Es ist für meine Frau und mich der Höhepunkt des Jahres: Das Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft in Ölbronn. Die Gottlob-Frick-Gesellschaft, bei der Interessierte zu einem angemessenen Jahresbeitrag Mitglied werden können, hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt, die Erinnerung an den großen Bassisten Gottlob Frick zu erhalten, sondern jährlich an zwei Tagen die Begegnung von unvergesslichen Sängern mit Sängern aus anderen Sängergenerationen mit jüngeren Sängern sowie auch Freunden der Oper aller Art zu fördern (unter ihnen auch mehrere Taminos). Daneben veranstaltet sie auch besondere Konzerte in der Region. Das diesjährige Konzert beim Treffen stand daher auch unter dem Motto „Festival junger Stimmen“
Aber der Reihe nach:
Zu der von Samstag Mittag bis Sonntag Mittag gehenden Veranstaltung waren viele Künstler und Mitglieder der Gesellschaft (zu denen auch andere Taminos und ich gehören) schon am Freitag angereist. Da war ein gemütliches Zusammensein mit kostenloser Sektprobe geplant. Vielen Sängern waren wir schon aus dem Vorjahr bekannt und es gab viele herzliche Szenen beim Wiedersehen. Überhaupt muss man sagen, dass dieses Zusammentreffen in wunderbarer Harmonie verlief.
Schon dieser Abend und auch der Samstagabend brachte viele interessante Gespräche.
Zur eigentlichen Veranstaltung von Samstag Mittag bis Sonntag Mittag waren ca. 100 Sängerinnen und Sänger sowie weitere 100 bekannte Größen des Opernlebens angereist (u.a. auch Eva Wagner-Pasquier, eine der Festspielleiterinnen aus Bayreuth).
Die Gesamtveranstaltung war wieder einmal hervorragend von der Gesellschaft und den vielen ehrenamtlichen Hilfskräften völlig auf deren Kosten – ausgenommen Übernachtungskosten - gestaltet (Man konnte sich nur wundern, wie die Gesellschaft das mit den Beiträgen der Mitglieder und vielleicht einiger Spenden schafft!)
Nach dem Empfang mit einem Imbiss in Pforzheim wurden wir mit Bussen in den Mühlehof nach Mühlacker gebracht, wo um 15.30 Uhr der Festakt mit der Verleihung einiger Gottlob-Frick-Silbermedaillen und der Goldmedaille, die diesmal an den Münchener Opernclub ging, begann. Er wurde eröffnet mit der Arie der Frau Fluth „Nun eilt herbei, Witz, heitere Laune…“, gesungen von der jungen Sopranistin Yitian Luan.
In seiner Festrede ging der Präsident der Gesellschaft, Hans Hey, auf die heutige Situation der Inszenierungen an den Opernhäusern ein. Er steht auf dem Standpunkt, die Oper müsse sich durchaus weiterentwickeln, wenn dabei nicht Grenzen überschritten werden (was heute leider häufig der Fall ist). Damit erntete er sehr viel Beifall. Seine Ansicht ist jedoch die, dass das Fernbleiben von den Opernhäusern nicht das Wahre wäre, sondern das Hineingehen und der Protest. In diesem Zusammenhang lobte er das Wirken des Münchener Opernclubs, deren Mitglieder sich die Inszenierungen ansehen, darüber diskutieren und dann sowohl mit Künstlern, Dirigenten, Regisseuren und Intendanten der Münchener Opernhäuser in Verbindung treten und den Verantwortlichen ihre Ansichten vortragen.
Nach dem Festakt begann um 16.30 Uhr im ausverkauften Saal das Konzert der jungen Künstler, die als Preisträger beim europäischen Wettbewerb „Debut“ in Weikersheim ausgesucht worden waren:
Yitian Luan, Sopran aus China, die schon in zahlreichen Rollen wie Gilda in Rigoletto, Lucia in Lucia di Lammermoor, Violetta in La Traviata, Donna Anna in Don Giovanni oder Rosalinde in Die Fledermaus große Erfolge feiern konnte und von der Zeitschrift „Opernwelt“ als beste Nachwuchssängerin 2012 nominiert wurde. Sie wird in der kommenden Opernsaison u.a. an der Wiener Volksoper und am saarländischen Staatstheater auftreten
Jakub Jozef Orlinski, Countertenor aus Warschau, der neben Auftritten in Konzerten auch Rollen seines Fachs auf der Bühne verkörpert hatte sowie
Alexey Bogdanowitsch, Bariton aus Usbekistan der ebenfalls schon wichtige Baritonrollen in russischen, italienischen und deutschen Opern gesungen hat, u.a. Onegin in Eugen Onegin, Germont in La Traviata, Marcello in La Bohéme und Wolfram in Tannhäuser. Er wird in der nächsten Saison u.a. auch an der Deutschen Oper Berlin singen.
So entstand ein buntes Feuerwerk von wunderbar gesungenen und auch darstellerisch ansprechenden Arien und Duetten von Händel, Vivaldi, Gluck, Mozart, Rossini, Tschaikowsky und Verdi, begleitet vom bestens aufgelegten Heilbronner Sinfonie Orchester unter seinem Dirigenten Prof. Peter Braschkat, das außerdem mit den Ouvertüren zu Don Giovanni, Pariser Leben und zum Abschluss dem furiosen Can-Can aus Orpheus in der Unterwelt begeisterte.
Nach dem Konzert ging es in die Gemeindehalle Ölbronn zum Künstlertreffen mit geladenen Gästen, wo ein reichhaltiges festliches Buffet von einem überaus eifrigen ehrenamtlichen Team bereitet war. Auch diese Veranstaltung war vollkommen ausgebucht. Ein krönender Abschluss des Abends war ein von diesem Team vorgetragenes irisches Volkslied.
Der Sonntagmorgen bot Gelegenheit zum Besuch der sehenswerten Gottlob-Frick-Gedenkstätte und seiner Begräbnisstätte in Ölbronn. Danach fand die Matinée mit einem Interview der zauberhaften Anja Silja durch den Fachjournalisten Thomas Voigt statt, das nicht nur durch die Art dieser brillanten Sängerschauspielerin erheiterte sondern auch mit Ausschnitten aus ihrem vielseitigen Repertoire über CD und sogar auf Videoleinwand (u.a. Sentas Ballade, Elektra, Die sieben Todsünden und als Video der Tod der Priorin Madame de Croissy) gewürzt war
In dem Gespräch schilderte Anja Silja auch ihren Umgang mit den Regisseuren, die sich früher weit mehr mit den Sängern berieten und Änderungswünsche entgegennahmen, während den Sängern heute meist nur diktiert wird, was sie zu tun haben (was ich auch von anderen Sängern in den Gesprächsrunden vernommen habe) In diesem Zusammenhang fiel dann auch der Ausspruch, den ich hier schon an anderer Stelle zitiert habe: Sie müsse sich mit den Regisseuren frühzeitig genug auseinandersetzen, ob sie die Rolle annehme. Sie wolle „nicht von der Decke hängen oder im Mülleimer landen“. Dieser Ausspruch wurde mit viel Beifall aufgenommen.
Den Abschluss bildete wiederum ein Imbiss, ehe es zum herzlichen Abschied aus diesem harmonischen Treffen kam.
Liebe Grüße
Gerhard