HIP mäßig aufrollen zu müssen. Dann mag er ein universeller Musikhistoriker sein und genau das ist dann auch sein Zuhause. Aber nicht die Musik, die er spielt.


    Das ist wohl mit ein Grund, dass HIP so oft trocken und akademisch klingt.


    Darüberhinaus hat auch jeder Musiker seine Vorlieben, was die Instrumente anbelangt. Selbst, wenn er mit Instrumenten der verschiedensten Epochen klarkommt, heißt das noch lange nicht, dass er sie alle gleichermaßen beherrscht.


    Wenn überhaupt HIP, dann bitte sollten sich die jeweiligen Musiker auf die Epoche beschränken, in der sie sich auch zuhause fühlen, ansonsten s.o.

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr


    ....Es ist deshalb nur logisch, wenn Dirigenten wie Gardiner, Jacobs, Brüggen u.a. diese Technik auf andere Musikepochen ausdehnen. MarcCologne hat recht, wenn er schreibt, daß jedes Werk HIP aufgeführt werden kann.


    Die Frage ist nur, wo man da die Grenzen zieht, damit die Suche nach den noch originaleren Instrumenten und Klängen nicht ins Bodenlose abgleitet.


    Ich habe hier im Forum schon mal angesprochen, daß gerade die Bläser in Moskau oder Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts völlig anders geklungen haben müssen als heute in Berlin oder Amsterdam.


    Also warten wir jetzt alle sehnsüchtig auf die erste HIP-Aufnahme von Strawinskys Sacre, damit die klangverzerrenden neueren Einspielungen endlich mal auf einen authentischen Gegenpol stoßen, oder? Ich fange schon mal an, auf einem Englischhorn von 1920 zu üben - vermutlich kann ich damit bald in eine Marktlücke stoßen.... :D


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Gerhard


    bei Ebay findet man bestimmt was :D! Notfalls lasse ich halt eine Reparatur durchführen, wobei sich dann schon wieder die Frage stellt, ob es hinterher noch authentisch genug klingt. :D :D



    So, ich muß los zur Probe (Mozarts Geigen-Bratschen-Concertante im entstellenden Klangewand unserer Zeit).


    Herzliche Grüße


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Wulf
    Wie meinst Du das? Gerade das 20. Jhd. wird gerne mit dem Begriff Stilpluralismus in Verbindung gebracht. Insofern ist die Musik des 20. Jhd. für mich nicht eine Welt, sondern viele - vielleicht in sich abgeschlossene Welten.


    Ich meine damit, dass jemand, der sein Zuhause in der Klassik gefunden hat, nur weinige Stücke der Neuzeit finden dürfte, die ihm ebenso zusagen, in denen er sich genauso zu Hause fühlt.


    Ist einem etwas fremd und bleibt es auch fremd, nachdem man sich, eigene Hemmungen überwindend, darauf eingelassen hat, sollte man konsequenterweise die Finger davon lassen und nicht etwa behaupten, man könne es authentisch und mit Liebe spielen.


    Wobei das vielen Musikern vielleicht gar nicht so recht bewußt sein mag.


    Ich habe längere Zeit mit einem in München recht bekannten Organisten zu tun gehabt. Sein Bach bekam von mir das Prädikat "Brav gespielt" und ich nahm langsam an, mehr steckt in diesem Organisten auch nicht drin.


    Bis ich ihn zum ersten Mal mit französischen Orgelromantikern hörte. Was ich da hörte, riss mich geradezu vom Stuhl. Obwohl ich die stücke in und auswendig kannte, offenbarten sie sich mir auf völlig neue,nie zuvor gehörte Weise.


    Das war sein eigentliches Zuhause. Er war sich dessen jedoch kaum bewußt. Die Pflicht des Kantors war nun mal Bach. Da er diese erfüllen mußte, verdrängte er seine eigentliche Liebe.


    Es gibt einen Riesenunterschied zwischen dem liebevollen Umgang mit Musik und dem akademischen. Das hat überhaupt nichts zu tun mit romantisieren. Romantisieren geschieht eher, wenn das Herz nicht dabei ist.


    Aber mir kann niemand erzählen, dass er die Musik aller Epochen gleichermaßen liebt. Dann belügt er sich selbst.

  • Zitat

    Original von Bernd Schulz
    Die Frage ist nur, wo man da die Grenzen zieht, damit die Suche nach den noch originaleren Instrumenten und Klängen nicht ins Bodenlose abgleitet.


    Wozu überhaupt Grenzen ziehen? Da HIP nur (siehe oben) eine Technik ist, ist auch grundsätzlich alles erlaubt, wenn man damit eine andere Sichtweise des Werkes ermöglicht. Im Debussy-Thread ist über die franz. Oboe gesprochen worden, die den Klang der Aufnahmen von Desormieres und Inghelbrecht gegenüber modernen Einspielungen heraushebt. Wenn also zB ein Dirigent sich entschließen würde, Orchesterwerke mit den Instrumenten der 20er und 30er Jahre einzuspielen, wäre das HIP und völlig in Ordnung.

  • Hallo Robert,


    zum einen hast du Recht: Versuche dieser Art sind grundsätzlich völlig in Ordnung (und sogar oft sehr interessant), solange sie nicht den Anspruch erheben, den Weg der ausschließlichen Wahheit darzustellen (dieser Anspruch steckt aber nun mal als Keim im "authentischen" Spielen auf "originalen" Instrumenten - wenn das eine authentisch ist, ist das andere nach den Gesetzen der Logik für viele halt nicht authentisch, sprich falsch).


    Zum anderen machst du dir vielleicht nicht klar, was das Spielen auf 96 verschiedenen Tröten für einen Musiker bedeutet. Einer meiner Freunde ist irgendwann von der modernen Oboe, die er so gut beherrschte, daß er in großen deutschen Profiorchestern der A-Kategorie ausgeholfen hat, auf Barockoboe umgestiegen. Er hat das richtig studiert (in den Niederlanden, wo sonst?) und mußte sich dann für seine Mucken noch eine barocke d ´amore und da caccia anschaffen. Bald kam noch eine "klassische" Oboe dazu, da er sonst zu wenig Konzertverpflichtungen gehabt hätte. Und nicht sehr viel später hantierte er dann auch bei HIP-Aufführungen von Schumann und Brahms mit einer "romantischen" Oboe (tatsächlich bei Ebay ersteigert, das Ding stimmte und klang zum Davonlaufen) herum.
    Für alle diese Tröten muß man unterschiedliche Techniken üben und vor allem unterschiedliche Rohre bauen (nur jemand, der mal versucht hat, ein gutes Oboenrohr herzustellen, weiß, was das heißt - mein Freund hat dann auch irgendwann das moderne Instrument an den Nagel gehängt).
    Wenn dann jetzt noch die Gründerzeitoboe, die impressionistische Oboe, die Neue- Wiener-Schule-Oboe, die moderne russische Oboe und die frühe Nachkriegsoboe hinzukommen, bleibt vor lauter Hantier mit den diversen Geräten keine Zeit mehr, um sich Gedanken über die Musik zu machen, oder aber es wird eine krasse Spezialisierung notwendig. Dann gibt es (zumindestens bei den Bläsern) Leute, die nur noch die Musik von 1700 - 1820 spielen, während sich andere ausschließlich mit der von 1870 - 1950 befassen.


    Und ob das auf Dauer wirklich sinnvoll wäre, weiß ich nicht.


    Ich jedenfalls - auch wenn ich Gerhard darin Recht gebe, daß man von Musik, die einem fremd ist, nach Möglichkeit die Finger lassen sollte - bin sehr froh darüber, daß ich auf meiner "modernen" Kanne Bach, Mozart, Beethoven, Schumann, Brahms, Poulenc und Martinu spielen kann, so daß ich, was meine eigenen musikalischen Aktivitäten angeht, nicht völlig in der Beschränktheit versacke.


    Wir leben (nicht nur hinsichlich musikalischer Fragen) in einer Zeit des sich immer mehr verschärfenden Spezialistentums. Das hat fraglos Vorteile, aber auch Schattenseiten, die man sich ab und an mal bewußt machen sollte.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    Zitat

    Original von Bernd Schulz


    Ich jedenfalls... bin sehr froh darüber, daß ich auf meiner "modernen" Kanne Bach, Mozart, Beethoven, Schumann, Brahms, Poulenc und Martinu spielen kann, so daß ich, was meine eigenen musikalischen Aktivitäten angeht, nicht völlig in der Beschränktheit versacke.


    Wir leben (nicht nur hinsichlich musikalischer Fragen) in einer Zeit des sich immer mehr verschärfenden Spezialistentums. Das hat fraglos Vorteile, aber auch Schattenseiten, die man sich ab und an mal bewußt machen sollte.


    Absolut, volle Zustimmung! :yes:


    Wenn ein heutiger Oboist neben seiner modernen Oboe noch die Barockoboe und vielleicht noch für gewisse Bachpartien die Oboe da caccia regelmässig spielt und beherrscht, dann ist das m.E. schon sehr viel und ein idealer Zustand.
    Vielleicht spielt er -neben seinem normalen Orchesterdienst- eine Bach-Suite mit der Kammermusikformation seines Symphonieorchesters auf der modernen Oboe und zwei Wochen später mit einem anderen Orchester auf alten Instrumenten mit seiner Barockoboe.
    Wäre ich ein Dirigent, würde ich z.B. für eine Aufführung mit Bachkantaten diesen Oboisten möglicherweise lieber einsetzen, als den, der sich selbst nur als "Barockmusiker" oder "Barock-Oboisten" sieht ( selbst der Ausdruck ist ja schon etwas mit unfreiwilligem Humor besetzt, zumal wir ja im Jahre 2006, also einige Jahre nach der Barockzeit leben)
    Für mich wäre also vor allem die musikalische Persönlichkeit des Musikers und die Kenntnis der Spielweise der historischen Aufführungspraxis wichtig.
    Es bringt ja auch nichts, wenn ein hervorragender "moderner" Oboist gezwungenermassen auf einem Barockinstrument spielt, obwohl er sich darauf überhaupt nicht wohlfühlt. Das Ergebnis wird nicht überzeugend sein.
    Dann soll er lieber HIP-orientiert in Ensembles wie dem Kölner Kammerorchester, der Camerata Bern oder den Berliner Barock Solisten spielen ( bei Interesse auf den Link klicken)
    Die von Dir beschriebene Beschränktheit im Repertoire kann -so meine ich- auch zu einer Beschränktheit im Ausdruck führen, weil der heutige Musiker eben nicht mehr beispielsweise im 18.Jahrhundert lebt.
    Wenn man Musik verschiedener Epochen spielt, dann befruchtet sich das m.E. gegenseitig.
    Ich kann mir vorstellen, dass ich als Orchestermusiker nach langen Proben und Aufführungen aller Brahms-Symphonien mit einer grösseren Lust und Inspiration Rameau oder Bach in einem anderen HIP-Orchester spielen würde, als wenn ich mein Leben lang nur Dresdner Barock oder italienischen Barock spielen würde, unabhängig davon, ob nun alte oder moderne Instrumente benutzt werden.


    Wenn HIP dazu führt, dass die heutigen normalen Instrumente des Symphonieorchesters tendenziel als kaum noch einsetzbar angesehen werden, dann wäre das wohl eine Fehlentwicklung.
    Auch wenn ein Instrumentalist sich dazu entschliesst, nur noch den französischen Barock zu lieben und den italienischen oder deutschen Stil dieser Zeit komplett abzulehnen ( so etwas gab es ja damals) dann wäre das heutzutage mehr als bedenklich.
    Die klingenden Resultate würden wahrscheinlich nur noch sehr spezielle Hörerschichten ansprechen und dem Rest nichts sagen.


    HIP kann m.E. heute nicht mehr in der gemütlichen, etwas alternativen Abgeschiedenheit der früheren Alte-Musik-Szene bleiben.
    Das wäre für mich ein Irrweg, weil gerade durch den gegenseitigen Austausch, und nicht durch Abgrenzung und Isolation frische und ins Leben der heutigen Menschen eingreifende Musik zu erwarten ist ( siehe auch die kulturelle Entwicklung in Amerika, auch wenn der Vergleich natürlich hinkt)


    Die gegenseitige Befruchtung, das gegenseitige voneinander Lernen und Inspirieren kann also m.E. nur die Zukunft sein.
    Damit will ich keineswegs sagen, dass die alten Instrumente mittlerweile ausgedient hätten, aber die Verbreitung des historisch informierten und gleichzeitig ergreifenden Spiels wird in Zusammenarbeit mit den Musikern wesentlich besser funktionieren, die (auch) auf normalen Instrumenten spielen.
    Die von mir genannten Ensembles sind für mich gute Beispiele mit Vorbildcharakter.
    Auch Albrecht Mayers Arbeit mit der Sinfonia Varsovia ( hier zu hören) geht für meinen Geschmack in eine gute Richtung.
    Die CD werde ich mir bestimmt noch kaufen...klingt sehr lebendig, inspiriert und auf der Grundlage des HIP.


    Herzlichen Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Glockenton,


    Zitat

    Original von Glockenton


    ....Wenn ein heutiger Oboist neben seiner modernen Oboe noch die Barockoboe und vielleicht noch für gewisse Bachpartien die Oboe da caccia regelmässig spielt und beherrscht, dann ist das m.E. schon sehr viel und ein idealer Zustand.....
    Glockenton


    Die barocke und die moderne Oboe "beißen" sich im Hinblick auf den Ansatz und die Fingertechnik enorm. Ich kenne kaum Instrumentalisten, die beides langfristig langfristig parallel spielen - und wenn sie es tun, leidet fast immer eine der beiden Seiten massiv darunter. Sehr deutlich war das z.b. bei dem großartigen Musiker Helmut Hucke zu erkennen, den ich, nachdem er als ehemaliger Sinfonieorchesteroboist weitgehend auf die Barockoboe umgestiegen war, auch noch ein paar Mal auf dem modernen Instrument gehört habe. Das klang dann nicht unbedingt besonders erfreulich....


    Wenn Musikfreunde das Solo im Tristan gerne auf einem Englischhorn der Wagnerzeit hören möchten, oder die Fagottversion des Themas in Ravels Bolero am liebsten auf einem französischen Basson des frühen 20. Jahrhunderts, sollten sie bedenken, daß es auch Instrumentalisten geben muß, die auf diesen Geräten richtig zu Hause sind. Da ist es dann nicht damit getan, mal vorher zwei Wochen darauf zu üben.
    Es fällt auch exzellenten, äußerst begabten Bläsern ja schon schwer genug, sich auf einem fremden Instrument gleichen Alters und gleicher Bauart (eventuell sogar gleicher Marke) richtig wohlzufühlen. Die Tröte, auf der man Tag für Tag übt, Proben und Konzerte spielt, ist fast so etwas wie ein geliebter Lebenspartner - man freut sich über die Stärken, kennt aber auch alle kleinen Schwächen und weiß sie auszugleichen. Wie soll das funktionieren, wenn man je nach Alter der Musik alle 5 Minuten ein anderes Instrument unter den Fingern hat? Das ist genauso wie permanenter Partnertausch....


    Deshalb habe ich meine Vorbehalte gegen HIP im Sinne des unbedingten Einsatzes von Originalinstrumenten, wenn es um die Musik immer jüngerer Epochen geht. Es mag ein nettes, unter Umständen ganz aufschlußreiches Experiment sein, bei einer Aufführung oder Aufnahme einer Brahms-Sinfonie auf das Instrumentarium der Entstehungszeit zurückzugreifen, aber maßstäblich kann und soll so etwas meiner Ansicht nach aus den oben angeführten Gründen nicht werden.
    Hinzu kommt, daß mir nicht richtig einleuchten will, warum der prinzipiell warme, intensive, satte, in jedem Fall aber flexible und nach Bedarf auch einmal fahle Klang unserer mit viel Mühe in diese Richtung entwickelten Holzblasinstrumente von heute nicht zu Brahms oder Wagner passen sollte.


    Zitat

    Die gegenseitige Befruchtung, das gegenseitige voneinander Lernen und Inspirieren kann also m.E. nur die Zukunft sein.


    Ganz genau das ist der Punkt - auch im Falle der Barockmusik!


    Herzliche Grüße


    Bernd

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  • Gerade habe ich mir Göbels Interpretation der "Kunst der Fuge" angehört. Ohne jeden Widerwillen, wie ich betonen möchte. Die Instrumente klingen gut und werden diesem Werk absolut gerecht, von den technischen Schwierigkeiten der Angangszeit des HIP ist wirklich nichts mehr zu bemerken.
    Aber es klingt akademisch, klingt steril. Jetzt kann ich es endlich mal in Worte fassen.
    Da klingt ja Karajans Beethoven noch quicklebendig dadegen.


    Das erinnert mich an einen leider verstorbenen, langjährigen Schachpartner. Meist machte er mich in der Eröffnung schon nieder, 3 von 4 Partien gab ich spätestens nach dem 15. Zug auf. Kein Wunder, er war schließlich deutscher Meister und Mannschaftsführer der deutschen Meistermannschaft. Doch wenn er beim 15. Zug noch keinen Vorteil erlangt hatte, verlor er die Partie mit einer Wahrscheinlichkeit von 4:3. Woran lags?
    Ich nannte sein Spiel akademisches Schach. Äußerst belesen, mit einer ungeheuren Eröffnungsbibliothek im Kopf, ständig sich weiterbildend. Außer einmal die Woche gegen ihn spielte ich nur selten Schach und studierte schon 3x keine Schachzeitschriften.
    Aber wenn ich gerade gegen ihn Schach spielte, hörte die übrige Welt für mich auf zu existieren, existierte nur noch das Schachbrett. Ich ging voll auf in diesen Spielen. Während mein Gegner akedemisch cool blieb, selbst wenn er kurz vorm Matt stand. Denn auch er bemerkte durchaus die oft schon über 5 Züge vorhersehbaren Mattkombinationen und interessierte sich dann eher dafür, ob ich die Zugfolge wohl auch in der richtigen Reihenfolge spielen würde, oder doch noch einen Patzer reinbringen würde, der ihm nochmal eine Chance geben würde.


    Diese Aufgehen vermisse ich in den HIP Interpretationen. Akademiker musizieren und beweisen der Welt, wie ein Stück gespielt gehört, von der Forschung untermauert.


    Vielleicht haben sie ja Recht mit dem Instrumentarium, den Tempi, der Aufführungspraxis. Wie gesagt, Göbel klingt gut.


    Und wie bereits eingangs gesagt, Göbel klingt steril. Womit er mich an meinen Schachpartner erinnert, hervoragend gelerntes Schach! Aber nicht Schach, dass genau in diesem Moment gelebt wird.


    So klingt HIP in meinen Ohren. Musik, die nicht wirklich gelebt wird.


  • Du reproduzierst zum zigsten Mal ein abgedroschenes und langweiliges Vorurteil, sorry, anders kann man es nicht formulieren. Das mag für dich so klingen, weil Du an expressive Gesten gewöhnt bist, die der Musik genaugenommen völig fremd sind.


    Der Witz im Barock ist u.a. gerade, dass eben nicht CPE Bachs Diktum "Es kann nicht rühren, wer selbst nicht gerühret" befolgt wird, sondern dass der Musiker eher ein "Hexenmeister" ist, der bei den Zuhörern Affekte hervorruft, die er objektiv, unabhängig von seinem Gemütszustand produziert. Mit einem etwas groben Vergleich: Der romantische Interpret ist ein Demagoge, der sich selbst völlig in seine Rede hineinsteigert und so sein Publikum mitreißt, der barocke ein sophistischer Redner, der aus einem breiten Spektrum präziser rhetorischer Mittel geschickt die passenden auswählt, um die Zuhörer zu überzeugen.


    Natürlich klingt, wenn man Furtwängler bei Beethoven (oder wo auch immer) gewohnt ist, praktisch alles andere "steril". Umd umgekehrt kann Furtwängler, wenn man z.B. Toscanini gewohnt ist, unerträglich willkürlich, verzerrt, unzusammenhängend, alles dem augenblicklichen Kick opfernd, klingen.


    Aber bei Bach oder Händel dirigierten ja vor HIP die wenigsten wie Furtwängler, sondern meistens polternd, steif, unflexibel phrasiert, mit pseudoobjektiver Nähmaschinenartikulation usw. Was daran verglichen mit der abwechslungsreichen Agogik, Phrasierung, Klangrede im wirklichen Sinne des Wortes etwa bei Harnoncourt "lebendig" sein soll, ist mir schleierhaft.
    (es stimmt allerdings leider, dass es HIPster gibt, die ähnliche Nähmaschinen, nur eben schneller und auf alten Instrumenten, bringen, aber die sind inzwischen eher selten)


    Abgesehen davon (aber da bin ich auf verlorenem Posten) geht mir eh der Hut hoch, wenn "akademisch" als Schimpfwort verwendet wird. "Good old heart, bad old brains", damit ist man noch nie weitergekommen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Eine Argumentation wie die Gerhards ödet einen tatsächlich nur noch an. Es lohnt sich nicht einmal, darauf noch einzugehen. Wer die Essenz der HIP-Bewegung auch im Jahre 2006 immer noch nicht begriffen hat, dem ist nicht zu helfen. Und wer ausdrücklich hervorhebt, er habe "ohne Widerwillen" gehört, der hat 100% von Anfang an mit einer negativen Erwartungshaltung hingehört.


    Ich muß JR nur in einem Punkt widersprechen: Ich verehre Furtwänglers Beethoven und halte - mit ihm verglichen - Arturo bei diesem Repertoire für eine mediokren Dirigenten.


    Und trotzdem klingt HIP für mich in keinster Weise steril. Im Gegenteil, Furtwängler und HIP-Interpeten sind zwar Welten voneinander entfernt, wenn es um die musikalische Aufführungspraxis geht, aber - wenn ich das laienhaft mal so äußern kann - in einem entscheidenden Punkt stimmen sie überein: Sie sind Vollblutmusiker im Dienste der Musik, keine "trockenen" Wissenschaftler.

  • Abrüsten, lieber Johannes, bitte abrüsten:


    Die Auffassung von Gerhard kann ich durchaus teilen. Und so drastisch, wie Du den Bericht wiedergibst, ist er ja gar nicht geschrieben.


    Zunächst: es gab durchaus eine Barock-Rezeption jenseits der Rumplemusiker der 20er und 30er Jahre. Klemperer, Münchinger, Beecham, Boult, Ansermet fallen mir das gerade ein, die überhaupt nicht HIP waren, aber für meine Ohren fabelhaft Händel, Bach Vivaldi, Purcel und Co eingespielt haben. Die Wiener Klassik steht ja nun auch unter dem Druck, HIP sein zu müssen, und auch da haben die genannten (die Liste ließe sich erweitern, Wand etwa oder Horentein) einiges eingespielt, was ich nicht missen möchte. Damit qualifiziere ich die HIP-Einspielungen überhaupt nicht ab. Eher würde ich von individuellen Präferenzen sprechen: Harnoncourt ja, Koopmann nein (z.B.. Göbels Mozart im übrigen mag ich auch nicht. Und wenn auf jemanden Dein Diktum der "pseudoobjektiven Nähmaschinenartikulation, dann wohl auf Koopmann, jedenfalls wenn er Mozart dirigiert). Wenn nun Gerhard das akademische als Argument bemüht, so qualifiziert das den Sachverhalt als solchen nicht ab (zumal ich da auch auf die Barrikaden gehen würde): da die HIPster dies aber gerne als Totschlagargument bemühen (wir sind die besseren), muß man sich ja vorauseilend dergestalt dagegen wehren, daß ich meine individuellen Hörpräferenzen einen höheren Rang einräume als der akademischen Begründung. Gottlob hält der Markt ja für jeden das Gewünschte bereit (und wenn Sir Neville ikn der Kölner Philharmonie Mozarts C-Dur Messe spielt, dann freut da mein Ohr. Auch der ist nicht gerade HIP) Also bitte, leben und leben lassen. Wenn Gerhard Göbels musizieren nicht mag, dann ist das sein gutes Recht. Ich mag's auch nicht.

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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