Beethoven : Missa solemnis

  • Wie hast du das geschafft!?

    Kopfkratz

    8|

    Lieber moderato, das ist eigentlich gaaaaanz einfach! Allerdings habe ich keinen Computer oder Laptop, sondern ein Tablet und deshalb ist das erklären vielleicht anders bei den unterschiedlichen Geräten!

    Wenn man das jemand am Telefon erklären kann wäre das wahrscheinlich einfacher! 8)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Dann bleibe ich im Tal der Ahnungslosen...


    :pfeif:

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Hallo!


    Ich habe mich in den letzten Wochen durch mehrere Aufnahmen gehört, die bereits vorgestellt wurden:


    Karajan / Herreweghe / Harnoncourt.


    Jetzt glaube ich, meine Einspielung gefunden zu haben:


    91tVMv7Ky9L._SS500_.jpg


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Herbert von Karajan hat nicht weniger als vier Aufnahmen der MISSA SOLEMNIS im Studio aufgezeichnet, dazu kommen noch einige Live-Mitschnitte. Das Werk spielte in seinem Musikleben eine herausragende Rolle:

    1974: 1985:


    Während mich seine beiden späten Aufnahmen (EMI, 1974 und DGG, 1985) nicht überzeugen konnten, ist die berühmte und auch wohl seine bekannteste von 1966 wirklich ein Meilenstein, nicht zuletzt wegen des großartigen Solistenquartetts mit Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich und Walter Berry, das seinesgleichen sucht.


    Leider hat seine erste Studio-Einspielung nie die Beachtung gefunden, die sie eigentlich verdient hätte. So sah die erste deutsche Ausgabe auf LP aus:

    Bildergebnis für karajan beethoven missa solemnis

    Elisabeth Schwarzkopf (Sopran), Christa Ludwig (Mezzosopran), Nicolai Gedda (Tenor), Nicola Zaccaria (Baß);

    Chor der Gesellschaft der Musikfreunde Wien & das Philharmonia Orchestra London (Aufnahme: 9/1958).


    Das berühmte Londoner Orchester war eigens mit Karajan nach Wien gereist, um die Aufnahme im dortigen Großen Musikvereinssaal zu realisieren. Leider kamen die EMI-Techniker mit der Akustik nicht so recht zu Rande, so daß die Aufnahme zunächst nur in der Monofassung auf den Markt kam. Erst zwei Jahre später, Ende 1960, wurde die Stereoversion veröffentlicht. Klanglich ist sie auch nach mehrfacher Überarbeitung nicht optimal gelungen, aber als eine Aufnahme der frühen Stereo-Periode konnte man zufrieden sein. Künstlerisch ist sie allererste Sahne, nicht nur das erlesene Solistenquartett klingt wunderbar homogen, auch der Chor der Wiener Musikfreunde leistet hier gute Arbeit, und das von Walter Legge gegründete Philharmonia Orchestra galt damals als eines der besten in Europa.

    Von den kleinen klanglichen Mängeln abgesehen, wurde die Aufnahme sehr gelobt. Man lobte die "geistige Durchdringung der Partitur" und nicht zuletzt Karajans Arbeit als Orchesterleiter, dem man "klangliche Phantasie, glühendes Temperament, lebendige Kontraste sowohl in den Tempi wie in der dynamischen Gestaltung, alles veredelt durch eine in ihrer Virtuosität einzig dastehenden Dirigierkunst" bescheinigte. Die Aufnahme erhielt nach Erscheinen der Stereofassung den damals renommierten "Preis der Deutschen Schallplattenkritik", wie stolz auf dem Cover vermerkt wurde.

    Trotzdem ist sie bald durch die neuen Aufnahmen von Klemperer (EMI) und Karajans Neuproduktion von 1966 (DGG) bald ins Hintertreffen geraten. Vor allem nachdem die Deutsche Grammophon Karajans zweite, auch klanglich glänzende Interpretation veröffentlicht hatte, wurde es bald recht still um diese. Ich persönlich verbinde mit der Aufnahme nicht nur nostalgische Gefühle (es war meine erste von Beethovens Missa), sondern auch künstlerisch scheint mir diese Version Karajans frischeste, durchdachteste zu sein. Als sie vor Jahren endlich von TESTAMENT als Lizenzausgabe auf CD herausgegeben wurde, habe ich sie mir neu angeschafft:


    Das 2 CD-Album enthält noch umfangreiche, höchst interessante Probenausschnitte aus Wien, wie Karajan mit dem Orchester in Englisch und dem Chor auf Deutsch kommuniziert. Zudem ist noch eine schöne Aufnahme von Mozarts "Prager" Sinfonie dabei, die ebenfalls damals in Wien aufgezeichnet wurde.

    Es war mir ein Vergnügen, hier den rechten Platz gefunden zu haben, um diese großartige Produktion angemessen zu würdigen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Selbst das Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 hat nicht dazu geführt, den Thread über des Komponisten (für viele Musikfreunde) größtes und wichtigstes Werk wieder zu beleben. Und der letzte Beitrag hier liegt fast ein Jahr zurück, und stammt, wie ich gerade sehe, auch noch von mir!


    Zwecks meines heutigen Beitrags ist der Hinweis, daß die inzwischen legendäre Karajan-Aufnahme von 1966 (DGG) inzwischen neu überspielt auf jeweils einer CD (86 Min. Spielzeit) bzw. einer Blu-ray Audio (in einem Album!) veröffentlicht wurde:

    und zwar in diesem Album mit dem Original-Cover der ersten LP-Ausgabe.

    Mit Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich und Walter Berry verfügte Karajan über das imo definitiv beste Solistenquartett und auch "der Maestro" selbst lieferte eine sehr gute Leistung ab

    Bis heute ist sie nicht getoppt worden. Ich habe mir die Aufnahme in dieser neuen Ausgabe zugelegt - und bin begeistert. Eine Blu-ray kann ich nicht abspielen, aber auch die neu remasterte CD klingt ganz fantastisch! Die Neu-Überspielung hat sich gelohnt. Der Preis scheint mir recht moderat zu sein.

    Das Booklet enthält unverändert die Ausführungen von William Drabkin (englisch) und Klaus Wagner (deutsch). Außerdem den Inhalt eines Telefongesprächs mit Gundula Janowitz vom 6.8.2019, in dem die Sängerin einige Reminiszenzen von den Aufnahmesitzungen im Februar 1966 in der Berliner Jesus-Christus-Kirche mitteilt. Euphorisch erzählt sie von den "Aufnahmezeiten von 10 bis 14 Tagen, von denen man heute nur noch träumen kann" und erinnert sich weiter "Karajan war ein begnadeter Sängerbegleiter .... und hatte Vertrauen in uns. Er dirigierte diese großen Werke ja ohne Stab und er hat nur mit seinem Schlag, mit ganz kleinen Bewegungen und seiner Aura somnambulisch aus uns herausgelockt, was er hören wollte."

    Schließlich berichtet die Sängern von einer kürzlich stattgefundenen Geburtstagsfeier (es liegt nahe, daß es wohl ihre eigene zum 82. Geburtstag am 2.8.2019 war) auf Schloß Ebenthal in N.Ö. "Das Barockschloß hat eine eigene Schloßkapelle, und ich habe zu den anderen gesagt: 'Wäre es nicht schön, genau hier die MISSA SOLEMNIS zu hören?' Erst habe sie mich verdutzt angeschaut, aber dann haben wir eine Anlage in die Kapelle gebracht und gemeinsam .... die ganze MISSA in der Karajan-Aufnahme gehört. (...) Am Ende haben alle geweint. Es ist wirklich eine Jahrhundertaufnahme, da öffnet sich der Himmel."

    Was nun die von Dir genannte Karajan-Aufnahme angeht, so ist sie natürlich von der Sänger-Schar her exquisit. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich Wunderlich das "Homo factum est" singen hörte - Gänsehaut pur!

    Das kann ich voll nachvollziehen, doch die nachfolgenden Sätze befremden mich sehr:

    andererseits die Stabführung HvK. Seine Auffassung wirkt mir etwas zu "katholisch", als hätte er den Sinn dieses Werkes nicht voll erfasst. Es klingt mir alles etwas zu glatt, zu sehr nach einer Zelebrierung und Erhöhung göttlicher Macht. Beethoven war halt ein katholischer Rheinländer und dazu sehr politisch, und wer im Rheinland aufgewachsen ist, wie ich, der weiß, was das für eine explosive Mischung sein kann

    Was kann bei der Aufführung einer Messe "etwas zu katholisch" sein? Eine Messe ist ja nun, ob man gläubig ist oder nicht, die höchste Form des katholischen Gottesdienstes, der ja, zumindest bis zu den verstörenden Reformen des 2. Vaticanums, durchaus eine "Zelebrierung und Erhöhung der göttlichen Macht" darstellen sollte. Da war zu Beethovens Zeit noch völlig unanfechtbar! Und was der Autor mit der "explosiven Mischung" meint, ist für mich nun wirklich nicht nachvollziehbar. Die rheinischen Katholiken haben vielmehr in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts die explosive Mischung preußisch-protestantischer Provenienz hautnah kennengelernt. Das ist längst vergeben, aber nicht vergessen! Zum Glück gehört das alles heute der Vergangenheit an.


    Ein namentlich mir nicht bekannter Autor hat einmal in ein paar Sätzen den Unterschied zwischen Bachs Kirchenmusik, die ja der evangelischen Tradition angehört, und Beethovens gewaltiger MISSA in Worte zu fassen versucht: "Wenn man sich, von Bachs Passionen kommend, ihr zuwendet, so ist es, als verließe man die Intimität persönlicher Anbetung, um eine Sphäre des Göttlichen zu betreten, in der der einzelne Mensch mit seiner Individualität in ein Nichts versinkt. Der lateinische Text, die objektiv-emotionslosen Soli lassen das irdisch-menschliche Element verschwinden hinter der stupenden Gewalt von Chören, die mit ihrer Unergründlichkeit unmittelbar in eine jenseitige Welt hineinzutragen scheinen und das Höchste bezeichnen, was ein menschliches Genie überhaupt ersann."


    Ich hatte das Glück, in meiner Jugend noch die ganze Prachtentfaltung katholischer Gottesdienste zu erleben, von denen die heutige katholische Christenheit, von nicht nennenswerten Ausnahmen abgesehen, kaum noch eine Vorstellung hat. Ganz gleich, wie man dazu steht, es waren Momente, die eine Ahnung vom "himmlischen Jerusalem" aufscheinen ließen.


    LG Nemorino


    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

    2 Mal editiert, zuletzt von nemorino ()

  • Zitat von Nemorino

    Zwecks meines heutigen Beitrags ist der Hinweis, daß die inzwischen legendäre Karajan-Aufnahme von 1966 (DGG) inzwischen neu überspielt auf jeweils einer CD (86 Min. Spielzeit) bzw. einer Blu-ray Audio (in einem Album!) veröffentlicht wurde:

    Lieber Nemorino,


    schönen Dank für den wertvollen Hinweis. Schon die alte Aufnahme hat mich stets begeistert, nicht zuletzt natürlich wegen Fritz Wunderlich und Gundula Janowitz sowie dem damals überragenden Wiener Singverein und Karajans singulärem Dirigat. Ich habe mir vorhin nennenswerte Teile der Missa auf Youtube angehört und freue mich schon., wenn ich sie in den nächstn Tagen auf meinem Blu Ray-Player über meinen AV-Receiver-Boliden von Pioneer mit meinem KH Sennheiser HD 650 hören kann. Ich werde dann meine Eindrücke hier schildern.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hier kann man übrigens die ganze Missa hören!


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • schönen Dank für den wertvollen Hinweis.

    Gerne geschehen, lieber Willi!


    Es freut mich, daß ich mit der Vorliebe für diese Aufnahme nicht allein bin. Das Solistenquartett ist in der Tat zum Niederknien.:hail::hail::hail:

    freue mich schon., wenn ich sie in den nächstn Tagen auf meinem Blu Ray-Player über meinen AV-Receiver-Boliden von Pioneer mit meinem KH Sennheiser HD 650 hören kann. Ich werde dann meine Eindrücke hier schildern.

    Darauf bin ich sehr gespannt. Leider kann ich mit einer solch tollen Anlage nicht mithalten und muß mich mit meinem CD-Spieler zufrieden geben. Aber in meinem Alter läßt das Gehör doch merklich nach, so daß sich eine Neuanschaffung für mich wohl kaum lohnen würde. Ich habe aber doch den Eindruck, daß die Neuüberspielung gegenüber der ursprünglichen, die in meinem Besitz ist, klanglich nennenswerte Vorteile bietet. So sah meine alte Ausgabe aus:


    Beethoven Missa Solemnis Mozart Coronation Mass Berliner Philharmoniker  Herbert von Karajan | Beethoven, Herbert von karajan, Mozart

    Die wartete noch mit Mozarts "Krönungsmesse" auf, die Karajan 1975 aufzeichnen ließ.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat von Nemorino

    Aber in meinem Alter läßt das Gehör doch merklich nach, so daß sich eine Neuanschaffung für mich wohl kaum lohnen würde.


    Lieber Nemorino,


    Ich glaube, umgekehrt wird ein Schuh draus. Wie du schon sagtest, hat sich der Klang (und damit die Transparenz) durch die neue Auffnahmetechnik merklich erhöht, und die Blu-Ray-Technik setzt noch Eins drauf. Da kannst du mit deinen "alten" Ohren noch mehr Einzelheiten hören.

    Übrigens: bin ich nicht noch älter als du? Wenn ich gut über den Winter und Corona komme, werde ich im Mai des nächsten Jahres drei Viertel des Jahrhunderts voll machen. Und denke doch mal an einen guten Konzertsaal, in dem ein gutes Orchester Musik macht und ein Pianissimo spielt, vor allem in den Streichern. Hörst du dann nicht auch die Struktur dieser Stelle glasklar?

    Es läuft doch alles auf Eines hinaus, wie Mozart sagte: Es gibt keine gute oder schlechte Musik, es gibt nur gute oder schlechte Musiker (und gute oder schlechte Wiedergabegeräte, d. A.).


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • bin ich nicht noch älter als du?

    Nein, lieber Willi, gegen mich bist Du fast noch ein "junger Spund":), ich bin 78, und drei Jahre machen in dieser Altersklasse schon etwas aus. Hauptsache, wir bleiben gesund! Wegen Corona mache ich mir eigentlich bisher keine Sorgen, habe nach wie vor fast täglich Verbindung mit meinen Kindern und Enkeln, und auch die Beziehungen zu meinem Freundeskreis sind unverändert.


    Im übrigen ist es natürlich richtig, daß die neuen Techniken immer mehr aus älteren Aufnahmen "herauskitzeln" können. Die Lautstärke ist da nicht entscheidend, sondern die Feinheiten, die zutage gefördert werden, welche man früher gar nicht hören konnte.


    Liebe Grüße,

    Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Zitat von nemorino

    Im übrigen ist es natürlich richtig, daß die neuen Techniken immer mehr aus älteren Aufnahmen "herauskitzeln" können. Die Lautstärke ist da nicht entscheidend, sondern die Feinheiten, die zutage gefördert werden, welche man früher gar nicht hören konnte.

    Das habe ich nun nach der heutigen Hörsitzung mit der heute am frühen Nachmittag eingetroffenen CD/BDA deutlich erleben können. Am Nachmittag habe ich zuerst das Kyrie gehört, dann meine Anti-Corona-Geh-Kilometer zurückgelegt und heute Abend die anderen Messteile.

    Klang schon das Kyrie im Vergleich zur knapp 55 Jahre alten Aufnahme aus Berlin sensationell und offenbarte viel mehr an Struktur zutage, zumal Karajan ja in den frühen 60er Jahren ja noch einen Gesamtklang bevorzugte, in den auch die menschliche Stimme integriert wurde, wurde hier zum ersten Mal deutlich hörbar, sowohl in den Ensemblesequenzen als auch in den Tutti, wie die Melodien der einzelnen Solostimmen verliefen, ja sogar die Ortung der Stimmen im Aufnahmeraum wurde deutlich. Das gleiche galt auch für die einzelnen Instrumentengruppen, die nach der amerkianischen Orchesteraufstellung angeordnet waren und natürlich ebenfalls für die Stimmenaufstellung des Wiener Singvereins, die von links nach rechts in der Reihenfolge Sopran-Alt-Tenor-Bass standen.

    Hörbar wurde auch vom ersten Einsatz an, auf welch hohem Niveau der Wiener Singverein in jenen Jahren unter Karajan war, das er m. E. in den folgenden Jahren nie wieder erreicht hat.

    Auf absolutem Weltklasseniveau war das Solistenqurtett, das etwa in einer Altersklasse war. So war zum Zeitpunkt der Aufnahme Gundula Janowitz 28 Jahre alt, Fritz Wunderlich 35, Walter Berry 36 und Christa Ludwig 37.

    Am Anfang der Abendsitzung wurde mir sogleich erinnerlich, warum das Gloria seit über 50 Jahren mein Lieblingssatz in der Missa Solemnis ist.

    Dieser mitreißende Schwung des Gloria zu Beginn, das wunderbar kontrastierende "Qui tollis peccata mundi", dann das kurze, fast überleitende "Quoniam tu solus Sanctus", das zur gigantischen sich in einen hymnischen Rausch steigernden Schlussfuge "In gloria Dei Patris.Amen" führt und dann in einem genialen Einfall Beethovens das Anfangs-Gloria in einem alle Dämme brechenden Presto wiederholt und so den Kreis schließt, die Schlusssteigerung im Dreivierteltakt.

    Dann das Credo, noch umfassender, nicht nur bie Beethoven (ein) dramatischer Höhepunkt der Messe, wie ich aus eigener Erfahrung von der Mitwirkung bei der Aufführung zahlreicher Messen Mozarts, Haydns, Bruckners, Dvoraks u. a. weiß.

    Schließlich das kurze, aber kontrastreiche Sanctus, ein überleitendes berührendes orchestrales Vorspiel zum beseligenden Benedictus und

    am Ende ein Agnus Dei,fast so lang wie Gloria und Credo, jedoch von anderem Zuschnitt. Was dort an Drama zutage tritt, hat kriegerische Anklänge. "Die Sünden der Welt", von denen die deutsche Übersetzung des Agnus Dei berichtet, und die Bitte um Erbarmen, das hatte Beethoven ja nur wenige Jahre zuvor in Österreich selbst erlebt in der Person Napoleons und seiner Truppen.

    Karajan, die Berliner Philharmoniker, der Wiener Singverein, Gundula Janowitz, Christa Ludwig und Walter Berry spannten einen wunderbaren Bogen vom ersten Ton des Kyrie bis zum Letzten Ton des Agnus Dei. Wie sagte doch Janowitz in einem Telefonat am. August 2019 u. a.:


    Zitat von Gundula Janowitz:


    Vor nicht allzu langer Zeit war ich bei Freunden auf einem Barockschloss in Niederösterreich eingeladen, Schloss Ebenthal. Wir hatten dort einen Geburtstag gefeiert. Das Schloss besitzt eine eigene Schlosskapelle, und dort habe ich zu den anderen gesagt: "Wäre es nicht schön, genau hier die Missa solemnis zu hören?" Erst haben sie mich verdutzt angeschaut, aber dann haben wir eine Anlage in die Kapelle gebracht und schließlich gemeinsam, aber jeder für sich auf einer Bank, die ganze Missa in der Karajan-Aufnahme angehört.
    Da ich ja sonst bei der Missa meistens singen musste, war das wohl eines der wenigen Male, wo ich die Missa komplett gehört habe. Am Ende haben alle geweint. Es ist wirklich eine Jahrhundertaufnahme, und der Himmel tut sich auf.

    Vgl. Booklrt S. 6


    Dem ist nichts hinzu zu fügen.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das ist ja mal wieder verführerisch,


    ich habe einen Bluray Spieler, aber ob der BR Audio kann ? Wie ist denn die CD klanglich ?


    Kalli

  • Zitat von kalli

    Das ist ja mal wieder verführerisch,


    ich habe einen Bluray Spieler, aber ob der BR Audio kann ? Wie ist denn die CD klanglich ?

    Er kann, lieber Kalli, wie jeder Blu Ray-Player. Es kann nur nicht jeder auch Blu Ray-Videos abspielen.

    Die remasterte CD klingt, wie nemorino in Beitrag Nr. 95 erklärte, "ganz fantastisch", und die BR Audio setzt noch einmal etwas drauf, wie ich finde.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Danke Willi,


    ich habe mal meinen älteren BR Player herausgesucht, der hat einen analogen Ausgang, der neuere nicht......den könnte ich also an die Anlage anschließen. Werde mir aber zuerst meine alte CD anhören um zu sehen/hören ob ich die Neuausgabe wirklich brauche. Mein Favorit war nämlich nicht Karajan oder Klemperer sondern Gardiner......


    Gruss


    Kalli

  • Mein Favorit war nämlich nicht Karajan oder Klemperer sondern Gardiner......

    Wahrscheinlich meinst du die ältere Aufnahme mit dem famosen Monteverdi Choir von 1989. Gardniner hat das Werk mit dem gleichen Chor noch einmal 2012 eingespielt und sie gefällt mir viel besser:

    Das ist eine Live-Aufnahme mit der damit verbundenen Spontaneität. Gardiner ist dabei großzügig, bei ihm darf der Chor mal etwas uneinheitlich, ein Solist mal etwas rauh klingen, wenn es dem Ausdruck dient.So wackelt es etwas am

    Anfang des "Kyrie" und auch der furiose "Gloria"-Beginn klappert kurzzeitig - dafür prescht das "Gloria" mit haltloser Begeisterung und Leidenschaft los. Da geht wirklich die Post ab. Das ist alles sehr emotional und mitreißend. Dann das "Sanctus", hier hört man die Menschen warmherzig und gleichzeitig ehrfürchtig und scheu ihrem Gott gegenübertreten- und wie rückhaltlos brechen sie dann bei "Pleni sunt coeli" in Jubel aus. Solisten und Instrumentalisten geben in dieser Aufnahme wirklich alles. Das geht unter die Haut.

    Mir gefällt auch diese Aufnahme mit Marek Janowski:

    Sie ist gut 3 Minuten länger, bei der Gesamtdauer des Werkes fällt das wenig ins Gewicht. Gefühlsmäßig geht es etwas gesetzter zu, der MDR Rundfunkchor und auch das Solistenquartett machen einen großartigen Job. Und Janowski spannt den großen Bogen mit deutlichen Akzenten und transparenten Strukturen.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Oha,


    danke für den Hinweis , ich habe ja beide Gardiner Aufnahmen, wusste es nicht mehr aber der "große Fluss" wusste es noch.....die werde ich mir morgen zu Gemüte führen.


    Kalli

  • Lieber Willi,


    ich bin sehr froh, daß Du ein so tolles Hörerlebnis mit dieser nun doch schon historischen Aufnahme hattest. Vor allem, daß die Blu-ray Deine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar noch übertroffen hat. Ganz herzlichen Dank für den ausführlichen und detaillierten Bericht, den ich mit großen Interesse gelesen habe.


    Mein Sohn besitzt einen Blu-Ray-Spieler, vielleicht kann ich bald mal bei ihm zumindest reinhören, doch ich bin eigentlich schon mit der wunderbaren Klangqualität der CD recht zufrieden.

    Hörbar wurde auch vom ersten Einsatz an, auf welch hohem Niveau der Wiener Singverein in jenen Jahren unter Karajan war

    Dem kann ich nur beipflichten. Über den heutigen Wiener Singverein kann ich kein Urteil fällen, aber mir schien es in der Vergangenheit oft so, daß gewisse Kritiker dieses Ensemble immer gerne schlecht redeten, weil sie wohl damit Karajan eins auswischen wollten, der ja zeitlebens diesem Chor die Treue gehalten hat. Jedenfalls singt er hier, wie auch in anderen Aufnahmen aus diesen Jahren, IMO fantastisch, und er ist in allen Lagen erstklassig besetzt. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die 1958 entstandene frühere Karajan-Aufnahme, mit der ich die MISSA erstmals kennengelernt habe. Auch da wirkt der Singverein mit und ist hervorragend in Form:

    Auch sie ist schon in STEREO produziert, hat ebenfalls eine herausragendes Solistenquartett (Christa Ludwig, damals gerade 30, wirkte auch hier schon - wie in der späteren Aufnahme von 1966 - als Altistin mit), ist aber klanglich der Berliner Aufnahme unterlegen. Diese Aufnahme ist mir gleichfalls sehr ans Herz gewachsen.

    Auf absolutem Weltklasseniveau war das Solistenqurtett

    Ich bin mir ziemlich sicher, daß die Kombination Janowitz-Ludwig-Wunderlich-Berry nie mehr erreicht, geschweige denn überboten wurde. Das ist ganz einfach "allererste Sahne"!:jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    Wie hieß es in einem alten Schlager: Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder!


    Schönen Abend und LG,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ihr macht mich ganz kirre :baeh01:,


    habe mir die BR auch bestellen "müssen"......falls jemand die ältere Aufnahme braucht......


    Kalli

  • @ kalli, @ nemorino,


    vielen Dank für eure Beiträge. Ich hatte die Aufnahme mit dem Philharmonia Orchestra von 1958 noch gar nicht auf dem Schirm. Auch damals hatte Karajan ja mit Elisabeth Schwarzkopf, Christa Ludwig, Nicolai Gedda und Nicola Zaccaria ein erlesenes Solistenquartett zur Verfügung, vom Chor und Orchester ganz zu schweigen, wie man hier in voller Länge hören kann:

    Doch auch der oben erwähnte John Eliot Gardiner mit ausgezeichneten Ensembles ist hier in einer weiteren Einspielung zu hören und zu sehen:

    Gardiner war ja auch mal Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters und hat die Missa am Ende seiner Zeit in Hamburg beim Schleswig-Holstein-Musik-Festival 1994 im Lübercker Dom aufgeführt. Auch hier sind die musikalischen Leistungen hervorragend, auch wenn Gardiner, ähnlich wie Zinman (Tonhalle Zürich Orchster) wesentlich schneller dirigiert als etwa Karajan, Klemperer oder Giulini, um nur einige zu nennen.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich hatte die Aufnahme mit dem Philharmonia Orchestra von 1958 noch gar nicht auf dem Schirm.

    Lieber Willi,


    um diese Aufnahme rankt sich noch eine lustige Anekdote, die weder direkt mit der MISSA und auch nichts mit Karajan zu tun hat, sondern mit Otto Klemperer, der einige Jahre später (1965, EMI) selbst eine grandiose Aufnahme des Werkes vorgelegt hat. Ich möchte sie trotzdem hier kurz erzählen:


    Der große Otto Klemperer, nicht zu Unrecht Kl'empereur genannt, litt bekanntlich unter manisch-depressiven Zuständen, die sich dauernd abwechselten. 1958 war mal wieder die manische Phase an der Reihe, und Klemperer entbrannte in heißer Liebe zu einer rothaarigen Cellistin im Philharmonia Orchestra. Als er erfuhr, daß Legge das Orchester zur Aufnahme der MISSA nach Wien beordert hatte, reiste er prompt hinterher. Walter Legge berichtete später: "Klemperers Jagd nach der rothaarigen Cellistin verlieh dem Ganzen eine komische Note. Karajan hatte zwar versucht, den Musikverein während der Aufnahmen in eine Festung zu verwandeln, aber Klemperer gelang es trotzdem, sich heimlich Zugang zu verschaffen. Doch er verirrte sich in den unübersichtlichen Räumen. Ein Orchestermitglied fand ihn schließlich in einem Kellerraum im Dunkeln sitzend. 'Hände hoch!' rief Klemperer, zündete sein Feuerzeug und damit sich beinahe selber an. Dann ging er hinauf in den Großen Saal, wo die Aufnahmen stattfanden und setzte sich ganz locker neben Hugh Bean, den Orchestervorstand der Philharmonia. Das war der ideale Aussichtsposten für ihn, er konnte von da aus sowohl ein Auge auf seine rothaarige Flamme werfen als auch ständig Karajans Dirigierstil, meist bissig, kommentieren."

    Wie die Geschichte zwischen Klemperer und der Cellistin ausging, ließ Walter Legge offen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Zitat von nemorino

    Der große Otto Klemperer, nicht zu Unrecht Kl'empereur genannt.....

    Hier im Forum wird er gelegentlich auch liebevoll "Old Klemp" genannt.^^


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hier im Forum wird er gelegentlich auch liebevoll "Old Klemp" genannt.

    Lieber Willi,


    ich weiß, das war auch in England sein zweiter Nickname. Beides sind ehrenhafte Bezeichnungen, mir persönlich gefällt "Kl'empereur" noch ein wenig besser, es klingt respektvoller:).

    Klemperer zählt seit ca. 1960 zu meinen Lieblingsdirigenten; ich lernte ihn damals mit der Monoaufnahme von Beethovens Fünfter (auf einer 25 cm-LP) kennen, und schätzen! So sah mein Exemplar aus:

    48246 - BEETHOVEN - 5. SINFONIE C-MOLL (KLEMPERER) - COLUMBIA 10

    Es befindet sich noch in meiner LP-Sammlung. Es handelt sich hier um die Monoaufnahme aus 1954, die IMO wesentlich lebendiger und mitreißender ist als seine spätere Stereo-Version aus dem Jahr 1959. Die ist natürlich klanglich überlegen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • das war auch in England sein zweiter Nickname

    "Old Klemp" wurde in London wirklich geliebt. Die Londoner sind da teils aber auch gnadenlos. Franz Welser-Möst kann ein Lied davon singen: Dort firmierte er als "Frankly Worse than Most". ^^

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • "Old Klemp" wurde in London wirklich geliebt.

    Lieber Joseph II.,


    seit seinen ersten Konzerten mit dem Philharmonia Orchestra in der Londoner Kingsway Hall genoß Otto Klemperer in England Kultstatus, und das noch weit über seinen Tod im Jahr 1973 hinaus. Seine Konzerte waren meist schon kurz nach der Vorankündigung ausverkauft.

    Zu Franz Welser-Möst kann ich nichts sagen, weder positiv noch negativ, ich kenne ihn praktisch nur vom Namen her. Sein Nickname ist allerdings wirklich "unterirdisch". Hat er ihn verdient?


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hier stimmt einfach alles : ein klangschönes Orchester, wunderbare Solisten und eine hervorragende Chorleistung. Bei dieser Aufnahme verschmelzen alle Beteiligte und das Werk zu einer musikalischen Einheit, wie man es nur selten hört. Das ist mehr als eine Musikaufführung - das ist wirklich ein religiöses Ereignis.


    *1965

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)