Die Zauberflöte - Ein Machwerk ?

  • ...zu spät: er ist leer und ich bin... [ich].


    Liebe Grüße,
    Ulli


    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    du hast nur teilweise recht - natürlich deutet der Stimmumfang auf eine Baßpartie hin - allerdings fehlt der Partie die Tiefe - Sarastro muß ein F und E singen.


    sämtliche mir bekannten Papageni sind im Baritonfach...
    und fast alle haben mit der ersten Zeile im Duett Nr.7 Schwierigkeiten:
    "ist dann der Weiber erste Pflicht.." das es' auf dann darf nicht voll gesungen werden - ist eine kurze Note und die Linie muß weitergedacht werden.


    falsch ist: das es' auf eine Viertel zu verlängern und die Pause zu ignorieren.


    echte Bässe würden sich diesen Streß nicht antun - dafür den Sarastro Streß im Finale: "zur Liebe will ich dich nicht zwingen, - doch"
    das unvermutete F ist eine Qual für die meisten... auch Sängern mit guter Tiefe gelingt das nicht immer...
    hat IMO mit den Tempi zu tun, durch die man die Sarastri hetzt; Tiefe Töne brauchen Entspannung und können nicht ohne weiteres angesetzt werden (wie man hört)



    kleine Bemerkung @Alfred:


    eine Inszenierung in Klagenfurt 2003 (Anouk Nicklisch) brachte heraus, daß eigentlich Pamina die Hauptfigur im Stück ist.
    ein Hauptargument ist, daß sie Tamino durch die Feuer-Wasserprobe hilft..mit dem Hinweis auf die Flöte..."...spiel die Flöte an, sie leite uns auf grauser Bahn" (ist nur aus dem Gedächtnis zitiert) - also wußte sie, wie die Prüfungen bestanden werden konnten...


    seltsam, daß sie zu Tamino hält, der kurz vorher bereit war, ihr das letzte Lebewohl zu sagen...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    du hast nur teilweise recht - natürlich deutet der Stimmumfang auf eine Baßpartie hin - allerdings fehlt der Partie die Tiefe


    Salut, tastenwolf,


    dafür kann ich nix... es steht so im Autograph: Baß!


    Punctum...


    Ich gebe Dir allerdings [wie schon zuvor] Recht, dass die Partie eindeutig - nach heutigen Maßstäben - einem Bariton entspricht. Ich weiß nicht, ob es diese Spezifikation in der Klassik bereits gab...


    Cordialement, Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut nochmals,


    Den ersten Papageno sang bekanntlich Emanuel Schikaneder, der Librettist selbst, wie auch in seiner Oper Der Stein der Weisen - hier sang er Lubano, die Parallelfigur zu Papageno. In der Aufnahme des Stein der Weisen, welche sich in meinem Eigenthum befindet, singt die Partie des Lubano Kevin Deas, ein amerikanischer Baß.


    Der Papageno Gottfried Hornik - für alle Wiener [mindestens] ein Befriff - wird teils als Bariton, teils als Baß definiert. Also etwas schwammig, das Ganze !?


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Ich weiß nicht, ob es diese Spezifikation in der Klassik bereits gab...


    wahrscheinlich nicht...
    heute ist das sowieso seltsam, da gibt es Partien, die "üblicherweise" von einem Mezzo besetzt werden - z.B: Donna Elvira - vielleicht als "andere Stimmfarbe neben Donna Anna?, obwohl es von einem Sopran leichter zu realisieren wäre,
    Zerlina ist auch so ein Fall


    oder die Frage, ob das Blondchen wirklich eine "schwereren" Sopran benötigt (als "normale" hohe Stimmen)


    die Eigenart Mozarts, in einer Sopranpartie tiefe exponierte Töne zu schreiben - "Susanna: notturna face -zum a" oder Konstanze, extrem auch in der c-Moll Messe - macht es nicht leicht, diese Stücke gut zu besetzen.
    Andererseits weist es auf den (vielleicht nur heute) ausgeprägten Fehler in der Stimmbildung hin, die Ausbildung der Tiefe nicht mit gleicher Intensität zu betreiben wie die der Höhe...


    die Pamina ist eine Herausforderung für jede Sopranistin...und wird es immer sein...
    dieser Mozart :)


    Ciao,
    Quastenwolf

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Salut,


    das mag seine Erklärung [auch] darin finden, dass Mozart – wie auch andere natürlich – die Singpartien auf die Sänger und Sängerinnen und deren teils absonderlichen Tonumfängen zugeschnitten hat. Da diese einmalig waren und sind, blieb es nicht aus, für Aufführungen andernorts und mit anderen Sängern und Sängerinnen diese Partien teils umzuschreiben. Dies ist somit auch heute noch das Problem an der Sache…


    Mit Stimmbildung kenne ich mich leider überhaupt gar nicht aus [siehst Du?!]… so gebe ich Dir, was die Tiefen angeht, einfach Recht.


    Cordialement et bonne nuit!


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    mal etwas Hintergrund:


    Mozart hat Schikaneders Text in manchen Stellen verändert oder gar gestrichen. Derade dies finde ich ziemlich interessant. Gleich zu Beginn der Oper machte Mozart aus dem Löwen eine listige Schlange.


    Gestrichen hat Mozart folgende Textpassagen:


    Nach den Worten Die Wahrheit! die Wahrheit, sey sie auch Verbrechen! folgenden Vierzeiler, Pamina und Papageno zugedacht:


    Die Wahrheit ist nicht immer gut,
    Weil sie den Großen wehe thut;
    Doch wär sie allezeit verhaßt,
    So wär mein Leben mir zur Last.


    Bevor die drei Knaben im Finale II Papageno zu Papageno lassen, hätten sie singen sollen:


    Komm her, du holdes, liebes Weibchen!
    Dem Mann sollst du dein Herzchen weihn!
    Er wird dich lieben, süßes Weibachen,
    Dein Vater, Freund und Bruder seyn!
    Sey dieses Mannes Eigenthum!


    Eine weitere Strophe des Pa-pa-pa-pa gibt es im Prinzip auch noch:


    Wenn dann die kleinen um sie spielen,
    Die Ältern gleiche Freude fühlen.
    Sich ihres Ebenbildes freun.
    O welch ein Glück kann grösser seyn?


    Die Texte wurden von Mozart nicht etwa wegen derer vermeintlicher "Schlechtigkeit", allenfalls zur Verbesserung des dramatischen Ablaufes zernichtet.


    Trés amicalement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Halllo Ulli hochinteressant.


    Wie ich sehe hat unser "interner Opernführer", noch nicht mal regulär veröffentlicht, schon impulsgebende Wirkung.


    Ich habe natürlich auch andere Quellen zu Rate gezogen, da sieht man, wie überall geschludert wird.


    Die Rolle des Papageno wird in einigen Opernführern als Baß, in anderen (IMO richtig) als Bariton angegeben,


    Die Stelle aus der hervorgeht, daß Monostatos die 77 Sohlenstreiche NICHT empfangen hat, wird scheinbar oft gestrichen, wedwegen die meisten Opernführer schreiben er habe se bekommen.


    Wenn ich mich richtig erinner hat mich Claus Huth in diesem Forum drauf aufmerksam gemacht.


    Weitere Threads zur Zauberflöte sind angedacht.



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    es handelt sich ja - bis auf die listige Schlange - inhaltlich um nichts Wesentliches. Bei der listigen Schlange allerdings wird es fast schon wieder interessant: An deren Stelle war ursprünglich ein Löwe [das entsprechende Adjektiv fällt mir nicht mehr ein] vorgesehen. Wozu sollte aber ein tapferer und starker Tamino Angst vor einem Löwen haben? So wurde er [von Mozart? - jedenfalls ist lediglich die autographe Partitur bekannt] gegen die durch körperliche Stärke unüberwindbare List einer Schlange ersetzt.


    Im 19. Auftritt [Finale I], nachdem Panima und Tamino, spitz kommentiert von Monosatatos, sich erstmals begegnen [Er ist's - sie ist's] befiehlt Sarastro: He! gebt dem Ehrenmann sogleich nur sieben und siebzig Sohlenstreich. Daraufhin kniet Monostatos nieder und bittet: Ach Herr, ach Herr, den Lohn verhofft' ich nicht. Sarastros zynische Antwort ist nun das eigentliche Übel, welches zu den Fehlinterpretationen geführt hat: Nicht Dank! es ist ja meine Pflicht!. Monostatos wird laut Regie lediglich abgeführt. Daraufhin setzt die Lobeshymne Es lebe Sarastro! ein...


    Im 2. Akt dann, siebenter Auftritt spricht Monostatos: Ha, da find' ich ja die spröde Schöne! - - Und um einer so geringen Pflanze wegen wollte man meine Fußsohlen behämmern? - Also bloß dem heutigen Tage hab ich's zu verdanken, daß ich noch mit heiler Haut auf die Erde trete. - -


    Ja, Du hast Recht, dass Du mich wieder angesteckt hast. Grund dafür war, dass ich lediglich nachlesen wollte, was nun genau der Ort der Handlung in der Zauberflöte ist. Ich war überzeugt, es stünde "Arkadien" im Libretto, was nicht der Fall war. Es ist garnicht angegeben, außer den Regieanweisungen in der ersten Szene. "Arkadien" jedoch ist die Landschaft in der einige der von Wieland verfassten und verwendeten Märchen im Dschinnistan spielen.


    Papageno ist in der NMA [Neue Mozart Ausgabe] als Baß angegeben. Das Thema hatten wir auch bereits irgendwo... Den Papageno hat ja Schikaneder bei der Uraufführung selbst gesungen und er war Baß. Allerdings gab es zu Mozarts zeiten zumindest keine namentliche Differenzierung der Stimmlage, wie wir sie heute kennen. Einen Mezzosopran oder einen Bariton gab es nicht, lediglich Soprano [Canto], Alto, Tenore und Basso. Allerdings dürfte der Papageno nach heutiger "Einordnung" Bariton sein.


    Trés amicalement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Um auf die Eingangsfrage zu antworten: Langweilig, musikalisch uninteressant, Text albern, humanistische Aussage (die oft angedichtet wird) Unfug (Betrafung des Mohren), Frau wird zum Objekt degradiert bzw. als das Böse interpr. Selbst die Dew Inzenierung, die ich gesehen habe, konnte dieser Vorstadtklamotte nix abgewinnen.
    Aus Schikaneders (heute würde er wohl Groschenromane schreiben) Text jetzt etwas herauslesen zu wollen ist schon abenteuerlich.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat

    Original von Misha
    Um auf die Eingangsfrage zu antworten: Langweilig, musikalisch uninteressant, Text albern, humanistische Aussage (die oft angedichtet wird) Unfug (Betrafung des Mohren), Frau wird zum Objekt degradiert bzw. als das Böse interpr.


    Ganz im Gegensatz zu dem modernen emanzipatorischen Frauenbild wie es sich z.B. im Fliegenden Holländer, Lohengrin oder Tannhäuser äußert... :stumm::D


    Rassismus hast Du noch vergessen ("...weil ein Schwarzer häßlich ist...")


    Aber all das findet sich in der überwiegenden Mehrzahl von Opern, Dramen, Romanen usw. bis ca. 1950.
    Wenn man sich aber nicht nur ansieht, was über z.B. Frauen geredet wird, sondern wie sie agieren, wird man sehen, dass sie oft die treibenden Kräfte der Handlung sind (Pamina zugegebenermaßen nicht, aber Susanna oder Blonde)
    Auch wenn ich selbst die DaPonte-Opern vorziehe, ist musikalisch die Zauberflöte zweifellos eine der interessantesten, gerade weil das Singspiel nur ein Gerüst darstellt und sich dazu Elemente der komischen und ernsten Oper (Königin der Nacht), Glucks (Priesterszenen) sowie Freimaurer- und religiöse Musik (Geharnischte Männer) finden.
    Zur inhaltlichen Vielschichtigkeit spricht dieser thread Bände. es gibt wohl auch noch detaillierte Aufstellungen der Maurersymbolik sowie eine (beinahe) zeitgenössische Interpretation, in der die Königin der Nacht als "Maria Theresia", d.h. Symbol der reaktionären Kräfte gegenüber dem fortschrittlichen, aufgeklärten Josephinismus gedeutet wird. (Steht bei Braunbehrens, bin jetzt zu träge, genau nachzusehen.)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Ulli
    es handelt sich ja - bis auf die listige Schlange - inhaltlich um nichts Wesentliches. Bei der listigen Schlange allerdings wird es fast schon wieder interessant: An deren Stelle war ursprünglich ein Löwe [das entsprechende Adjektiv fällt mir nicht mehr ein] vorgesehen. Wozu sollte aber ein tapferer und starker Tamino Angst vor einem Löwen haben? So wurde er [von Mozart? - jedenfalls ist lediglich die autographe Partitur bekannt] gegen die durch körperliche Stärke unüberwindbare List einer Schlange ersetzt.


    Ist Tamino wirklich so stark und tapfer?
    (Aber etwas einfältig, daher machtlos gegen die "listige" Schlange...glaube ich nicht so recht)
    Egal, er hat ja irgendwie seine Pfelie verschossen, entweder erfolglos nach der Schlange oder vorher auf der Jagd und hat schlicht keine brauchbare Waffe mehr gegen das Untier.
    Mir ist als ich jetzt gerade von der Änderung las, als erstes eingefallen, dass die Schlange ein "neutraleres" Untier ist, wenn später Löwen als Zugtiere von Sarastros Karosse auftreten, könnte man ja denken, eine Löwe in der ersten Szene ginge auch auf seine Rechung.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Misha schrieb:


    Zitat

    Um auf die Eingangsfrage zu antworten: Langweilig, musikalisch uninteressant,


    Schärfer (und ungerechter :D ) hat es wohl kaum jemand auf den Punkt gebracht.


    Vor allem mit dem "musikalisch uninteressant" kann ich nicht übereinstimmmen, das kann ich nicht über unwidersprochen lassen.


    Langweilig ?
    Ich weiß nicht, in der Oper ist ja allerhand los - vor allem solches was Mozarts Zeitgenossen interessierte. Wie schon mehrfach erwähnt ist die Zauberflöte eine "Zauberoper" (genau genommen natürlich ein Singspiel) - etwas das zu Mozarts Zeit sehr in Mode war.
    Die Form des Singspiels, die typisch für diese Oper ist, wirkt auf heutige Zuschauer eher hölzeren, vor allem wenn man das Werk über Tonträger kennenlernt, aber genau genommen sind ja auch die Texte zu Fidelio mehr als schwach und verstaubt.)


    Es dürfte heutzutage der Bedarf bestehen, immer und überall, eine soziale oder weltanschaulische Komponente bei Theaterstücken und Opern zu fordern oder zu vermuten. Eine Oper, lediglich der Unterhaltung willen anzusehen, scheint verpönt.
    Reine nterhaltung ? Das wird ja heutzutage nicht mal mehr dem Fernsehen zugestanden - und die Programmacher halten sich eisern an dieses Vorgabe........ :D


    Kommen wir auf die weiteren "Anklagepunkte" zurück.


    "Der Text der Zauberflöte ist albern"


    Dem könnte man ohne viele Probleme beipflichten - wenn er nicht immer wieder zu Spekulationen und Reflektionen Anlaß gegeben hätte. Sehr kluge Leute haben immer wieder Doppeldeutigkeiten drin gesucht- und gefuinden. Ob dies am Text oder an seinen Ausdeutern lag, das sei dahingestellt...


    "Die humanistischen Aussagen sind nicht vorhanden, bzw Unfug")


    Auch das kann man zwiespältig sehen. Man sieht genau wie Mozart und Schikaneder miteinander "gerungen" haben (dies ist überliefert, sie sollen sich sehr oft wegen des Niveaus des Werkes gestritten haben)


    Einerseits wurde der Mohr, der Seite des Bösen zugeordnet - ausgestattet mit allen nur erdenklichen negativen Eigenschaften (so stieß ich bei meiner Recherche für den Tamino Opernführer gelegentlich auf die Bezeichnung "ein häßlichr Mohr", Mohr allein genügte offenbar nicht - andererseits ist der Text "Alles kennt der Liebe Freuden ................und ich soll die Liebe meiden, weil ein Schwarzer häßlich ist" geradezu ein Anklage.


    Das Frauenbild des 18. Jahrhunderts war nun mal (selbst bei Humanisten) ein anderes als heute (wobei ich den Verdacht hege, daß auch heute zwischen offiziellen Beteuerungen und der Realität riesige Divergenzen bestehen)
    Das Spektrum Gutmensch-Bösewicht ist IMO in der Oper gerecht verteilt. Es hängt schon sehr von der Inszenierung ab, wie man Tamino und Sarastro sehen will . Ich würde OHNE mich der Kunstkniffe des Regietheaters zu bedienen, es jederzeit fertigbringen, durch feinste Details, Sarastro als scheinheiligen Guru und Tamino als eitlen törichten Wendehals auf die Bühne zu bringen, die Priester als Schalatane, und die drei Damen der Königin als sexhungrige hässliche Emanzen. :D
    Das mag nämlich die wahre Größe des Schikanderschen Textes sein, er ist völlig "charakterlos" und somit, wie schon seinertzeit das Orakal von Delphi nach jeder beliebigen Richtung ausdeutbar.
    Man sollte sowas nicht gering achten, wenn mann allein hernimmt, wie viele Bücher drüber schon geschrieben und gelesen wurden - und auch dieser Thread hat ja viele Leute - schreibend oder lesend - beschäftigt - was will man mehr ?
    Schikaneder würde heutzutage sicher KEINE Groschenromane schreiben - wer schreibt heute noch Groschenromane ?
    Er wär mit einiger Wahrscheinlichkeit ein gesuchter Autor für Drehbücher von Fantasyfilmen oder Designer artverwandter Computerspiele :baeh01:


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo allerseits,


    das mit der Schlange finde ich auch etwas komisch.
    Eigentlich wird die Schlange ja nicht als Übergroß oder als eine Art Monster beschrieben, sondern eben nur als listige Schlange (Takt24).
    Selbst wenn Tamino nicht mehr bewaffnet war, weshalb sollte er in Ohnmacht fallen und vorher so voller Panik sein???
    Nach meinem Empfinden etwas übertrieben...Aber vielleicht war ja auch etwas Zauberei im Spiel...



    Hier wurde ja schon der Löwe satt der Schlange erwähnt.
    Ich habe gehört, dass es einmal eine Auffführung der Zauberflöte gab, wo man anstatt der Schlange einen Drachen genommen hat, weil sich die dortigen Verantwortlichen* das Gleiche dachten wie viele andere: "Durch eine Schlange in Ohnmacht fallen?"
    Es war ihnen zu unspektakulär und ein Drache wirkte doch viel 'realistischer' - jedenfalls beim Anblick eines solchen in Ohnmacht zu fallen!


    *Der Schwede Ingmar Bergmann war der Regisseur bei der Inzenierung.
    Die Aufführung ist nicht in Deutsch, sondern in Schwedisch.



    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

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  • Hallo allerseits,


    ich habe heute erfahren, dass es wohl auch ein Buch als Hintergrund zu der Schlange gab.
    Und zwar heißt dieses: Hugo(Bei dem Namen bin ich mir leider nicht mehr sicher.) und die Zauberflöte.
    Hier soll wohl auch die Schlange dabei sein und das Buch als eine der Grundlagen gedient haben.
    Es soll wohl auch noch ein Buch mit dem Drachen gegeben haben...


    (Jetzt bin ich verwirrt - war das angesprochene Buch nicht das mit dem Drachen und mit der Schlange vertausche ich da jetzt was? - Kann mir da einer helfen?)




    Und noch eine andere, wohl recht bekannte, Theorie zur panischen Flucht des Tamino vor der listigen Schlange und der folgenden Ohnmacht.
    Und zwar soll die Schlange, von der psychologischen Seite aus betrachtet, etwas Erotisches oder generell sexuell Erregendes darstellen (das ist nicht meine Assoziation - auf eine solche Idee bin ich noch nie gekommen, damit eine Schlange zu 'vergleichen').
    Tamino, voller Furcht vor dieses 'Entblößung' ergreift dann die Flucht und verkraftet diese 'Offenheit' oder 'Freizügigkeit' nicht und fällt in Ohnmacht...


    Na ja. Ich bin ehrlich, von dieser Theorie des sexuellen Bildnisses der Schlange halte ich gar nichts...
    Aber dieser psychologische Aspekt der Schlange soll wohl stimmen und man hat dann versucht, dass mal auf die Zauberflöte zu beziehen...



    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Die Wahrheit bei der Zauberflöte wird wohl in der Mitte liegen.
    Keinesfalls war sie ein Werk, dassen Symbolik allzutiefgründig verstander werden sollte.


    Spricht das nicht gegen Äussereungen von mir weiter pben im Thread ?
    Eher nicht.
    Selbstverständlich war Schikaneder ein gewiefter Theatermann - und Mozart ebenso. Selbstverständlich bedienten sie sich zeitgeistiger Strömungen, die sie geschickt in ihr Werk einbauten und es so für ihr Publikum interessanter machten.
    Aber dennoch- Die Zauberflöte war eine Oper "fürs einfache Volk"


    Für Psychoanalytische Deutungen ist da IMO kein Platz.



    Freundliche Grüße aus wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Psychoanalytische Deutungen halte ich auch für eine Pest (mit ein paar Ausnahmen vielleicht bei Wagner oder fin de siecle-Opern, die einem ähnlichen Zeitgeist wie die Psychoanalyse selbst entstammen), glücklicherweise nicht mehr so en vogue...
    Mcih würde aber interessieren, woher man wissen soll, dass die Symbolik "keineswegs tiefer verstanden werden sollte". Abgesehen von der notorischen Schwierigkeit solche negative Aussagen zu belegen, gibt es zeitgenössische Deutungen sowohl der Maurersymbolik als auch Anwendungen auf die damaligen politischen Verhältnisse (Königin der Nacht als Maria Theresia bzw. allgemein Vertreterin der restaurativen und klerikalen Kräfte). Natürlich gibts da ein paar Schönheitsfehler, denn ob Sarastro als besonders aufgeklärter Herrscher (wie Joseph II) dargestellt wird, kann man wohl mit Recht bezweifeln. Und das Frauenbild ist in der Tat etwas hart (anders als in Figaro oder Entführung, wo die Frauen klar die Fäden in der Hand haben). Aber insgesamt sind solche Deutungen nichts, was sich ein paar Spinner 200 Jahre später zurechtgesponnen hätten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Goethe eine Fortsetzung geschrieben hätte, wenn er nicht mehr in dem Original gesehen hätte als eine Vorstadtklamotte...


    viele grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Salut Maik,


    Grundlage des Zauberflötensujets ist u. a. die Erzählung Lulu oder die Zauberflöte aus der Sammlung "Dschinnistan oder auserlesene Feen- und Geistermärchen", herausgegeben von Christoph Martin Wieland [hier: Band III, erschienen 1789] - guggstu auch hier.


    Leider habe ich selbst nur eine geraffte Ausgabe dieser Feen- und Geistermärchen; "Lulu" ist saudummer Weise nicht dabei, weshalb die Schlangenfrage von meiner Seite aus unbeantwortet bleiben muss. Ich bin aber ohnehin dran, das dreibändige Werk komplett zu bekommen.


    Den Psychokram würde ich übrigens auch, mich meinen Vorgängern anschließend, getrost beiseite lassen.


    Zitat

    Und das Frauenbild ist in der Tat etwas hart


    ...für heutige Verhältnisse vielleicht. Damals, wage ich zu behaupten, war das anders - trotz "Aufklärung". Bei einem groben Vergleich der mir bisher vier bekannten Sujets von Schikaneder [alle im Opernthread nachlesbar] wird dieses Frauenbild stest exakt so dargestellt, wie in der Zauberflöte. Es ist m. E. nicht ganz so ernst zu nehmen wie z. B. der sich ausbreitende Teppich von Freundschaft, Stärke, Mut -


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Im wörtlichen Sinne: JA!
    Das Werk wurde gemacht zur Erbauung und zur Freude von Jung und Alt.Seit nunmehr 214 Jahren ist die beliebteste Oper Mozarts auch eine der erfolgreichsten und meistgespielten Opern weltweit.Das hat nur einen einzigen Grund:Sie gefällt den Menschen quer durch alle Bildungsschichten.Deshalb brauchts keine tiefgründige Theorien,ob der Inhalt sinnvoll,glaubwürdig,albern oder sonstwas ist.Schikaneders Text und Mozarts Musik sind zusammen ein Geniestreich.Beiden danke ich von Herzen!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Die erste Begegnung Taminos mit Pamina findet nach der Zuhilfenahme beider Wunderinstrumente bereits im 1.Akt statt. In Szene 15 nach dem Flötenarioso spielt Tamino seine Flöte,Papageno antwortet mit seinem Pfeifchen:Ha,das ist Papagenos Ton,vielleicht sah er Pamina schon...Später in der 17.Szene bezaubert Papageno den Monostatos mit Gefolge mit:
    Komm,du schönes Glockenspiel,laß die Glöckchen klingen,klingen,daß die Ohren ihnen singen,worauf der Freudentanz der Mohren beginnt.
    Schikaneder hat die Leute also nicht so auf die Folter gespannt wie der Verdi-Librettist Somma beim Maskenball.


    Salut,


    ich mache in diesem Thread weiter, um den 'Markenball' nicht zu stören:


    Interessanter Weise stehen im achten Auftritt [Nr. 5 - Quintetto] die 'Silberglöcken' an erster Stelle:


    Silberglöckchen, Zauberflöten
    sind zu eurem Schutz vonnöten!


    Gut, es reimt sich zwar besser, aber sicher hätte es auch ein andere Lösung gegeben. Zum Beispiel:


    Zauberflöte[n], Glockenspiele,
    dienen nur dem Schutz eurer Ziele
    [© 2006 by mir]


    Zum 15. Auftritt: Zaubert hier die Flöte wirklich? Oder ist sie nur zufälliges Erkennungsmerkmal?


    Zum 17. Auftritt: Das Glockenspiel [ver-]zaubert hier in der Tat - Monostatos und die Sklaven. Und später, gegen Ende des zweiten Aktes, erinnert sich der Narr Papageno der Zauberdinge noch einmal...


    Das höchste der Gefühle - also den Zauber, den ich der Zauberflöte zubillige ist der 28. Auftritt [Akt II, Takt 362ff., Marsch]: Feuer-Wasser-Luft-Probe:


    Wir wandelten durch Feuersgluten,
    bekämpften mutig die Gefahr,
    dein Ton [sic!] sei Schutz in Wasserfluten,
    so wie er es im Feuer war!


    Dabei bläst Tamino, unser Schutzheiliger, die Zauberflöte, die Pamina und Tamino vor den Gefahren bewahrt.



    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    es gibt ein paar neue Mozartianer im Forum - vielleicht ist dieser Thread interessant?


    Als "Machwerk" empfinde ich die Zauberflöte nicht - denn das Wort ist für mich eher negativ behaftet und drückt für mich das ungeschickte Zusammenstoppeln von minderwertigen Dingen aus... das ist ja wohl kaum der Fall, oder?


    :rolleyes:


    Cordialement
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Leider habe ich selbst nur eine geraffte Ausgabe dieser Feen- und Geistermärchen; "Lulu" ist saudummer Weise nicht dabei, weshalb die Schlangenfrage von meiner Seite aus unbeantwortet bleiben muss


    Bei Wieland verfolgt Lulu einen Tiger, der eine Gazelle jagt.

  • Salut,


    wenn Du mir jetzt noch sagst, wo ich das Heft herbekomme, wäre ich Dir auf ewig dankbar. Es gibt zwar alte [Erst-/Gesamt-]Ausgaben, diese aber sind [derzeit] für mich unbezahlbar - und die Auswahl an Märchen, die ich selbst habe, beinhaltet Lulu leider nicht. Vielleicht ist es Dir gar möglich über eine Privataudienz beim Gott Copycos mit diese Story zukommen zu lassen... Du könntest dann durchaus als "Der wohlthätige Laller" Karierre machen :rolleyes:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Lieber Ulli,


    Danke für diesen Hinweis. Man kann sich fast daran berauschen. Da brauche ich noch einige Tage, um dies alles zu verzehren.


    Trotzdem habe ich schon einige Bemerkungen.


    Zitat

    Und da wir wissen, dass Mozartrs Theaterverstand phänomenal war...


    Ich erinnere mich gelesen zu haben, daß Schikaneder zu Mozart sagte - ich dachte über Papageno - er sollte diese(s) Arie(?)/Duett(?) anders komponieren. Wenn ich mich nicht irre, war es im Duett mit Papagena. Da weißt Du besser Bescheid und kannst Du es leichter aufsuchen.


    Zitat

    Und um so einer geringen Pflanze wegen *wollte* man meine Fußsohlen behämmern


    Es kann sein, weil ich Ausländer bin, daß ich es falsch verstehe. Aber m.E. schließt "wollte" nicht unbedingt aus, daß die Versohlung tatsächlich stattfand.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil
    Ich erinnere mich gelesen zu haben, daß Schikaneder zu Mozart sagte - ich dachte über Papageno - er sollte diese(s) Arie(?)/Duett(?) anders komponieren. Wenn ich mich nicht irre, war es im Duett mit Papagena. Da weißt Du besser Bescheid und kannst Du es leichter aufsuchen.


    Legenden um die Zauberflöte bzw. die Aktionen von Schikaneder/Mozart gibt es viele. Es gibt gefälschte Briefe und dergleichen mehr... :rolleyes:


    Zitat


    Es kann sein, weil ich Ausländer bin, daß ich es falsch verstehe. Aber m.E. schließt "wollte" nicht unbedingt aus, daß die Versohlung tatsächlich stattfand.


    Das ist sehr interessant! Im heutigen Sprachgebrauch schließt das "wollte" das tatsächliche Stattfinden definitiv aus - man wollte eben, tat es aber nicht. Die Diskussion über das ob hatten wir bereits bei Tamino irgendwo, vermutlich gar in diesem Thread. Im Libretto jedenfalls findet sich definitiv kein Hinweis darüber, dass die siebenundsiebzig Sohlenstreich live stattzufinden haben. Aber gelegentlich wird bzw. wurde es tatsächlich so interpretiert, wie Du schreibst und Monostatos bekommt mächtig Hiebe...


    Ich glaube, man bezeichnet das als 'Imperfekt der Höflichkeit' oder so ähnlich. Imperfekt bezeichnet ja eine vergangene, aber nicht in sich abgeschlossene Handlung, oder?



    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli


    Das "Lulu"- Märchen habe ich in dem Zauberflöten-Buch von Attila Csampai (Hrsg), erschienen bei Rowohlt. Ich kann es Dir gerne kopieren, wenn Du Dir das ganze Buch nicht kaufen willst.

  • Salut,


    das wäre grandios! ICh versuche seit Jahren, diese Geschichte zu erhalten, es war mir nicht vergönnt. Zu Bildungszwecken sind solche auszugsweisen Kopien ja erlaubt.


    LG und großen Dank!
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    Im Zauberflöte findest Du sogar eine Anweisung, die meine Vermutung bestätigt.


    Lese mal den Dialog gerade vor "Ein Mädchen oder Weibchen"


    Aus meinem Gedächtnis zitierend:


    Priester: Sonst hast Du keine Wünsche?
    Papageno: ... Ich möchte... Ich wollte... Ja, was wollte ich denn...
    Da hat wollen nicht die absolute Bedeutung. Es liegt ganz nah, aber ist es gerade nicht. Er singt ja auch "wünscht Papageno sich". Also: verwechselbar.


    LG, Paul

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