Ist Giulini der bessere Karajan ????

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Liebestraum,


    Völlig richtig beobachtet - die Schokolade mit Schlagobers etc. bezog sich ja auch auf Karajan, nicht auf den sehr interessanten Bruckner-Interpreten Wand, der übrigens in Wien derart durchgefallen ist, daß er nach einer Fünften Bruckner nie wieder engagiert wurde. Jedermanns Geschmack war er also auch nicht.


    Woran lag´s denn, Edwin? An Wand, der mit den Wienern nicht zurechtgekommen ist (hat er ihnen zuviel geprobt?) oder an der Interpretation, die wohl ohne Weihrauchfass und Katholizismus auskam?


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von lohengrins


    Ich würde bloß nie vorausschicken, dass ich wüsste, wie ein Bruckner klingen muss. Ich könnte doch allerhöchstens sagen: Ich weiß, wie ein Bruckner für mich klingen muss. Und ehrlich gesagt bin ich mir auch bei der Aussage nicht so ganz sicher, weil ich doch noch ein wenig Platz für Überraschungen, neue Sichtweisen lassen möchte.


    Gruß, l.


    Hallo Lohengrins,


    Das ist aber doch gerade das Tolle an der klassischen Musik. Man mag eine absolut laienhafte musikalische Bildung haben, aber spätestens nach 2-3 gehörten CDs und 3-4 gelesenen Booklets kann man in einem Klassikforum jeden Profimusiker mit 50 Jahren Berufserfahrung, auch wenn er einem Weltklasseorchester vorsteht, vernichtend kritisieren bzw. eine klare, unerschütterliche musikalische Vorstellung äußern. Umso radikaler man dies tut, desto größer der Applaus. Mangelnde Vorsicht im Urteil und eine möglichst wenig differenzierte Analyse ersetzten sozusagen das Fachwissen.
    Das ist kaum auf einem anderen Feld möglich, ohne ausgelacht zu werden, in der Kunst ist es amüsanter Alltag. :D


    Gruß
    Sascha




    GiselherHH:


    Ein Berliner Philharmoniker äußerte sinngemäß nach einer Probe mit Wand, er sei nicht sehr nett zu Ihnen gewesen, aber das Ergebnis hätte alle überzeugt. :D

  • Hallo Antracis,


    da hast Du natürlich Recht. Ich arbeite ab sofort an meiner Unerschütterlichkeit, versprochen.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Hallo Giselher,

    Zitat

    Woran lag´s denn, Edwin? An Wand, der mit den Wienern nicht zurechtgekommen ist (hat er ihnen zuviel geprobt?) oder an der Interpretation, die wohl ohne Weihrauchfass und Katholizismus auskam?


    (Also kurze Parenthese zur Entspannung.
    Die Wahrheit ist: Ich weiß es nicht. Er hatte genau so viel Probenzeit wie alle anderen Dirigenten. Der saftigste Verriß stand in der (mittlerweile eingestellten) AZ, also der Parteizeitung der Sozialisten, und stammte von einem Bruckner-Fan, der aber totaler Atheist ist. Aber die Verrisse zogen sich durch alle Blätter durch.
    Das Publikum hatte relativ lauwarm reagiert. Ich selbst fand die Aufführung richtig erfrischend - aber in einem Punkt hatten die Kritiker leider recht: Wand hat den Musikverein völlig "überspielt", also Lautstärken produzieren lassen, die in der Nähe der Schmerzgrenze angesiedelt waren.
    Ungewöhnlich für Wiener Ohren waren die durchgezogenen Tempi und das blockhafte Aneinanderreihen der Formelemente, man war halt karajanisches Abschleifen und Verharmlosen gewohnt. (Mittlerweile schlucken die Wiener aber sogar Harnoncourts Exzesse in Sachen Kleinteiligkeit.)
    Was aber dazu führte, daß Wand nicht mehr engagiert wurde, war ein angeblich sehr forsches Auftreten Wands und der praktisch zwangsläufig folgende Protest des Orchesters (wenn ich mich richtig erinnere, waren es übrigens die Symphoniker, nicht die Philharmoniker): Man wolle mit Musikern arbeiten und nicht mit Feldwebeln.
    Jedenfalls ein nahezu totales Fiasko - schade, denn ich mag Wand eigentlich sehr und hätte mich gefreut, wenn ein weniger weihrauchschwangeres Bruckner-Bild schon vor Harnoncourt in Wien heimisch geworden wäre.
    Parenthese von mir aus beendet.)
    :hello:

    ...

  • @Sascha: Ja, so hat es Wand immer gemacht. Nach dem "klärenden Gewitter", so seine Auffassung, seien die Orchester immer aufmerksamer und bereit, seine Vorstellungen zu verwirklichen.


    @Edwin: Danke für die Parenthese!


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo

    Folgendes Zitat passt zwar nur sehr indirekt zum Thema, aber da viel über Bruckner geschrieben wurde, passt es doch wieder.

    Ich widme dieses Zitat zweien Gruppen von Taminokesen. Zum Einen jenen, die noch immer der Meinung sind, man könne die Qualität einer musikalischen Wiedergabe auch anders bewerten, als wie schnell Edwin dabei einschläft (die berühmte zwölfteilige Baumann-Sonnambula-Skala), und zum Anderen jenem kleinen Häuflein Aufrechter, das sich trotz permanentem Sperrfeuers immer noch zuzugeben getraut, dass ihm die eine oder andere Bruckner-Interpretation Karajans gefällt.

    Das Zitat stammt von einem sehr berühmten Dirigenten, der sogar von Edwin gelegentlich geschätzt wird. Hier also der originale Wortlaut von Nikolaus Harnoncourt:

    Von der "Vierten"-Bruckner habe ich eine ganz starke Erinnerung aus meiner Zeit bei den Symphonikern. Die Bruckner-Aufführungen, das war für mich Karajan, nicht so sehr die Beethoven-Aufführungen. Und seine Aufnahme von der "Vierten", das ist das Gegenteil all dessen, was man Karajan nachsagt, das Gegenteil aller Klischees.

    Edwin wird es einfach verschlafen haben....

    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,
    ja, ja, der Harnoncourt. Hat schon viel gesagt. Das Alter macht milde, sagt man. Oder sollte sich

    Zitat

    das Gegenteil aller Klischees.

    darauf beziehen, daß die Aufnahme technisch nicht ausgefeilt ist und auch sonst, entgegen der üblichen karajanischen Dressurakte, einiges danebengeht?
    Könnte ja auch spitzbübisch gemeint sein.
    Abgesehen davon, daß eine gelungene Aufnahme einer Bruckner-Symphonie einen Dirigenten noch lange nicht zum Grögaz (Größten Genie aller Zeiten) macht. Da glaube ich eher an das blinde Huhn. :hahahaha:
    :hello:


    P.S.: Wenn Dirigenten über Dirigenten reden, kommt meistens etwas heraus, das man nur mit Verwunderung wahrnimmt. Laut Karl Böhm etwa hat Leonard Bernstein den besten "Tristan" aller Zeiten dirigiert...

    ...

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Herbert von Karajan hat sich über 2 Dirigenten so des Lobes voll ausgesprochen und sie ohne allen Makel befunden; der eine war der geniale Tuillio Serafin und der andere Carlo Maria Giulini


    Karajan war noch für manch andere Kollegen voll des Lobes. Ad hoc fallen mir C. Kleiber und Mravinsky ein. Andere bezeichnete er in mancherlei Hinsicht geradezu als seine Vorbilder (z. B. Toscanini, Furtwängler).


    Zitat

    Ich wurde hier im Forum mehrfach auf die späten Einspieungen Karajans der Sinfonien von Brahms und Bruckner hingewiesen, den letzteren erkannte z.b.
    Theophilus durchaus Referenzcharakter zu. Zugegeben: für Karajan sind diese späten Einspielungen garned soo übel aber Giulinis Aufnahmen dieser Werke,
    z.T. mit dem gleichen Orchester wie die Karajanschen, verweisen die Bemühungen des "Magiers aus Anif" auf Plätze im Mittelfeld- Mehr ist da wahrlich nicht.


    Hier geht es wohl um die Einspielungen der 7., 8. und 9. Bruckner mit den Wienern durch beide Dirigenten Ende der 80er Jahre. Beider Dirigenten Einspielungen haben ihre glühenden Bewunderer und werden auch außerhalb des Forums immer wieder unter den "Referenzeinspielungen" genannt. Sie sind allesamt großartig gelungen. Im Klangbild sind sich die Einspielungen mit den Wienern (verglichen etwa mit Karajans dramatischeren, formal zwingenderen Einspielungen aus den 70ern mit den Berlinern) recht ähnlich. Vergleicht man die Einspielungen beider Dirigenten im Detail (z. B. 7. Bruckner), so lässt sich aber feststellen, dass Karajan weniger "zahm" und ausgeglichen musizieren lässt als Giulini. Giulini war ein unendlich kultivierter, freundlicher Gentleman und das zuweilen bis in seine Aufnahmen hinein.


    Zitat


    Giulini hat schlechthin alles, was Karajan immer immer unterstellt wird:Gespür für die zu gestaltene Musik mit dem Ziel eines samtnen Orchesterklang von äusserster Transparenz und doch von bestürzender Vielfalt und Fülle, Giulini baut riesige Bögen ohne Verlust der Binnenspannung (Celibidache), Emotionaler Tiefgang ... waren sein "Markenzeichen", wofür ihn das Publikum liebte.


    So beschreibt das ziemlich genau eine typische Facette des karajanschen Musizierens. In der Tat wurde er dafür geliebt und noch heute gerne gehört. Gestrichen habe ich "ohne persönliche Eitelkeiten", denn die hatte Karajan wohl, jedenfalls weitaus mehr als etwa Giulini. Auf das für Giulini typische Musizieren trifft die obige Umschreibung weitaus weniger zu. Giulini neigte - ganz anders als Karajan - regelmäßig zu breiten Tempi und einem nicht gerade wuchtigen, sondern eher kultivierten Orchesterklang. Im Grunde lassen sich beide Dirigenten - abgesehen vielleicht vom Streben nach Transparenz und Detailfülle - kaum vergleichen. Sie sind bei genauer Betrachtung als Interpreten grundverschieden. Dass sie gleichwohl bei oberflächlicher oder eingeschränkter Betrachtung zu Vergleichen veranlassen, liegt vielleicht daran, dass es im Repertoire (deutsche Sinfonik und Konzerte, italienische Oper) viele Überschneidungen gab und beide eine Gabe hatten, Musik quasi überirdisch zum Klingen bringen zu lassen, sie transzendieren zu lassen. Wenn man dabei aber bedenkt, dass Karajan Musik an anderen Stellen aber auch "irdischer", brutaler als Giulini darbieten konnte, wird man allenfalls vielleicht sagen können, dass Karajan der umfassendere Interpret unter diesen beiden war.


    Zitat

    Kurzum: Giulini ist alles das, was Karajan wohl selber gerne gewesen wäre


    Ich dachte, der Mann (Karajan) hätte alles erreicht, sei "Superstar" und "Gott" zu Lebzeiten gewesen? ?(


    Zitat

    Deshalb ist er für mich der "bessere Karajan" !


    Es sei BigBerlinBaer unbenommen, so zu fühlen. Zur Verallgemeinerung eignet sich das aber ebensowenig, wie etwa die Aussage "für mich ist Brendel der "bessere" Kempff" oder "für mich ist "Gulda der "bessere" Gilels".


    Loge

  • Zitat

    Original von Alviano
    ... oft quälendes Zelebrieren und Zerdehnen der Musik, sein Mangel an einem interpretatorischen Willen ...


    Wer wäre wohl außerhalb dieses Forums je auf die Idee gekommen, dass hiermit allen Ernstes (und mit dem Anschein vermeintlicher Kennerschaft) von Karajan die Rede sein soll. :no: Bei allem, was ich an Kritik an Karajan schon gelesen habe, ist mir derlei noch nie untergekommen.


    Loge

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Mit einer Schubert 9, die nach Bruckner klingt, kann man mich jagen (vielleicht nicht ganz so weit wie mit der DG-Aufnahme Karajans, aber weit genug). Da bevorzuge ich eine Brucknersinfonie die nach Schubert 9 klingt :D


    Lieber JR,


    wenn Du doch einen Faible für Scherchen hast, dann solltest Du Dir die 9. Schubert unter Karajan (DG!, nicht EMI) unbedingt mal anhören, denn die ist ausgesprochen hart, schnell, metallisch, "brutale" Pauke(!) gestaltet. Es klingt so als hätte Karajan mit dieser Einspielung die 9. Schubert, deren Längen zu gestalten ihn erklärtermaßen immer etwas verunsicherte, ein für allemal bezwingen wollen.


    Zitat

    Ich kenne mit Giulini bloß die drei späten Bruckner-Aufnahmen, sowie Brahms 1. (mehr fällt mir jedenfalls nicht ein, dohc Dvorak 7-9 aus den 70ern (EMI) habe ich wohl auch noch)


    + gegenüber Karajan: große orchestrale und rhythmische Klarheit und Wucht, nicht im entferntesten Klangbrei oder -wolke


    Wenn das auf die späten Bruckner bezogen sein soll, so trifft das angebliche (+) gegenüber Karajan nicht zu. Klarheit statt Klangbrei zeichnet beider Dirigenten Einspielungen der späten Bruckner Sinfonien mit den Wienern aus, die sich gerade im Klangbild übrigens sehr ähnlich sind. Die "Wucht" ist dabei bei Karajan stärker als bei Giulini.


    Zitat

    - gegenüber Karajan (vielleicht nicht gerade bei Bruckner, aber allgemein): sehr/zu langsame Tempi. Der späte Giulini ist aber wie Klemperer einer der wenigen, bei denen, eben aufgrund der Klarheit solche Tempi halbwegs funktionieren.


    Einverstanden.


    Loge

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner

  • Ich meine zwar nicht, dass ein Dirigent dann eine gelungene Interpretation bietet, wenn er "draufhauen" lässt. Aber insgesamt kann man durchaus sagen, dass Giulini zu den Dirigenten zählt, die eher weichzeichneten, die bei breiten Tempi (man höre auch seinen Brahms oder den Trovatore) einen vollen, geschmeidigen, sphärischen Orchesterklang anstrebten. Gerade auch bei den Bruckner 7., 8. und 9. kann man das im Vergleich mit anderen (z. B. Karajan) sehr gut hören. Dabei ist es wenig überzeugend, als Gegenbeispiel auf die Pauke zu Beginn des Finales der 8. Sinfonie zu verweisen. Denn an dieser Stelle lässt eigentlich jeder ordentlich auf die Pauke hauen.


    Loge

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Problematisch finde ich, wenn man etwas weiter oben Giulini vorwirft, es habe in seinem Repertoire Lücken gegeben.


    Das ist in der Tat problematisch. Ein breites Repertoire ist für die Beurteilung eines Dirigenten zwar nicht völlig irrelevant, weil es natürlich schon von Relevanz ist, ob der Dirigent seine interpretatorischen Fähigkeiten an mehr als einem einzigen Stück unter Beweis stellen kann, ob es ihm also gelingt, sich in mehr als ein einziges Werk einzufühlen (z. B. Kaplan als Extremfall). Aber Lücken hat natürlich jeder Dirigent. Auch Giulini und Karajan hatten Lücken. Beide waren ja im wesentlichen auf die Klassik und Romantik beschränkt, wobei Karajan immer wieder Ausflüge in den Barock machte und vieles Zeitgenössiche spielte. Karajan war also sicherlich in einem breiteren musikalischen Spektrum tätig als Giulini. Für Giulini endete die Musik erklärtermaßen mit der Spätromantik und die deutsche Oper dirigierte er auch kaum.


    Loge

  • Zitat

    Original von Loge


    Wer wäre wohl außerhalb dieses Forums je auf die Idee gekommen, dass hiermit allen Ernstes (und mit dem Anschein vermeintlicher Kennerschaft) von Karajan die Rede sein soll. :no: Bei allem, was ich an Kritik an Karajan schon gelesen habe, ist mir derlei noch nie untergekommen.


    Loge


    Zerdehnen ist in der Tat eine etwas skurrile Unterstellung. Ich habe gestern bei Peters Brötchengeber durch viel zu laute Hintergrundbeschallung von dem kaugummikauenden Mr. Arrogant (Sorry Peter, falls Du Deinen Kollegen schätzen solltest) die Karajan-Aufnahme der 7. von Beethoven vernommen aus der 77er DG-Produktion (heute in der GA-Bx eloquence).
    Soweit sich dies über die Lautsprecher vernehmen ließ, war das Ergebnis auch kein sonderlich quälendes Zelebrieren. Über Karajans sicher brilliante Technik braucht und kann man sich wohl nicht streiten. Was mich enerviert, ist die Ästhetik und Geisteshaltung Karajans, die sich in den Symphonien niederschlägt. Es wird oft vom Feuer der frühen Karajan-Aufnahmen gesprochen. Nun kenne ich bei weitem nicht alle. Aber von denen, die ich kenne, ist dieses Feuer Karajans mehr ein Mündungsfeuer denn ein nach Leidenschaft zehrendes, mit sich ringendes oder gar lebensspendendes Feuer. Es ist eine - cum grano salis - preußische Aggressivität mit im Spiel, die dem geistigen Nährboden der letzten Jahrzehnte zumindest näher steht als die Int. Guilinis.
    Ein stetes Vorwärtsdrängen, Details werden dem Sturm m.E. nach zu häufig untergordnet. Auch in der Schwerpunktlegung, was wichtig ist, finde ich Karajans Läösung manchmal recht zweifelhaft.
    Bei Beethoven stark blechbläserbetont, in der Moderne werden Konflikte eher dem Wohlklang untergordnet (daß JEDE Musik schlön zu klingen habe, hat er ja auch selbst bekundet).
    Wenn ich nach einem brillianten Techniker, der mit schier unglaublicher musikalischer Intelligenz ausgestattet ist ,suche, höre ich - da muß man Liebstraum zustimmen - Fritz Reiner. Aber das gehört nicht hierhin ;)


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    PS.: Kann mir vielleicht mal jemand verraten, warum Bertel [Thomas Pape meint Karajan] hier gerade mit CMG verglichen wird? Als vergleichbaren Weichspüler hätte ich da eher Eugene Ormandy auf dem Trommelfell. Giulini habe ich eigentlich eher als integre Musikerpersönlichkeit empfunden. Damit unterscheidet er sich eigentlich vom Meister aus Anif, oder?


    Es ist etwas Gnadenloses in dem Umstand begründet, dass das Forum nach seiner Funktionsweise nie etwas vergisst und einem jeden User (zwischenzeitlich nach Inhalt und/oder Stil vielleicht unangenehme) Zeugnisse seiner (damaligen) Unkenntnis und/oder Laune noch Jahre später wieder vor Augen führt.


    :baeh01:


    Loge

  • Über das Forum lernte ich vor 1/2 Jahr die Beethoven-Aufnahmen mit Guilini kennen, zuerst und am Eindrucksvollsten die Missa solemnis.
    Vorher hatte ich den Namen noch nie gehört :untertauch:


    Dann Michelangeli dazu, eine phantastische Kombination!


    Das ist der Klang, die Auffassung, die ich liebe. Beethoven menschlich, nicht Heros, die Musik nicht benutzt, um die eigene Größe zu präsentieren, immer im Dienst der Musik, immer tüftelnd, was denn da an Noten geschrieben wurde, was es an Interpretationshinweisen gibt.
    Die Missa ist wirklich einmalig und für mich jeweis die Schlußsätze der Sinfonien.


    Guilini ist für mich das Markenzeichen geworden, auf das ich mich verlasse.


    Warum ist er vorher nicht in mein Bewußtsein gekommen?
    Vermutlich, weil ich früher vom Starkult so abgestoßen war, und davon nichts wissen wollte.
    Wie wichtig die Interpretationen für das Kunstwerk sind, habe ich erst hier im Forum so richtig kennen gelernt und schätze diese Zunahme an Wissen. Dafür mußte ich erst so richtig alt werden!


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Stabia
    Beethoven menschlich, nicht Heros, die Musik nicht benutzt, um die eigene Größe zu präsentieren, immer im Dienst der Musik, immer tüftelnd, was denn da an Noten geschrieben wurde, was es an Interpretationshinweisen gibt.


    Eine auch meines Erachtens ganz zutreffende Beschreibung für die Ausdrucks- und Herangehensweise Giulinis. Wem das so zusagt, der dürfte auch an Giulinis Interpretationen der Brahms Sinfonien (EMI) seine Freude haben.


    Zitat

    Vermutlich, weil ich früher vom Starkult so abgestoßen war, und davon nichts wissen wollte.
    Wie wichtig die Interpretationen für das Kunstwerk sind, habe ich erst hier im Forum so richtig kennen gelernt und schätze diese Zunahme an Wissen.


    Das "Abgestoßensein vom Starkult" ist etwas, das offenbar viele hier im Forum von vornherein in Opposition zu berühmten und hörenswerten Aufnahmen gefeierter Interpreten bringt und sie vom Hören ihrer Einspielungen abhält. Wem das so geht, dem entgeht Vieles, was zum Besten gehört. Wenn die am stärksten propagierte Aufnahme eines Werkes nicht notwendig auch die Beste ist, so ist der automatische Schluss vom Erfolg einer Einspielung oder eines Interpreten auf deren/dessen künstlerische Minderwertigkeit auch nicht richtig. Man sollte also offen sein für die Gefeierten und die Außenseiter.


    Loge

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    BEIDEN wurde das Attribut, daß sie KLANGMAGIER seien, zugesprochen und auch die Tendenz auf einen orchestralen Edelsound hin wurde BEIDEN zu Recht oder auch zu Unrecht unterstellt.


    BEIDE durfte ich mehrfach in Konzerten live erleben, Giulini vor allem dann, wenn er für den kränklichen HvK "einsprang".


    Giulini war live immer ein großes Erlebnis für mich und die schöne Erinnerung daran wird mich bis ans Ende meiner Tage begleiten.


    Lieber BigBerlinBear,


    Deine schönen Erinnerung wollen wir Dir hier auch gar nicht madig machen, zumal Giulini ein wirklich bedeutender Dirigent war. Die Antwort darauf, warum nun gerade Giulini diese schönen Erinnerung in Dir erzeugt, Karajan jedoch nicht, kannst Du Dir aber wohl nur selbst geben. Da musst Du in Dich hineinhören. Wir werden das für Dich nicht erhellen können. Da spielen auch viele außermusikalische, höchstpersönliche Faktoren eine Rolle.


    Loge

  • Vom Verdi-Requiem kenne ich mittlerweile einige Aufnahmen [neben Karajan (1972, 1984) und Giulini (1964, live) auch Solti (1971) und Fricsay (1954)].


    Besonders gefielen mir die unbekanntere Guilini-Aufnahme, die bei BBC Legends erschien, sowie die Karajan-Aufnahmen.


    Insgesamt gibt es von beiden Dirigenten folgende Aufnahmen:



    Giulini 1964 (live)



    Giulini 1964


    bzw.
    Giuilini 1988



    Karajan 1958 (live)



    Karajan 1967 (Video)


    bzw.
    Karajan 1972


    bzw.
    Karajan 1984 (gibt's auch als Video)



    Meine liebste Aufnahme ist jene von Karajan anno 1972, dicht gefolgt von Giulini 1964 (live).


    Kennt jemand vielleicht sogar alle aufgeführten?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões