Wilhelm Backhaus - Grandseigneur des Klavierspiels(?)

  • Zitat von Thomas Pape

    Als Backhaus anfing, die Beethoven-Sonaten in stereo aufzunehmen, war er schon über 70. Die älteren mono-Aufnahmen gibt's leider nur kaum auf CD. Da muß man mühselig auf dem Plattenmarkt nach fahnden.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    Danke, Thomas!


    Über jeden Label-Hinweis wäre ich dankbar!


    Mit Backhausens frühen Brahms und Chopin habe ich mich nie anfreunden können. Ich habe beides in einer Magic Talent-Ausgabe von 1997, ziemlich Cedar-zerstört. Für mich ist er Beethoven-Interpret par excellence. Studio kommt er mir deutlich steriler vor, wobei ich leider nur die Namenssonate (eloquence) habe.


    Seine GA fehlt mir schmerzlich neben Schnabel, Kempff und Gieles. Meine Wunschliste ist laaang... :wacko:


    Noch nicht genannt wurde seine Konzertaufnahme vom 27.4.1961, als er in Lugano mit Carl Schuricht das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit dem Orchestra della Svizzera Italiana gespielt hat (Aura / vormals Ermitage / neuerdings Documents). Trotz der Mängel meine Lieblingsaufnahme dieses Konzerts (ohne allzureichlich Alternativen zu kennen - von allen Gattungen mag ich vielleicht das Konzert an sich am wenigsten); gemeinsam mit der völlig exaltierten von Afanassiev mit Soudant.
    :untertauch:



    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Lieber Thomas,


    Backhaus' Brahms hat mich seit vilen Jahren eingenommen .


    Sein B - Dur - Klavierkonzert finde ich mit Carl Schuricht eine der besten mir bekannten Aufnahmen der Komposition .


    Backhaus ' Live mit Beethoven ist relativ gut dokumentiert - und einfach wegen seiner gewolt unpathetischen Interpretationen mit einigen anderen interpretn Massstäbe setzend.


    Danke für Deine Mühe zu Wilhelm Backhaus.



    Beste Grüsse ,


    Frank



    PS.: Seltsamerweise finden wir wenig zu seinem Schumann und Schubert. Schade.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Waldi hatte im Gedächtnisthread dran gedacht, ich habe es leider vergessen :O : Gestern wäre Wilhelm Backhaus 125 Jahre alt geworden. Der WDR hat ihm ein Zeitzeichen gewidmet (Autor: Michael Struck Schloen).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas,


    Waldi sei natürlich Dank für seine Erinnerung an Wilhelm Backhaus' 125. Geburtstag.


    Aber ich denke doch, dass Backhaus' Kunst, sein dienendes Musizieren im besten Sinne, völlig zeitlos geblieben sind.


    Man kann ganz allgemein andere Interpretationen bestimmter Sonaten oder Klavierkonzerte bevorzugen, aber Wilhelm Backhaus bleibt sicherlich einer der wichtigsten Interpreten - nicht nur der Klaviersonaten Beethovens!



    Beste Grüsse,


    Frank



    PS.: Nochmals der Hinweis : Professor Backhaus ist auf dem Friedhof "Melaten" in Köln beigesetzt.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Das Jahr 1908 scheint in der Backhaus-Diskographie so eine Art Meilenstein zu sein. In Ermanglung einer gesicherten Quelle gibt es im Netz zwei unterschiedliche Aussagen über die erste Plattenaufnahme von Wilhelm Backhaus: Das Grieg-Konzert (in einer 3 min-Fassung) oder das Fantaisie-Impromptu von Chopin, das gerade bei mir erklingt.


    Die Aufnahme dieses Stückes ist beeindruckend: der junge Backhaus geht mit unglaublicher Fingerfertigkeit an das Stück heran, um dann, im ruhigen Mittelthema, sinnend nahezu in sich zu versinken; er spielt nicht die Noten eines Stückes ,sondern benutzt das Klavier als Mittel zum Gefühlsausdruck. Für einen Pianisten deutscher Schule eher ungewöhnlich.


    Ebenfalls aus 1908 stammt eine Aufnahme von Händels Air & Variations aus der Suite No. 5, HWV 430, auch als "Harmonious Blacksmith" bekannt. Die llässt sich übrigens auf youtube nachören.


    Zwischen diesen Aufnahmen und jenen aus dem Jahr 1927 klafft rein zeitlich eine diskographische Lücke, die sich nicht nur durch den Weltkrieg oder Backhaus' vielen Konzertreisen erklären lässt. Wilhelm Backhaus bespielte in der Zeit Welte-Mignon Rollen.


    Wilhelm Backhaus' eigentliche Plattenkarriere begann 1927: in diesem Jahr wurde durch die EMI das elektronische Schallaufzeichnungsverfahren eingeführt (man musste nicht mehr vor einem Trichter spielen, sondern hatte ein elektrisches Mikrophon), entsprechend hieß das Plattenlabel, über das diese Aufnahmen vermarktet wurden "Electrola". Neben den Chopin-Etuden hatte Backhaus in diesem Jahr noch Brahms eingespielt: Die Paganini-Variationen. Die Salonstücke, die er auf Welte-Mignon hinterlassen hatte, hat Backhaus in die Schallplattenzeit nicht mitgenommen (sieht man von einer Platte mit Liszt's Liebestraum und Delibes "Naila" ab).


    Frank hat zurecht auf Backhaus' Schumann hingewiesen. 1938 entstand eine Einspielung der Fantasie op. 17 sowie eines Nachtstückes op. 23,4. In den 1950ern kamen dann noch die Waldszenen zur Diskographie hinzu, und das Klavierkonzert (unter der Leitung von Günter Wand).


    Allerdings ist die Auseinandersetzug mit Schumann und Schubert -vor dem Hintergrund des Aufgezeichneten bedauernswert genug- leider nicht sehr umfangreich.


    Diese Romantiker tauchten mit ihren kostbaren Miniaturen immer wieder als Zugabe in seinen Programmen auf, auf Schallplatte sind deren Werke indes nur bruchstückhaft vorhanden. Leider. Schuberts "Moments Musicaux" wären diesbezüglich eine Hörempfehlung.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Zitat von Thomas Pape

    Schuberts "Moments Musicaux" wären diesbezüglich eine Hörempfehlung.


    Ja, genau die!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Nach sechs Jahren wird es mal wieder Zeit, sich in diesem Thread zu melden, und sei es nur, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Zu seinem Geburtstag habe ich die legendäre GA der Beethoven-Klavierkonzerte (unter Schmidt-Isserstedt) mitgebracht:



    Wilhelm Backhaus wurde am 26. März 1884 geboren.


    Heute ist die 131. Wiederkehr seines Geburtstages.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Diese Aufnahmen besass ich als Einzelstücke. Zu Beginn noch zum Vollpreis, später dann in der Decca Wiederauflageserie "Aspekte". Sie prägten - neben jenen von Wilhelm Kempff - meine Vorstellung von den Beethoven Klavierkonzerten.


    Es wurde weiter oben im Thread - also vor etlichen Jahren - bereits die Frage erörtert, ob es den keine früheren Studioaufnahmen der Konzerte mit Backhaus gegeben habe. In der Tat - es gab sie - und zumindest die Konzerte Nr 2-5 sind in durchaus ansprechender Mono-Tonqualität (ca 1950-52) verfügbar.



    Das Orchester waren damals die Wiener Philharmoniker, dirigiert von Clemens Krauss, bzw Karl Böhm. Achtung - Die Nr 3 ist bei den hier gezeigten CDs zweimal in gleicher Besetzung vorhanden!!!


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Heute begehen wir Wilhelm Backhaus' Todestag. Dazu habe ich diese Aufnahme mit einer phänomenalen "Les Adieux"-Live-Interpretation aus meiner Sammlung ausgesucht:



    Heute ist sein 46. Todestag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vom letzten Konzert von Wilhelm Backhaus in der Stiftskirche Ossiach (Kärnten) am 28. Juni 1969 war hier schon mehrfach die Rede. Ganz gleich, ob es sich nun um einen Zusammenschnitt von zwei Konzerten handelt, ist die von DECCA/ERMITAGE veröffentlichte CD ein seltenes Dokument:

    Backhaus: The Last Recital

    Wenige Tage später, am 5. Juli 1969, verstarb der Künstler im Alter von 85 Jahren in einem Villacher Spital an den Folgen zweier Infarkte, die er während seines letzten Auftritts in Ossiach erlitten hatte. Das liegt nun 50 Jahre zurück.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Vom letzten Konzert von Wilhelm Backhaus in der Stiftskirche Ossiach (Kärnten) am 28. Juni 1969 war hier schon mehrfach die Rede. Ganz gleich, ob es sich nun um einen Zusammenschnitt von zwei Konzerten handelt, ist die von DECCA/ERMITAGE veröffentlichte CD ein seltenes Dokument:

    Die CD habe ich, lieber Nemorino! Das ist schon eine bemerkenswerte Aufnahme! :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Das ist schon eine bemerkenswerte Aufnahme!

    Ja, lieber Holger,


    es ist ein bewegendes Dokument! Ich habe es vor vielen Jahren irgendwo für ganz wenig Geld erworben und bin froh, die CD zu besitzen. Es sind auch die entschuldigenden Worte von Wilhelm Backhaus enthalten, warum er das Programm ändern mußte.


    Schönen Abend,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Mit dieser Aufnahme habe ich (auf einer 25 cm-LP) Mozarts letztes Klavierkonzert erstmals kennengelernt:

    oder hier:

    Wilhelm Backhaus (Klavier) und die Wiener Philharmoniker, Dirigent: Karl Böhm (Aufnahme: 5/1955, Musikverein, Redoutensaal, Wien, STEREO).


    Eine Version, die mir noch heute lieb und teuer ist. Backhaus und Böhm harmonieren prächtig, sie donnern das Konzert nicht auf, sondern spielen es mit Hingabe und tiefem Verständnis. Die CD enthält noch das Brahms-Konzert Nr. 2 in gleicher Besetzung, aufgenommen im April 1967 in den Sofiensälen zu Wien. Ebenfalls ein Backhaus-Dokument, doch mir scheint die ältere Aufnahme mit Schuricht (Decca, Mono), was Backhaus betrifft, die aussagekräftigere zu sein. Die Spätversion von 1967 zeigt doch an einigen Stellen leichte Konzentrationsschwächen des Pianisten.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Da mein Beitrag vom 09.07.19 über WILHELM BACKHAUS (es war gerade mein tausendser !) hier wohl noch besser hingehört als in den Erinnerungs-Thread, wiederhole ich den Text hier nochmals. Allerdings weiß ich nicht, wie man die youtube-Referenzen mit transferiert.


    Für mich war BACKHAUS schon immer der BEETHOVEN-Interpret par excellence. Vor allem seine Einspielungen der Klavierkonzerte Nr. 1, 2 und 3 mit den WIENER PHILHARMONIKERN unter HANS SCHMIDT-ISSERSTEDT haben für mich bis heute Referenzstatus.

    Das gleiche gilt auch für seine Aufnahme der Klaviersonate Nr. 14, der "Mondschein-Sonate". Von diesen Werken gibt es zwar etliche hervorragende "Konkurrenz"-Aufnahmen - beim Klavierkonzert Nr. 1 denke ich dabei vor allem an FRIEDRICH WÜHRER, bei dem Nr. 3 an ANNIE FISCHER, bei der Klaviersonate Nr. 14 an EMIL GILELS - doch gerade bei der Mondschein-Sonate imponiert mir sein bewußt unpathetisches, nicht übertrieben romantisierendes Spiel,, wie sonst oft genug praktiziert, auch wenn dieses von anderen Musikliebhabern mitunter als etwas zu trocken beschrieben wird. Auch bei den Klavierkonzerten gefällt mir eben besonders die Schlichtheit, Sachlichkeit, auch die große Transparenz seines Spiels, das auch zupacken kann wo angezeigt. Generell mag ich dieses maskuline Spiel, das man im übrigen auch als demütig vor dem großen Schöpfer dieser Werke empfinden kann. WILHELM BACKHAUS war meiner Meinung nach ein begnadeter BEETHOVEN--Interpret, der sich voll und ganz in das jeweilige Werke zu vertiefen , und der vermutlich auch die Intentionen des Komponisten weitestgehend zu realisieren vermochte. Seine Spieltechnik war ohnehin exzellent und bis ins hohe Alter intakt, so daß er sich voll auf das gerade interpretierte Werk konzentrieren konnte. Nicht umsonst erhielt BACKHAUS 1970 in memoriam auch den Schallplattenpreis mit der Begründung: "...ein großer Pianist, in dessen Interpretationen sich Autorität mit Schlichtheit, höchster künstlerischer Kompetenz mit fast absichtsloser Natürlichkeit verbanden."


    Für seine Einspielung von BEETHOVEN's 3. Klavierkonzert mit den WIENER PHILHARMONIKERN unterHANS SCHMIDT-ISSERSTEDT und der "Mondschein-Sonate" bei DECCA, erhielt er den GRAND PRIX DU DISQUE der ACADÉMIE CHARLES GROS. Tatsächlich zeichnet sein Spiel eine besondere Größe der Sichtweite, verbunden mit einer wohltuenden Sachlichkeit aus, bei der eine gesunde Mitte zwischen forschem Zugriff und feiner Nuancierung des Ausdrucks gefunden wird.


    wok

  • Zitat von nemorino

    Wenige Tage später, am 5. Juli 1969, verstarb der Künstler im Alter von 85 Jahren in einem Villacher Spital an den Folgen zweier Infarkte, die er während seines letzten Auftritts in Ossiach erlitten hatte. Das liegt nun 50 Jahre zurück.

    Und er konnte das letzte Konzert am zweiten Abend nicht wie gewohnt beenden. Statt des letzten Satzes von Beethovens 18. Klaviersonate spielte er zwei der Fantasiestücke aus op. 12 von Schumann und als Zugabe das Impromptu Nr. 2 As-dur op. 142 (D.935) von Franz Schubert.

    Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Backhaus


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Statt des letzten Satzes von Beethovens 18. Klaviersonate spielte er zwei der Fantasiestücke aus op. 12 von Schumann und als Zugabe das Impromptu Nr. 2 As-dur op. 142 (D.935) von Franz Schubert.

    Lieber Willi,


    auf der in Beitrag 40 abgebildeten CD "The last recital Ossiach 28.6.1969" ist folgendes enthalten:

    1) Mozart: Sonate A-dur, KV 331

    2) Beethoven: Sonate Nr. 21 C-dur, op. 53 (Waldstein)

    3) Schubert: Impromptu As-dur D. 935 Nr. 2

    4) Beethoven: Sonate Nr. 18 Es-Dur, op. 31/3 - 1., 2. und 3. Satz

    5) Schumann: Aus "Fantasiestücke" op. 12: Nr. 1 "Des Abends" & Nr. 3 "Warum?"

    6) noch einmal: Schubert: Impromptu As-dur D. 935 Nr. 2 (der endgültige Abschluß eines langen, erfolgreichen Künstlerlebens).


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • An dieser Stelle im Thread (und auch ein paar Beiträge zuvor) sind wir auf diesen denkwürdigen Abend in Ossiach eingegangen.


    Bei Wilhelm Backhaus lohnt es sich, in die Vorkriegsdiskographie hineinzuhören. Dankenswerterweise gibt es wichtige Aufnahmen von ihm mittlerweile auf CD. So auch Beethovens op.111. Backhaus gehört zu den Interpreten, die die unglaublich schöne Arietta zügig spielen. Und obwohl ich persönlich eher die ruhig atmenden, sehr empfindsamen Einspielungen eine Erick Heidsick oder einer Maria Grinberg mag (Grinberg ist meine Einspielung für die Ewigkeit von diesem Werk), so bin ich Backhaus für sein Tempo nicht gram. Im Gegenteil In seiner späten Aufnahme aus dem Jahre 1962 spielt er das Werk in ähnlich zügigem Tempo wie 1937, dem Jahr, in dem seine erste Plattenaufnahme des Werkes entstand. Und die gefällt mir tatsächlich besser als die späte. Völlig gleichgültig, ob die Aufnahme knispelt und rauscht (was ich als Schellackhörer durchaus gewöhnt bin), egal, völlig egal, gegenüber dieser zarten, filigranen Aufnahme. Selbst das angeschlagene Tempo (in einem der Beethoven-Threads hatten wir einmal kurz darüber gesprochen, dass die Sonaten in der Frühzeit der Schallaufzeichnung schneller gespielt wurden als man das heute tut, was nicht nur an der eingeschränkten Laufzeit einer Schellackseite liegt, da Giesking ähnlich Highspeed unterwegs war, und da handelt es sich mehrheitlich um Rundfunkbänder und Mitnschnitte von Live-Aufführungen) in diesem unglaublichen Schweben der Triller das rcihtige zu sein.


    Hier geht's zur Aufnahme:



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ich muss jetzt mal kurz abschweifen. Ohne dem Thread zu op. 111 vorgreifen zu wollen, möchte ich den Vergleich Wilhelm Backhaus Elly Ney an dieser Stelle anregen, da beide ziemlich zeitgleich op. 111 aufgenommen haben. Beide Pianisten sind etwa gleich alt und doch ist das Spiel völlig anders.


    Hier also der Vergleich der Arietta aus op. 111 von Wilhelm Backhaus und Elly Ney, die für die Arietta ohne zu langweilen 6 min länger braucht:





    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Für mich war BACKHAUS schon immer der BEETHOVEN-Interpret par excellence.

    Hallo wok,


    Du nennst mit Recht die späten Stereo-Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern unter Hans Schmidt-Isserstedt (Decca).


    Auf seine Vorkriegsaufnahmen will ich jetzt nicht zurückgreifen, aber Backhaus hat zwischen 1951 und 1953 die Konzerte Nr. 2 - 5 für DECCA in Mono eingespielt, die Konzerte Nr. 2 (Best.Nr. LW 50111), 4 (LW 50112) & 5 (LXT 5355) mit dem Dirigenten Clemens Krauss, das Konzert Nr. 3 (LXT 5353) unter Karl Böhm, alle mit den Wiener Philharmonikern. Warum das Konzert Nr. 1 nicht aufgenommen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Auf LP hatte ich das Konzert Nr. 5 und habe es später, gekoppelt mit Nr. 4, auf dieser CD neu erworben:

    Klavierkonzerte 4+5

    Aufnahmedaten: Nr. 4: 5/1951, Nr. 5: 6/1953, Großer Musikvereinssaal, Wien.

    Klanglich sind die Aufnahmen natürlich den späteren Stereoproduktionen unterlegen, aber Backhaus ist hier noch ganz auf der Höhe seiner Kunst.


    Das dritte Konzert mit Böhm gab es mal in einer 2 CD-Box "Backhaus & Beethoven" mit diversen Sonaten, alles Original-Decca-Produktionen. Die scheint aber vergriffen zu sein. Das Konzert Nr. 2 unter Krauss ist m.W. nicht auf CD übertragen worden.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hier geht's zur Aufnahme:

    Diese apr-Serie ist wirklich ein großer Gewinn, lieber Thomas. Ich höre gerade Moritz Rosenthal mit Chopin. Wunderbar! Diese Aufnahmen kommen auch auf meine Liste. Von Backhaus habe ich auch noch seinen letzten Salzburger Auftritt:



    Diese hier habe ich leider nicht:



    Er war auch der erste deutsche Pianist, der Chopins Etüden op. 10 und op. 25 komplett aufnahm. Auch die Aufnahme ist in meiner Sammlung.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Es ist immer wieder schön, wenn aus den Archiven historische Aufnahmen zutage gefördert werden. Wilhelm Backhaus hat schon sehr früh angefangen, Schallaufnahmen zu machen, naturgemäß zunächst die kleinen Stücklein, die er als Zugaben spielte oder kleine Neukompositionen, die seinerzeit in vieler Menschen Gehör war. Für diese Edition hat man neben den bekannten Aufnahmen noch auf das Archiv der Familie Backhaus zrückgreifen können, so daß auch im Jahre 2021 Neues vom alten Meister erscheinen konnte. Den Einführungstext nehme ich missmutig zur Kenntnis, von einer zweifelhaften Rolle im dritten Reich konnte bei dem störrischen Backhaus nun wirklich keine Rede sein.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Hier also der Vergleich der Arietta aus op. 111 von Wilhelm Backhaus und Elly Ney, die für die Arietta ohne zu langweilen 6 min länger braucht:

    Ich muss es erneut sagen: Das Tamino-Klassikforum ist ein wahrer Schatz. Beispiel: der Beitrag von Thomas vom Juli mit der Gegenüberstellung Backhaus-Ney der Arietta aus Beethovens opus 111. Dieser "Boogie"-Satz, mit dem Beethoven seiner Zeit um Jahrhunderte voraus war, ist gerade in diesem Vergleich bemerkenswert. Bei Backhaus überraschte es mich nicht. Der guten Frau Ney, die ich als Kind mit meinen Eltern in Worms am Rhein erleben durfte und die mir damals optisch wie Beethoven höchstpersönlich erschien (!), hätte ich das in dieser Form nicht zugetraut. Trotz der "Länge" frisch wie z.B. Altmeister Gould bei Nr. 32.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Der guten Frau Ney ... hätte ich das in dieser Form nicht zugetraut.

    Ich hatte in dem Beitrag vergessen zu erwähnen, dass es sich bei beiden Aufnahmen um Vorgkriegsaufnahmen handelt, die als Schellack-Alben zu kaufen waren. Man führt heute gerne an, dass das zügige Tempo bei op.111, in dem Kempff, Gieseking oder Backhaus unterwegs sind, an den Möglichkeiten der Schellackplatten lag (max. 5 min pro Seite). Das zügige Spielen der Arietta scheint aber damals unabhängig von Schallplattenaufnahmen Usus gewesen zu sein. Elly Ney zeigt auch, dass sich ihr Konzept in Rillen bannen ließ: sie brauchte eine Plattenseite länger (was die Toningenieure vor der Aufnahme auszuknobeln hatten, wo denn da die Pianistin pausieren musste. Noch gab es kein Band oder Draht, wo ein solches Werk in Gänze aufgenommen und dann geschnitten wurde; es wurde direkt in die Wachsmatritze geschnitten).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Elly Ney zeigt auch, dass sich ihr Konzept in Rillen bannen ließ: sie brauchte eine Plattenseite länger

    Gute Zusatz-Info! Ich sage ja: Ein Schatz, zum Lernen, Überprüfen von Standpunkten, und zum musikalischen Vergnügen und und und...

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")