Liebe Forianer, liebe Mitleser,
Zunächst sollten wir mal klären wer Ferdinand Ries (1784-1838 ) eigentlich war. Dies nicht zu wissen ist durchaus keine Schande, denn in heutiger Musiklexika, allen voran der modernenlastige "Harenberg Konzerführer " (da wird der neue Besitzer Brockhaus Hand anlegen müssen !!) verschweigen die Existenz dieses Komponisten, oder tun ihn mit einem Satz ab.
Franz Anton Ries, Ferdinands Vater unterrichtete seinerzeit Ludwig van Beethoven. Aus politischen und wirtschaftlichen Erwägungen schickte er seinen Sohn Ferdinand 1801 mit einem Empfehlungsschreiben nach Wien zu Beethoven "in die Lehre" , welcher ihn freundlichst aufnimmt.
Mit der Zeit wird aus dem Schüler Ries, so etwas wie ein befreundeter Privatsekretär Beethovens, und bereits 1804 darf Ries das Klavierkonzert Nr 3 als Solist (mit selbstgeschriebener Kadenz !!) aus der Taufe heben.
Er war von Beethoven auch als Solist der Uraufführung des Klavierkonzerts Nr 4 vorgesehen, da er die Noten jedoch erst 5 Tage vor der Uraufführung erhält, weigert er sich zu spielen. So muß der grollende Beethoven, der sich inzwischen mit dem Orchester zerstritten hat (er redete bei den Proben zuviel drein und wurde "ausgesperrt" ) selbst den Part übernehmen.
Dies nur als Hinweis, welches Vertrauen, der angeblich so mißtrauische Beethoven in Ries setzte.
Ries beginnt nun zu komponieren und widmet sein op 1, eine Klaviersonate seinem Mentor Beethoven.
Zahlreiche Werke folgen. Beethoven soll über die Sinfonien von Ries gesagt haben: "Er ahmt mich doch zu sehr nach" - - Welch ein Kompliment !! Was andere versucht haben, oder sich nicht getraut haben, Ries bringt es zuwege. Und Beethoven kritisiert keineswegs die Qualität, nein lediglich die "Ähnlichkeit".
Irgendwann gehen die Wege der beiden Männer auseinander, angeblich bewarben sich beide um ein und dieselbe Stelle.(die dann keiner der beiden bekommt)
Kommen wir nun zum Thema unseres Threads:
Die Sinfonie Nr wird am 14. Feber 1814 in London uraufgeführt. Der Konzertveranstalter Peter Salomon, jener der auch einst Haydn nach London holte, ebnet Ries die Weg in die bessere Londoner Gesellschaft und macht ihn bekannt.
Als ich das erste Mal Die fünfte Sinfonie von Ries hörte, musste ich anfangs hellauf lachen: Wie eine Parodie auf Beethovens 5. Klang der Beginn, allerdings wurde kein Thema direkt zitiert, oder kopiert.
Ich glaube aber, das beruht darauf, daß Ries ein quasi ungeschriebenes Gesetz gebrochen hat. Man kann sich einfach nicht vorstellen, daß irgendjemand in der Lage wäre auch nur ähnlich wie Beethoven zu komponieren. Tatsächlich entwickelt Ries, bei aller oberflächlichen Ähnlichkeit durchaus eigenen Themen, was aber des öfteren Aufhorchen lässt, sind Akkorde, wie man sie sonst nur bei Beethoven findet.
Über die Qualität von Ries Schöpfungen ist viel geschrieben worden.
Stellvertretend nehme ich nur einen Satz aus einer Kritik des Jahres 1829 (Im Beiheft der von mir abhehörten CPO-CD genauer abgedruckt).
Nachdem der Kritiker sicherheitshalber erst mal festgestellt hat, daß sich Ries mit den ganz großen wie Haydn, Mozart und Beethoven natürlich nicht vergleichen könne schließt er: ".....werden (Ries Sinfonien) trotzdem immer zu dem Besten gehören, was die neuere und neueste Zeit in diesem Genre zutage gefördert hat......."
Dieser Aussage möchte ich mich anschließen...
Wem kann man nun Ries Werke empfehlen?
Jenen, die lediglich 3 oder 4 Sinfonien Beethovens als "Meisterwerk anerkennen , die gerne die (angeblich) "schwachen Werke" Beethovens aussortieren, die die Chorfantasie ebenso als "Entgleisung" einstufen wie "Wellingtons Sieg" (Beethoven selbst liebte das Werk), jene die "Christus am Ölberge" als "peinlich" bewerten und die finden Beethovens Liederschaffen sei eine Banalität ? ??
Gewiss nicht !!
Aber man kann Ries (und hier ist die 5. Sinfonie ein guter Einstieg) all jenen beruhigt ans Herz legen, die gerne die Werke ohne OpusZahl und jene des Hess-Verzeichnisses nach unbekannten Schätzen durchsuchen, immer in der Hoffnung, ein weiteres, wenn auch vielleicht schwächeres Werk im ähnlichen Stil zu entdecken.
Für sie sollte Ries eine Fundgrube sein....
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred