Lieblingsgedichte

  • Kraweel, kraweel!


    Eigentlich wär's mir ja schnurz,
    aber nach dem Treppensturz
    muß ich einfach mal was schreiben,
    Versgeschmiede hier betreiben.


    Samt und sonders Platitüden,
    Peinlichkeiten, Murksetüden
    weis' ich vor, doch warum nicht?
    Eigenes hat jeder Wicht!


    Ach, mein sonst so armes Leben,
    will's mit Zuckerguß umweben,
    hoffe nur, daß niemand bricht:
    denn erbauen soll's Gedicht!


    Nahe fühl' ich mich den Meistern,
    Literaten, hohen Geistern,
    die ihr Werk auch klein begonnen
    und's nicht traten in die Tonnen.


    Müh' und Lasten sind's, die schweren,
    die den Leichtsinn uns verwehren
    und uns zwingen in ihr Joch,
    ach, Ihr Leute, helft mir doch!


    Denn ich weiß nun nicht, wie enden,
    mich zum Gehen nun zu wenden
    und zu fliehn der Musen Hort.
    Doch es fehlt mir an - dem Wort!


    Und so bleibe ich gekettet
    wie Prometheus, unerrettet.
    Und des Daseins Flatulenzen
    senden ihre Konsequenzen.


    Wem's nicht stinkt, der bleibe Bruder!
    Allen andern: Hopp, ans Ruder!
    Und haut ab, solang Ihr könnt!
    Hier wird wohl nur Quark vergönnt!

  • Zitat

    Original von Il Grande Inquisitore


    Doch es fehlt mir an - dem Wort!





    Wenn Faust sich schon die Nächte plagt
    und dann am Schluss nicht bravo sagt,
    weil’s Wort unmöglich hoch zu schätzen
    – obwohl selbst dieser Geisteswicht
    auf manch erflehten Geist erpicht -
    wer dann soll was in Worte setzen?



    Von Joe G. an Nick M.




    .

  • Zu diesem wunderbaren Gedciht möchte ich auf das Lied
    "Die verschwiegene Nachtigall" von Edvard Grieg hinweisen (wenn ich mich nciht täusche, habe ich es im Grieg-Thread auch schon besprochen. oder wenigstens im Zusammenhang der deutschsprachigen Lieder angesprochen.


    Fairy Queen mit Tandaradei :]

  • Bertold Brecht



    Der Radwechsel



    Ich sitze am Strassenrand


    Der Fahrer wechselt das Rad.


    Ich bin nicht gerne, wo ich herkomme.


    Ich bin nicht gerne, wo ich hinfahre.


    Warum sehe ich den Radwechsel


    Mit Ungeduld?

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Andreas Gryphius


    Die Hölle


    Ach! und weh!
    Mord! Zetter! Jammer! Angst! Creutz! Marter! Würme! Plagen.
    Pech! Folter! Hencker! Flamm! Stanck! Geister! Kälte! Zagen!
    Ach vergeh!


    Tieff' und Höh'!
    Meer! Hügel! Berge! Felß! wer kan die Pein ertragen?
    Schluck abgrund! ach schluck' eyn! die nichts denn ewig klagen.
    Je und Eh!


    Schreckliche Geister der tunckelen hölen / Ihr die ihr martert und Marter erduldet
    Kan denn der ewigen Ewigkeit Feuer / nimmermehr büssen dis was ihr verschuldet?
    O grausamm' Angst / stets sterben sonder sterben


    Diß ist die Flamme der grimmigen Rache / die der erhitzte Zorn angeblasen:
    Hier ist der Fluch der unendlichen Strasse; / hier ist das immerdar wachsende rasen:
    O Mensch! Verdirb / umb hier nicht zu verderben.

  • Der Mensch lebt und bestehet
    Nur eine kleine Zeit;
    Und alle Welt vergehet
    Mit ihrer Herrlichkeit.


    Es ist nur Einer ewig und an allen Enden,
    Und wir in seinen Händen.



    M.C. Asmus omnia secum portans, pars IV

  • Da ein freundlicher Freund mich darauf hingewiesen hat, daß Hölderlins »Hälfte de Lebens« schon vor geraumer Zeit – nämlich am 15. März 2008 – den Sprung in unsere Sammlung von Lieblingsgedichten gefunden hat, lösche ich das Textchen mal und nehme zur Abwechslung den Faden mit Lichtenstein-Gedichten wieder auf:



    Alfred Lichtenstein


    Die Dämmerung


    Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
    Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
    Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
    Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.


    Auf lange Krücken schief herabgebückt
    Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
    Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
    Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.


    An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
    Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
    Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
    Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.

  • Friedrich Gottlob Wetzel


    Das Sonett


    An den Herausgeber eines poetischen Almanachs


    Sonette willst du? Pochst auf mein Versprechen?
    Gut! mit Sonetten will ich dich ersäufen;
    Einmal ums andre springt durch 14 Reifen
    Dein flinker Freund, mag's biegen oder brechen!


    O edle Kunst! aus leerem Glase zechen,
    So den Gedanken untern Arm zu greifen,
    Die eben auf dem letzten Loche pfeifen -
    Ach, à propos! vom letzten Loch zu sprechen –


    Da blas' ich selber drauf - ich fall' ins Wasser
    Mit meinem Klinggedicht - das geht ums Leben -
    Packs nur beim Haar und hilf mir ziehn und rucken -


    Siehst du, es wird? - Nun einen Reim auf Wasser -
    Auf Wasser, seh' ich, reimt sich Wasser eben -
    Gelt? So'n Sonett kann tüchtig Wasser schlucken?

  • Noch ein Rilke:



    Nennt ihr das Seele, was so zage zirpt in euch?
    Was, wie der Klang der Narrenschellen
    um Beifall bettelt und um Würde wirbt,
    Und endlich arm, ein armes Sterben stirbt
    Im Weihrauchabend gotischer Kapellen,
    Nennt ihr das Seele?



    Schau ich in die blaue Nacht, vom Mai verschneit,
    In der die Welten weite Wege reisen,
    Mir ist, ich trage ein Stück Ewigkeit in meiner Brust,
    Das rüttelt und das schreit,
    Und will hinauf, und will mit ihnen kreisen;
    Und das ist Seele!

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  • Und hier mein liebstes Rilke-Gedicht:



    Liebeslied



    Wie soll ich meine Seele halten, daß
    Sie nicht an deine rührt?Wie soll ich sie
    Hinheben über dich zu andren Dingen?
    Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
    Verborgenem im Dunkeln unterbringen
    An einer fremden stillen Stelle, die
    Nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
    Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
    Nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
    Der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
    Auf welches Instrument sind wir gespannt?
    Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
    O süßes Lied.

  • immer noch Rilke:


    Du mußt das Leben nicht versteheh




    Du mußt das Leben nicht verstehen,
    Dann wird es werden wie ein Fest.
    Und lass dir jeden Tag geschehen
    So, wie ein Kind im Weitergehen
    Von jedem Wehen
    Sich viele Blüten schenken läßt.



    Sie aufzusammeln und zu sparen,
    Das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
    Es löst sie leise aus den Haaren,
    Drin sie so gern gefangen waren,
    Und hält den lieben jungen Jahren
    Nach neuen seine Hände hin.

  • Johann Wolfgang Goethe: Kenne wohl der Männer Blicke


    Kenne wohl der Männer Blicke,
    Einer sagt: Ich liebe, leide!
    Ich begehre, ja verzweifle!
    Und was sonst ist, kennt ein Mädchen.
    Alles das kann mir nicht helfen,
    Alles das kann mich nicht rühren;
    Aber, Hatem, deine Blicke
    Geben erst dem Tage Glanz.
    Denn sie sagen: Die gefällt mir,
    Wie mir sonst nichts mag gefallen.
    Seh ich Rosen, seh ich Lilien,
    Aller Gärten Zier und Ehre,
    So Zypressen, Myrten, Veilchen,
    Aufgeregt zum Schmuck der Erde;
    Und geschmückt ist sie ein Wunder,
    Mit Erstaunen uns umfangend,
    Uns erquickend, heilend, segnend,
    Daß wir uns gesundet fühlen,
    Wieder gern erkranken möchten.
    Da erblicktest du Suleika
    Und gesundetest erkrankend,
    Und erkranketest gesundend,
    Lächeltest und sahst herüber,
    Wie du nie der Welt gelächelt.



    Liebe Grüße Peter


  • Der Herbst



    Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen,
    Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
    Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
    Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.


    Das Erdenrund ist so geschmükt, und selten lärmet
    Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet
    Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
    Als eine Aussicht weit, die Lüffte wehen


    Die Zweig' und Äste durch mit frohem Rauschen
    Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen,
    Der ganze Sinn des hellen Bildes lebet
    Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet.


    d. 15ten Nov. 1759.



    Aus "Turmgedichte"
    von Friedrich Hölderlin

  • Gedenk'




    Es ist kein Vöglein so gemein,
    Es spürt geheime Schauer,
    Wenn draußen streift der Sonnenschein
    Vergoldend seinen Bauer.



    Und hast du es vergessen fast
    In deines Kerkers Spangen,
    O Menschlein, dass du Flügel hast
    Und dass du hier gefangen.


    Joseph von Eichendorff


    (1788 - 1857)

  • Es lacht in dem steigenden jahr dir
    der duft aus dem garten noch leis
    flicht in dem flatternden haar dir
    eppich und ehrenpreis


    die wehende saat ist wie gold noch
    vielleicht nicht so hoch mehr und reich
    rosen begrüssen dich hold noch
    ward auch ihr glanz etwas bleich


    verschweigen wir ,was uns verwehrt ist
    geloben wir glücklich zu sein
    wenn auch nicht mehr uns beschert ist
    als nur ein rundgang zu zwein


    stefan george

  • Froh empfind ich mich nun auf klassischem Boden begeistert,
    Vor- und Mitwelt spricht lauter und reizender mir.


    Hier befolg ich den Rat, durchblättre die Werke der Alten
    Mit geschäftiger Hand, täglich mit neuem Genuß.


    Aber die Nächte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt;
    Werd ich auch halb nur gelehrt, bin ich doch doppelt beglückt.


    Und belehr ich mich nicht, indem ich des lieblichen Busens
    Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab?


    Dann versteh ich den Marmor erst recht: ich denk und vergleiche,
    Sehe mit fühlendem Aug, fühle mit sehender Hand.


    Raubt die Liebste denn gleich mir einige Stunden des Tages,
    Gibt sie Stunden der Nacht mir zur Entschädigung hin.


    Wird doch nicht immer geküßt, es wird vernünftig gesprochen,
    Überfällt sie der Schlaf, lieg ich und denke mir viel.


    Oftmals hab ich auch schon in ihren Armen gedichtet
    Und des Hexameters Maß leise mit fingernder Hand


    Ihr auf den Rücken gezählt. Sie atmet in lieblichem Schlummer,
    Und es durchglühet ihr Hauch mir bis ins Tiefste die Brust.


    Amor schüret die Lamp' indes und gedenket der Zeiten,
    Da er den nämlichen Dienst seinen Triumvirn getan.



    Goethe, Römische Elegie Nr. 5

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ave Caesar!


    Fûr mich ein bereits hinreichender Grund, Goethe Schiller im Zweifelsfall immer vorzuziehen.
    Das konnte ich irgendwan mal auswendig.
    Wie schön, diese Verse hier in Tamino wiederzulesen!


    F.Q.

  • Um Mitternacht



    Gelassen stieg die Nacht an Land,
    Lehnt träumend an der Berge Wand,
    Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
    Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
    Und kecker rauschen die Quellen hervor,
    Sie singen der Mutter, der Nacht ins Ohr
    Vom Tage,
    Vom heute gewesenen Tage.


    Das uralt alte Schlummerlied,
    Sie achtet's nicht, sie ist es müd';
    Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
    Der flücht'gen Stunden gleichgeschwung'nes Joch.
    Doch immer behalten die Quellen das Wort,
    Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
    Vom Tage,
    Vom heute gewesenen Tage.



    Edurad Mörike ( 1804 - 1875 )

  • Musik: Atem der Statuen. Vielleicht:
    Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen
    enden. Du Zeit,
    die senkrecht steht auf der Richtung
    vergehender Herzen.


    Gefühle zu wem? O du der Gefühle
    Wandlung in was? -: in hörbare Landschaft.
    Du Femde: Musik. Du uns entwachsener
    Herzraum. Innigstes unser,
    das, uns übersteigend, hinausdrängt, -
    heiliger Abschied:
    da uns das Innere umsteht
    als geübteste Ferne, als andere
    Seite der Luft:
    rein,
    riesig,
    nicht mehr bewohnbar.


    Rainer Maria Rilke.

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  • Der Tod der Geliebten


    Er wußte nur vom Tod was alle wissen:
    Dass er uns nimmt und in das Stumme stößt.
    Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
    Nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,


    Hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
    Und als er fühlte,dass sie drüben nun
    Wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
    Und ihre Weise wohlzutun:


    Da wurden ihm die Toten so bekannt,
    Als wäre er durch sie mit einem jeden
    Ganz nah verwandt; er ließ die andern reden


    Und glaubte nicht und nannte jenes Land
    Das gutgelegene, dass immersüße -.
    Und tastete es ab für ihre Füße.


    Rainer Maria Rilke

  • Anno 1839



    Oh, Deutschland, meine ferne Liebe,
    Gedenk ich deiner, wein ich fast!
    Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
    Das leichte Volk wird mir zur Last.


    Nur der Verstand, so kalt und trocken,
    Herrscht in dem witzigen Paris -
    Oh, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken,
    Wie klingelt ihr daheim so süß!


    Höfliche Männer! Doch verdrossen
    Geb ich den art'gen Gruß zurück. -
    Die Grobheit, die ich einst genossen
    Im Vaterland, das war mein Glück!


    Lächelnde Weiber! Plappern immer,
    Wie Mühlenräder stets bewegt!
    Da lob ich Deutschlands Frauenzimmer,
    Das schweigend sich zu Bette legt.


    Und alles dreht sich hier im Kreise,
    Mit Ungestüm, wie 'n toller Traum!
    Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
    Wie angenagelt, rührt sich kaum.


    Mir ist als hört ich fern erklingen
    Nachtwächterhörner, sanft und traut;
    Nachtwächterlieder hör ich singen,
    Dazwischen Nachtigallenlaut.


    Dem Dichter war so wohl daheime,
    In Schildas teurem Eichenhain!
    Dort wob ich meine zarten Reime
    Aus Veilchenduft und Mondenschein.


    Heinrich Heine ( 1797 - 1856 )

  • Freundschafft



    Wenn Menschen sich aus innrem Werthe kennen,
    So können sie sich freudig Freunde nennen,
    Das Leben ist den Menschen so bekannter,
    Sie finden es im Geist interessanter.


    Der hohe Geist ist nicht der Freundschafft ferne,
    Die Menschen sind den Harmonien gerne
    Und der Vertrautheit hold, daß sie der Bildung leben,
    Auch dieses ist der Menschheit so gegeben.


    Mit Untertänigkeit


    Scardanelli. d. 20 Mai 1758



    Friedrich Hölderlin ( 1770 - 1843 ) - Turmgedichte

  • Dank an die Mutter



    So gern hätt' ich ein schönes Lied gemacht
    von deiner Liebe, deiner treuen Weise;
    die Gabe, die für andre immer wacht,
    hätt' ich so gern geweckt zu deinem Preise.


    Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
    und wie ich auch die Reime mochte stellen,
    des Herzens Fluten wallten drüber her,
    zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.


    So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
    von einfach ungeschmücktem Wort getragen,
    und meine ganze Seele nimm darin;
    wo man am meisten fühlt, weiss man nicht viel zu sagen.


    Anette von Droste-Hülshoff ( 1797 - 1848 )

  • Die Welt ist so leer,
    wenn man nur Berge, Flüsse und Städte
    darin denkt -
    aber hie und da jemand zu wissen,
    der mit uns übereinstimmt,
    mit dem auch wir stillschweigend fortleben,
    das macht uns dieses Erdenrund erst
    zum bewohnten Garten.


    J. W. Goethe ( 1749 - 1832 )

  • J. W. Goethe


    Dilettant und Künstler


    Blätter, nach Natur gestammelt,
    Sind sie endlich auch gesammelt,
    Deuten wohl auf Kunst und Leben;
    Aber ihr, im Künstlerkranze,
    Jedes Blatt sei euch das Ganze,
    Und belohnt ist euer Streben.

  • Hälfte des Lebens



    Mit gelben Birnen hänget
    Und voll mit wilden Rosen
    Das Land in den See,
    Ihr holden Schwäne,
    Und trunken von Küssen
    Tunkt ihr das Haupt
    Ins heilignüchterne Wasser.
    Weh mir, wo nehm ich, wenn
    Es Winter ist, die Blumen, und wo
    Den Sonnenschein,
    Und Schatten der Erde?
    Die Mauern stehn
    Sprachlos und kalt, im Winde
    Klirren die Fahnen.


    Friedrich Hölderlin ( 1770 - 1843 )

  • Die Rose sprach zum Mägdelein:
    »Ich muss dir ewig dankbar sein,
    dass du mich an den Busen drückst
    und mich mit deiner Huld beglückst.«
    Das Mägdlein sprach: »O Röslein mein,
    bild dir nur nicht zuviel drauf ein,
    dass du mir Aug’ und Herz entzückst.
    Ich liebe dich, weil du mich schmückst!


    Wilhelm Busch

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Das Ständchen



    Was wecken aus dem Schlummer mich
    Für süße Klänge doch?
    O Mutter, sieh; wer mag das sein
    In später Stunde noch?


    Ich höre nichts, ich sehe nichts,
    O schlumm're fort so lind!
    Man bringt dir keine Ständchen jetzt,
    Du armes, krankes Kind!


    Es ist nicht irdische Musik,
    Was mich so freudig macht:
    Mich rufen Engel mit Gesang -
    O Mutter, gute Nacht!


    Ludwig Uhland ( 1787 - 1862 )

  • Stufen

    Wie jede Blüte welkt
    und jede Jugend dem Alter weicht,
    blüht jede Lebensstufe,
    blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
    bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    in and're, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    an keinem wie an einer Heimat hängen,
    der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten!
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    und traulich eingewohnt,
    so droht Erschlaffen!
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.
    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    uns neuen Räumen jung entgegen senden:
    des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!


    (Hermann Hesse)



    ich weiss, ein wenig abgegriffen,
    aber trotzdem wunderbar und
    weil es heute so besonders gut passt.

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