Warum überlebt das Regietheater so lange ? - Versuch einer Analyse

  • Naja, das bringt mE hier nichts, weil ja nicht nur die Axiome etwas sind, worauf man sich einigen kann oder nicht, sondern auch die Stichhaltigkeit der Argumente. D.h. "Meinung" spielt hier nicht nur bei den Grundvoraussetzungen der Diskussion herein. Darum wohl La Roches Zusatz "in den Geisteswissenschaften".

  • Naja, das bringt mE hier nichts, weil ja nicht nur die Axiome etwas sind, worauf man sich einigen kann oder nicht, sondern auch die Stichhaltigkeit der Argumente. D.h. "Meinung" spielt hier nicht nur bei den Grundvoraussetzungen der Diskussion herein. Darum wohl La Roches Zusatz "in den Geisteswissenschaften".

    Das ist richtig. Bei den Argumenten reicht aber Logik aus, um zu erkennen ob sie gültig sind. Bei den Axiomen muss man sich einigen. Wenn man da implizit verschiedenes voraussetzt, wird man nie weiterkommen.



    Um die Sache mal etwas übergreifender anzugehen: Holgers Schlussfolgerungen beruhen auf einer entscheidenden Prämisse, nämlich darauf, dass eine Theateraufführung (bzw. ihre Macher) zur Werkgerechtigkeit verpflichtet ist/sind, wenn der Aufführung ein geschriebenes Stück (sei es ein Drama oder eine Oper) zugrunde liegt.



    Es geht also um eine Aufführung, der ein geschriebenes Stück zugrunde liegt



    2) [Mit dem vorhandenen Vorwissen ist klar (Verkürzender Beitrag von mir)] sind das zwei nicht aufeinander angewiesene Kunstformen. Wenn diese Kunstformen jetzt kombiniert werden (indem ein Stück für eine Theateraufführung verwendet wird), so soll - laut Holger - das Stück den Ton angeben und die Aufführung seiner werkgerechten Umsetzung dienen. Wieso ist es nicht umgekehrt? Wieso ist nicht die Aufführung primär den Erfordernissen des Theaters verpflichtet? Immerhin ist das Resultat - die Aufführung "mit" Stück - ja immer noch etwas, das im Theater stattfindet und Theater ist.





    Anspruch, ein Werk aufzuführen <=> Übernahme der Verbindlichkeiten, die zur Aufführung eines Werkes gehören.


    Wenn man sich diese Äquivalenz anschaut, sieht man ein paar begriffliche Schwierigkeiten


    1. ) Was ist der Anspruch ein Werk aufzuführen? Ist es der eine Aufführung auf der Grundlage eines geschriebenen Textes zu machen oder etwas anderes?


    wenn es das ist, muss man noch den zweiten Teil klären


    2.) was ist die Übernahme von Verbindlichkeiten, die zur Aufführung gehören. Entweder ist es das, was sozusagen zur Aufführung im obigen Sinne gehört, dann ist die Aussage natürlich richtig, hat aber den Charakter A ist äquivalent zu A und damit keine eigentlichen Aussagegehalt mehr.


    3.) Sind diese Verbindlichkeiten Spezifisches, was (also Werkgehalt des Geschriebenen im Sinne von Gadamer, oder absolute Textreue oder der ..., also das was hier in verschiedenen Versionen als Werktreue bezeichnet worden ist ) Dann ist die Äquivalenz nachzuweisen und fernab von leicht zu erkennen, wie ja die Diskussuíon sehr gut zeigt. Darauf hatte ja auch Christian B. schon hingewiesen.


    Der eigentliche Punkt ist ja der, auf den Symbol hingewiesen hat, was gibt dem dramatischen Kunstwerk die Priorität vor dem Theaterkunstwerk und warum ist es nicht umgekehrt.


    Historisch ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass diese Werktreue-Auffassung keineswegs so alt ist, und damit dann auch nicht eine so lange Tradition hat.


    BTW: Ich habe mittlerweile stark den Eindruck, dass hier einfach dasjenige, was dem jeweiligen Kollegen das Wichtigste zu sein scheint, immer die Priorität haben muss. Ich akzeptiere eigentlich mittlerweile, dass, wenn ich in ein Theater gehe, das Theater das bestimmende Element ist. Die Beispiele mit demselben geschriebenen Satz, der je nach Ausdruck und Ausprache und Szenerie etwas ganz Verschiedenes bedeuten kann, fand ich in dieser Hinsicht sehr gut.


    Vielleicht kennt auch jemand Leonce und Lena und den freien Willen .... , wo mir etwas Ähnliches im Theater einmal sponatn klar gemacht wurde... :)

  • Natürlich nicht! Wenn Du von einem Fachgebiet keine Ahnung hast, hilft Dir Deine trainierte Logik nichts.

    Logik ist im Endeffekt immer formales Schlussfolgern. Dafür benötigt man kein Fachwissen. Man muss halt die Dinge soweit herunterbrechen, dass der formale Gesichtspunkt sichtbar wird, sonst geht eben mehr ein als nur Logik und damit sind dann bestenfalls die Voraussetzungen nicht explizit gemacht.

  • Für Logik brauchst Du kein Fachwissen, aber zur Beurteilung der Stichhaltigkeit eines Argumentes schon. Wenn Du einen geisteswissenschaftlichen Text "soweit herabbrechen" willst, dass nur noch logische Schlüsse sichtbar bleiben, dann gibst Du hier eine drollige Karikatur eines Mathematikers zum Besten.

  • Für Logik brauchst Du kein Fachwissen, aber zur Beurteilung der Stichhaltigkeit eines Argumentes schon.

    Jein.



    Wenn Du einen geisteswissenschaftlichen Text "soweit herabbrechen" willst, dass nur noch logische Schlüsse sichtbar bleiben, dann gibst Du hier eine drollige Karikatur eines Matematikers zum Besten.

    Das kann man so sehen, aber das hat schon mal ein Philosoph mit Heideggers Sein und Zeit versucht mit durchaus interessanten Ergebnissen .... :)


    Warum jein? Man braucht sicher keine vollständige Formalisierung, um sich sinnvoll zu unterhalten, aber man muss schon Begriffe klären, wie man an der postulierten obigen Äquivalenz ja sehen kann. Entweder heißt es einfach , um etwas aufzuführen muss ich die Kriterien einer Aufführung erfüllen, was soviel heißt, wie die Definition. Das wäre dann natürlich eine triviale Äquivalenz. Oder ich meine spezielle Kriterien der "Werktreue". Dann sehe ich hier erstmal ohne weiteren Nachweis keine Äquivalenz. Das sind halt so suggestive Fallen der natürlichen Sprache ... ;)

  • D.h. "Meinung" spielt hier nicht nur bei den Grundvoraussetzungen der Diskussion herein. Darum wohl La Roches Zusatz "in den Geisteswissenschaften".

    Von wegen "geisteswissenschaftlicher Hintergrund". Schon Platon unterscheidet im Bereich der Meinungen zwischen einer "Meinung" und einer "begründeten Meinung" (die noch kein Wissen ist).


    Auf den Unterschied von Meinung und Argument zu verzichten finde ich etwas schwierig. Wenn mein Nachbar (rein hypothetisch natürlich) seine Frau schlägt und das für richtig hält, ist das seine Meinung. Ich schlage meine Frau nicht und habe eine andere Meinung. Dann soll es aber keine durch ein Argument begründete Meinung geben, dass man doch besser seine Frau nicht schlagen sollte?

  • aber man muss schon Begriffe klären

    Und jetzt vergegenwärtige Dir einmal den Unterschied der Klärung des Begriffs "Restklassenkörper" und derjenigen des Begriffs "Barock".

    Dann sollte klar werden, dass der mathematische Apparat - siehe "Äquivalenz" - nicht überall anwendbar ist. Ich finde diese Selbstüberschätzung der Mathematiker ja immer mal wieder drollig. Zufälligerweise habe ich sowohl mathematische als auch musikwissenschaftliche Ausbildung, ich weiß also schon, wovon ich rede.

  • Und jetzt vergegenwärtige Dir einmal den Unterschied der Klärung des Begriffs "Restklassenkörper" und derjenigen des Begriffs "Barock".

    Na klar! Das bezweifele ich ja nicht. Nur wenn Du mit jemandem jetzt über Barock sprechen möchtest und irgendwelche Aussagen dazu machen möchtest, wäre es nicht sinnvoll, vorher zu klären über welche Komponisten, Schirftsteller usw. ihr wirklich redet? Das ist in einem Diskurs naturlich immer ein anderer Prozess als in einem deduktiven Buch.


    (Übrigens auch in der Mathe ... Bis die Begriffe so klar sind, wie bei Euklid oder Hilbert bedarf es mehrerer hundert Jahre Geschichte und eines Euklid oder Hilbert)


    Dann sollte klar werden, dass der mathematische Apparat - siehe "Äquivalenz" - nicht überall anwendbar ist. I

    Naja. Wenn man "Genau dann wenn" sagt, bin ich schon der Meinung, dass wir hier nicht wabern sondern einen logischen Zusammenhang konstatieren, den die mathematische Formalisierung recht gut beschreibt.


    Ich finde diese Selbstüberschätzung der Mathematiker ja immer mal wieder drollig.


    Hmh… Ich sehe hier in diesem Thread Selbstüberschätzung eher an anderer Stelle, als bei den Mathematikern ;) Keiner sagt - soweit ich das überblicke - , dass Mathematik auf alles anwendbar wäre :). Ich kann mich auch täuschen, aber IMO ist doch die Gleichung 2+2=4 als Argument von einem Nicht-Mathematiker gebracht worden, oder? Dass dann irgendwann Mathematiker etwas dazu sagen werden, liegt doch nahe und hat IMO auch nichts mit Selbstüberschätzung zu tun



    Zufälligerweise habe ich sowohl mathematische als auch musikwissenschaftliche Ausbildung, ich weiß also schon, wovon ich rede.

    Das glaube ich ohne zu Zögern :)

  • Naja. Wenn man "Genau dann wenn" sagt, bin ich schon der Meinung, dass wir hier nicht wabern sondern einen logischen Zusammenhang konstatieren, den die mathematische Formalisierung recht gut beschreibt.

    Das tut sie leider nicht. Denn im werktheoretischen Kontext gibt es die mathematische Reziprozität nicht.

    Ich kann mich auch täuschen, aber IMO ist dich die Gleichung 2+2=4 als Argument von einem Nicht-Mathematiker gebracht worden, oder?

    Mein Hausphilosoph ist Mathematiker-Philosoph und bringt das Beispiel gerne...

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Auch wenn ich von der Logik, wie sie hier ausgebreitet wird, nicht viel verstehe, aber diese Formulierung "herunterbrechen" gibt es in der Soziologie auch. Dort heißt sie "Operationalisierung", was bedeutet, dass man bei abstrakten Begriffen diese auf messbare "herunterbrechen" muss. Dieser Vorgang der Operationalisierung ist erfolgreich, wenn man sich über die messbaren Aktionen einig ist. Ist man sich nicht einig, ist der Vorgang der gemeinsamen Operationalisierung gescheitert. Man arbeitet dann mit eigenen Operationalisierung weiter, so wie Alfred hier mit seinen Begriffen. Ich selber wäre nicht so streng, weil es für mich Elemente des RT gibt, die schlüssig sind und neue Aspekte hinzufügen. Beispiele habe ich hier öfter genannt und wiederhole sie jetzt nicht.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Na ja, ganz meiner Selbstüberschätzung als Mathematiker folgend sage ich jetzt mal: Wenn ich mathematisch konnotierte Begrifflichkeiten und/oder Beispiele in eine Diskussion werfe, bei der es ja durchaus auch um mindestens begriffliche Genauigkeit geht, darf ich mich nicht wundern, wenn Mathematiker darauf anspringen und u.U. sogar Einwände haben. - Was ich in diesem Zusammenhang drollig finde, ist eher die Idee, der naturgemäßen Unsicherheit verschiedener Geisteswissenschaften mit dem unverständigen Überstülpen mathematischer Präzision begegnen zu wollen ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Auch wenn ich von der Logik, wie sie hier ausgebreitet wird, nicht viel verstehe, aber diese Formulierung "herunterbrechen" gibt es in der Soziologie auch. Dort heißt sie "Operationalisierung", was bedeutet, dass man bei abstrakten Begriffen diese auf messbare "herunterbrechen" muss

    Das nennt sich der Mathematik "formale Aussagenlogik" und gehört zu den Basics, ohne die gar nichts geht. Die entspricht im wesentlichen einer Formalisierung der aristotelischen Logik. Der große Vorteil der Formalisierung ist in diesem Fall, dass man dann noch weiter gehen kann in Richtung Widerspruchsfreiheit und anderer interessanter Untersuchungen. Das sprengt aber den Rahmen hier. ;)


    Mit Herunterbrechen meinte ich natürlich nicht vollständiges Formalisieren, sondern nur bis zu den Punkten, wo man sich über die Voraussetzungen einigen kann, Das sichert dann, dass man über dasselbe spricht. Sonst kommt man halt nicht wirklich weiter.

  • Na klar! Das bezweifele ich ja nicht. Nur wenn Du mit jemandem jetzt über Barock sprechen möchtest und irgendwelche Aussagen dazu machen möchtest, wäre es nicht sinnvoll, vorher zu klären über welche Komponisten, Schirftsteller usw. ihr wirklich redet? Das ist in einem Diskurs naturlich immer ein anderer Prozess als in einem deduktiven Buch.

    Man wird eher irgendeinen Aspekt eines Werkes als "barock" kennzeichnen und somit Zusammenhänge herstellen. Dabei wird natürlich der Begriff "Barock" nicht umfassend geklärt werden, weil eine halbwegs ordentliche Klärung schon einige Seiten füllen würde.


    Nehmen wir ein fiktives Beispiel mit Versuch mathematischer Gliederung:

    Meinung/Einschätzung/Satz: Komponist X begründet die Gattung Y in Epoche Z

    Die Begründung enthält keine umfassenden Definitionen der Gattung Y und der Epoche Z, argumentiert aber natürlich mit Eigenschaften, die der Gattung Y und der Epoche Z zugeschrieben werden.

    Wie kann man nun entscheiden, ob die Argumentation schlüssig ist? Ist das Werk des Komponisten ausreichend typisch für Y und Z? Sind die Eigenschaften ausreichend wichtig in der Abgrenzung zu Gattung F und Epoche G? Wurde das Werk des Komponisten rezipiert und hatte Einfluss? Wie wurde es von Zeitgenossen eingeschätzt? u.s.w.


    "Aus A folgt B" und Wahrheitstabelle hilft da nichts.

  • Was ich in diesem Zusammenhang drollig finde, ist eher die Idee, der naturgemäßen Unsicherheit verschiedener Geisteswissenschaften mit dem unverständigen Überstülpen mathematischer Präzision begegnen zu wollen ...

    Da stimme ich zu, Holgers "2+2=4" fand ich jetzt nicht so überzeugend.

  • Mit Herunterbrechen meinte ich natürlich nicht vollständiges Formalisieren, sondern nur bis zu den Punkten, wo man die Vorausstzungen klärt, so dass man über dasselbe spricht. Sonst kommt man halt nicht wirklich weiter.

    Das haben wir hier ja endlos getrieben. Es scheitert ja ganz am Beginn: Was ist ein Werk? Was ist eine Oper? Was ist eine Aufführung? Was passiert im Opernhaus? Da sind die grundlegenden Vorstellungen der Parteien hier ausreichend inkompatibel, sodass man gar nicht zu versuchen braucht, logische Fehlschlüsse zu suchen. Und wir werden hier jetzt nicht klären, was ein Werk und was eine Oper ist.

    ;)

  • Meinung/Einschätzung/Satz: Komponist X begründet die Gattung Y in Epoche Z

    Die Begründung enthält keine umfassenden Definitionen der Gattung Y und der Epoche Z, argumentiert aber natürlich mit Eigenschaften, die der Gattung Y und der Epoche Z zugeschrieben werden.


    Wie kann man nun entscheiden, ob die Argumentation schlüssig ist?

    Eine gute Frage. Ich würde da pragmatisch vorgehen. Das beinhaltet nicht, dass mein vorgeschlagener Diskursprozess zu fehlerfreien Resultaten führen muss. Ich glaube aber, dass er ganz vernünftig ist.


    Wenn im Gespräch die Gegenseite allen Argumenten folgen kann und am Ende sagt: stimmt! dann wären wir durch (Wohlgemerkt, daraus folgt nicht, dass es in einem formalen Sinne so ist).


    Bei einem Argument, was der erste Disputant zur Gattung Y vorbringt, und der zweite zum Beispiel sagt, er sehe das anders, wird der Disput vertieft. Dann wird gefragt wieso. Dann muss der erste erklären. Es kann jetzt rauskommen, dass er die Gattung anders definiert, als der andere oder, dass er er eine Eigenschaft der Gattung anders sieht. Die benötigte Präzision kommt also erst während des Diskurses, der selbstverständlich offen geführt werden muss. Jetzt kann am Ende herauskommen , dass mit denselben Definitionen beide dieselbe Meinung haben, es kann natürlich trotzdem noch passieren, dass man am Ende sagt, dass man das mit der Wiederholung zum Beispiel anders sehe. Wenn man sie nicht mache, zerstöre man das Werk und das wäre dann nicht barock .... ;)


    Grundsätzlich sind Diskussionen, wo man uneinig ist, nie zuende, vorausgesetzt man diskutiert offen zur Sache.


    Der Mathematiker hat am Ende der Überlegungen den Anspruch, alles aus den explizierten Voraussetzungen logisch ableiten zu können. Das ist für einen normalen Diskurs viel zu aufwändig und wahrscheinlich auch unnötig.

  • Das haben wir hier ja endlos getrieben. Es scheitert ja ganz am Beginn: Was ist ein Werk? Was ist eine Oper? Was ist eine Aufführung? Was passiert im Opernhaus? Da sind die grundlegenden Vorstellungen der Parteien hier ausreichend inkompatibel, sodass man gar nicht zu versuchen braucht, logische Fehlschlüsse zu suchen. Und wir werden hier jetzt nicht klären, was ein Werk und was eine Oper ist.

    ;)

    Bist Du aber ein Pessimist. :) Meines Erachtens kommen wir nicht weiter, weil die Bereitschaft nicht da ist. Jeder beharrt auf seinen Gedankengängen und versucht nicht, den des anderen zu verstehen. (Das kann natürlich auch schon mal am aufgeblasenen Ton des einen oder anderen liegen, dass einem die Lust vergehen mag)


    Eigentlich finde ich den Beitrag des Kollegen Symbol in #591 ziemlich gut. Er bringt die Probleme auf den Punkt.

  • Da stimme ich zu, Holgers "2+2=4" fand ich jetzt nicht so überzeugend.

    Dann hast Du es aber auch nicht verstanden. ^^ Das war ein Beispiel für das, was Sprachanalytiker einen "Sachverhalt" (man unterscheidet "Gegenstände" und "Sachverhalte") nennen - eben hier ein mathematischer Sachverhalt. Es gibt natürlich auch andere Sachverhalte, nicht nur mathematische. Ich hätte auch das Beispiel nehmen können: "Spitzbogenfenster sind ein Stilmittel der Gotik". Entscheidend ist, dass zur Formulierung des Sachverhalts eine Verbindlichkeit gehört. 2+2 kann eben nur gleich 4 und nicht gleich 5 sein - so wie Spitzbogenfenster zur Gotik gehören und nicht zur Romanik. Man kann eben nicht sagen: Nur weil es auch Kirchen mit Rundbogenfenstern gibt, könne man Romanik und Gotik nicht unterscheiden, also Spitzbogenfenster nicht verbindlich als Stilmittel der Gotik erkennen.

  • Symbol ignoriert halt, dass da eine Oper, ein Werk aufgeführt wird. Somit sind alle weiteren Überlegungen uninteressant. Eine Oper, ein Werk, ist nicht ein Materialkonvolut. D.h. Symbol hat nicht verstanden, was ein Werk ist (polemisch formuliert).

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Dann hast Du es aber auch nicht verstanden. ^^ Das war ein Beispiel für das, was Sprachanalytiker einen "Sachverhalt" (man unterscheidet "Gegenstände" und "Sachverhalte") nennen - eben hier ein mathematischer Sachverhalt. Es gibt natürlich auch andere Sachverhalte, nicht nur mathematische. Ich hätte auch das Beispiel nehmen können: "Spitzbogenfenster sind ein Stilmittel der Gotik". Entscheidend ist, dass zur Formulierung des Sachverhalts eine Verbindlichkeit gehört. 2+2 kann eben nur gleich 4 und nicht gleich 5 sein - so wie Spitzbogenfenster zur Gotik gehören und nicht zur Romanik. Man kann eben nicht sagen: Nur weil es auch Kirchen mit Rundbogenfenstern gibt, könne man Romanik und Gotik nicht unterscheiden, also Spitzbogenfenster nicht verbindlich als Stilmittel der Gotik erkennen.

    Ich hoffe, Du weißt, dass es auch in der Romanik Spitzbogenfenster und in der Gotik Rundbogenfenster gibt.

    :D

    Also so ist diese Verbindlichkeitserklärung leider nicht überzeugend.

  • Symbol ignoriert halt, dass da eine Oper, ein Werk aufgeführt wird. Somit sind alle weiteren Überlegungen uninteressant. Eine Oper, ein Werk, ist nicht ein Materialkonvolut. D.h. Symbol hat nicht verstanden, was ein Werk ist (polemisch formuliert).

    Ich habe das so verstanden, dass es zwei (oder drei) Kunstwerke gibt in diesem Zusammenhang, von der die Theateraufführung eines ist. Die kommen jetzt zusammen, weil zum Beispiel der Regisseur die Partitur oder das Libretto so spannend findet, dass er das zur Grundlage seiner Theateraufführung machen will. Jetzt taucht doch die Frage auf, wie hier irgendwelche Verbindlichkeiten aussehen mögen (Und damit meine ich nicht die etwas abwegige Diskussion zur Bezeichnung - Das ist etwas anderes).


    Wenn ich jetzt ein Drama für eine Theateraufführung benutzen möchte und dort stünde eine "Regieanweisung" , die erst mal interpretiert werden müsste, wie ginge ich vor? Nehmen wir an, ich dächte vom Theater her und sagte, damit hier eine solche Wirkung (Der Ergebnis meiner Interpretation) erzielt wird, verändre ich die Szene so, dass sie sofort ohne Analyse verstanden werden kann. Das hört sich für mich eigentlich ganz überzeugend an.


    Was ist hier das "richtige" Vorgehen? Irgendwo muss doch immer interpretiert werden und im Endeffekt geht es doch um eine Aufführung auf einer heutigen Bühne für heutiges Publikum.

  • Ich hoffe, Du weißt, dass es auch in der Romanik Spitzbogenfenster und in der Gotik Rundbogenfenster gibt.

    :D

    Also so ist diese Verbindlichkeitserklärung leider nicht überzeugend.


    Klar, natürlich gibt es das. ;) Deshalb beschäftigt sich dann auch die Gattungstheorie damit, wie genau Klassifizierungen aufzufassen sind - eben nicht einfach als "Schubladen". Wenn man sich die Stileigenschaften und Gattungsmerkmale als Idealypen im Sinne von Max Weber denkt, dann kann es eben auch (spät-)romanische Kirchen mit Spitzbogenfenstern geben (die gibt es ja auch tatsächlich ^^ ), d.h. solche "Mischformen" stellen dann die Verbindlichkeit der Klassifikation nicht in Frage. :hello:

  • Ich habe das so verstanden, dass es zwei (oder drei) Kunstwerke gibt in diesem Zusammenhang, von der die Theateraufführung eine ist. Die kommen jetzt zusammen, weil zum Beispiel der Regisseur die Partitur oder das Libretto so spannend findet, dass er das zur Grundlage seiner Theateraufführung machen will. Jetzt taucht doch die Frage auf, wie hier irgendwelche Verbindlichkeiten aussehen mögen (Und damit meine ich nicht die etwas abwegige Diskussion zur Bezeichnung - Das ist etwas anderes).


    Wenn ich jetzt ein Drama für eine Theateraufführung benutzen möchte [...]

    Ich habe das oft genug gelesen, aber es stimmt halt so nicht. Dass Tosca aufs Programm gesetzt wird, liegt nicht daran, dass Regisseur XY die Partitur so spannend findet, sondern daran, dass die Oper Puccinis die Opernhäuser füllt. Daher steht am Programm "Puccini: Tosca", es wird die Aufführung des Werks von Puccini angekündigt.


    De facto wird von Puccinis Tosca dann der akustische Teil aufgeführt, während optisch etwas anderes "gemacht" wird. Der Regisseur muss also die Sänger Puccinis Oper singen lassen, sonst hat er Freiheiten, so ist der Betrieb nunmal heutzutage. Dass das ästhetisch unsinnig ist, ist klar. Die Ursache liegt in der unterschiedlichen Entwicklung der Aufführungspraxis im Musik- und im Theater-Bereich.


    Du gehst von falschen Annahmen aus und kommst dann zu falschen Schlüssen.

    (Auch wenn A->B richtig geschlossen ist.)

  • Klar, natürlich gibt es das. ;) Deshalb beschäftigt sich dann auch die Gattungstheorie damit, wie genau Klassifizierungen aufzufassen sind - eben nicht einfach als "Schubladen". Wenn man sich die Stileigenschaften und Gattungsmerkmale als Idealypen im Sinne von Max Weber denkt, dann kann es eben auch (spät-)romanische Kirchen mit Spitzbogenfenstern geben (die gibt es ja auch tatsächlich ^^ ), d.h. solche "Mischformen" stellen dann die Verbindlichkeit der Klassifikation nicht in Frage. :hello:

    Klar, Du formulierst hier oft verkürzt, das kommt dann mitunter eben komisch rüber (siehe 2+2=4 oder "Blindtests sind nicht wissenschaftlich"). Ich bin manchmal etwas verwirrt, aber das macht ja nichts.

    ;)

  • Dass Tosca aufs Programm gesetzt wird, liegt nicht daran, dass Regisseur XY die Partitur so spannend findet, sondern daran, dass die Oper Puccinis die Opernhäuser füllt. Daher steht am Programm "Puccini: Tosca", es wird die Aufführung des Werks von Puccini angekündigt.

    Das ist die Diskussion mit der Bezeichnung ..... :)



    De facto wird von Puccinis Tosca dann der akustische Teil aufgeführt, während optisch etwas anderes "gemacht" wird. Der Regisseur muss also die Personen von Puccinis Oper singen lassen, sonst hat er Freiheiten, so ist der Betrieb nunmal heutzutage.

    So stellt sich mir das auch dar. (soweit ich das jetzt gesehen und verstanden habe.)


    Dass das ästhetisch unsinnig ist, ist klar.

    Da bin ich nicht so überzeugt. Ehrlich gesagt hat mich der Berliner Wagner gepackt und ich kann Dir verraten, dass das bei diesem Komponisten mit einer "werkgetreuen" Inszenierung wahrscheinlich nicht der Fall gewesen wäre (Sicher bin ich natürlich nicht, habe aber schon die von Thomas Pape Pape beschriebenen Einblicke in die Tierwelt erleben können ... Grzimeks Tierleben mit Musik .... :P


    Die Ursache liegt in der unterschiedlichen Entwicklung der Aufführungspraxis im Musik- und im Theater-Bereich.


    Das finde ich jetzt einen interessanten Gedanken, den ich gerne besser verstehen würde.


    Du gehst von falschen Annahmen aus und kommst dann zu falschen Schlüssen.

    (Auch wenn A->B richtig geschlossen ist.)

    Aus falschen Annahmen folgt alles ... manchmal auch richtiges 8o,


    Aber dann müssen wir die Annahmen noch einmal auf den Prüfstand stellen.


    Ich habe zum Beispiel irgendwo gelesen (das ist jetzt nur Bookletweisheit) dass Schiller die Räuber erst ohne den Wunsch zur Aufführung geschrieben habe ... Das fand ich zumindest eine interessante Information, gerade, was die Existenz des Dramentextes als eigenes Kunstwerk angeht.

  • Wir müssen versuchen uns von sprachlichen und definitorischen Spitzfindigkeiten zu lösen und zur Praxis, bzw zu den allgemein Üblichen Bezeichnungen zurückzufinden, wie sie umganssprachlich gang und gäbe sind.

    Denn dass hier über feinste Bedeutungen gestritten wird ist ein beabsichtigtes Manöver der Regietheaterfraktion um vom eigentlichen abzulenken, daß Regie Handwerk ist und nur in selltenen Ausnahmefällen "Kunst" und das es sich hier um WILLKürliche Verunstaltung originaler Werk handelt.

    Selbst die Existenz von "Regietheater" wird bestritten - und die Definition so lange zerpflückt - bis nichts mehr erkennbar ist. Dabei weiß jeder, der sich nur einigermaßen mit Oper oder Theater befasst, was unter Regietheater gemeint ist - in allen seinen unsympathischen Spielarten. Da wird dann drauf hingewiesen, daß das alles keine heterogene "Kunstrichtung" ist, und man daher "differenzieren" müsste. Warum eigentlich: Wenn ich unbrauchbare Dinge besitze wandern die auf den Müll, ohne näher darauf einzugehen, warum sie unbrauchber sind.Ob es sich um einen Defekten Computer oder um ein verdorbenes Lebensmittel, ein zerfleddertes Buch, wo seiten Fehler - weg damit.. !!!

    Hier wird nun - auf hohem Niveau - über etwas diskutiert, das es gar nicht wert ist - und das wesentliche Übersehen....

    Und wieder beende ich meinen beitrag mit einer gezielten Aussage zum Thema des Threads (das ja sonst untergeht)

    EIN WEITERER GRUND für das lange Bestehen des REGiETHEATERS sind die TÄUSCHUNGSMANÖVER der Nutzniesser und deren Helfershelfer.

    Es soll in der zwischenzeit in der Tat schon Leute geben, die sich für ungebildet und altväterlich halten , weil sich ihnen die Zusammenhänge nicht erschliessen. All jenen würde ich raten das Märchen von H.C Andersen "Des Kaisers neue Kleider" zu lesen

    Sicherheitshalber verlinke ich es hier.

    ANDERSeN kanne das Regietheater noch nicht - also ist es keine Anspielung.

    Aber die Methoden sind seit Jahrhunderten die gleichen...

    Und kaum eine Geschichte zeigt das besser auf als diese hier:

    Viel Spaß bei der Lektüre


    https://maerchen.com/andersen/des-kaisers-neue-kleider.php


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nebelkerzen und Verschleierungstaktik, daran musste ich auch denken, wenn ich mir besonders wieder die letzten Seiten dieses Threads ansehe. :wacko: Sprechen wir lieber Tacheles. :!:


    Ein geschätzter Forianer meinte heute in einem anderen Thema über Franco Zeffirelli und hier konkret seine "Bohème":

    Gelegentlich seines bevorstehenden 100. Geburtstages hielte ich es an der Zeit, darüber nachzudenken, ob man nicht auch eine Inszenierung unter besonderen Schutz stellen sollte und könnte. Denn sie stellt ja gewissermaßen ein eigenes Kunstwerk dar. Insofern wäre ein solcher Schritt mehr als gerechtfertigt.


    Das wird auch von der RT-Fraktion sehr gerne angeführt, dass eine Inszenierung ein eigenes Kunstwerk sei. Im Falle von Zeffirelli pflichte ich absolut bei. Natürlich gilt dies nicht für irgendwelche Wald-und-Wiesen-Verunstaltungen, die selten länger als ein paar Spielzeiten überleben. Ich rede schon von denjenigen, die wirkliche Kunst sind. Tatsächlich wäre es ein Anfang, stellte man solche verdienten Produktionen wie jene Zeffirellis unter Denkmalschutz. Sie würden also sakrosankt im Spielplan verankert bleiben, gleich welche Direktion/Intendanz gerade ihr Unwesen treibt. :thumbup:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das finde ich jetzt einen interessanten Gedanken, den ich gerne besser verstehen würde.

    Na, die musikalische Aufführungspraxis hat sich von einer "freieren" zu einer immer genauer an Partitur und historischer Aufführungspraxis orientierten hin entwickelt, in den letzten Jahrzehnten sogar mit Rekonstruktion historischer Instrumente und Spieltechniken.


    Die Theaterpraxis hat sich in der selben Zeit in die Gegenrichtung entwickelt, die Aufführung entfernt sich immer weiter von der historischen Art, die Stücke auf die Bühne zu bringen.

  • Das ist die Diskussion mit der Bezeichnung ..... :)

    Die ist natürlich zentral, denn wenn man bedenkt, dass eine Oper nicht ein Lesebuch ist, sondern ein Werk, das aufgeführt werden kann und soll, dann ist die Frage, ob das Werk zur Aufführung gelangt oder nicht, nicht egal. Und diese Problematik gehört ja wohl zum Werkbegriff resp. Opernbegriff dazu, denke ich. Daher kann ich in Übereinstimmung zu Dir sagen, dass man sich auf die grundlegenden Begriffe einigen müsste. Und aus dem Werkbegriff kommen dann die Verbindlichkeiten, die Symbol nicht sieht.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose