Tristan und Isolde - Wagners visionäre Oper

  • Gemeint war hier, dass es Wagner zur Abwechslung "nur um die Musik" ging.

    Auch das ist natürlich in einer Allgemeinheit anzuzweifeln. Das Argument von Thomas Pape mit Bayreuth als gewollte "Wirkungs"-Stätte legt ja eher das Gegenteil nahe.


    Ich glaube dieses Fetzenzitieren aus dem Zusammenhang bringt uns argumentativ auch nicht weiter ....

  • Das mache ich gar nicht. Der Kurzstueckmeister und der Herr Doktor besorgen das schon selbst. Ich weise nur darauf hin.

    Ich finde es eine gute Voraussetzung für ein Gespräch, wenn man davon ausgeht, dass alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, den Diskurs voranzutreiben. Stil und Inhalt weichen schon mal von Person zu Person ab. Damit muss man leben können.


    Aber wenn ich von der Voraussetzung ausgehe, dass der andere mich angreifen will, warum auch immer er das tun sollte, kommt für dritte natürlich nicht mehr heraus als das Zusehen, wie sich ein paar Teilnehmer in die Wolle kriegen. Das ist auf jeden Fall nicht das Drama, was mich interessiert.


    Es wäre im Sinne der Deeskalation gut, wenn sich alle noch einmal darauf besinnen würden, worum es im Thread geht. Um Tristan und Isolde und damit um eine Verarbeitung einer der ältesten literarischen Liebesgeschichten ..

  • Auch das ist natürlich in einer Allgemeinheit anzuzweifeln. Das Argument von Thomas Pape mit Bayreuth als gewollte "Wirkungs"-Stätte legt ja eher das Gegenteil nahe.


    Ich glaube dieses Fetzenzitieren aus dem Zusammenhang bringt uns argumentativ auch nicht weiter ....

    Klar ist auch das eine Überspitzung und klarerweise ging es mir auch nicht darum, "uns argumentativ weiterzubringen". Dass hier jemand meinen Einwurf unterstützte, dass die Musik die Hauptsache sei, ist tatsächlich Zufall. Wie der zitierte Satz im Zusammenhang fiel, kann man ja im Link nachlesen.

  • Hallo und guten Tag,

    Wir haben ein fertiges Werk, eine aktuelle Aufführung aus Bayreuth und im Titel die Feststellung: Wagners Visionäre Oper.
    Nach dem 1. Aufzug könnten wir den 2. und 3. Aufzug jetzt auch noch durcharbeiten und dabei auf Visionären Besonderheiten eingehen.
    Macht das Sinn? Interesse?

    Mit freundlichen Grüßen

  • Der zweite Aufzug ist sehr ungewöhnlich. Über weite Strecken besteht er darin, dass Isolde zunächst mit Brangäne und dann mit Tristan die Nacht bespricht, in der sie den Trank getrunken haben, von dem sie dachten, dass er tödlich ist. Das gleicht einer Nahtoderfahrung, die verarbeitet werden will. Erst am Ende passiert dann wieder etwas. Vermutlich nicht leicht zu inszenieren, dieser zweite Aufzug.

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  • Es wurde schon viel über den "Zaubertrank" gerätselt und gesprochen. Eine weitere Deutung:


    Die Wagners haben ja länger bei Mathilde Wesendonck und deren Ehemann in unmittelbarer Nähe kostenfrei gewohnt und finanzielle Unterstützung erhalten.

    Im Laufe der Zeit kommt es zu einer starken Zuneigung zwischen Wagner und Mathilde Wesendonck, es werden moralische Grenzen überschritten.

    Einen hilfreichen Menschen wie Otto Wesendonck derart zu hintergehen, ist eigentlich unentschuldbar.

    Wagner und Mathilde Wesendonck haben wohl dagegen lange angekämpft, aber es geschah trotzdem.

    Wagner verarbeitet diese Erlebnisse unmittelbar in "Tristan und Isolde" und übergibt den fertigen Text in Versform seiner Angebeteten.


    Da hilft dann doch der "Zaubertrank", ein Synonym für die unkontrolllerbare Macht der entstehenden Liebe zwischen Mann und Frau, weiter.


    Die Liebenden sind freizusprechen von Schuld, sie leiden und sterben für das Geschehene, welches die Betroffenen nicht zu verantworten haben.


    Dramatisch durchdacht und hingeschrieben mit Anleihen aus dem echten Leben.

  • Erst am Ende passiert dann wieder etwas.

    Wenn sich das erhärten lässt, ist es wohl das Todesurteil für das Stück. Ich glaube aber, dass während der ganzen Zeit sehr viel passiert, indem wir miterleben, wie Tristan und Isolde sich nach und nach darüber klar werden, was in jenem Augenblick auf dem Schiff geschehen ist, und von diesem Punkt ausgehend, alle Grenzen sprengen und in Bereiche vordringen, die weit entfernt liegen von den gewöhnlichen menschlichen Erfahrung und schließlich auch die Grenzen der Sprache überschreiten. Das ist ein weiter Weg, der da in ziemlich kurzer Zeit zurückgelegt wird. Man muss das nur verfolgen, wozu nichts weiter nötig ist, als dass man genau hinhört und hinsieht. Wenn man das tut, kann man mit diesem Stück eine wirklich umstürzende Erfahrung machen, nach der im Leben nichts mehr ist wie vorher.


    Aber wer will das schon? Darum bezweifle ich, dass es lohnt, hier weiterzugehen, zumal, wenn man alle paar Meter wieder zum Anfang zurückgeschoben wird, wie es Karl gerade wieder demonstriert hat.

  • meiner lieber Karl,

    Das Wort Zaubertrank ist in dem Thread 46x mit verschiedenen Erklärungen benutzt worden.
    beliebiges Beispiel:
    der Liebestrank ein Zaubertrank ist, d.h. ein Wunder vollbringt. Das widerspricht im Prinzip dem Sinn eines Dramas, dem von Aristoteles formulierten Grundsatz der "Wahrscheinlichkeit" der Handlung….


    Hat uns nichts weitergebracht.

    Aus meiner bescheidenen Sichtweise lag es daran das Wort zu Wörtlich zu nehmen.
    Hätte genau so stehen könne: „ eine Fachfrau für Bewusstsein erweiternde Subtanzen hat einen Drink gemixt“ hätten wir auch zerpflücken können.
    Dank für das Zuhören

  • Der zweite Aufzug ist sehr ungewöhnlich. Über weite Strecken besteht er darin, dass Isolde zunächst mit Brangäne und dann mit Tristan die Nacht bespricht, in der sie den Trank getrunken haben, von dem sie dachten, dass er tödlich ist. Das gleicht einer Nahtoderfahrung, die verarbeitet werden will. Erst am Ende passiert dann wieder etwas. Vermutlich nicht leicht zu inszenieren, dieser zweite Aufzug.

    Hallo und guten Tag,

    da wiederspreche ich ganz entschieden.
    begründen kann ich leider auch nicht genau. warte, in 5 Tage habe ich es formuliert 😞
    Ich habe auch gerade reingeschaut was das ehrenwerte Mitglied Werner Hintze schreibt. Seine Argumente verstehe ich.
    Mit freundlichen Grüßen

  • da wiederspreche ich ganz entschieden.

    In einem Punkt muss man allerdings zustimmen. Das ist wirklich schwer zu inszenieren. Und auch schwer zu spielen. Aber das ist nicht so wichtig. Was ist schon leicht in der Kunst?

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  • Wenn sich das erhärten lässt, ist es wohl das Todesurteil für das Stück. Ich glaube aber, dass während der ganzen Zeit sehr viel passiert, indem wir miterleben, wie Tristan und Isolde sich nach und nach darüber klar werden, was in jenem Augenblick auf dem Schiff geschehen ist

    Ich habe aus Zeitgründen etwas vereinfacht formuliert und meinte, dass rein handlungsmäßig nicht sehr viel passiert. Die Handlung scheint ja gleichsam stillzustehen für diesen Rückblick und die Innenschau. Diese Innenschau ist weitgehend statisch und das finde ich ungewöhnlich in dieser Radikalität. Das ändert sich dann erst gegen Ende des Aufzugs wieder. Aber über weite Strecken wird zurückgeblickt:


    BRANGÄNE

    O lass die warnende Zünde,

    lass die Gefahr sie dir zeigen!

    O wehe! Wehe!

    Ach, mir Armen!

    Des unseligen Trankes!

    Dass ich untreu

    einmal nur

    der Herrin Willen trog!

    Gehorcht' ich taub und blind,

    dein Werk

    war dann der Tod.

    Doch deine Schmach,

    deine schmählichste Not

    mein Werk,

    muss ich Schuld'ge es wissen?


    ISOLDE

    Dein Werk?

    O tör'ge Magd!

    Frau Minne kenntest du nicht?

    Nicht ihres Zaubers Macht?

    Des kühnsten Mutes

    Königin?

    Des Weltenwerdens

    Wälterin?

    Leben und Tod

    sind untertan ihr,

    die sie webt aus Lust und Leid,

    in Liebe wandelnd den Neid.

    Des Todes Werk,

    nahm ich's vermessen zur Hand,

    Frau Minne hat es

    meiner Macht entwandt.

  • Innenschau ist auf dem Theater tatsächlich gar nichts. Da ist nur vorhanden, was sichtbar ist. Aber ein Dialog findet ja nicht innen statt, sondern zwischen zwei Menschen. Und wie die miteinander sprechen, das ist durchaus sichtbar. Und wie sie sich dabei benehmen, auch. Theater basiert auf der Bewegung von menschlichen Körpern im Raum. Gesten also. Und das ist das Geschehen. Wenn man der Musik im zweiten Akt gut und mit wachen Sinnen und Gedanken zuhört und nicht in das so häufige spirituelle Dösen verfällt, hört man auch viele dieser Gesten und Bewegungen, die ganz und gar keine inneren sind, sondern auf diese deuten. Alles andere wäre theatralisch einfach sinnlos.


    Um das noch ein wenig zu konkretisieren, ein paar Sätze zu der Passage, die Du zitiert hast. Zuerst die Frage, ob da wirklich zurückgeblickt wird? Ich bezweifle das. Sicher ist davon die Rede, was auf dem Schiff geschehen ist. Aber es ist ja in der Gegenwart, dass das besprochen wird. Und es wird nicht besprochen, weil man mal zurückschauen will, sondern weil die Gegenwart das erfordert. Brangänes Behauptung, es sei alles ihre Schuld provoziert Isoldes Gegenrede.


    Das ist tatsächlich inszenierunngs-technisch eine schwierige Stelle, weil solche Referate schnell langweilig werden können (oder es eigentlich immer sind). Das ist aber nur dann so, wenn man davon ausgeht, dass da etwas Fertiges vorgetragen wird. Dann kann Isolde nur noch belehren den Finger heben und Brangäne brav zuhören. Anders ist es, wenn man die Szene so führt, dass Isolde erst während sie redet klar wird, wie sich die Sache verhält und was sie sagen muss. Dann kann man ihr zuschauen, wie sie die Gedanken sucht und findet und wie sie sie sucht, weil sie sie Brangäne vermitteln will, die nun ihrerseits die vielfältigsten Möglichkeiten hat, diesen Prozess wahrzunehmen, auf ihn zu reagieren, ihn zu bremsen, zu beschleunigen, abzulehnen, zuzustimmen, zu verstehen, verständnislos zu reagieren, damit wieder den nächsten Ansatz Isoldes zu provozieren usw. Wenn man sich die Szene in dieser Weise vorstellt und dann die Musik daraufhin absucht, wie sie sich dazu verhält, wird man sehr schnell finden, dass es genau das ist, was Wagner komponiert hat. Dass also Verzögerungen und Beschleunigungen, neue Motive oder Motiv-Wiederholungen., Sequenzen usw. nicht einfach innermusikalische Gründe haben, sondern eben diese Bewegung (der Gedanken UND des Körpers) beschreibt und formt. Und schon wird aus einem etwas länglichen Vortrag eine rührende Szene, in der wir eine junge Frau in fast kindlicher Begeisterung für die neuen Erkenntnisse und die neue Welt sehen, die sich da für sie erschließen, und wir sehen, mit welchem kindlichen Eifer und welcher Zärtlichkeit sie sich bemüht, dieses große Erlebnis ihrer Dienerin zu vermitteln. Und schon ist mehr als genug Material für eine interessante, spannungsvolle, rührende und – selbstverständlich – überraschende Szene vorhanden.


    Wenn man schon bevor man wirklich weiß, worum es sich handelt, weiß, dass das sehr statisch ist und sich nur im Inneren etwas abspielt., was man nicht sieht, wird man das nicht finden, weil man, wie jener Zen-Adept mit der überlaufenden Teetasse, schon zu voll ist, als dass man noch etwas einlassen könnte. Die erste Voraussetzung ist also – natürlich nicht nur in diesem Stück – sich leer zu machen, damit man aufnehmen kann. Das ist auch nicht leicht, aber einen anderen Weg gibt es nicht.

  • Hallo Wilfried,

    Zitat

    Hat uns nichts weitergebracht.

    Aus meiner bescheidenen Sichtweise lag es daran das Wort zu Wörtlich zu nehmen.

    vielleicht hast du es überlesen, aber genau das habe ich doch geschrieben.


    Der Trank als ein Synonym für etwas Geschehenes, was zwischen Wagner und Mathilde passiert ist.

  • Wozu braucht ein Komponist, Dichter oder Maler eine ästhetische Theorie? Die Antwort: Immer dann, wenn er nicht einfach Opern oder Romane schreiben oder Bilder malen will in einer Tradition, sondern mit seinen Werken eine ganz neue Art von Kunst schaffen will, braucht er dafür eine philosophisch-ästhetische Begründung. Wagner ist einer der Wegbereiter moderner Kunst, für die der revolutionäre Anspruch der Erneuerung aller bisherigen Kunst prägend ist. Wagner sprach vom "Kunstwerk der Zukunft". Die bisherige Kunst wird deshalb einer radikalen Kritik unterzogen und damit die Nowendigkeit eines Neuanfangs betont.


    Wagner war mit dem, was als "Oper" auf den Bühnen erscheint, nicht zufrieden und das in mehrfacher Hinsicht. Das ist seine Opernkritik. Er kritisiert die zusammengeschusterten Textbücher und wollte entsprechend diese auf das Niveau von Ernst zu nehmenden Dichtungen heben. Er kritisiert die fehlende Einheit von Text und Musik und er kritisiert den fehlenden dramatischen Zusammenhang. Das ist seine Kritik der "Nummernoper", die aus nur lose zusammenhängenden mehr oder weniger nur aufgereihten Einzelszenen besteht ohne Einbettung in einen übergeordneten dranatischen Zusammenhang. Und er kritisiert, dass anstelle eines wirklichen Sinnes zu produzieren vornehmlich Effekte gemacht werden, also man beim Publikum "Wirkungen" erzielen will, was dann auf Kosten der Erfassung des dramatischen Zusammenhangs geht.


    Wagner wollte also die Oper als Kunstform aufwerten, indem er sie den ästhetischen Prinzipien des Dramas unterstellt hat. Und da knüpft Wagner (in einer Auseinandersetzung mit dem Problem des modernem, historischen Dramas) an Aristoteles an. Die Form des Dramas ist von daher auch für Wagner ein "Mythos". Mit Mythos im dramentheoretischen Sinne sind nun nicht irgendwelche mythischen Geschichten gemeint, die erzählt werden müssten, sondern die Form und der Inhalt des Dramas als eine einheitliche und geschlossen-zusammenhängende Handlung, die stets einfach weil überschaubar sein muss, so dass man den Zusammengang immer als Ganzen erfassen kann. Deswegen kann das Drama auch kein Roman sein, weil die romanhafte Komplexität keine einfache und überschaubare Handlung ist.


    In diesem Zusammenhang ist es auch klar, dass Überraschungseffekte der Form und dem Sinn des Dramas im Prinzip zuwider sind und zuwider sein müssen. Die Überraschung hat erst einmal Ereignischarakter, welcher die dramatische Sukzession aufhebt und damit die Erfassung des dramatischen Zusammenhangs prinzipiell gefährdet. Zum anderen ist die Überraschung ästhetisch eine Wirkung und keine Darstellung einer Handlung. Das ist nun auch der Grund, warum in Theaterstücken Überraschungseffekte faktisch vorkommen können. Sie sind dann keine homogenen Dramen, sondern ästhetisch heterogen. Da ist dann die Frage, wie der Wirkungsaspekt mit dem Darstellungsaspekt so zusammenspielt und zusammenspielen kann, dass die Erfassung des dramatischen Zusammenhangs bestehen bleibt, also nicht einfach ein Loch in der dramatischen Sukzession entsteht, die Kette der Handlung also unterbrochen wird. Wird die Erfassung eines geschlossenen Handlungszusammenhangs durch solche novellistischen Elemente in Frage gestellt, dann ist das letzlich ein Fall für die ästhetische Kritik. Nur weil etwas faktisch so ist wie es ist, ist es damit nämlich nicht einfach auch schon sinnvoll.


    Bei Wagner ist es so, dass er sowohl was Sprache und Handlung als auch die Musik angeht die dramatische Kontinuität betont. In "Tristan und Isolde" ist bei der Schlüsselszene der Vertauschung des Tranks auch nirgendwo im Text vermerkt, dass der Zuschauer hier ein großes Überraschungserlebnis haben soll, noch nicht einmal für die Figuren ist das vermerkt. Die werden vom Schauder erfasst, was etwas anderes ist als eine bloße Überraschung. Daraus einen Überraschungsmoment zu machen ist also komplett eine Zutat der Inszenierung. Und die ist aus den dargelegten Gründen ästhetisch zutiefst fragwürdig.

  • Emil Ludwigs Bemerkung ist wohl eine Replik auf Friedrich Nietzsche ("Nietzsche kontra Wagner"), der sagte, Wagner ginge es immer nur um Wirkung nichts anderes als nur um die Wirkung. 😄

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  • Wozu braucht ein Komponist, Dichter oder Maler eine ästhetische Theorie? Die Antwort: Immer dann, wenn er nicht einfach Opern oder Romane schreiben oder Bilder malen will in einer Tradition, sondern mit seinen Werken eine ganz neue Art von Kunst schaffen will, braucht er dafür eine philosophisch-ästhetische Begründung

    Das glaube ich nicht. Du hast natürlich mit Wagner einen literarisch sehr bewanderten Menschen gewählt, der offensichtlich den Drang nach Begründung empfand. Aber bei den meisten Künstlern stimmt das doch einfach nicht. Wo findet sich die Begründung bei Mozart beim Dissonanzenquartett. Wo kann ich bei Beethoven seine ästhetische Theorie lesen? Nicht einmal bei Haydn, der nun sehr viel in der klassichen Musik an Formen geschaffen hat, weiß ich etwas davon.


    In meinen Augen ist die wesentliche Kraft des Künstlers seine kreative in seiner Kunst. Es hindert ihn sicher keiner daran, etwas ästhetisch begründen zu wollen. Aber ist das notwendig?


    Umgekehrt wird es aber dramatisch. Fehlen die kreativen Kräfte, nützt auch die ausgefeilteste Theorie nichts und am Ende wird es Beispielkunst für Theorie, die für Schulbuchillustrationen reicht.


    Selbstverständlich kann ich als Ästhetiker Interesse an Kunst und ihren "derzeitigen" Regeln entwickeln, das ist vielleicht auch eine der Aufgaben, aber dann bin ich eben Philosoph und kein Künstler. Und wie auch schon tausendmal in diversen Threads gesagt wurde, kann der Philosoph dem Künstler seine Kunst nicht vorschreiben.

  • Ich musste jetzt wieder zwei Beiträge entfernen.


    Meine Herren, ich bin es ein wenig leid. Ich hasse es, in den Dialog einzugreifen, ganz egal, wie ich die Qualität von Argumenten beurteile. Aber diese dauernden Schienbeintritte nerven und bringen absolut gar nichts, weder in einer bilateralen Auseinandersetzung, noch für dritte.


    Ich schlage den Herren vor, sich einen Sandsack ins Zimmer zu hängen und jedesmal, wenn einen die Lust überfällt, es dem anderen mal richtig zu zeigen, den Sandsack zu maltraitieren, wie es bei kultivierten Gesprächen üblich ist.


    astewes als mod

  • Was ist gegen die Feststellung zu sagen, dass es Quatsch ist, Überraschubgseffekte seien dem Drama zuwider, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest? Die Behauptung ist Quatsch, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest. Das ist doch wohl unbestreitbar.

  • Was ist gegen die Feststellung zu sagen, dass es Quatsch ist, Überraschubgseffekte seien dem Drama zuwider, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest?

    Dagegen ist absolut nichts zu sagen.


    Aber gegen die unselige angehängte Verknüpfung mit dem Ansprechpartner mit der gleichzeitigen Abwertung des Titels. Ich war ehrlich gesagt zu faul, das auseinanderzudröseln. Zumal ich davon ausgehe, dass Du das genau weißt und wenn Du willst auch vermeiden kannst.

  • Guten Morgen,

    Ein sehr interessanter Beitrag. Ich habe ja noch nicht soviel von Wagner gelesen. Wenn ich Wagners Kritik an Andern abziehe, dann bleiben viele Ideen aber auch Wunschdenken, was es in kein Werk geschafft hat. Was es in seine Werke geschafft, schaue ich mir nach und nach an
    Seit ich mich auf seine Werke vorbereite, kann ich sagen „ganz toll, ein Erlebnis“ Jetzt haben andere „Mütter auch hübsche Töchter „ und wenn ich denen die gleich „Liebe in der Vorbereitung schenke, dann finde ich sie auch toll.

    Mit freundlichen Grüßen

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  • Was ist gegen die Feststellung zu sagen, dass es Quatsch ist, Überraschubgseffekte seien dem Drama zuwider, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest?

    Ich begreife ja langsam auch ein paar Eigenheiten des Dramas. Aber obwohl ich viele Dramen früher gelesen habe - anderes war mir zu der Zeit nicht möglich, außer im Fernsehen lief etwas - ist das Erleben des Dramas immer noch etwas anderes. Ich bin damals bei Leonce und Lena halb von meinem Sitzplatz gefallen - nur virtuell natürlich - als beim (vor dem) Lever von König Peter Philosophie und Kleidung zusammengebracht wurden, mit besonderer Betonung des freien Willens. Das war eine wirklich lustige Überraschung.


    Ich bin allerdings auch sehr gespannt auf die dramatische Entwicklung im zweiten Akt des Tristan. Dein Vorschlag das Werk zu lesen ist sicher gut. Ich stelle aber für mich fest, dass es mir deutlich einfacher fällt, wenn ich ein paar Ideen habe. Die Sprache Wagners strengt mich wirklich an.

  • Hallo und guten Tag,

    Vielen Dank.

    Dein Beitrag hat mich beim Verstehen dieser Oper, wieder ein Stück weiter gebracht.

    Mit freundlichen Grüßen

  • Aus diesem Beitrag lese ich eine deutliche Ästhetik- und Theoriefeindlichkeit heraus. Es ist aber nicht meine These sondern die allgemeine Meinung im Fach, dass in der modernen Kunst das konkrete Kunstschaffen und die ästhetische Reflexion über Kunst untrennbar zusammengehören. Den Grund dafür habe ich doch genannt. Der moderne Künstler schafft nicht nur ein Kunstwerk, sondern will damit zugleich die Kunst revolutionieren. Dann reflektiert er notwendig darüber, was Kunst und Kunstschaffen überhaupt bedeutet. Da kann man eine unendliche Reihe von Namen anführen. Ein berühmtes Beispiel ist Arnold Schönberg. Er beginnt seinen Aufsatz "Komposition mit zwölf Tönen" nicht etwa mit kompositionstechnischen Dingen, sondern einer theologisch-metaphysischen Überlegung über die Schöpfung aus dem Nichts und was dieses Modell für das Kunstschaffen bedeutet. Natürlich gibt es auch Künstler, die über Kunst nicht gerne reden wollten. Dazu gehört etwa Chopin. Ganz anders Franz Liszt und Richard Wagner, die miteinander unendliche philosophische Gespräche über die Kunst führten. Dass Liszt und Wagner nun weniger kreativ gewesen sein sollen als Chopin, weil sie theoretisiert haben, ist nun evident einfach unrichtig. Franz Liszt wollte, dass die Musik poetische Kunstwerke schafft, die denen von Dante und Homer im Rang vergleichbar sein sollten. Dafür konzipierte er seine Theorie der Programmmusik und schuf damit gleich eine neue Gattung der Musik, die Symphonische Dichtung. Die Praxis wurde hier aus der ästhetischen Theorie geboren. 😉

  • Was ist gegen die Feststellung zu sagen, dass es Quatsch ist, Überraschubgseffekte seien dem Drama zuwider, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest? Die Behauptung ist Quatsch, wie jeder sehen kann, der mal ein Drama liest. Das ist doch wohl unbestreitbar.

    Die Behauptung "Quatsch" ist erst einmal respektlos und beleidigend und sie ist vollkommen unsachlich und unsinnig. Dann muss man sich auch die Replik gefallen lassen, mit den ABC der Dramentheorie nicht vertraut zu sein bzw. nicht in der Lage zu sein, einen ästhetisch-theoretischen Gedankengang nachzuvollziehen. Man sollte zudem schlicht in der Lage sein, die Literaturgattungen auseinanderzuhalten und nicht ein Drama mit einer Novelle verwechseln.

  • Bring doch mal ein Beispiel (eins genügt erst mal) für ein Drama, das auf Überraschungen verzichtet. Und vielleicht kannst Du dann gleich noch fahren, was die anderen Sachen sind, die unter den Namen Drama bekannt sind und diesen nun nicht mehr tragen dürfen, weil sie Deiner Definition widersprechen. Mozarts Opern zum Beispiel alles von Shakespeare, smog he Tragödien (von den Komödien ganz zu schweigen) der alten Griechen usw. USD. Was für Gebilde sind das denn?

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  • Aber gegen die unselige angehängte Verknüpfung mit dem Ansprechpartner mit der gleichzeitigen Abwertung des Titels.

    Von einer Abwertung des Titels kann keine Rede sein. Der Herr Doktor veröffentlicht seinen Titel hier mit jedem Beitrag. Also kann man ihn auch verwenden.

    Im übrigen wunderte ich noch, dass Dich die offensichtliche Frechheit, hier groben Unsinn abzusondern und damit zu bekunden, dass man alle Mitlesnden für so dumm hält, dass sie das nicht durchschauen, offensichtlich nicht stört. Ich finde das beleidigend.

  • Im übrigen wunderte ich noch, dass Dich die offensichtliche Frechheit, hier groben Unsinn abzusondern und damit zu bekunden, dass man alle Mitlesnden für so dumm hält, dass sie das nicht durchschauen, offensichtlich nicht stört. Ich finde das beleidigend.

    Jeder darf hier äußern, was er denkt, solange er keinen direkt angreift.


    Ich wünsche mir für eine kommunikative Auseinandersetzung vieles, was nicht stattfindet und werde damit leben müssen.


    Es gibt einen Spruch des alten Adenauer, der am Flughafen Köln-Bonn mal häufiger zu lesen war: "Man muss die Menschen nehmen wie sie sind. Andere gibt es nicht"

  • Der moderne Künstler schafft nicht nur ein Kunstwerk, sondern will damit zugleich die Kunst revolutionieren.

    Warum sollte er das primär wollen?


    Mein Eindruck ist doch eher, dass der Künstler in dem Bereich, in dem er tätig ist, etwas ausdrücken möchte, etwas "sagen" möchte, das er nur in dieser Form machen kann. Der primäre Wille des Künstlers scheint mir in dieser Aussage zu liegen. Hier ist auch die kreative Kraft zu finden. Selbstverständlich trägt ihn auch die Kraft, dass man die Aussage nicht an jeder Ecke finden kann ;).


    Daraus folgt aber nicht der Wille zu revolutionieren. Dass am Ende so etwas herauskommen kann, ist natürlich nicht ausgeschlossen, und dass manche Künstler so denken, selbstverständlich auch nicht. Nur scheint es mir so zu sein, dass, wenn der Wille zu revolutionieren die künstlerische Aussage überdeckt, die Wahrscheinlichkeit ästhetischer Schwächen ansteigt.


    Dass Liszt und Wagner nun weniger kreativ gewesen sein sollen als Chopin, weil sie theoretisiert haben, ist nun evident einfach unrichtig.

    Und niemand hat das hier gesagt. Mir kommt es wie ein Scheingefecht vor. Ich habe nur gesagt, dass Kreativität und Kunst passieren können ohne theoretische Fundierung, während das Gegenteil, Theorie ohne Kreativität, keine Kunst hervorbringt. Dass es auch Künstler gab, die sich auf beiden Seiten wohl fühlten, habe ich nie bezweifelt.

  • In diesem Zusammenhang ist es auch klar, dass Überraschungseffekte der Form und dem Sinn des Dramas im Prinzip zuwider sind und zuwider sein müssen.


    Lieber Holger, ich muss hier nur kurz von der Seitenlinie einwerfen, dass es völlig außer Frage steht, dass das von Shakespeare mitbegründete moderne Drama natürlich von seinen Wendungen lebt. Ob die überraschend sind, mag auch immer vom Erfahrungshorizont des Zuschauers abhängen, aber es wäre wirklich arg verbohrt, so etwas abzustreiten. Diese Wendungen sind immer aus den Figuren entwickelt, wobei der Zuschauer die Motivation zuweilen erst nachgeliefert bekommt, so entsteht ein Überraschungsmoment. Wallenstein ist voll davon!
    Und in unserem Fall sprichst Du inzwischen ja selber von Brangänes "Schauder" (der im Libretto steht), also passiert hier etwas Unerwartetes, Überraschendes. Wie der Regisseur das dann inszeniert, ob er einen Effekt daraus macht, ist natürlich eine völlig andere Frage. Aber dass sich die Handlung an dieser Stelle (mehr oder minder überraschend) wendet, sollte anerkannt werden. Zu Beginn der Diskussion gingen hier ja noch alle (auch Du) davon aus, dass die beiden schon tief verliebt sind und manche (wie ich) haben sich gefragt, wofür der Trank überhaupt sein soll. Du könntest vielleicht doch auch einmal anerkennen, dass dem nun eine viel differenzierte Sichtweise gewichen ist. Diese Wortklauberei und Besserwisserei hier ist zuweilen schon sehr albern.


    Viele Grüße, Christian

  • Das ist sicher richtig und einer der Strohmänner, die der Doktor am Fließband produziert. Richtig ist allerdings auch, dass man, wenn man ein we Künstler beurteilen will, seine Kunst beurteilen muss. Seine Theorien können dafür möglicherweise interessant sein, müssen es aber nicht. Und wenn ein Künstler theoretisch offensichtlichen Unsinn äußert, wie zum Beispiel Wagner über die Unbrauchbarkeit des Endreims oder die wesenhafte Kunstunfähigkeit der Juden und was er sonst noch für Quatsch abgesondert hat, besagt das nichts über seine Qualität als Künstler. Weder werden seine Werke dadurch besser noch schlechter. Der Quatsch bleibt aber Quatsch, auch wenn er von einem großen Künstler geäußert wird. Interessant ist er höchstens unter dem Aspekt, dass der Künstler solche absurden Theorien anscheinend brauchte, um seine Kunstwerke zu schaffen. Das kann helfen, die Kunstwerke besser zu verstehen. Aber als allgemeingültige Theorie ist selbstverständlich der überwiegend Teil von Wagners ästhetischen und politischen Schriften unbrauchbar.

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