Interpretationsvergleiche Klavier - Diskussionsforum
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lieber Holger,
ich habe mittlerweile mehrere Deiner Artikel gelesen und möchte mich dafür bedanken. Die Arbeit und das Wissen, was dahinter verborgen ist, glaube ich ungefähr einschätzen zu können. Soviel Informationen zu den Werken und Interpretationen zu bekommen, ist weitab von selbstverständlich.
Zu Deiner Frage, was Interpretationen bedeuten, muss ich als Voraussetzung sagen, dass ich kein aktiver Musiker bin, und damit ganz natürlich auf Interpretationen angewiesen bin.
mein erster Zugang zu fast allen Stücken basiert also auf solchen. Aus der Kindheit und Adoleszenz, habe ich das Forellenquintett mit Jörg Demus und dem collegium aureum, Rameau Dardanus mit derselben Vereinigung, in der Protestphase Beethoven mit Gulda und erstaunlicherweise Chopin Etuden mit Pollini, Stockhausen und Boulez mit den Kontarskys und zur gleichen Zeit Bartok die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug mit ebendiesen Pianisten gehört. Dann kamen noch Bartoks Klavierkonzerte mit Geza Anda und Ferenc Fricsay dazu. Ungefähr auch um diese Zeit Streichquartette mit dem LaSalle Quartett, wobei ich am Ende bei Webern hängen geblieben bin. Das Juilliard gab mir Bartok.
Alle diese Aufnahmen habe ich wahrscheinlich bis zum „Erbrechen“ gehört, meine Eltern damit gequält, aber sie haben mir eine Vorstellung von Musik und natürlich den „vermeintlichen“ Vorstellungen des Komponisten gegeben. Für mich war Beethoven immer ein Protestler, der die Grenzen ausreizen wollte. Daher tat ich mich später mit anderen Interpretationen schwer. Ich kann zum Beispiel in den hier vielgelobten Interpretationen von Brendel meinen Beethoven nicht wiederfinden.
und damit kommen wir eigentlich zu dem, was ich sagen will (hoffentlich nicht zu spät ). Eine Interpretation steht immer in zwei Kontexten, einmal dem des Interpretierenden und einmal in dem des Konsumierenden. Gulda war soweit ich weiß sehr jung, als er den Zyklus einspielte und traf bei mir einen Nerv. Hat er mir Beethoven nahegebracht oder etwas anderes? Ich glaube einfach, dass das in Beethoven drinsteckt und von Gulda zu Ohr gebracht wird. Jede Interpretation bietet diese Möglichkeit!Wobei ich mir bei den Dingen, die da David Garrett momentan macht, nicht im Klaren bin, ob diese Art der Vermittlung irgendjemandem musikalisch etwas näher bringt.
just my two cents.BTW Mozart kam erst später ( untypisch für jemanden mit musikalischer Ausbildung) und in dieser Phase wurde mir die Gulda Einspielung fremd und ich tendierte zu der von Gilels, der Kontext hatte sich geändert.
vielen Dank nochmal für Deine für mich wertvollen Beiträge,
Axel -
vielleicht noch ein Beispiel für eine prägende Interpretation:
ich hatte damals wohl aus dem Radio wdr 3 eine Aufnahme der „Pièces de clavecin“ von Rameau in einer wunderschönen Interpretation von Daniel Chorzempa allerdings auf einem Cembalo mir immer wieder angehört, die diese Stücke zu einem Teil meiner Lieblinge machten. Tatsächlich waren mir dadurch andere Interpretationen verbaut.
Lag es am Cembalo, an der Interpretation? Erst sehr viel später habe ich eine Aufnahme von Marcelle Meyer wieder genießen können. Interpretationen sind also nicht beliebig, aber ob es einfach der Zeitfaktor ist, was man als erstes hört, ob es da tiefere Strukturen gibt, die manche Interpretationen freilegen und andere nicht, oder aber man über die Gesamtschau aller Interpretationen dem Werk nahekommt, ist mir absolut unklar.
Beste Grüße,Axel
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ich habe mittlerweile mehrere Deiner Artikel gelesen und möchte mich dafür bedanken. Die Arbeit und das Wissen, was dahinter verborgen ist, glaube ich ungefähr einschätzen zu können. Soviel Informationen zu den Werken und Interpretationen zu bekommen, ist weitab von selbstverständlich.
So eine Rückmeldung zu bekommen, lieber Axel, freut mich sehr! Ich weiß, dass ich etwas ungewöhnliche Wege gehe gerade mit diesen Kolumnenartikeln. Das ist sicher nicht für "Jedermann". Aber wenn doch einige Leser dem etwas abgewinnen können, bin ich doch zufrieden! Es ist schön, dass jeder von uns seine eigene "Hörgeschichte" hat. Es stimmt, man hört seine Lieblingsinterpreten unzählige Male. Und das Verrückte ist, dass man immer wieder zu ihnen zurückkommt! Ich mag auch keinen "geglätteten" Beethoven, mag auch Interpretationen, die aufrütteln und es dem Hörer nicht leicht machen. Martha Argerich erzählt bezeichnend, dass die Klavierschule in Argentinien sehr auf die Melodik fixiert war. Gulda war für sie ein Schlüsselerlebnis mit seinem Humor, als er mit dem 4. KK von Beethoven gastierte. Das Konzert liebt sie sehr, hat es sich aber nie mehr getraut, es selbst zu spielen. Später wurde sie ja Guldas Schülerin. Ich hoffe doch, Du bleibst uns als ordentliches Mitglied erhalten. Bei Beethoven bin ich eher von Michelangeli, Pollini und Gilels geprägt - Gulda mag ich eigentlich am liebsten mit Mozart. Da finde ich ihn absolut überragend. Wenn Du Gulda so magst - ich habe mir zuletzt von ihm die Stuttgarter Rundfunk-Aufnahmen zugelegt, weil ich im "Opa"-Alter doch noch einmal intensiver mit ihm beschäftigen will - aber noch nicht alle Aufnahmen gehört:
Einen schönen Sonntag wünschend
Holger
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vielleicht noch ein Beispiel für eine prägende Interpretation:
ich hatte damals wohl aus dem Radio wdr 3 eine Aufnahme der „Pièces de clavecin“ von Rameau in einer wunderschönen Interpretation von Daniel Chorzempa allerdings auf einem Cembalo mir immer wieder angehört, die diese Stücke zu einem Teil meiner Lieblinge machten. Tatsächlich waren mir dadurch andere Interpretationen verbaut.
Lag es am Cembalo, an der Interpretation? Erst sehr viel später habe ich eine Aufnahme von Marcelle Meyer wieder genießen können. Interpretationen sind also nicht beliebig, aber ob es einfach der Zeitfaktor ist, was man als erstes hört, ob es da tiefere Strukturen gibt, die manche Interpretationen freilegen und andere nicht, oder aber man über die Gesamtschau aller Interpretationen dem Werk nahekommt, ist mir absolut unklar.Lieber Axel,
sowas gibt es in der Tat! Das ist bei mir Beethovens Klaviersonate op. 7 mit ABM. Mein Lehrer und Freund Franz-Josef hat diese Sonate im Konzertexamen gespielt einst bei Ludwig in Köln. Er hörte ABM damals mit dieser Sonate im Konzert. Bis heute akzeptiert er eigentlich keine andere Interpretation!
Schöne Grüße
Holger
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lieber Holger,
ich habe mittlerweile mehrere Deiner Artikel gelesen und möchte mich dafür bedanken. Die Arbeit und das Wissen, was dahinter verborgen ist, glaube ich ungefähr einschätzen zu können. Soviel Informationen zu den Werken und Interpretationen zu bekommen, ist weitab von selbstverständlich.
Zu Deiner Frage, was Interpretationen bedeuten, muss ich als Voraussetzung sagen, dass ich kein aktiver Musiker bin, und damit ganz natürlich auf Interpretationen angewiesen bin.
mein erster Zugang zu fast allen Stücken basiert also auf solchen. Aus der Kindheit und Adoleszenz, habe ich das Forellenquintett mit Jörg Demus und dem collegium aureum, Rameau Dardanus mit derselben Vereinigung, in der Protestphase Beethoven mit Gulda und erstaunlicherweise Chopin Etuden mit Pollini, Stockhausen und Boulez mit den Kontarskys und zur gleichen Zeit Bartok die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug mit ebendiesen Pianisten gehört. Dann kamen noch Bartoks Klavierkonzerte mit Geza Anda und Ferenc Fricsay dazu. Ungefähr auch um diese Zeit Streichquartette mit dem LaSalle Quartett, wobei ich am Ende bei Webern hängen geblieben bin. Das Juilliard gab mir Bartok.
Alle diese Aufnahmen habe ich wahrscheinlich bis zum „Erbrechen“ gehört, meine Eltern damit gequält, aber sie haben mir eine Vorstellung von Musik und natürlich den „vermeintlichen“ Vorstellungen des Komponisten gegeben. Für mich war Beethoven immer ein Protestler, der die Grenzen ausreizen wollte. Daher tat ich mich später mit anderen Interpretationen schwer. Ich kann zum Beispiel in den hier vielgelobten Interpretationen von Brendel meinen Beethoven nicht wiederfinden.
und damit kommen wir eigentlich zu dem, was ich sagen will (hoffentlich nicht zu spät ). Eine Interpretation steht immer in zwei Kontexten, einmal dem des Interpretierenden und einmal in dem des Konsumierenden. Gulda war soweit ich weiß sehr jung, als er den Zyklus einspielte und traf bei mir einen Nerv. Hat er mir Beethoven nahegebracht oder etwas anderes? Ich glaube einfach, dass das in Beethoven drinsteckt und von Gulda zu Ohr gebracht wird. Jede Interpretation bietet diese Möglichkeit!Wobei ich mir bei den Dingen, die da David Garrett momentan macht, nicht im Klaren bin, ob diese Art der Vermittlung irgendjemandem musikalisch etwas näher bringt.
just my two cents.BTW Mozart kam erst später ( untypisch für jemanden mit musikalischer Ausbildung) und in dieser Phase wurde mir die Gulda Einspielung fremd und ich tendierte zu der von Gilels, der Kontext hatte sich geändert.
vielen Dank nochmal für Deine für mich wertvollen Beiträge,
AxelWas soll das heißen, man ist als Hörer "angewiesen"?
Musik ohne Hörer, wie soll das denn funktionieren?
Wie schön, das eine bestimmte Interpretation einen Hörer mehr berührt als eine andere, dafür brauche ich aber kein Geschreibsel von einem selbst ernannten Musikerklärer.
Diese ganze "Ausgraben" von zusammen gelesenem Wissen, dazu Rechthaberei...
Nun, alles kann als schlechtes Beispiel dienen, jedem ist es selbst überlassen, was ihn anspricht, ich verlange aber von einem Hörer, der sich intensiv mit klassischer Musik beschäftigt, mehr Selbstbewusstsein.
Aber wem es gefällt....
P.S.
Der TE kann ruhig den Beitrag streichen, ich habe mir einfach mal was von der Seele geschrieben, ich ignoriere schon seit einiger Zeit seine Beiträge, er ist mir
egal.
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Was soll das heißen, man ist als Hörer "angewiesen"?
... solange Musik noch nicht von einem Roboter gespielt wird...
Musik ohne Hörer, wie soll das denn funktionieren?
Musik ohne Interpreten, wie soll das funktionieren?
Wie schön, das eine bestimmte Interpretation einen Hörer mehr berührt als eine andere, dafür brauche ich aber kein Geschreibsel von einem selbst ernannten Musikerklärer.
Diese ganze "Ausgraben" von zusammen gelesenem Wissen, dazu Rechthaberei...
Nun, alles kann als schlechtes Beispiel dienen, jedem ist es selbst überlassen, was ihn anspricht, ich verlange aber von einem Hörer, der sich intensiv mit klassischer Musik beschäftigt, mehr Selbstbewusstsein.
Wieso ist es ein Ausdruck von mangelndem Selbstbewusstsein, sich für Interpretationsvergleiche zu interessieren? Ist es nicht umgekehrt mangelndes Selbstbewusstsein, wenn man sich für sie gar nicht interessiert, sie als Bedrohung anzusehen und als Rechthaberei zu verteufeln? Und ist es nicht wiederum Rechthaberei, an Interpretationsfragen interessierten Hören - und im übrigen auch Musikern - zu unterstellen, ihnen mangelte es an Selbstbewusstsein? Ist der junge angehende Konzertpianist, der eine Meisterklasse besucht, nicht selbstbewusst genug?
Schöne Grüße
Holger
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Wenn man Musiker sprechen hört, so vergleichen sie sich nie mit lebenden Musikern.
Interpretationen von früher, die heute nur noch als Konserven erhalten sind, muss man immer auch aus der Zeit heraus interpretieren, ich kann mich natürlich in mein Stübchen hocken und nur das hören, was ich als absolut darstelle, dies aber zum Maßstab zu nehmen halte ich für gewagt.
Interpretationsvergleiche als Bedrohung?
Was für eine Wortwahl! Wer bedroht wen und warum?
Es kommt immer auf den Beitrag an, ob mich eine Interpretationsfrage interessiert oder nicht. Ein Beitrag, der als etwas absolut hinstellt, ist bei mir gleich unten durch.
Wie viele begabte Musiker scheitern, auch aus Meisterklassen, die an Umständen scheitern, für die sie nichts können, auch wegen "Gespenstern", nach dem Motto, er" versucht den und den zu kopieren, natürlich schafft er das nicht", also ab in die Schublade des Vergessens.
Musik berührt den Hörer, aus unterschiedlichsten Gründen, es ist ein Vorzug der klassischen Musik wie auch guter Literatur, das ich für mich meine Bezüge und Gedanken entwickle, die nicht in einen allgemeinen Kanon passen.
Wer Doktrin zum interpretieren von Musik braucht, tut mir ehrlich gesagt leid.
Ich kann mir selbst wohl Informationen "besorgen", z.B. über das Leben eines Komponisten, begebe mich aber, gerade bei Beethoven, auf sehr dünnes Eis.
Gerade das Geheimnisvolle macht auch den Reiz von Musik aus.
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Wenn man Musiker sprechen hört, so vergleichen sie sich nie mit lebenden Musikern.
Nie? Natürlich sind Musiker höfliche Menschen und werden nicht ein Urteil abgeben: "Ich bin ein besserer Pianist als der und der..." Aber deutliche Urteile über andere Musikerkollegen haben Musiker sehr wohl abgegeben - das kann man alles nachlesen. Celibidache sagte z.B. zu Karajan, er sei "unmusikalisch".
Wer Doktrin zum interpretieren von Musik braucht, tut mir ehrlich gesagt leid.
Wer tut das?
Interpretationen von früher, die heute nur noch als Konserven erhalten sind, muss man immer auch aus der Zeit heraus interpretieren, ich kann mich natürlich in mein Stübchen hocken und nur das hören, was ich als absolut darstelle, dies aber zum Maßstab zu nehmen halte ich für gewagt.
Interpretationsvergleiche als Bedrohung?
Was für eine Wortwahl! Wer bedroht wen und warum?
Wenn eine Interpretation gewisse Maßstäbe gesetzt hat, dann gelten die über die Entstehungszeit der Aufnahme hinaus. Und etwas Vorbildliches für sich selbst zum Vorbild und Maßstab nehmen ist erlaubt. Das geschieht immer wieder - bei Musikern wie auch bei Hörern. Wer das mit mangelndem Selbstbewusstsein gleichsetzt, hat selbst ein Problem.
Ich kann mir selbst wohl Informationen "besorgen", z.B. über das Leben eines Komponisten, begebe mich aber, gerade bei Beethoven, auf sehr dünnes Eis.
Gerade das Geheimnisvolle macht auch den Reiz von Musik aus.
Kannst Du. Und das alles für Dich in Deinem stillen Kämmerlein behalten. Es gibt aber Menschen, die möchten gerne über Interpretationsfragen reden. Dafür sind sie schließlich in einem Klassikforum. Und nicht jeder muss dem Mythos verpflichtet sein, dass man über Musik nicht reden kann. Man bestreitet auch das "Geheimnis" von Musik keineswegs, wenn man sich mit Problemen der Interpretation auseinandersetzt. Anderenfalls nämlich wird die Auseinandersetzung mit und die Interpretation von Musik zur reinen Willkür und zum Dilettantismus ohne Sachverstand.
Schöne Grüße
Holger
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Dilettantismus ist gut.
Da wären wir beim Thema. Natürlich bin ich ein Dilettant, Besserwisserei ist aber mindestens genau so schlimm.
Gerade klassische Musik wir zerredet, dazu noch diese Einordnungen in die "Beste" Interpretation, der und der kommt der Gedankenwelt des Komponisten am nächsten.
Hirngespinste.
Ich höre jetzt Musik, das Labern über Musik überlasse ich hier gerne anderen, denn das ist so fruchtlos wie in einem durchlöcherten Eimer Wasser zu tragen.
Etwas ärgert es mich schon, mich hier überhaupt gemeldet zu haben, unergiebig und Zeitverschwendung.
Eins hat es mir aber gezeigt, das ich mit meinem Ignorieren richtig liege.
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Immer wieder überrascht mich, was im Tamino Klassikforum an Emotionen "hochkocht". Kopfschüttelnd frage ich mich beispielsweise, was Dich, lieber Thomas Sternberg, derart "auf die Palme bringt"?
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Dilettantismus ist gut.
Ja, sogar sehr gut. Nur dann nicht, wenn er sich anmaßt, abzustreiten: Kompetenz, Sachverstand, das Recht der Bewertung, was wirklich Wert und Bedeutung hat.
Da wären wir beim Thema. Natürlich bin ich ein Dilettant, Besserwisserei ist aber mindestens genau so schlimm.
Es hat Dir Niemand etwas bestritten. Umgekehrt kann man es als "besserwisserisch" Deinerseits ansehen, das Recht zu bestreiten, Interpretationen zu vergleichen und auch zu bewerten. Wer glaubst Du wer Du bist, Anderen Deine Meinung aufzwingen zu dürfen?
Gerade klassische Musik wir zerredet, dazu noch diese Einordnungen in die "Beste" Interpretation, der und der kommt der Gedankenwelt des Komponisten am nächsten.
Ich persönlich habe noch nie etwas von "Bestenlisten" gehalten. Was nicht heißt, dass man eine herausragende Interpretation auch herausragend und eine mittelmäßige auch mittelmäßig nennen darf.
Hirngespinste.
Für wen?
Ich höre jetzt Musik, das Labern über Musik überlasse ich hier gerne anderen, denn das ist so fruchtlos wie in einem durchlöcherten Eimer Wasser zu tragen.
Etwas ärgert es mich schon, mich hier überhaupt gemeldet zu haben, unergiebig und Zeitverschwendung.
Eins hat es mir aber gezeigt, das ich mit meinem Ignorieren richtig liege.
Es zwingt Dich Niemand, an speziellen Threads Dich zu beteiligen, die das Thema "Interpretationsvergleich" nun einmal haben. Warum mischst Du Dich also überhaupt in die Diskussion ein?
Schöne Grüße
Holger
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Was soll das heißen, man ist als Hörer "angewiesen"?
Musik ohne Hörer, wie soll das denn funktionieren?
Hallo Thomas,
ich bin wohl angesprochen. Das soll heißen, da ich nicht wirklich Partituren lesen kann und gegebenenfalls ausprobieren kann, ich auf das Spiel eines anderen, also seine Interpretation, angewiesen bin.Ich höre jetzt Musik, das Labern über Musik überlasse ich hier gerne anderen, denn das ist so fruchtlos wie in einem durchlöcherten Eimer Wasser zu tragen.
ich frage mich, was der Sinn eines Forums ist, wenn nicht genau dieses „Labern“ wie Du es etwas unschön ausdrückst. Daraus entstehen Anregungen und man kann über bestimmte Werke noch einmal nachdenken. Ich habe mittlerweile einiges gelesen und war dankbar für diese Texte.
Ich kann an Deinem Avatar erkennen, dass Du mittlerweile 766 Beiträge in diesem Forum geschrieben hast. Was war deren Sinn, wenn Du an der schriftlichen Äußerung zweifelst?
Glaube mir, dass es mir nicht an Selbstbewusstsein mangelt. Ich bin aber gerne bereit, Leistungen von anderen anzuerkennen. Gerade in Zeiten, wo man wirklich fast überall mit extrem leichter Kost abgefertigt, weiß ich echte Arbeit zu schätzen.
Es grüßt Dich,Axel
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Wenn man Musiker sprechen hört, so vergleichen sie sich nie mit lebenden Musikern.
das mag ja auch politische Gründe haben. Mich würde es wundern, wenn die Interpretation eines Musikers heute ganz ohne Vergleiche mit anderen zustande käme.
Ein Vergleich ist ja, anders als im Sport, keine eindimensionale Rangliste. Ein guter Vergleich versucht ja subtile Eigenschaften einer Interpretation denen von anderen gegenüberzustellen. Selten gibt es da so etwas wie: die ist es und die andere nicht.
Wenn Du vielleicht meinen Text noch einmal liest, wirst Du feststellen, dass gerade das ein Punkt ist, den ich angesprochen habe. Dass einfach durch das zeitliche Nacheinander beim Konsumieren so eine Art „Bias“ entstehen kann, der einen für andere Interpretationen taub machen kann.Musik berührt den Hörer, aus unterschiedlichsten Gründen, es ist ein Vorzug der klassischen Musik wie auch guter Literatur, das ich für mich meine Bezüge und Gedanken entwickle, die nicht in einen allgemeinen Kanon passen.
Auf jeden Fall! Aber nichts von dem von mir Gesagtem widerspricht dem, also?
Wer Doktrin zum interpretieren von Musik braucht, tut mir ehrlich gesagt leid.
Ich kann mir selbst wohl Informationen "besorgen", z.B. über das Leben eines Komponisten, .....
Die diskursive Auseinandersetzung mit Meinungen ist doch das Gegenteil von doktrinärem Verhalten? Und wo besorgt man sich etwas selbst, in einem Forum zum Beispiel? Das ist doch eine nette Alternative zum Lesen von Artikeln und Büchern, wo ich mit dem Autor nicht mehr kommunizieren kann.....Gerade das Geheimnisvolle macht auch den Reiz von Musik aus.
Das hier gerade ist ein Satz, auf den das oben von Dir selbst ausgesprochene Verdikt über sprachliche Äußerung zu Musik leicht anwendbar wäre. Man denkt unwillkürlich an Wittgenstein.Also nichts für ungut! Ich habe hier in dem Forum mit Freude gelesen und werde es auch weiterhin tun.
Grüße,Axel
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Immer wieder überrascht mich, was im Tamino Klassikforum an Emotionen "hochkocht". Kopfschüttelnd frage ich mich beispielsweise, was Dich, lieber Thomas Sternberg, derart "auf die Palme bringt"?
Das habe ich mich auch lange gefragt und habe auch eine Antwort gefunden.
Vor zehn Tagen widmete Arte fast einen ganzen Nachmittag Beethoven. In allen Beiträgen spürte man die tiefe Liebe der Künstler zu Beethoven und die Quintessenz war, das Beethoven einfach berührt, Emotionen in Musik umsetzt.
Und was passiert hier?
Anstatt dem besonderen Gefühl einzelner Interpreten, ich nenne mal Fazil Say, Patricia Kopschinskaja nach zu forschen, nachzuhören, werden Gespenster bemüht, Notentexte "analysiert", ein Beethoven seziert.
Das hat in mir die Emotion der Wut geweckt.
Inzwischen ist mir das total gleichgültig, von mir aus können sie alle an Beethoven herumschnippeln, seine Musikliteratur wird auch in Zukunft von gefühlsbewegten Musikern interpretiert, acht Stunden am Tag die Waldstein Sonate geübt bis sie/er sie nicht so spielt, wie eine läppische Hintergrundmusik.
Aber; was ich hier schreibe, ist auch egal, Hauptsache Beethoven lebt durch seine Musik, die von Könnern (Musikern) hervorragend interpretiert wird und nicht durch irgendwelche Wichtigtuer oder Überlegenheitsfanatiker zerlabert wird.
Viel Spaß noch hier, jedem das Seine, nur ohne mich.
Das ist aber auch egal.
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Anstatt dem besonderen Gefühl einzelner Interpreten, ich nenne mal Fazil Say, Patricia Kopschinskaja nach zu forschen, nachzuhören, werden Gespenster bemüht, Notentexte "analysiert", ein Beethoven seziert.
Das hat in mir die Emotion der Wut geweckt.
Solche Gespenster bemüht etwa ein Alfred Brendel, der Beethoven seziert und den Notentext analysiert und das auch in Buchform veröffentlicht. Weiß er, welche Wut er damit weckt?
Inzwischen ist mir das total gleichgültig, von mir aus können sie alle an Beethoven herumschnippeln, seine Musikliteratur wird auch in Zukunft von gefühlsbewegten Musikern interpretiert,
Klar doch, Brendel ist kein ausschließlich gefühlsbewegter "Bauchmusiker" wie Kopatschinskaja! Er stürzt sich eben nicht kopflos in eine Beethoven-Sonate, sondern weiß, was er tut.
Viel Spaß noch hier, jedem das Seine, nur ohne mich.
Ganz genau!
Schöne Grüße
Holger
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Zu Elly Neys Aufnahme der "Waldsteinsonate" und Kagels Ney-Parodie:
"VI. The Frog"
Schöne Grüße
Holger
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Patricia Kopatchinskaja
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Ist Patricia Kopatchinskaja das Beispiel für Emotion, Alfed Brendel dagegen Synonym für Intellekt? Keiner der Beiden wäre mit dieser Etikettierung einverstanden, da bin ich mir sicher.
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„Wenn du auf die Bühne gehst, um das Stück zu spielen, musst du all das, was du über das Stück gelernt und studiert hast verinnerlicht haben, um in vielerlei Hinsicht das allererste Gefühl zu reproduzieren, das du bei dem Stück hattest. Sonst bist du kein Künstler. Das sage ich, um zu betonen, dass in der Musik Emotion und Gefühl nicht im Gegensatz stehen zur Rationalität. Ich erinnere mich an die Zeit als ich als kleiner Junge von zwölf Jahren bei Nadia Boulanger studierte. Sie fragte mich: Was glaubst Du, geht es in der Musik um Gefühle oder um Strukturen? Ich sagte: um beides. Ja, antwortete sie, da hast Du recht.“
Daniel Barenboim, 2017, bei einer Veranstaltung der Barenboim-Saida-Akademie in Berlin, zusammen mit dem portugiesischen Neurowissenschaftler Antonio Damasio.
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Patricia Kopatchinskaja
Danke Udo, habs korrigiert!
Ist Patricia Kopatchinskaja das Beispiel für Emotion, Alfed Brendel dagegen Synonym für Intellekt? Keiner der Beiden wäre mit dieser Etikettierung einverstanden, da bin ich mir sicher.
Ganz sicher. Aber es ist natürlich kein Zufall, dass einer, für den Musik primär Gefühlssache ist, Kopatschinskaja und Fazil Say anführt und nicht Brendel. Weil letztere Musik dann doch offenbar eher Leute ansprechen, die "mit dem Bauch" Musik hören. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, nur sollte man daraus eben keinen Vorwurf an die machen, für welche Musik eben mehr als nur Bauchmusik ist.
„Wenn du auf die Bühne gehst, um das Stück zu spielen, musst du all das, was du über das Stück gelernt und studiert hast verinnerlicht haben, um in vielerlei Hinsicht das allererste Gefühl zu reproduzieren, das du bei dem Stück hattest. Sonst bist du kein Künstler. Das sage ich, um zu betonen, dass in der Musik Emotion und Gefühl nicht im Gegensatz stehen zur Rationalität. Ich erinnere mich an die Zeit als ich als kleiner Junge von zwölf Jahren bei Nadia Boulanger studierte. Sie fragte mich: Was glaubst Du, geht es in der Musik um Gefühle oder um Strukturen? Ich sagte: um beides. Ja, antwortete sie, da hast Du recht.“
Daniel Barenboim, 2017, bei einer Veranstaltung der Barenboim-Saida-Akademie in Berlin, zusammen mit dem portugiesischen Neurowissenschaftler Antonio Damasio.
Sehr schön. Das entspricht auch dem Verständnis von Schönheit und Kunst, dass die Klassik hatte - allen voran Friedrich Schiller.
Schöne Grüße
Holger
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Über Fazil Says Aufnahme der Beethoven-Sonaten müssten wir einmal sprechen, er scheint mir hier doch etwas pauchal in Schubladen gesteckt zu werden. Seine Gesamtaufnahme - was für eine Spiellaune! - ist nicht zu vergleichen mit den früheren Einspielungen einiger weniger Sonaten (Waldstein, op. 111)!
Viele Grüße
Christian
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Über Fazil Says Aufnahme der Beethoven-Sonaten müssten wir einmal sprechen, er scheint mir hier doch etwas pauchal in Schubladen gesteckt zu werden. Seine Gesamtaufnahme - was für eine Spiellaune! - ist nicht zu vergleichen mit den früheren Einspielungen einiger weniger Sonaten (Waldstein, op. 111)!
Stimmt, lieber Christian. Eine Einzelaufnahme hatte ich glaube ich schon mal besprochen - die Appassionata glaube ich, wenn ich mich recht erinnere - und war nicht so überzeugt. In die Gesamtaufnahme (Hörschnipsel) habe ich reingehört und war dagegen sehr positiv überrascht! Nur habe ich die Box (noch) nicht...
Liebe Grüße
Holger
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Ich empfehle Spotify Höre fast nur noch darüber. Unglaublich, was es da alles gibt, auch seltene und vergriffene Aufnahmen.
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Zunächst möchte ich mich bei all jenen entschuldigen, die sich durch meine Beiträge beleidigt gefühlt haben.
Beethoven ist für mich ein "Höhr Raum", in dem ich mich Zuhause fühle, wie im "Lese Raum" Marc Aurels Selbstbetrachtungen oder im " in Bewegung Raum" mit dem Fahrrad im Münsterland.
Im tiefstem Sinne Heimat.
Ich will Beethoven gar nicht rational erfassen, seine Musik interpretieren, darum sind auch meine Beiträge hier gegenstandslos, aus einem spontanen Bauchgefühl entstanden, obwohl sie manche meiner Wahrheiten darstellen.
Nix für ungut
Mit herzlichen Grüßen
Thomas Sternberg
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Vielen Dank Thomas Sternberg, nun habe ich Dich verstanden. Ich stelle es mir vor wie die "Liebe auf den ersten Blick", die sich jeder Beschreibung und Erklärung entzieht. Entsprechende Versuche im Umfeld irritieren, verärgern gar.
Spontan fiel mir ein Liederabend der großen Sena Jurinac ein, in Augsburg, im Spätherbst ihrer Karriere. Tags darauf frug ein Konzertbesucher unseren Chorleiter, einen Wiener, mit skeptischem Unterton "Na, wie fandest du die Jurinac gestern?". Die Antwort: "Jemand den ich so liebe wie die Sena kritisiere ich nicht".
Wobei kritische Auseinandersetzung durchaus eine Form der liebevollen Zuwendung sein kann und dem Musikgenuss nicht zwingend im Weg steht.
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Hallo Thomas,
ZitatIch will Beethoven gar nicht rational erfassen, seine Musik interpretieren,...
dafür sind aber Musikforen entstanden, davon leben sie, daß man darüber spricht und andere Meinungen und Ansichten kennenlernt.
Es grüßt
Karl
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Eine ganz allgemeine Anmerkumg
Interpretationen waren immer schon ein beliebtes Diskussionsthema
Das Thema wurde aber erst eichtig heiss durch die Erfindung der Tonaufnahme. Ab hier konnte man "objektiv" vergleichen und die Tonträgerindustrie war selig.Gleichzeitig aber war jeder Interpret bestrebt etwas EINZIGARTIGES zu bieten .
In der "guten alten Zeit" - als es zwar schon Svhallplatten gab, die aber kkeinen vollkommenn Klang boten (meiner Meinung nach tun die das bis heut ncht) war es nicht wichtig "neue Erkenntnisse "zu bieten, denn das Musikleben spielte sich vorzugsweise im Konzertsaal ab und nicht auf der Schallplatte. "Verspieler" waren kein Thema und jeder Pianist hatte sein "musikalisches Markenzeichen" - was dann in späteren Jahren als "Unarten" abgetan wurde. Ich erinnere mich, daß um 1980 herum eine "neue Mode" aufkam. Pianisten die für Wettbewerbe trainiert wurden und technisch perfekt spielten, die aber (angeblich ?) wenig zu sagen hatten, Perfektionismus vom Fließband. Und man weinte den "Individualisten" nach,
Wir sind heute dank Welte Mignon - in der Lage einige Komponisten des späten 19. Jahrhunderts am Flügel zu hören - und wir werden oft bemerken, daß sich viele nicht an ihre eigenen Tempo- und Dynamikvorschriften hielten. Allerdings scheint das heut niemanden wirklich zu interessieren, denn Tonaufnahmen mit Welte Mignon - Vorsetzen werden offenbar selten verkauft.
Wie Sinnvoll ist es Interpretationen zu vergleichen und zu besprechen ?
Diese Frage lässt sich schwer beantworten - aber sie sind essentieller Bestandteil von Klassikzeitschriften und Internetforen über Klassische Musik,
Bei Zeitschtiften gibt es aus Grund der Gegebenheiten zwar Rezensionen aber nur eine abgesegente "Redaktionsmeinung" basierend auf den vorhandenen Rezensenten der jeweiligen Redaktion. Hier im Forum prallen die verschiedenen Meinungen direkt aufeinander - und das ist gut so.
Wissenschaftliche Analysen ? Sie werden hochgejubelt, solange der Stern des Rezensenten am Zenit steht und anschliessend als subjektive Modeerscheinung abgetan. Siehe Joachim Kaiser, der in den 60er Jahren bemüht war ein modernes zeitgemäßes Abbild des aktuellen Klavierspiels zu bieten um Gerechtigkeit bemüht, aber oft irren (wie er in einem Vorwort der Vielen Auflagen selbstkritisch betont) und allmählich zum Denkmal seiner selbst wurde - und in letzter Konsequenz sogar Gefallen daran fand
Einerseit immer öfter angegrifen, andrerseit als Ikone verehrt - wird es schwer sein einen Nachfolger zu finden der von der Klassikgemeinde akzeptiert wird.
Pluralismus hat seinen Preis
mfg aus Wien
Alfred
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Ich halte es ähnlich wie Thomas Sternberg. Ich muß Musik nicht verstehen, damit sie mir gefällt.
Wenn sie mir gefällt, ist Verstehen möglicherweise eine Extra-Dimension, ein Sahnehäubchen.
Musik, die mir nicht gefällt, verstehen zu wollen, wäre Zeitverschwendung.
Da sich Geschmack (ab und zu und langsam) auch wandelt, kann es aber sein, daß ich von Zeit zu Zeit zu Neubewertungen komme.
Ich lerne dennoch gern anderes kennen, insbesondere Musik, die ich noch nicht kenne oder entsprechenden Interpretationen. Das kann ja besser sein als das, was ich kenne. Hier im Forum habe ich schon ganz viele Anregungen erhalten, insbesondere von Leuten, die ich als "geschmackskompatibel" bezeichnen würde und habe vielleicht auch die eine oder andere Anregung geben können.
Leute, die völlig anderer Ansicht sind, will ich nicht missionieren, ich möchte allenfalls verstehen, ob eine Annäherung möglich ist. Aufgrund zahlreicher recht unfruchtbarer Diskussionen mit manchen Leuten hier bin ich aber inzwischen vorsichtig, mich da allzu sehr zu engagieren.
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Mein nächster Beitrag:
VII. Die österreichisch-ungarische Galeere
(Annie Fischer)
Schöne Grüße
Holger