Der Geist Frankreichs - Jean-Philippe Rameau

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Außerdem ist Paul Agnew die deutlich bessere Platée als Gilles Ragon, nicht unbedingt stimmlich (gleichwertig) aber interpretatorisch.


    Lieber Thomas,


    mir gefällt Gilles Ragon als Platée eine kleine Spur besser, als Paul Agnew. Gesanglich ist Agnew der elegantere, aber glattere. Gilles Ragon finde ich drastischer, aber insgesamt rollendeckender. Dazu kommt, dass Ragon sich in dieser Musik wohl fühlt und auch technisch (z. B. bei kleinen Verzierungen) punkten kann.


    Ich hatte das Glück, beide alternierend in der selben Inszenierung der "Platée" auch live zu erleben und auch hier war ich ob der Bühnenpräsenz von Gilles Ragon beeindruckt. Stimmlich war er nicht mehr ganz zuverlässig, der Tenor sang aber mit einer solchen Vehemenz um die Klippen seiner Rolle herum, dass das sehr für seine Durchdringung der Rolle einnahm.


    Paul Agnew war hier stimmlich besser aufgestellt und war auch darstellerisch überzeugend - erreichte aber diese Unmittelbarkeit von Ragon nicht.


    Ohne Frage sind beide eine gute Besetzung für diese dankbare Partie und ich würde mir auch beide wirklich gerne wieder anschauen und anhören.

  • Die bereits mehrfach erwähnte Inszenierung der Platée ist diese:



    Aufzeichnung aus der Opéra Garnier 2002
    Les Musiciens du Louvre-Grenoble: Marc Minkowski
    Inszenierung: Laurent Pelly
    Choreographie: Laura Scozzi


    Platée: Paul Agnew
    La Folie/Thalie: Mireille Delunsch
    Thespis/Mercure: Yann Beuron
    Jupiter: Vincent le Texier
    Junon: Doris Lamprecht
    Cithéron/Satyr: Laurent Naouri
    L'Amour/Clarine: Valérie Gabail
    Momus: Franck Leguerinel.


    Eine Aufführung, die von mir bei TMOO eine 5+ erhalten würde.


    Der in diesem Thread von anderen Taminos gezeigten Begeisterung kann ich mich nur anschließen. Eine Inszenierung, die fesselnd ist, vom ersten Ton der Ouverture bis zum letzten Wassertropfen, der aus Platées Sumpfloch spritzt. Wundervoll Paul Agnew als Platée in all ihrer Komik und Tragik. Für mich ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Gesang und Tanz, das mich bei jedem Sehen und Hören neue wunderbare Details entdecken lässt.


    LG
    Emotione

  • Zitat


    Original von Alviano
    Ich hatte das Glück, beide alternierend in der selben Inszenierung der "Platée" auch live zu erleben und auch hier war ich ob der Bühnenpräsenz von Gilles Ragon beeindruckt. Stimmlich war er nicht mehr ganz zuverlässig, der Tenor sang aber mit einer solchen Vehemenz um die Klippen seiner Rolle herum, dass das sehr für seine Durchdringung der Rolle einnahm. Paul Agnew war hier stimmlich besser aufgestellt und war auch darstellerisch überzeugend - erreichte aber diese Unmittelbarkeit von Ragon nicht.


    Lieber Alviano,
    Du hast jetzt erwähnt, was ich zunächst auch in meinem Beitrag unterbringen wollte, dann aber doch unterließ. Auch ich habe (war das nicht auch 2002) Ragon und Agnew live erlebt in einer Inszenierung, die mir damals sehr gut gefallen hat (da kannte ich ja Minkowski/Pelly noch nicht). Ich kann nur noch erinnern, dass mir schon damals die Darstellung von Agnew besser gefiel, da er m.E. die Tragödie der Platée besser auslotete, während Ragon die komische Seite mehr betonte.
    LG
    Emotione

  • Zitat

    Original von Emotione


    Eine Aufführung, die von mir bei TMOO eine 5+ erhalten würde.


    Warum tust Du's nicht? Die frühere Einschränkung auf Werke mit mindestens drei Aufnahmen gibt es ja schon länger nicht mehr, so dass die Barockoper da nicht mehr so unterrepräsentiert zu bleiben braucht.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Was ich hier lese, macht mich neugierig: Rameaus Opern kenne ich noch so gut wie gar nicht. Mit William Christie habe ich bislang nur gute Erfahrungen gemacht, zu Marc Minkowski kann ich noch nichts sagen.


    Deshalb meine Frage an die Kenner/innen:


    Empfehlt Ihr eher dies:



    oder das:


    ?


    Zitat

    Original von sagitt
    Christie und Minkowski sind die die Garanten hervorragender Interpretationen [...]


    Das scheint die allgemein anerkannte Meinung zu sein, deshalb: Worin unterscheiden sich die beiden Interpreten?

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  • Beide Interpreten sind im Bereich Französische Barockmusik führend.
    Sie teilen sich die Spitze mit Hugo Reyne und Christophe Rousset.


    Und natürlich haben beide ihre guten und schlechten Seiten.


    Christies Interpretationen sind meist feingeistiger, haben einen weicheren Orchesterklang und sind im Detail besser, gerade bei den Rezitativen. Aber manchmal verliert er sich zu sehr in Details.
    Passagen mit Blechbläsern sind bei Christie (für meinen Geschmack) sehr selten gelungen. (Ganz versaut ist z.B. das Air de Trompettes aus Lullys Psyche)


    Minkowski setzt öfter mal auf schroffe Akzente, schnelle Tempi, und einen etwas kernigeren Orchesterklang.
    Bei Minkowski "fetzt" es ziemlich oft.
    Er betont die Rythmik der Tänze stärker (manchmal durch den Einsatz von Trommeln)


    Bei Hippolyte et Aricie würde ich zur Christie Aufnahme raten.
    Christie hat sich unendliche lange auf diese Aufnahme vorbereitet, und im begleitend Text spürt man wie sehr er gerade für diese Oper lebt.


    allerdings hat Minkowski die besseren Sänger.
    Jean Paul Fouchecourt und Veronique Gens sind schon ein Traumpaar.


    im Grunde kann man bei beiden Aufnahmen nichts falsch machen.


    am besten würfeln :D

  • Vielen Dank, das hilft weiter, oder eigentlich doch nicht, denn:


    Zitat

    Original von der Lullist
    [...] am besten würfeln :D


    Darauf läuft's wohl hinaus. Oder ich befreunde mich bei meiner Rameau-Erforschung zunächst mit den Herren Castor und Pollux - da gibt's anscheinend zu Christie keine Alternative. Mal sehn.

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Gurnemanz



    Oder ich befreunde mich bei meiner Rameau-Erforschung zunächst mit den Herren Castor und Pollux - da gibt's anscheinend zu Christie keine Alternative. Mal sehn.


    Im Moment eine ältere Aufnahme günstig im Angbot:




    Jean Philippe Rameau


    " Castor et Pollux"


    Nikolaus Harnoncourt mit dem Concentus musicus Wien


    Gruß :hello:


    aus Schwetzingen


    Bernhard

  • Wie gesagt, ich würde zur Christie Aufnahme raten.




    Zitat

    Darauf läuft's wohl hinaus. Oder ich befreunde mich bei meiner Rameau-Erforschung zunächst mit den Herren Castor und Pollux - da gibt's anscheinend zu Christie keine Alternative. Mal sehn.


    doch da gibt es auch einige Aufnahmen. :D - aber nicht unbedingt Alternativen....


    Zwei ältere von Leppard und Harnoncourt (kann man aber getrost Beiseite lassen.)


    Christie hat eine konkurenzlose Aufnahme vorgelegt, denn er hält sich an die Urfassung von 1737 und die Interpretation ist eben auch kaum zu übertreffen.



    es gibt zudem aber noch eine 2. Version, von Castor et Pollux.
    Damals von Rameau für die Königin von Frankreich, Marie Leszczyska umgearbeitet (1754)
    Das ist eine einzigartige Kammermusik-Version.


    Diese Kammerversion ist auf CD erhältlich (besitze ich aber nicht, kann also nichts dazu sagen).


    Die Einspielung bei Naxos basiert ebenfalls auf dieser spätere Version (ohne Prolog und stellenwiese gekürzt), verzichtet aber auf die kammermusikalische Umsetzung.



    :hello:

  • Mein Rameau-Fieber hält an. Mit Ausnahme von Wagner, Mussorgskij und Debussy habe ich mich mit keinem Komponisten so lange in derartiger Ausschließlichkeit befaßt.
    Wodurch das ermöglicht wird, ist meiner Meinung nach Rameaus Liebe zum Detail. Es gibt, auch beim wiederholten Hören, immer etwas Neues zu entdecken, irgendwelche Feinheiten, die einem nicht gleich aufgefallen sind. Und da Monsieur Rameau die Abwechslung liebt, wird's in seiner Begleitung auch nie langweilig.


    In Ermangelung seiner Tragédies, die erst heute morgen mit der Post eintrafen, war das Wochenende diesem Werk gewidmet:


    [jpc]5905339 [/jpc]


    Die (als Einführung hervorragende) Bonus-Doku berichtet, das Werk sei ein veritabler Flop gewesen.
    Kann ich mir vorstellen.
    Die Barockzeit war für einen Humor à la Jacques Tati eben noch nicht reif...


    Jedenfalls liege ich vor diesem Werk auf den Knien. Es ist eine der besten Komischen Opern, die ich kenne. Und zwar, weil Rameau (wie auch in "Platée") eine Sprache findet, die in sich amüsant ist - aber die Kunst der Parodie versteht er auch. Womit dieses Werk eine derart rasante Angelegenheit wird, daß die rund 200 Minuten Spieldauer wie im Flug vergehen.


    Es ist mir unmöglich, die Elemente gesondert zu beschreiben, weil man eigentlich auf jede Nummer eingehen müßte. Es gibt keine Schwachstelle. Entweder wunderbare lyrische Linien oder hitverdächtiger Reißer mit Rhythmen, die in die Beine fahren. Ein Duett könnte, in der Instrumentierung geringfügig umarrangiert, glatt in einem Musical stehen.


    Dennoch will ich eine Stelle herausgreifen, die mich so beeindruckte, daß ich sie bisher sieben Mal gehört habe, nämlich eine lyrische Ariette der Argie, in der es Rameau das Wort "j'envole" (ich entschwebe, ich entfliege) offenbar besonders angetan hat. An dieser Nummer will ich erklären, was mich an Rameau - unter anderem - so fasziniert.


    Wir hören eine wunderbare Melodie in der Singstimme, von einer vollendeten Schönheit, wie sie nur die großen Melodiker zu schreiben vermochten: Edle Süße, das eigentliche Strahlen durch einen Hauch Melancholie zu einem Leuchten gemildert, eine Melodie, die auch schwärmerisch und schwelgerisch ist, die alles beinhaltet, was einem zu erfüllter Liebe einfallen mag.
    Als begleitende Instrumente schreibt Rameau Flöten vor, in deren Girlanden man Vogelstimmen hören mag - an dieser Stelle wird "envoler" also ganz wörtlich genommen, was ich für einen kleinen ironischen Schlenker gegenüber allzu üppiger Tonmalerei halte. Kurz darauf nämlich lässt Rameau die emotionale Bedeutung, um die es eigentlich geht, folgen: In einem wirklich magischen Moment erghebt sich die Singstimme auf "j'envole", der Baß steigt ab, und Rameau spart die Mitte zwischen Singstimme und Baß aus. Damit weitet sich ein ungeheurer Raum, dessen Größe sogleich vor Ohren geführt wird, wenn die Singstimme kadenziert und sich die Mittelstimmen wieder einfinden, quasi sicher gelandet, aber auf einer überirdisch leuchtenden Harmonie, als wolle Rameau sagen: Wer diese Emotion durchlebt hat, ist verwandelt.


    Diese äußerste Verfeinerung ist es, durch die für mich Rameau zum ersten großen Pfeiler wird, auf dem die französische Musik steht - und so nebenbei erfährt man, wenn man Rameau hört, worin Berlioz' "Troyens" wurzeln. Und so manche der magischen Klänge und Akkordfolgen von Debussy und Ravel wohl auch...


    :hello:

    ...

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  • Zitat

    Original von Emotione
    Auch ich habe (war das nicht auch 2002) Ragon und Agnew live erlebt in einer Inszenierung, die mir damals sehr gut gefallen hat (da kannte ich ja Minkowski/Pelly noch nicht). Ich kann nur noch erinnern, dass mir schon damals die Darstellung von Agnew besser gefiel, da er m.E. die Tragödie der Platée besser auslotete, während Ragon die komische Seite mehr betonte.


    Liebe Emotione,


    stimmt, das war 2002, dirigiert hat die Aufführung damals Sebastién Rouland, längere Zeit der Assistent von Marc Minkowski und am Cembalo sass Yvon Repérant, auch dies ist ein bekannter Name, wenn es um barocke Klänge geht.


    Das habe ich auch so empfunden, das Agnew zurückhaltender agiert, aber auch so ein wenig diese traurige Nuance in sein Spiel miteinbezieht. Ragon war dagegen umwerfend komisch, eine auch wirklich tolle Leistung.


    Die Inszenierung hatte mir viel Spass gemacht, auch bei den sehr unterhaltsamen Tanzszenen. Eine Slapsticknummer ist mir noch gut erinnerlich: wie Clarine diesen Liegestuhl nicht aufgebaut bekommt, das war total klasse, vor allem, weil die Sängerin dabei so herrlich unglücklich aussah.


    Erstaunt war ich über die Stimmkraft von Ragon. Das hätte ich aufgrund der CD-Aufnahmen, die ich von ihm kannte, nicht vermutet. Agnew hatte ich zum damaligen Zeitpunkt schon mehrfach live gehört.


    Die hier so gelobte DVD kenne ich nicht - von dieser Aufführung besitze ich nur den Rundfunkmitschnitt, kenne also nur die rein musikalische Seite.


    Das gilt auch für "Les Paladins", die Edwin heute vorgestellt hat, da bin ich aber schon froh, das Werk überhaupt zu besitzen (ich glaube, es gibt noch eine Aufnahme unter Malgoire) - ich hatte das Stück in Basel gesehen (Dirigat: Konrad Junghänel, Regie: Nigel Lowery, Choreographie: Amir Hosseinpour) und mir hatte es gleich gut gefallen, vor allem auch wegen der Tanzszenen, die ausgesprochen beschwingt und abwechslungsreich in Szene gesetzt wurden, manchmal ein wenig an einen übermütigen Kindergeburtstag erinnernd.


    Als Atys wirkte der Tenor Jeffrey Thompson mit, optisch ideal besetzt, ein schlanker, jungenhafter Typ mit schulterlangem Haar, der allerdings mit der hohen Lage seiner Rolle ordentlich zu kämpfen hatte. Tom Allen als Fee Manto kam da besser über die Runden.


    Die von Edwin angesprochene Arie wurde in Basel von Maya Boog gesungen - ein klarer Pluspunkt der damaligen Aufführung.


    Original Lullist

    Zitat

    Zwei ältere von Leppard und Harnoncourt (kann man aber getrost Beiseite lassen.)


    Das tut mir ja doch etwas weh. Die Harnoncourt-Einspielung vom "Castor" war diejenige, die mich überhaupt mit solcher Musik vertraut gemacht hat - und ich habe sie damals in Ermangelung von Alternativen auch sehr oft gehört. Aber es ist natürlich richtig: heute gibt es Alternativen und mit der Aufnahme von William Christie kann man beim Kauf nichts wirklich falsch machen - es wird nicht nur besser gesungen, als bei Harnoncourt, Christie trifft den Nerv der Musik insgesamt besser. Ich hatte sie mir kurz nach ihrem Erscheinen gleich gekauft und ich denke, es wäre mal wieder an der Zeit die CDs anzuhören...


  • Herzlichen Dank! :motz: :motz: :motz: :motz: Da habe ich gerade zähneknirschend 39 Euronen für die "Platée" hingeblättert, und jetzt machst du mir mit dem nächsten Must-have den Mund wässerig :no: Wo kann ich mir meine Suppe abholen????
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina,
    Tamino ist auch mir längst ein sehr teures Forum... :D
    Welche Suppengewürze gilt es zu vermeiden?


    Leider kann ich Dir die "Paladins" nicht einmal mit einem Hinweis auf eine schwache Inszenierung vermiesen. Im Gegenteil: Ich muss Dir sagen, daß Du auch die "Paladins"-Inszenierung faszinierend finden wirst. Da laufen die ganze Zeit Videos mit - aber nicht so patschert wie im Staatsopern-"Moses", sondern so, daß man mitunter Video und Realität nicht auseinanderhalten kann. Permanenter Kommentar mit doppeltem und dreifachem Boden. (Am besten zweimal hintereinander ansehen - rate ich aus eigener Erfahrung. :D) Dazu werden die Tänzer permanent in die Handlung miteinbezogen - und die Sänger müssen hin und wieder tanzen! Ein permanenter Rollentausch.
    Soll ich noch sagen, daß Rameau einen Mann von einer mit einem Mann besetzter Fee verführen läßt, das aber nicht nur lustig komponiert, sondern auch unglaublich charmant...?


    Ja, ich weiß, mit der Zeit fühl' ich mich schuldig...


    Frag mal bei Alfred an, die Einführung von "Tamino-Fortbildungszahlungen" würde ich mit meiner Stimme sofort unterstützen...!


    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,
    schon mal was von einer Notlüge gehört? ("Die Inszenierung könnte von Otto Schenk sein", so in der Art :pfeif: ) Ich fürchte, ich bin bald nicht nur auf deine mildtätige Suppe (Bitte ohne Dille!!!) angewiesen, sondern brauche auch ein Zelt.... :wacky:
    Morgen werde ich mir die "Platée" zu Gemüte führen und euch kund tun, ob sich die 39 € gelohnt haben oder ob ich Schadenersatzforderungen stelle!
    lg Severina :hello:

  • Ach ihr Lieben, vergesst nicht daß da noch weitere "Must haves" folgen - gerade für Edwin ist "Les Boreades" ein must have, allein wegen der avancierten Sprache Rameaus - ein absolutes Meisterwerk. :yes: Müsst ihr haben. Glaubt mir. Auch oder vielleicht auch gerade weil ich mich ständig wiederhole :D


    :hello:
    Wulf

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  • Zitat

    Original von Wulf
    Ach ihr Lieben, vergesst nicht daß da noch weitere "Must haves" folgen - gerade für Edwin ist "Les Boreades" ein must have, allein wegen der avancierten Sprache Rameaus - ein absolutes Meisterwerk. :yes: Müsst ihr haben. Glaubt mir. Auch oder vielleicht auch gerade weil ich mich ständig wiederhole :D


    :hello:
    Wulf


    Und wie bist du so im Suppenkochen???? :motz: :motz: :motz: :motz: :motz:
    lg Severina :hello:

  • Gaaanz miserabel. :D (Obwohl ich von einer Verflossenen ein Rezept für ne lecker Tomatensuppe mit Schuss habe :pfeif: )


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Gerade für Edwin ist "Les Boreades" ein must have, allein wegen der avancierten Sprache Rameaus.


    Kurze Frage zu "Boréades": gibt es da mittlerweile auch ein Libretto - oder ist das immer noch urheberrechtlich geschützt? Musikalisch, ganz ohne Frage, ausgesprochen hörens- und kennenlernenswert...

  • Das Problem mit dem Libretto ist, dass der Verlag, der den Text hat, Unsummen für einen Druck verlangt und eine Übersetzung nicht zulässt.


    Daran wird sich auch nichts ändern.
    Ich frage mich, wie soetwas bei einem mehr als 200 Jahre alten Text möglich sein kann :no:

  • Immerhin ist die DVD deutsch untertitelt.
    Was Wulf freuen wird, weil er mekt, daß die "Boréades" bereits bei mir gelandet sind, und für Severina die Frage aufwerfen dürfte, wie groß das Zelt sein muß. Denn ich habe gestern kurz hineingehört und, na ja, am Wochenende wird es wohl eine "Boréades"-Orgie geben... :D
    :hello:

    ...

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  • So, jetzt habe ich mir meine "Platée" angeschaut und kann nur sagen :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: - dafür löffle ich gerne eine Weile Suppe :] Laurent Pellys Inszenierung ist wunderbar, er begleitet die Musik mit so vielen kleinen liebevollen, verspielten Details, dass man sicher bei jedem Anschauen immer Neues entdeckt, dazu die witzigen Kostüme.
    Aber am meisten beeindruckt bin ich von Paul Agnew - welche grandiose schauspielerische Leistung! Ihm gelingt das Kunststück, nicht nur keine Sekunde in billigen Klamauk abzugleiten - wozu die Rolle ja verführen würde - , sondern hinter aller Komik die Tragik der unglücklichen Platée so spürbar "mitzuspielen", dass zumindest mein Mitgefühl mit ihr ob dieses perfiden Spieles, das mit ihr getrieben wird, immer größer wurde. Toll finde ich auch die Choreographie, denn meistens langweile ich mich bei Balletteinlagen, und dazu böte die "Platée" reichlich Gelegenheit, aber hier kommen so viele witzige Einfälle zum Tragen, dass keine Sekunde Fadesse aufkommt.
    Morgen muss ich mir diese DVD noch einmal anschauen, diesmal aber mit dem Fokus auf die Musik, die mir zwar auch beim ersten Mal sehr gefallen hat, aber da war ich doch zu sehr mit der Inszenierung beschäftigt.
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Aber am meisten beeindruckt bin ich von Paul Agnew - welche grandiose schauspielerische Leistung!


    Das ist eine Bombenrolle für einen Haute-Contre, ich würde es auch gerne mal wieder auf der Bühne sehen, (das Stadttheater Augsburg zeigt die Platée" ab dem 19.04.2009) das habe ich nämlich bisher auch nur ein einziges Mal, d. h. in einer einzigen Inzenierung, die aber mehrfach, am Staatsheater Wiesbaden in einer tollen Regie von John Dew, die auch Emotione vor mittlerweile sechs Jahren gesehen hat.


    Wie gesagt, mir gefällt Gilles Ragon ein ganz klein wenig besser, als Paul Agnew (ich mag die Stimme von Ragon einfach gerne), aber beide verweisen z. B. Michel Sénéchal oder Bruce Brewer klar auf die hinteren Plätze.


    Ich bin überzeugt davon, dass "Les Paladins" ebenfalls gut gefallen werden.


    Schön fände ich, wenn Edwin vielleicht wieder aus "Boréades" ein Stück etwas näher vorstellen würde. Das hat mir bei "Paladins" sehr gut gefallen und zum "Nachhören" animiert.

  • Hallo Alviano,


    ich kann das nicht so kompetent wie Edwin, aber vielleicht darf ich anregen, das wundervolle Entrée de Polymnie (Akt IV, Szene 4) zu hören? Vielleicht kann Edwin etwas dazu schreiben demnächst. Oder zu dem göttlichen Contredanse (Akt 1, Szene 4) oder das modern anmutende Prélude zum 5. Akt (Szene 1)??? Oder die Ouverture? Oder oder oder.... ;(


    :hello:
    Wulf


  • Hallo Alviano,
    bezieht sich das jetzt nur auf die Stimme, oder meinst du das insgesamt? Ich kann mir nämlich ehrlich nicht vorstellen, dass man die Platée besser spielen kann, ich stehe immer noch unter dem Eindruck dieser grandiosen Leistung. Über Stimmen kann man ja bekanntlich immer streiten ;) :D :D :D
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Bezieht sich das jetzt nur auf die Stimme, oder meinst du das insgesamt?


    Darstellerisch sind beide ausgezeichnet. Ragon ist drastischer in seinen Mitteln, bei Agnew schimmert immer, da hat Emotione recht, so ein wenig die Tragik der Figur mit. Es ist wirklich ein Glücksfall gewesen, beide in der selben Inszenierung erleben zu können.


    Ragon arbeitet stärker mit Ausdruck beim Gesang, auch auf Kosten der Genauigkeit. Dazu kommt, dass ich seine Stimme einfach gerne mag.


    Ein anderes Beispiel: "Medée" von Charpentier. Mark Padmore bei Christie II ist sängerisch ganz klar stärker als Gilles Ragon bei Christie I, trotzdem höre ich Ragon gerne.


    Da würde ich also gar nicht streiten, weil mir die Kritikpunkte nachvollziehbar sind - aber der persönliche Geschmack spielt ja nun durchaus auch seine Rolle :D.

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  • Alles klar! :D Eben diese tragische Komponente bei Agnew gefällt mir so gut (wie auch Emotione), mir tut die arme Platée von Herzen Leid, dass ihr so fies mitgespielt wird, denn sie will niemandem etwas Böses, sehnt sich nur nach Liebe und muss als Werkzeug im olympischen Ehestreit herhalten, über das sich schließlich alle lustig machen. Und dass man als Zuseher nicht einfach mitlacht, liegt eben in der für mich einerseits komischen, andererseits zutiefst berührenden Darstellung durch Paul Agnew. Ich beneide euch jedenfalls um euer Live-Erlebnis!
    lg Severina :hello:

  • Platee ist die wohl außergewöhnlichste Barockoper die bisher wiederentdeckt wurde.
    Ich hatte gehofft, dass gerade durch diese zeitlose Story und die enorme Komik das Werk vielleicht öfter mal auf unseren Bühnen zu sehen ist, aber das war natürlich eine Illusion.
    (dafür Richard Strauss selbsts noch auf den letzten Bühnen im Hinterland....)
    Ich hatte gedacht, dass gerade dieses Libretto ein Fest für Regisseure sein würde, denn im Gegensatz zu anderen Werken ist Platee nicht so abhängig von dem Ballett und Bühnenmaschinen und man braucht kein "Barockspektakel" zu veranstalten.



    Aber Platee wird erst so richtig tragisch, wenn man die Umstände der Uraufführung etwas näher beleuchtet.
    1745 fand in Versailles eines der größten Feste seit der Zeit des Sonnenkönigs statt.
    Der Dauphin Louis (Sohn Louis XV) heiratete die spanische Infantin Maria Theresia. (sie starb 1747 an den Folgen der Geburt ihrer einzigen Tochter, danach heiratete er die Prinzession von Sachsen, die dann die Dynastie sicherte)
    Aber für die erste Hochzeit mit der spanischen Infantin gab man bei Rameau zwei Werke in Auftrag.
    Ein Comedie Ballet in Zusammenarbeit mit Voltaire "La Princesse de Navarre"
    und die besagte "Platee"


    Wenn man solch eine Geschichte zu einer Hochzeit aufführt, lässt das tief blicken "Jupiter spielt einer hässlichen Sumpfnymphe Zuneigung vor"


    Ein schönes Beispiel für die Bösartigkeit und Gehässigkeit der Gesellschaft von Versailles....



    In jedem Fall ist Platee (bisher) wohl einzigartig.
    Rameau hat hier wirklich faszinierende Szenen geschaffen, z.B. wenn Platee singt "Nymphes, les aquillons..." dabei begleitet das Orchester mit Pizzicato was die ersten Regentropfen des herannahenden Sturms beschreibt - das ist schon faszinierend - und dann natürlich der Sturm selbst.
    Der wohl beste in der gesamten Musik dieser Zeit.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Ein schönes Beispiel für die Bösartigkeit und Gehässigkeit der Gesellschaft von Versailles....


    Zumal die Ehefrau auch tatsächlich keine Schönheit gewesen ist und wohl alle die gemeine Parallele verstanden haben. Ich kann jetzt nicht nachschauen, aber dieses "Quoi" der Frösche, ist das nicht auch eine Anspielung auf die Infantin gewesen?


    Das finde ich auch schade, dass diese wirklich vorzügliche komische Oper nicht öfter gezeigt wird - ich bin sicher, dass die Wirkung auf das Publikum positiv wäre.


    Wo Platée mir wirklich leid tut: wenn Junon am Ende Platée sieht und gnadenlos lacht.


    Ja, diese Sturm- und Regenbeschreibung, das ist auch musikalisch sehr gelungen und die Arie von "La Folie" finde ich für die Entstehungszeit ebenfalls bemerkenswert.


    Lieber Wulf,


    wäre Dein Posting nicht gestern gegen 23.15 Uhr erfolgt, ich hätte die Passagen gleich noch angehört - aber das war dann doch schon etwas spät... :wacky: Ich werde das "Anhören" aber gleich heute Nachmittag nachholen!


    Mehrfach angehört habe ich mir aber die Kerkerszene aus "Dardanus" - das ist wirklich eine wunderbare Arie und der Vergleich zwischen Georges Gautier bei Leppard und John-Mark Ainsley bei Minkowski fällt zu Gunsten von Ainsley aus, auch wenn er die Schwierigkeit der Arie nicht gänzlich vergessen machen kann.

  • Lieber Matthias,
    du kennst ja sicher ALLES von Rameau, daher frage ich in erster Linie dich: Eben lese ich, dass an der Wiener Kammeroper (sehr kleines Haus, daher auch immer reduziertes Orchester, Nischenprogramm) Ende September zwei Balletteinakter von Rameau aufgeführt werden (Als österreichische Erstaufführung!!): "La Guirlande" und "Zéphire" - kannst du mir dazu ein paar Sätze sagen? Lohnt der Besuch, oder würdest du eher davon abraten? (Kammeroper ist nicht eben billig...)
    lg Severina :hello:

  • Liebe severina,


    Du bist natürlich auch ein wenig selbst schuld, wenn Du immer Fragen stellst, die Deinen Geldbeutel weiter nachhaltig schädigen könnten :D.


    William Christie hat genau diese Kombination "Guirlande/Zéphyre" auf jeweils einer CD eingespielt. Ich weiss allerdings nicht, ob sie noch im Handel ist.


    Wenn nicht: ich hätte sie da, kleine Nachricht genügt :D


    LG


    :hello:

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