Es geht hier nicht darum, Empfehlungen zu sammeln, sondern ein wenig über den Begriff "Stilpluralismus" nachzudenken.
Er drückt aus, dass es keine übersichtliche Menge vorherrschender Stile in der Gegenwart gibt. Es soll also auf das unterschiedliche bis "unvereinbare" der Stile aufmerksam gemacht werden.
Seit es den Stilpluralismus gibt, wechseln aber auch die Komponisten immer mal wieder ihren Stil - woraus resultiert, dass sie gar nicht "ihren Stil", sondern deren mehrere haben.
Das führt mich zur Frage, was dann überhaupt noch ein Stil sein soll. Ich möchte drei in den 80er/90er-Jahren wichtige Stile (?) als Beispiel nehmen:
"Neue Einfachheit" von Rihm, Bose, Müller-Siemens, Schweinitz. Die Komponisten trafen einander in den frühen 80er Jahren und stellten überraschende Gemeinsamkeiten fest in dem, was sie unabhängig voneinander produziert hatten. Ich erkenne Expressivität, Bezug auf Romantik/Expressionismus, Vorliebe für sehr hoch gesetzte Streicher, klare Brechung dessen, auf das sie sich beziehen.
"New Complexity" (Ferneyhough) - ein kompositorischer Dekonstruktivismus, der sich nicht auf vorserielle Musik bezieht.
"musique concrete instrumentale" (Lachenmann) - eine Musik in der Klangerzeugung und Geräuschtyp Grundlage des Komponierens ist.
Bei den Gründervätern dieser Richtungen mögen das ja Stile gewesen sein. Und es mag viele Komponisten geben, die in deren Kielwasser plätschern, die aber keine Aussicht auf einen sonnigen Platz in der Musikgeschichte haben.
Kann man daher zum Schluss kommen, dass gegenwärtig ein Stil maximal 10 Jahre lang als Stil existieren kann um dann nur noch als Bezugspunkt ein relatives Dasein zu fristen verdammt zu sein?