Klavierwerke für die linke Hand

  • Letzthin in einem anderen Thread kam die Bezeichnung der Klavier-Begleitung "für die linke Hand" vor. Ich habe in der Suchfunktion des Forums "für die linke Hand" eingegeben und keinen Thread gefunden, der sich diesem Thema widmet.


    Werke werden im Forum manche erwähnt:


    Maurice Ravel: Klavierkonzert D-Dur für die linke Hand

    Sergei Prokofiew: 4. Klavierkonzert B-Dur, op. 53 für die linke Hand (1931); von Wittgenstein nicht öffentlich aufgeführt

    Benjamin Britten: Divisions Op. 21


    Die Bearbeitung der bachschen Ciaconne für die linke Hand, die Johannes Brahms herausgegeben hat.


    Der Name des Pianisten Paul Wittgenstein (1887-1961) taucht immer wieder auf. Im ersten Weltkrieg hatte er seine rechte Hand verloren, beschloss aber seine Pianistenkarriere fortzusetzen.

    Er trat mit eigenen Bearbeitungen auf oder gab neue Kompositionen für die linke Hand in Auftrag, die er auch uraufführte. Eindrücklich ist die Liste der Werke, die man im Beitrag zu Paul Wittgenstein auf Wikipedia nachlesen kann.


    Diese CD habe ich letzthin erstanden: Originalwerke sowie Bearbeitungen ausschliesslich für die linke Hand. Paul Coker hat sich dem Thema gewidmet und ein kurzweiliges Programm zusammengestellt. Darunter sind eigene Bearbeitungen oder Werke für dielinke Hand, die er verbessert hat. Man vergisst, dass eine Hand spielt.

    Aus der Produktinformation: "Oft haben Klavierwerke für die linke Hand allein ihren Ursprung im Handicap eines Pianisten. Es ist ein schwieriges Repertoire, das eine anspruchsvolle Arbeit verlangt, sei es im Legato-Spiel, in der Polyphonie oder in den raschen, oft akrobatischen Sprüngen, um die Illusion eines zweihändigen Klavierspiels zu wecken. Das Pedal spielt dabei ein wichtige Rolle, sozusagen die der zweiten Hand."


    Felix Blumenfeld: Etüde op. 36

    Alexander Scriabin: Prelude op. 9 Nr. 1; Nocturne op. 9 Nr. 2

    Richard Wagner / Liszt: Isoldes Liebestod

    Johann Sebastian Bach / Paul Coker: Chromatische Fantasie & Fuge BWV 903

    Johann Sebastian Bach / Ferruccio Busoni: Nun komm der Heiden Heiland

    Johann Sebastian Bach / Johannes Brahms: Chaconne aus der Partita BWV 1004

    Boris Mersson: Regards perdus op. 60

    Frank Bridge: 3 Improvisationen

    Manuel Ponce: Malgré Tout



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber Moderato,


    Deine Idee für so einen Thread ist sehr gut! :) Und die Literatur von Klavierwerken nur für die linke Hand ist größer als man vermutet - dauz gehören etwa Etüden von Camille Saint-Saens. Als Michel Beroff seine rechte Hand wegen der gefürchteten "Pianistenkrankheit" nicht mehr benutzen konnte, machte diese wirklich vorzügliche Aufnahme, die leider vergriffen ist:


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    Auch Leon Fleisher hat eine solche CD nur mit Klavierwerken für die linke Hand - auch er litt lange unter der "Pianistenkrankheit:


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    Eines der "Paradestücke" von Alexis Weissenberg war das Scriabin-Nocturne op. 9 Nr. 2 für die linke Hand, das er auch unvergleichlich spielt - hier eine Filmaufnahme, die es auch auf DVD gibt:



    ALEXANDER SCRIABIN - NOCTURNE FOR THE LEFT HAND OPUS 9 No. 2 - ALEXIS WEISSENBERG - YouTube


    Schöne Grüße

    Holger

  • Charles Valentin Alkan schrieb 1838 einen dreiteiligen Etudenzyklus Op. 76 , dessen erste Etude in As-Dur den Titel Fantaisie trägt und für die linke Hand alleine ist.


    Hier eingespielt vom Japaner Hokuto Ogasawara, wo man die Hand sehr gut sehen kann. Die Einspielung hat ein paar Schwächen, allerdings bekommt man auch ein Gefühl für die technische Schwierigkeit der Komposition.



    Und ja, Marc-André Hamelin hat diese Etude auch live eingepielt. Hier noch eine Einspielung mit virtuoserer Attitude vom Pianisten Maxime Zecchini. Hier gibt es allerdings eine Menge Hall zu ertragen....


  • neben Alkan gibt es noch einen anderen Großmeister für Etuden für die linke Hand, Der polnische Komponist und Pianist Leopold Godowsky. Er hat allein auf der Grundlage von Chopins Etuden 22 für die linke Hand transkribiert. Einige weigerten sich leider :).


    Die bekannte Revolutionsetude op. 10 Nr. 12 allerdings nicht. Wir hören und sehen sie hier eingespielt vom Pianisten Dmitri Schischkin.



  • Nicht nur Werke der kleinen Form gibt es. Auch Klavierkonzerte sind an Literatur für die linke Hand vorhanden.


    Paul Wittgenstein hatte 1923 bei Erich Wolfgang Korngold (1897-1957) ein Konzert für Klavier für die linke Hand in Auftrag gegeben. Es wurde sein Opus 17. Er war der erste Komponist, den der einarmige Pianist angefragt hatte. Weitere sollten folgen wie Richard Strauss, Franz Schmidt, Paul Hindemith, Sergei Prokofieff und Maurice Ravel.


    Von Beginn weg wird klar, was klanglich möglich ist, wenn nur eine Hand spielt. Sehr anspruchsvoll für den Pianisten.


    Die Zugabe ist für zwei Hände: Leopold Godowski, Alt Wien


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  • Sergei Eduardowitsch Bortkiewicz (1877-1952) hat für Paul Wittgenstein 1923 das Klavierkonzert e-Moll Nr. 2 für die linke Hand, op. 28 komponiert.



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  • Felix Blumenfeld (1863 - 1931)


    Etude für die linke Hand, Op. 36



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  • Im Forum wurde das Werk an anderer Stelle mehrfach erwähnt: Maurice Ravels Konzert für die linke Hand in D-Dur.


    Komponiert hat er es in den Jahren 1929/1930. Der Pianist der Uraufführung war Paul Wittgenstein. Es existiert eine Aufnahme Paul Wittgensteins (1937), in der man hört, dass er es angepasst und gekürzt hat.



    Bei 12 min 15 in der Aufnahme mit Yula Wang sieht man, weshalb er diese Änderung vorgenommen hatte: Ihm fehlte die rechte Hand, um sich abzustützen.


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  • Paul Wittgenstein hat die Toccata und Fuge Op. 56 von Jenö Takács aus dem Jahr 1951 nicht gefallen. Er hat die Partitur unaufgeführt zurückgesandt. Was ihm missfiel, konnte ich nicht ermitteln.


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  • Franz Schmidt hat in den 1920ern und 30ern ein Konzert, sowie "Konzertante Variationen" (30 min., also Konzertlänge, das variierte Thema ist das Scherzo aus Beethoven Frühlingssonate) und 3 Quintette für Klavier linke Hand komponiert.

    G-Dur für Klavier und Streichquartett, B-Dur und A-Dur für Klavier, Klarinette, Violine, Viola, Cello.

    Die Quintette wurden allerdings von Friedrich Wührer für zweihändiges Klavier bearbeitet und teils auch in dieser Form aufgeführt.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Der amerikanische Komponist John Corigliano (*1938) hat 1976 fünf Etude Fantasy herausgegegeben, wovon die erste für die linke Hand alleine ist.


    Wir sehen hier eine Einspielung mit Claire Huangci, eine Aufnahme vom 14. Mai 2017




  • Johannes Brahms war ein Bewunderer der Musik Johann Sebastian Bachs.

    Er hat in einem Brief an Clara Schumann erläutert, weshalb er die die Bearbeitung der Chaconne aus der Partita d-moll BWV 1004 für Violine solo für die linke Hand vorgenommen hat.


    „Die Chaconne ist mir eines der wunderbarsten, unbegreiflichsten Musikstücke. Auf ein System, für ein kleines Instrument schreibt der Mann eine ganze Welt von tiefsten Gedanken u. gewaltigsten Empfindungen. Wollte ich mir vorstellen ich hätte das Stück machen, empfangen können, ich weiss sicher die übergroße Aufregung u. Erschütterung hätte mich verrückt gemacht. Hat man nun keinen grössten Geiger bei sich, so ist es wohl der schönste Genuss sie sich einfach im Geist tönen zu laßen. Aber das Stück reizt, auf alle Weise sich damit zu beschäftigen. Man will Musik auch nicht immer blos in der Luft klingen hören, Joachim ist nicht oft da, man versuchts so u. so. Was ich aber nehme, Orchester oder Clavier – mir wird der Genuß immer verdorben. Nur auf eine Weise finde ich, schaffe ich mir einen, sehr verkleinerten, aber annähernden u. ganz reinen Genuss des Werkes – wenn ich es mit der linken Hand allein spiele! Mir fällt sogar dabei bisweilen die Geschichte vom Ei des Columbus ein! Die ähnliche Schwierigkeit, die Art der Technik, das Arpeggiren, alles kommt zusammen mich – wie einen Geiger zu fühlen! Versuche es doch einmal, ich habe es nur Deinetwegen aufgeschrieben. Aber: überanstrenge die Hand nicht! Es verlangt gar so viel Ton u. Kraft, spiele es einstweilen mezza voce. Auch mache Dir die Griffe handlich u. bequem. Wenn es Dich nicht überanstrengt – was ich aber glaube – müsstest Du viel Spass daran haben“


    (Clara Schumann – Johannes Brahms. Briefe aus den Jahren 1853 – 1896, hrsg. von Berthold Litzmann, 2 Bde., Leipzig 1927, Bd. 2, Nachdruck Hildesheim 1989, S. 111 f.)


    Ein Geschenk an die verehrte Freundin, das uns heute erfreut. Grigory Sokolov spielt.


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  • astewes hat letzthin diese CD in den Aufnahmen vorgestellt, die er gerade hört.



    Der österreichische Komponist Karl Weigl (1881-1949) hat dieses Klavierkonzert für die linke Hand in Es-Dur 1924 komponiert. Er zählte zum Schönberg-Kreis, der in Wien aktiv war. An der Hofoper in der Aera Gustav Mahler war er als Repititor tätig.

    Einmal mehr haben wir es Paul Wittgenstein zu verdanken, dass wir ein Werk dieser Gattung hören dürfen.


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  • Noch einen weiteren Godowsky. Godowsky interessierte sich auch für die Musik von Johann Strauß. Der Schatzwalzer aus dem Zigeunerbaron inspirierte ihn zu Themen und Variationen für die linke Hand.


    Hier spielt der japanische Pianist Takeo Tchinai


  • Von den sechs Linkshand-Etüden Op. 135 aus dem Jahre 1912 von Camille Saint Saëns habe ich eine Aufnahme mit Alfred Cortot aus dem Jahre 1923 gefunden. Er spielt die vierte Etude "Bourrée". Eine fast gelungene Illusion, erhebliches Tempo und nicht immer völlig fehlerfrei :)


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  • Der amerikanische Jazz-Pianist und Komponist Fred Hersch hat um das Jahr 2000 herum drei Charakterstudien für Klavier geschrieben. Das erste Stück ist ein Nocturne für die linke Hand allein.


    Zuerst eine Einspielung der damals wohl 82-jährigen Pianistin Joanna Lange. Sie sitzt offensichtlich in einem Rollstuhl, aber übt nach Angabe von youtube noch täglich. Die Leistung ist beeindruckend. :jubel:



    das Stück wird wohl auch auf einigen Wettbewerben gerne gespielt, weil es für Zeitgenössisches harmonisch gewohnt entgegenkommt. Hier noch eine Einspielung der amerikanischen Pianistin und Komponistin Eunbi KIm ( es gibt eine hanze Menge von Schreibweisen. Ich bevorzuge die, der die Künstlerin selbst den Vorzug gibt!)



  • Das Label Praga Digitale hat zwei CDs in seiner Reihe Genuin Stereo Lab mit Klaviermusik für die linke Hand in seinem Programm. Es sind Solo- wie Orchesterwerke eingespielt durch verschiedene Pianisten und Orchester,


    Maurice Ravel: Klavierkonzert für die linke Hand D-Dur

    Scriabin: Prelude für die linke Hand op. 9 Nr. 1

    Sergei Prokofieff: Klavierkonzert Nr. 4 für die linke Hand

    Bela Bartok: Studie für die linke Hand B-Dur

    Benjamin Britten: Diversions op. 21 für die linke Hand




    Bach / Brahms: Chaconne aus der Partita BWV 1004 für Klavier linke Hand

    Borislav Martinu: Concertino in G für Klavier linke Hand & kleines Orchester

    Leos Janacek: Capriccio für Klavier linke Hand & Bläserensemble

    Richard Strauss: Parergon zur Sinfonia domestica Klavierkonzert op. 73 für die linke Hand


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  • Trotz des umfassenden Rundumschlags :) von moderato im Posting #17 habe ich noch ein sehr schönes Kammermusikwerk von Erich Wolfgang Korngold für Klavier für die linke Hand in meiner Diskothek, was bisher noch nicht aufgetaucht ist. Es ist seine Suite für zwei Violine, Cello und Klavier für die linke Hand Op. 23 aus dem Jahre 1930.


    Hier eine Einspielung mit Antje Weithaas und dem Atos Trio



  • Noch eine Komposition für Klavier für die linke Hand. Der dänische Komponist Hans Abrahamsen (*1952) schrieb sie.


    Left, Alone für Klavier für die linke Hand und Orchester aus dem Jahre 2015.


    Es spielen


    Tamara Stefanovich, Klavier

    Dänisches Nationales Sinfonieorchester

    Michael Schønwandt, Ltg.

    Hans Abrahamsen ist auf dem (leider nur) Standbild auch zu erkennen.




    Hier noch ein kleiner Kommentar von Abrahamsen zum Konzert. Man muss sich ziemlcih auf die Untertitel konzentriern, um nicht durch das Dänisch verwirrt zu werden. Ausnahme , wenn man des Dänischen mächtig wäre...


  • Ein weiteres Werk für die linke Hand, auf das ich gestossen bin:


    Arnold Bax (1883-1953)


    Concertante für die linke Hand


    1. Satz Allegro moderato




    2. Satz Moderato tranquillo




    3. Satz Rondo Allegro moderato


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  • Ich habe dazu mal eine (dumme?) Frage: Warum gibt es keine Klavierwerke für die rechte Hand? Ist das Zufall, weil die Pianisten, für die diese Werke für eine Hand geschrieben wurden, nun gerade den rechten Arm verloren hatten? Oder gibt es dafür andere Gründe, spieltechnische beispielsweise?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich habe dazu mal eine (dumme?) Frage: Warum gibt es keine Klavierwerke für die rechte Hand?

    gibt es. Ich habe oben auf Alkans Étude Op. 76 Nr. 1 hingewiesen. Das Op. 76 Nr. 2 ist eine über 20 Minuten lange Fantasie für die rechte Hand allein und ist als solches nicht nur im Jahr 1838 einzigartig, sondern vermutlich in der gesamten Klavierliteratur.


    Ist das Zufall, weil die Pianisten, für die diese Werke für eine Hand geschrieben wurden, nun gerade den rechten Arm verloren hatten? Oder gibt es dafür andere Gründe, spieltechnische beispielsweise?


    Ansonsten scheinen Etüden für die linke Hand sinnfällig zu sein, weil Pianisten die rechte häufig besser trainieren. Pianisten scheinen auch bevorzugt in der rechten Hand Dystonie bekommen (Béroff, Fleisher, Emerson) und diese Hand scheint man im Krieg als erste zu verlieren.


    Hier eine Einspielung dieser ungewöhnlichen Etude


  • Ich habe dazu mal eine (dumme?) Frage: Warum gibt es keine Klavierwerke für die rechte Hand? Ist das Zufall, weil die Pianisten, für die diese Werke für eine Hand geschrieben wurden, nun gerade den rechten Arm verloren hatten? Oder gibt es dafür andere Gründe, spieltechnische beispielsweise?

    Dass die große Mehrzahl (nicht alle) von einhändigen Klavierwerken für die linke Hand ist, dürfte vor allem zwei Gründe haben: Im Publikum sitzen mehr Rechts- als Linkshänder, wodurch der Show-Effekt bei Stücken für die Linke noch größer ist (wenn die Rechte passiv runterhängt, sieht man das außerdem von den meisten Plätzen aus besser als bei der Linken). Der Pianist spielt gewissermaßen "wie mit links". Und spieltechnisch hat die Linke gegenüber der Rechten den Vorteil, dass die Oberstimme auf die stärkeren Finger (Mittelfinger, Zeigefinger und Daumen) fällt, was das Hervorheben von Melodiestimmen erleichtert. Godowsky war deshalb der Meinung, dass die linke grundsätzlich die "bessere" Klavierhand ist, aber auch Liszt hat z.B. im "Liebestraum" die Melodiestimme in die Tenorlage gelegt und ihre Resonanz durch die obertonverstärkenden Arpeggien der rechten Hand verstärkt.

    (Irgendein Pianist hat den "Show-Effekt" mal auf die Spitze getrieben, indem er am Ende des Konzerts so tat, als würde er keinen Ablageplatz für die überreichten Blumen finden, und diese dann in der rechten Hand hielt, während er mit links eine Zugabe spielte. Ich habe immer noch vor, das irgendwann mal nachzumachen ^^.)

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • In RONDO 2/2008 findet man Interessantes zur Geschichte des Klavierspiels mit der linken Hand

    Die Bedeutung von Paul Wittgenstein für die Geschichte des linkshändigen Klavierspiels ist unbestreitbar, allerdings liegt sie eher in seiner Tätigkeit als Auftraggeber von Komponisten denn als Pianist. Sein Klavierspiel war recht schlampig, was schon den Zeitgenossen nicht entging. "Eine Art Übervirtuose des Einhandspiels" (Zitat Thomas Rübenacker) war er jedenfalls nicht.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
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    (Theodor W. Adorno)

  • Dem Pianisten Paul Wittgenstein gefiel nicht, was Jenő Takács (1902-2005) für ihn komponiert hatte. Die Toccata und Fuge, op. 56 aus dem Jahr 1951 hat Wittgenstein nicht aufgeführt und zurückgesandt. War's ihm zu schwierig oder zu simpel?


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  • Das 4. Klavierkonzert Op. 53 von Sergei Prokofieff fiel bei Paul Wittgenstein durch. Er hat es nie öffentlich gespielt.


    Alexei Volodin und Valery Gergiev führen es mit dem Sinfonie Orchester des Mravinsky Theaters auf.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • (Irgendein Pianist hat den "Show-Effekt" mal auf die Spitze getrieben, indem er am Ende des Konzerts so tat, als würde er keinen Ablageplatz für die überreichten Blumen finden, und diese dann in der rechten Hand hielt, während er mit links eine Zugabe spielte. Ich habe immer noch vor, das irgendwann mal nachzumachen ^^ .)

    :hahahaha:


    Das kann man nur noch toppen durch eine Komposition für zwei Klaviere und und zwei Hände, einem Part für die linke und einem für die rechte. Klaviere stehen sich wie gewöhnlich gegenüber .... :P

  • Das kann man nur noch toppen durch eine Komposition für zwei Klaviere und und zwei Hände, einem Part für die linke und einem für die rechte. Klaviere stehen sich wie gewöhnlich gegenüber .... :P

    Auch eine nette Idee! Man könnte ja mal einen Thread über Zugaben-Gags eröffnen. Pierre-Laurent Aimard hat im letzten Sommer nach seinem Konzert mit den Ligeti-Etüden die drei Bagetellen "gespielt", dann die Noten ins Publikum gehalten, Ligetis Text vorgelesen, demzufolge der Interpret die optionale vierte als Zugabe spielen könne, wofür er (Aimard) jetzt aber doch "zu müde" sei. Wie man sehen konnte, besteht die vierte Bagatelle aus einer einzelnen Sechzehntel-Pause :).

    Hübsch auch, was mir mal ein Freund erzählt hat: Ein Pianist habe ein Arrangement der Tannhäuser-Ouvertüre gespielt und nach dem Anfangs-Choral eine kleine Bürste aus der Tasche gezogen, mit der er dann die Zweier-Gruppen der Streicher spielte.

    Ich habe als geborener Langweiler solche Sachen nicht drauf. Eine Zeitlang habe ich immer vor einer Mozart-Sonate mit hinzukomponiertem zweitem Klavier von Edvard Grieg zur Gaudi des Publikums aus einem Verriss von Helmut Mauró vorgelesen, in dem er uns für unseren schlechten Geschmack runtergemacht hatte, weil wir statt "echtem" Mozart so etwas spielen. Mein Wortspiel "Nie wieder Grieg" habe ich hingegen bald wieder sein gelassen, weil kaum jemand den Witz verstanden hat ;(.

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    (Theodor W. Adorno)

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