Max Reger: Das Orgelwerk

  • Hallo Petemenova!


    Na, ich glaube dann wird es so langsam mal Zeit für Top-Interpretationen, z.B. Sander an der Domorgel Riga mit der "Wachet auf"-Fantasie (erschienen bei Motette, habe ich schon vorgestellt) - man badet förmlich in diesen Klängen!


    Gruß
    Karsten

  • auch auf die Gefahr hin, mir keine Freunde zu machen:


    Reger hat sehr viel geschrieben und die handwerkliche Qualität seiner Werke ist immer auf hohem Niveau.
    Seine acht geistlichen Gesänge schätze ich sehr, was mir aber zu oft bei seinen Orgelwerken fehlt, ist Originalität und Inspiration. Zudem meine ich, daß er die klanglichen Möglichkeiten der Orgel oft nicht besonders geschickt einsetzt.


    So muß ich gestehen, daß mir z.B. die eine Sonate von Reubke (die in Diplomprüfungen nur als Notersatz für jene dienen kann, die Reger nicht wollen) lieber ist, als alle Orgelwerke von Reger zusammen.
    Formal sind viele Werke Regers eindeutig stärker und Reubkes Sonate ist unverkennbar die Komposition eines sehr jungen Menschen. Aber vollständig orgelmäßig geschrieben und stark inspiriert.
    Auch für den formal recht einfachen Choral III (a-moll) von Cäsar Franck würde ich sämtliche Orgelwerke Regers drangeben.
    Reger ist leider zu jung gestorben, seine nicht geschriebenen Werke hätte ich gern gekannt. Er hat vor seinem Tod einen Stilwechsel vollzogen, genau in die richtige Richtung wie ich meine. Fast alle Werke, die ich schätze, gehören dieser späten Periode an.


    Gruß


    Andreas


    P.S. für die Aufführung Regerscher Werke sind m.E. tatsächlich nur historische Orgeln (z.B. Sauer) geeignet.


    Bei Regers Klavierwerken geht es mir nicht viel anders. Ich hatte das Vergnügen, hier in Hannover eine Darbietung vieler Klavierwerke Regers zu hören.... immer wieder findet man gute, ja geniale Ideen.... aber dann auch wieder Kunsthandwerk, Kunsthandwerk und nochmals Kunsthandwerk. Hätte er bloß 1/10 der Masse geschrieben und sich dafür entsprechend mehr Gedanken um das einzelne Werk gemacht!

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Hallo Andreas!


    Mir gefällt auch nicht alles von Reger, aber einige deiner Meinugnen zu Reger haben mich doch sehr überrascht.


    Zitat

    Original von AH.
    Seine acht geistlichen Gesänge schätze ich sehr, was mir aber zu oft bei seinen Orgelwerken fehlt, ist Originalität und Inspiration. Zudem meine ich, daß er die klanglichen Möglichkeiten der Orgel oft nicht besonders geschickt einsetzt.


    Könntest Du hierfür einige Beispiele anführen,. was du genau meinst? Inwieweit setzt Reger die klanglichen Möglichkeiten ungeschickt ein oder wo ist er uninispiriert?


    Zitat

    Original von AH.So muß ich gestehen, daß mir z.B. die eine Sonate von Reubke (die in Diplomprüfungen nur als Notersatz für jene dienen kann, die Reger nicht wollen) lieber ist, als alle Orgelwerke von Reger zusammen.
    [...] Aber vollständig orgelmäßig geschrieben und stark inspiriert.


    Die Reubke-Sonate ist ein fantastisches Stück, sie aber als "Notlösung" abzutun für Nicht-Reger-Spieler halte ich nun für falsch, da gibt es viel besserer und zeitnähere Alternativen (z.B. Karg-Elert). Reubke ist eher eine Alternative zu Liszts "Ad nos" oder Ritter-Sonaten. Aber ich finde das Reubke zwar orgelmäßiger als Liszt geschrieben hat, aber immer noch sehr viel "Klaviermusik" durchschimmert.


    Gruß
    Karsten

  • Hallo Karsten,


    Reubke-Sonate als Reger-Ersatz im Diplom ist hier in Hannover durchaus vorgekommen. Karg-Elert ist gewiß zeitnäher..... und Reubke ist sicher zeitnäher zu Liszt, aber von "ad nos..." und "weinen, klagen..." halte ich eh nix.


    Beispiele....nehmen wir einfach das letzte, ich hörte neulich op. 52,2 ("Wachet auf..."). Formal durchaus ein starkes Stück aber:


    Das Werk ist m.E. ohne exakte Kenntnis des Textes nicht lebensfähig. Man muß sich fragen, ob eine strophenweise Musikalisierung eines Kirchenliedes um 1910 wirklich noch zeitgemäß ist. Originell ist es jedenfalls nicht mehr.
    Die Introduktion ist harmonisch nicht unoriginell. Aber Reger scheint der einfache und doppelte Kontrapunkt sehr leicht von der Hand gegangen zu sein und so wirkt dann auch der überwiegende Rest der Choralphantasie auf mich. Handwerklich solider Kontrapunkt.
    Die Schlußfuge ist wirklich ein sehr starkes Stück - handwerklich betrachtet. Wirkt insgesamt allerdings nur wie Monster-Bach. Einem Vergleich z.B. mit der ~ 90 Jahre älteren großen Fuge des großen Spielmannes hält das Konstrukt überhaupt nicht stand, was die Originalität angeht.
    Die Orgel eignet sich wie kein zweites Instrument, lange Notenwerte zu halten. Das Klavier ist hierzu nicht in der Lage. Reger macht in diesem Stück sehr wenig Gebrauch von dieser Fähigkeit, eine Schwäche, die auch vielen Kompositionen von Bach zu eigen ist, die oft ohne großen Verlust auch auf Klavierinstrumenten gespielt werden können (Bachs Satztechnik macht größtenteils - Ausnahmen bestätigen die Regel - keinen Unterschied zwischen Orgel und Klavierinstrumenten, diese Schwäche hat Reger wohl von ihm abgeschaut).


    Die Auseinandersetzung mit Werken Bachs lag damals in der Luft, man wurde sich der eigenen Historie immer bewußter. Aber wieviel origineller, neuartiger erscheint mir Busonis Fantasia Contrappuntistica im Vergleich zu Regers Werken. Dafür hat Busoni solche Werke auch nicht dutzendweise verfaßt.
    Das Schreiben fiel Reger anscheinend leicht, er hats getan und jede Menge erstklassiges Kunsthandwerk dabei erzeugt - durchaus ein nicht untypischen Problem von Vielschreibern (ausgenommen vielleicht nur Schubert)


    Gruß


    Andreas


    P.S. Die Werke Regers und Bachs haben wesentlich zu meiner Entscheidung beigetragen, Musik auf keinen Fall zu meinem Beruf zu machen ;)

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Hallo AH. - mich würde jetzt doch sehr interessieren, warum du von Ad nos, Weinen, Klagen und insgesamt Reger nichts hältst; wie hast du diese Musik gespielt bzw. gehört, dass sie dir nicht gefallen könnte?
    Einige Worte zum Wachet auf vielleicht (eines meiner Lieblingsstücke!): Es kommt ja nicht darauf an, dass er die Zeilen einzeln ausgestaltet hat (nicht nur die Strophen, das gibts ja schon bei Mendelssohn), sondern wie genial er dieses Auskomponieren vornimmt, wie er trotzdem einen Zusammenhang über das ganze Stück hinbekommt (durch die Thematik des Halbkreises bei den Anfangsakkorden, die dann immer mehr erweitert werden, immer lauter, immer schneller und immer wieder auftauchen) - das ist einfach genial! Ebenso das allmähliche Beschleunigen durch die Notenwerte an sich, zusammen mit der Beschleunigung des Metrums (bei mir sind meistens die Achtel am Anfang gleich schnell wie die Halben am Ende - und bei diesen Achteln hätte man mit dem Klavier keine Chance, da einen Bogen zu ziehen!), erst langsame Achtel, dann kolorierende Sechzehntel (Achtel sind immer noch vorherrschend), in der zweiten Strophe dann kommen die ersten "wahren" Triolen ("Zion hört die Wächter singen, das Herz tut ihr vor Freude springen" - es heißt ja nicht irgendwie "Choralbearbeitung", sondern es ist ganz ausdrücklich eine "Fantasie über den CHORAL (also auch mit Inhalt und allem!!!) Wachet auf, ruft uns die Stimme" - ich verstehe dein Argument somit nicht ganz, dass man das so damals nicht mehr hätte machen sollen/dürfen/wollen), doch sofort gehts weiter mit Sechzehnteln, immer weiter, dann kommen Sechzehnteltriolen, und dann, dann sind wir wieder bei der Idee des Anfangs, aber total ins Grausame karikiert, so laut, so schräg, so hässlich, so desorientierend wie möglich (mein Orgellehrer spricht da - also vor "nun komm, du werte Kron" gerne von einer "Konstruierten Desorientierung"), zwei letzte Donnerschläge - dann die große Ruhe, das inständige, liebliche, an Schönheit kaum zu überbietende Gebet, als letzte (Grabes-?)Ruhe vor dem Himmelreich (der Fuge).
    Ich muss gestehen, dass ich diese Zeilen total enthusiastisch geschrieben habe - allein der Gedanke an diese Musik reichte aus, um mich "weg" zu bringen... Sachlicher solls weitergehen:
    Ich habe jetzt versucht, etwas von der Form, von der Idee und Genialität des Stückes und des Komponisten (denn trotz allen Durchdenkens ist es ja immer noch sehr, sehr anhörbare, begeisternde Musik!) hier zu schreiben. Allerdings muss man ja auch sehen, dass dieses Stück in einem Kontext steht:


    Alle Menschen müssen sterben (Endlichkeit des menschlichen Lebens, quasi der Vorgang des Sterbens (so hört es sich ja auch an)


    Wachet auf, ruft uns die Stimme (im Tode quasi die Stimme des Engels, der zum jüngsten Gericht ruft, zur Hochzeit des Himmlischen Jerusalem)


    Halleluja! Gott zu loben, bleibe meine Seelenfreud (der ewige Lobpreis Gottes)



    Wie nun sind diese Stücke miteinander verwoben? Ich habe leider die Noten nicht zur Hand (da ich an "Freu dich sehr" sitze und sie deshalb auf der Orgel sind), ich versuche es, aus dem Gedächtnis wiederzugeben. Zumindest für Nr. 2 und Nr. 3 bekomme ich es hin. Am Ende der Wachet auf-Fuge, zum letzten Akkord (nach jenem wahnsinnigen C-Dur, der übrigens im ganzen Stück nur sieben mal auftaucht!!!), will Reger im Pedal ja noch das gis, und zwar um eine Viertel (meines Wissens) versetzt. Dieser Ton bringt nochmals richtig Power und füllt den Klang an - da bebt dann die Kirche. Doch warum zeitlich versetzt? Das passt doch irgendwie gar nicht, weil danach ja nichts mehr kommt...
    Die Lösung findet man auf der nächsten Seite: Sopran von "Halleluja", erster Einsatz: Töne h'' und e''' (nach dem h'' zimmert er im Pedal dieses unglaubliche D hinein - nichts wars mit "Ende gut, alles gut"). Schluss von Wachet auf und Anfang von Halleluja sind also: [Wachet auf: obere Stimme des Pedals:] e-gis [Halleluja, Sopran]: h ('') e (''') - der E-Dur-Dreiklang; eigentlich wäre jetzt ja alles perfekt, aber da es etwas perfektes nur bei Gott, nicht bei den Menschen gibt, muss dieses D, das alles wieder ändert, kommen. Zum Akkord: Man könnte sich natürlich auch überlegen, wie es aussähe, würde man noch mehr in den Stimmen wandern, also tiefe Stimme Pedal: E, obere Stimme Pedal gis, linke Hand h', rechte Hand e'''... Somit hätte man im Prinzip den gesamten Tonumfang abgedeckt, als Übergang von der Ruhe der Toten zum Ewigen Leben, als eine geniale Leiter zum Himmel...


    Ok - ich muss essen gehen; bei Interesse kann ich gerne noch mehr schreiben.


    Einfach mal durchdenken.


    Viele Grüße

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Hallo Sebastian,


    Zitat

    es heißt ja nicht irgendwie "Choralbearbeitung", sondern es ist ganz ausdrücklich eine "Fantasie über den CHORAL (also auch mit Inhalt und allem!!!) Wachet auf, ruft uns die Stimme" - ich verstehe dein Argument somit nicht ganz, dass man das so damals nicht mehr hätte machen sollen/dürfen/wollen)


    Wie ich bereits geschrieben habe, erschließt sich das Werk dem Hörer nur über die - exakte - Kenntnis des Textes. Anders: Ohne Kenntnis des Textes ist das Stück m.E. nicht lebensfähig, d.h. ermöglicht keine sinnvolle Rezeption. So dicht am Text zu komponieren, halte ich daher für einen erheblichen Schwachpunkt.


    Zitat

    Es kommt ja nicht darauf an, dass er die Zeilen einzeln ausgestaltet hat (nicht nur die Strophen, das gibts ja schon bei Mendelssohn), sondern wie genial er dieses Auskomponieren vornimmt, wie er trotzdem einen Zusammenhang über das ganze Stück hinbekommt


    Ich finde die Ausgestaltung der Strophen nicht genial, die Musikalisierung des Textes scheint mir plausibel, aber irgendwie brav. Triolen beim springenden Herz, fallende Arpeggien bei "ihr Freund kommt vom Himmel prächtig" usw. Die Einwände sind fast dieselben, die man z.B. gegen eine sinfonische Dichtung von Richard Strauss erheben kann.
    Wie ich bereits schrieb, wirkt außerdem zu vieles auf mich, wie ein leicht von der Hand gegangener Kontrapunkt. Er nutzt den Choral quasi als cantus firmus und kann ihn handwerklich solide kontrapunktisch umspielen. Und das im Jahr 1900?
    Die besseren Stellen des Werkes sind m.E. jene, wo der cantus firmus unterbrochen ist.


    Noch zu einem Detail:

    Zitat

    doch sofort gehts weiter mit Sechzehnteln, immer weiter, dann kommen Sechzehnteltriolen, und dann, dann sind wir wieder bei der Idee des Anfangs, aber total ins Grausame karikiert, so laut, so schräg, so hässlich, so desorientierend wie möglich (mein Orgellehrer spricht da - also vor "nun komm, du werte Kron" gerne von einer "Konstruierten Desorientierung")


    Die Stelle finde ich weder grausam, noch schräg oder häßlich. Müßte aber nochmal die Noten rauskramen, um es zu verifzieren. Es besteht auch kein Anlaß zu einer grausamen Karikatur, heißt es doch:


    "Ihr Freund kommt vom Himmel prächtig,
    Von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig;
    Ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf.
    Nun komm, du werte Kron"


    Das lyrische Ich dieses Stückes ist einfach ein wenig vom Licht geblendet, das klingt nicht schräg und häßlich, sondern hat m.E. die unsichere Überraschung durch das gleißende Licht.


    Gruß


    Andreas


    P.S. Das die drei Fantasien op. 52 philosophisch und musikalisch zusammengehören, will ich in keiner Weise bestreiten, ist eigentlich nicht zu übersehen.

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Zitat

    Am Ende der Wachet auf-Fuge, zum letzten Akkord (nach jenem wahnsinnigen C-Dur, der übrigens im ganzen Stück nur sieben mal auftaucht!!!), will Reger im Pedal ja noch das gis, und zwar um eine Viertel (meines Wissens) versetzt. Dieser Ton bringt nochmals richtig Power und füllt den Klang an - da bebt dann die Kirche. Doch warum zeitlich versetzt? Das passt doch irgendwie gar nicht, weil danach ja nichts mehr kommt...Die Lösung findet man auf der nächsten Seite: Sopran von "Halleluja", erster Einsatz: Töne h'' und e''' (nach dem h'' zimmert er im Pedal dieses unglaubliche D hinein - nichts wars mit "Ende gut, alles gut"). Schluss von Wachet auf und Anfang von Halleluja sind also: [Wachet auf: obere Stimme des Pedals e-gis [Halleluja, Sopran]: h ('') e (''') - der E-Dur-Dreiklang; eigentlich wäre jetzt ja alles perfekt, aber da es etwas perfektes nur bei Gott, nicht bei den Menschen gibt, muss dieses D, das alles wieder ändert, kommen.



    Vorsicht Sebastian!!!


    das klingt sehr nach einer gefährlichen Übersteigerung - kann es sein, daß du zuviel über Bachs Zahlensymbolik gelesen hast?


    Mein Tip: zur Ausnüchterung ein bißchen Buxtehude, um wieder Klarheit zu gewinnen...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Naja - für mich persönlich klingt es sehr, sehr nachvollziehbar. Und es passt halt total...

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Da mir diese Aussage vom Tastenwolf in einem anderen Thread etwas OT erschien, stelle ich sie mal hier zur Diskussion, da es meines Wissens auch noch keinen Thread über Regers Nicht-Orgelmusik gibt.


    Zitat

    Übrigens bin ich überzeugt, daß Regers Musik gar nicht bombastisch ist - wird nur oft so interpretiert, da er recht ungeschickt notiert hat. An alten Aufnahmen sollte man sich hier vielleicht nicht orientieren.


    Bombastisch würde ich Regers Stil nicht bezeichnen wollen, durchaus aber als sehr klangvoll und sehr inhaltsreich.
    Seine Notation kenne ich von den Choralfantasien, das geht mitunter drunter und drüber. Ich würde erst einmal eine Weile brauchen, das alles zu entstricken.



    Gruß, Peter.

  • Es geht nach einiger Eingewöhnungszeit eigentlich erstaunlich schnell - vor zwei Jahren habe ich für das Wachet auf ein halbes Jahr gebraucht (bis technisch alles gesessen hat) und war lange, lange Zeit damit beschäftigt, überhaupt zu verstehen, was Reger wollen mag. Jetzt habe ich gerade das "Freu dich sehr, o meine Seele" (op. 30) abgeschlossen und hatte eigentlich nur Probleme, das Ganze in die Finger zu bekommen. Ok, das Werk ist etwas früher als op. 52 entstanden, aber trotzdem... Egal - es ist und bleibt tolle Musik, und auf der richtigen Orgel gespielt (z.B: in St. Nikolai, Lüneburg), klingt es nicht bombastisch, sondern eher (im Gegenteil?) mystisch, mit viel Tiefenwirkung und einem gigantischen Effekt!


    Viele Grüße

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

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  • Die folgende CD hat zwar kein reines Reger-Programm und wurde vn mir schon kurz erwähnt, aber sie (meiner Ansicht nach) sehr schöne Reger-Interpretationen enthält, möchte ich sie nochmals anführen:



    "Touch down in Riga"
    Iveta Apkalna plays...
    - Hakim: Bagatelle
    - Reger: Orgelsonate Nr. 1 (op. 33)
    - Reger: Choralfantasie "Wie schön leucht' uns der Morgenstern"
    - Vasks: Orgelkonzert "Cantus ad pacem"
    An der Walcker-Orgel im Dom zu Riga
    querstand, 2004
    DDD


    Die Walcker-orgel in Riga ist eines der größten und schönsten Instrumente ihrer Art und ideal für Regers Orgelmusik. Während es von der Morgenstern-Fantasie einige Aufnahmen gibt, wird die erste Orgelsonate von Reger leider sehr selten (ein-)gespielt. Umso schöner, sie auf dieser CD zu finden. In der monumentalen Passacaglia kann man die unglaubliche Klangvielfalt des Instrumentes erahnen.


    Iveta Apkalna, die aus Riga stammt und mit der Orgel seh vertraut ist, stellt ihre technischen Fähigkeiten ganz in den Dienst der Musik. Sie lässt sich beim Spielen sehr viel Zeit, so dass jeder Moment ausgekostet und genossen werden kann.


    Leide rlässt das Booklet ein bisschen zu wünchen übrig. Das Interview mit und die Biografie der Interpretin und die Disposition der Orgel sind zwar sehr interessant bzw. "Standard" für eine Orgel-CD, aber ich hätte mir für das Booklet noch mehr Infos über die Orgel selbst (anstatt des Domes) und die Werke gewünscht.


    Gruß
    Karsten

  • Vor einigen Tagen ist Vol. 7 der Naxos-Reihe von Regers Orgelwerken erschienen. Dieses Mal spielt Edgar Krapp an der Eisenbarth-Orgel in der Kathedrale zu Passau.



    Zuerst zu hören ist die Sinfonische Fantasie und Fuge op. 57.
    Ein sehr gewaltiges und gewichtiges Werk, das Reger Gustav Beckmann gewidmet hat, der es 1904 3 Jahre nach der Komposition erst spielte. Uraufgeführt wurde das Werk schon 2 Jahre vorher von Karl Straube.
    Das Stück ist vom technischen Anspruch enorm hoch, aber nicht nur der Interpret wird gefordert, auch der Zuhörer hat Mühe, sich zurechtzufinden. Als Anregung für diese Komposition diente Dantes "Inferno". Die Fantasie ist hauptäschlich im Sonatenhauptsatz gehalten, der von der regerschen Chromatik sehr geprägt ist.


    Schon viel eingängiger sind die 7 Orgelstücke op. 145.
    Diese entstanden im Winter 1915/1916. Die Sätze sind thematisch aufgebaut. Der erste Satz ist eine Trauerode und erinnert an die im Krieg gefallenen Soldaten (1914/15). Ein dunkles Stück, das sich später aufhellt und den Choral "Was Gott tut, das ist wohlgetan" zitiert.
    Es folgt ein Dankpsalm im 2. Satz. Dieser ist dem deutschen Volk gewidmet. Wieder wird der Choral aus dem ersten Satz verwendet, dieses Mal in einer anderen Variation. Ein zweiter bekannter Choral folgt: "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren."


    Die folgenden Sätze sind nach den wichtigen Ereignissen des Kirchenjahres thematisiert. Es geht los mit Weihnachten und in diesem Stück verwendet Reger 3 alte Kirchenlieder: "Es kommt ein Schiff geladen", "Vom Himmel hoch" und "Stille Nacht".
    Es folgt die Passion, ein sehr ernstes Stück. Man vernimmt den Choral "Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen".
    Auf die Passion folgt bekanntlich Ostern. Das ist wiederum von Freuden durchstrahlt und bildet den Gegensatz zum Passionsteil. Der verwendete Choral ist hier "Auferstanden, auferstanden".
    50 Tage nach Ostern feiert die Christenheit das Geburtsfest der Kirche: Pfingsten. Reger nähert sich hier allmählich dem Choral "Komm, Heiliger Geist, Herre Gott" an.


    Damit ist das Kirchenjahr durchlaufen und am Ende der 7 Stücke steht die Siegesfeier. Ein toccatenähnliches Stück, in dem auch wieder 2 bekannte Werke verarbeitet werden. Zunächst hört man triumphal den alten Choral "Nun danket alle Gott". Schlussendlich ertönt zuerst im Pedal, dann in der Oberstimme das Deutschlandlied, unsere heutige Nationalhymne, die dann den Zyklus strahlend beschließt.


    Insgesamt ein wirklich beeindruckender Zyklus, der viele bekannte Melodien erhält und trotzdem als Werk für sich steht.



    Liebe Grüße,
    Peter. :hello:

  • Ich wollte eigentlich einen eigenen Tread dazu eröffnen, aber ich denke doch, dass es hier gut aufgehoben ist.
    Mein Problem ist folgendes:
    Ich muss in der schule eine Facharbeit schreiben (10 Seiten in Form wissenschaftlicher arbeit).
    Da ich sonst nichts kann :D habe ich mich für Musik entschieden. Als mögliches Thema habe ich mir die Chromatische Polyphonie von Reger rausgesucht. Das Problem an der Sache ist, dass es dazu so gut wie kaum Informationen gibt.
    Geplant habe ich die Facharbeit so, das ich eine Kurzbiographie Voranstelle, die Prinzipien der chromatischen Polyphonie erläutere, und diese anhand einer analyse verdeutliche.
    Dazu müsste ich wissen, ob Reger vielleicht in einem Musiktheoretischen Werk die Regeln der chromatischen Polyphonie verfasst hat.
    Und noch wichtiger...Ich müsste mir die Noten von einem Werk besorgen, was als Paradebeispiel für die chromatische Polyphonie steht. Da habe ich jetzt auf die Regerexperten gehofft, dass die mir ein solches Stück nennen können.
    Ám besten auch wirklich ein Orgelstück, da ich Orgelnoten relativ leicht lesen kann, und mich nicht mit einer Orchesterpartitur rumschlagen will.
    Danke schon mal im Vorraus.


    LG
    Toni


  • MAXimum REGER
    Max Reger: Favourite Organ Works

    - Phantasie & Fuge über B-A-C-H op. 46
    - Benedictus op. 59, 9
    - Introduktion & Passacaglia d-moll
    - Melodia op. 129, 4
    - Capriccio op. 129, 5
    - Basso ostinato op. 129, 6
    - Phantasie über "Wachet auf, ruft uns die Stimme" op. 52, 2
    Peter Sykes
    Steinmeyer-Orgel (1931) Cathedral of the Blessed Sacrament Altoona (Pennsylvania)
    Raven
    DDD


    Eine wunderschöne und stimmige "Einsteiger-Platte" mit den beliebtesten Orgelwerken. Aber auch erfahrene Hörer wrrden sicher gefallen finden: Ein fantastisches Instrument (fast) aus der Regerzeit, ein technisch sehr versierter Interpret und eine gute Aufnahmetechnik.
    Leider ist das informative Booklet nur auf Englisch.


    Sykes weiß es, die Klangegewalt und auch -schönheiten dieser Orgel auszukosten (keine überhetzten, aber auch keine unnötig breiten Tempi). Wenn man diese hochromantische Reger-Aufnahme hört, glaubt man kaum, dass es sich bei Sykes auch um einen der besten Cembalo-Studenten von Ton Koopman handelt!


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Original von Karsten


    Die CD scheint leider vergiffen zu sein. Ob und wann sie wiederaufgelegt wird, müsste man bei Naxos in Erfahrung bringen. Die Tatsache, dass sie schon vergriffen ist, spricht für die Qualität von Interpret, Interpretation und Orgel...


    Wie ich gerade bei jpc gesehen habe, scheint es Vol. 2 wieder im Handel zu geben. Also die Chance für alle Reger-Freunde, eine richtig gute Orgel-Aufnahme zu bekommen!




    LG, Peter.

  • Hallo zusammen,


    kennt von euch jemand diese Aufnahme hier?


    Reger: Chorale Fantasias
    Wouter Van Den Broek


    Viele Grüße
    Frank

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  • Hallo!


    Mal das üblichen Kauf-Argument "Zu dem Preis kann man nix falsch machen" beisete gelassen:


    Wouter van Broek spielt niderländische Orgeln mit starkem barocken Einshclag, teilweise historische Instrumente aus dem 18. Jahrhundert (bzw. mit viel Pfeifenmarerial aus dieser Zeit).


    Diese Klangbild hat erst einmal nichts, rein gar nichts mit Regers Orgelklangwelt zu tun. Er hatte eher romantische Instrumente des (späten) 19. Jahrhunderts "im Ohr".


    Sehr viele Details und Schattierungen der Partitur gehen aufgrund der Klangmöglichkeiten der verwendeten Orgeln verloren.


    Will man die Werke und Reger kennenlernen, so empfehle ich zunächst Aufnahmen versierter Interpreten an historischen Instrumenten. Solche Aufnahmenwurden hier im Thread schon genannt.
    Wer dann eine völlig andere Herangehensweise kennenlernen will, dem sei als Zweit- (besser aber als Dritt)-Aufnahme Wouter van Broeks Aufnahme ans Herz gelegt.


    Gruß
    Karsten

  • Hallo Karsten,


    vielen Dank für deine Einschätzung.
    Bisher kenne ich Regers Orgelwerk nur flüchtig von den ersten beiden CDs aus der Naxos Reihe. Dort war der Funke für mich nach einmaligem Anhören nicht übergeschlagen. Viel weniger, als z.B. bei Regers Klavierwerken. Dies mag aber damit zusammenhängen, dass romantische Orgelwerke für mich insgesamt Neuland sind und mein Anhören von Orgelwerken sich bisher auf diejenigen von J.S. Bach beschränkte. Vielleicht gebe ich aber erst mal den Naxos-CDs noch eine Chance und höre diese erneut.


    Meine Frage war dadurch entstanden, dass ich über die oben genannte Brilliant-Aufnahme quasi zufällig gestolpert war, welche ich noch gar nicht kannte, da sie bei JPC nicht im Angebot sind. Der von dir beschriebene eher barocke Klang, könnte mir sogar entgegenkommen, obwohl er womöglich für Reger anachronistisch ist...


    Viele Grüße
    Frank

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  • Zitat

    Original von Frank1970
    Bisher kenne ich Regers Orgelwerk nur flüchtig von den ersten beiden CDs aus der Naxos Reihe. Dort war der Funke für mich nach einmaligem Anhören nicht übergeschlagen.


    Hallo!


    Die auf diesen (sehr guten!) Naxos-CDs eingespielten Werke sind auch alles andere als Werke für "Einsteiger".


    Zum Einstieg würde ich - wie schon gesagt - mal zu einer Reger-CD mit einem "Best of"-Programm raten. Die in diesem Threade erwähnte Aufnahem von Peter Sykes bietet sich da recht gut an.


    Gruß
    Karsten

  • Hallo zusammen,
    kennt jemand diese Reger-Einspielung (3 CD Box):


    Max Reger: Complete Organ Works "The major works based on chorales"
    David Goode / Bath Abbey, erschienen bei HERALD GB.


    Ist sie gut?

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  • Hallo!


    Diese Einspielung von Goode ist gar nicht mal so schlecht aber auch nicht herausragend. Alles recht brav und sauber gespielt. Die moderne Klais-Orgel klingt ok, ist aber natürlich kein deutsch-romantisches Instrument. Die CD-Box beinhaltet nur ein faltblatt als Booklet. Die umfangreicheren Einführungstexte konnte man sich als pdf im Internet bspeichern.


    Es ist meines Wissens leider bei der ersten Box geblieben, seitdem sind keine weiteren Folgen erschienen und weitere Folgen wurden auch nicht angekündigt. Mittlerweile lebt Goode in den USA...


    Wenn man güsntig an die CD herankommt, kann man ruhig zugreifen...


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Original von Fagott
    Vielen Dank! Sehr hilfreiche Infos. Wo kann man die genannten Texte herunterladen?


    Wo man es zur Zeit KANN, weiß ich nicht. Wenn ich mich recht erinnere, KONNTE man es damals auf der offiziellen Herald-Internetpräsenz runterladen. Den genauen Link weiß ich nicht, man bemühe bitte die einschlägigen Suchmaschinen...


    Gruß
    Karsten


  • Hallo,


    habe gerade diesen Reger-Thread entdeckt, aber nur überflogen.
    Habe von Reger einiges auf der Orgel gespielt, finde seine Orgelwerke sehr bedeutend, allerdings auch seine Kammermusik (Solowerke für Cello, Klavier etc., aber auch Ensemblemusik) sowie die symphonischen Sachen.


    Eine Schallplatte, die ich sehr mag, ist folgende:



    MAX REGER SPIELT EIGENE ORGELWERKE


    Ich weiß nicht, ob sie inzwischen wieder erhältlich ist, weiß auch nicht, wie ich hier das Cover reinstellen kann. Es ist eine orangefarbene Hülle mit Regers Kopf darauf, EMI Electrola - Dacapo-Auslese, 1961, und Reger spielt diverse Stücke (Choralvorspiele, Präludium op. 85,3, Fuge op. 56,3, Melodia B-Dur op. 59, Romanze, Moment musical, Benedictus u. a.).


    Beginn des Plattentextes: "Zu Lebzeiten Regers gab es neben dem noch sehr unvollkommenen Verfahren, Musik auf einer Wachs-Schallplatte festzuhalten, noch eine weitere auf Tasteninstrumente beschränkte Methode: Orgelspiel z. B. konnte auf papierne Rollen, sog. "Orgelwalzen" übertragen werden, d. h. je nach Tonlage, -dauer und -stärke wurden Löcher in die Orgelwalzen eingestanzt. Werden die Rollen wieder in eine dafür präparierte Orgel eingesetzt, gibt die Orgel (...) die Aufnahme so wieder, wie der Interpret und Komponist Reger sie seinerzeit eingespielt hat." usw.


    Sollte das hier schon irgendwo im thread erwähnt worden sein, bitte ich um Verzeihung - habe wie gesagt noch nicht alles gelesen.


    Mir gefällt die Platte sehr gut, Reger spielt hier sehr innig. Wie auch auf der LP vermerkt ist:
    "Für den heutigen Interpreten Regerscher Orgelmusik ist lehrreich, dass Reger nicht nur im Gegensatz zur Tendenz der damaligen Orgel oft architektonisch registrierte, sondern dass er sich dann auch nicht mehr an die von ihm selbst gegebenen dynamischen Vorschriften hielt. (...) Reger spielt durchweg langsamer als er es selbst vorschreibt. Dieser Umstand war ihm an sich genau bekannt (...) In dem Choralvorspiel "O Welt..." op. 67,33 fügte Reger eine ganze Anzahl von Fermaten und Luftpausen ein, die nicht in der Partitur stehen - ein weiterer Fingerzeig für den heutigen Regerspieler." Ah ja, da steht's auch mit dem innigen bzw. innerlichen Spiel: "Solche authentischen Hinweise für die moderne Regerinterpretation sind für uns ebenso wertvoll wie die Andacht und die Innerlichkeit, die von Regers Spiel dieser verhältnismäßig einfachen Stücke ausstrahlen." (Hans Klotz)


    Grüße,


    Christoph


  • Hallo,


    Regers Orgel-Spätwerke sollen von der Schwierigkeit der Kompositionsstruktur und der techn. Anforderungen mit seinem zunehmenden Alter weniger anspruchsvoll sein.*


    Als unverbindlichen Vorschlag und Anregung habe ich nun aus der Box und den entspr. CDs einige Werke ausgewählt und dazu je eine passende YouTube –Einspielung eingestellt. Es können nun also Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden miteinander leicht verglichen werden.


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    FRÜH


    A – Suite, e-Moll, op. 16, 1895
    CD 12,Track 4, nur Passacaglia, - K. Sturm, Kathedrale St. Martin Rottenburg, Sandtner-Orgel, 14:14
    https://www.youtube.com/watch?v=hajah0cHlFo



    B – Choralfantasie, op. 27, 1898
    CD 8, Track 1 - M. Welzel, Kathedrale Trier, Klais-Orgel, 16:11
    https://www.youtube.com/watch?v=tCtD9O7hBnc



    C – Choralfantasie, op. 30, 1898
    CD 10, Track 19 - M. Welzel, Kathedrale Trier, Klais-Orgel, 24:42
    https://www.youtube.com/watch?v=kLOMPI3txxE


    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------


    MITTEL


    D - Variationen und Fuge über ein Originalthema, fis-Moll. op. 73, 1903
    CD 6, Track 8+9 - M. Welzel, Kathedrale Trier, Klais-Orgel, 37:13
    https://www.youtube.com/watch?v=LnT94g8nqa0



    E - Präludien und Fugen op. 85 - Nr. 1 cis-Moll, 1904
    CD 1, Track 8 - B. Haas, ev. Kirche Giengen, 10:09
    https://www.youtube.com/watch?v=XsezQ04-HU8


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    SPÄT


    F - Introduktion, Passacaglia und Fuge, e-Moll, op. 127, 1913
    CD 2, Track 1 - L. Lohmann, ev. Kirche Giengen, 28:18
    https://www.youtube.com/watch?v=oGkJeVyT2vM



    G - Neun Stücke op. 129, 1913
    CD 2 L. Lohmann, ev. Kirche Giengen - daraus
    Track 2 - Toccata und Fuge in d-Moll, 8:14
    Track 4 - Melodia in B-Dur, 3:18
    Track 6 - Basso Ostinato in g-Moll, 3:23
    https://www.youtube.com/watch?v=-ema-8BLOlk (Track2)
    https://www.youtube.com/watch?v=28_F-jG9tKY (Track 4)
    https://www.youtube.com/watch?v=fzt7sD1KqaI (Track 6)



    H – Fantasie und Fuge, d-Moll, op. 135b, 1916
    CD 3, Track 7+8 - H. J. Kaiser, große Orgel der Kathedrale Fulda 15:46
    https://www.youtube.com/watch?v=TkudL3_0VFM


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    Bevor ich nun meine Meinung* dazu poste, habe ich die Idee, den Forianern/innen den Vortritt zu lassen.


    Viele Grüße
    zweiterbass – ein Orgellaie.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    eine voreilige (und in Folge) falsche Fragestellung von mir im Beitrag Nr. 56! – aus so wenig Werken ist die Frage, ob die Schwierigkeiten (Werkstruktur, spielerische Anforderungen) von Regers Orgelwerke von ihrer Entstehungszeit/Regers Lebensalter abhängt, nicht zu klären. ***


    Trotzdem nun kurze Bemerkungen zu den von mir vorgeschlagen Werken, dabei dient stets Beitrag Nr. 56 als Basis.


    Früh
    A – Suite, e-Moll, op. 16, 1895, nur Passacaglia – aufgrund der Form leicht nachzuvollziehen, die Variationen im Manual gut erkennbar, die beiden Aufnahmen gehen von rd. 12:00 bis 15:00 min. - eine ziemlich umfangreich Passacaglia –
    leichteres Werk.
    Im Vergleich zu YouTube halte ich die CD für die bessere Aufnahme, wegen des angemesseneren (schnelleren) Tempos, der abwechslungsreicheren Dynamik und der besseren Transparenz aufgrund der besseren Registrierung.


    B – Choralfantasie über „Ein feste Burg ist unser Gott“ op. 27, 1898 – das Kirchenlied ist bekannt, und Reger lässt seine Phantasie rd. 15:00/16:00 min. schweifen; seine Fantasie-„Einfügungen“ sind z. T. nicht unmittelbar dem Kirchenlied zuzuordnen – leicht mittelschweres Werk.
    CD und YouTube sind für mich gleichwertig, dabei spricht mich das etwas schnellere Tempo der YouTube-Einspielung mehr an.


    C – Choralfantasie über „Freu dich sehr o meine Seele“ op. 30, 1898 – das Kirchenlied ist weniger bekannt; die Laufzeiten schwanken zwischen rd. 21:00/24:00 min. – der Beginn des Werks macht aufgrund des freudigen Tempos den Einstieg etwas leichter –
    mittelschweres Werk.
    Beide Aufnahmen sind ebenbürtig und werden jeweils auf Klais-Orgeln interpretiert. Dabei gehen die Organisten, was das Tempo betrifft (und auch z.T. die Dynamik), unterschiedliche Wege; der Organist von YouTube mit rd. 21:00 min. hat ein ziemlich gleichmäßig flottes Tempo – der CD-Organist betont die unterschiedlichen Tempovorgaben (schnell-schneller, langsam-langsamer) und kommt so auf rd. 24:00 min., was ich gut finde.



    Mitte
    D – Introduktion, Variationen und Fuge über ein Originalthema, fis-Moll. op. 73, 1903 - ungewöhnlich, dass Introduktion und Variationen 32:00 min. einnehmen und Reger der Fuge nur 5 min. einräumt.
    Ich hörte dieses Werk mit KMD B. Buttmann (von ihm stammt die neueste Gesamtaufnahme aller Orgelwerke Regers, 16 CDs/OEHMS Classics) in St. Sebald, Nürnberg. Zu diesem Werk gab er eine kurze Erklärung - Gedächtniszitat: „Mühen sie sich bitte nicht, die Struktur des Werkes erfassen zu wollen, das ist nach erstmaligem bzw. jetzt einmaligem Hören unmöglich. Geben sie sich bitte ganz der Musik, dem Klang der Orgel, hin – das ist der beste Weg, in dieser Situation dieses Werk Regers mit Gewinn zu hören.“ (Was hauptsächlich für Introduktion und Variationen gilt – die Fugen-Einsatzstruktur ist deutlich hörbar, wenngleich Reger dann ein Klang (-spektakel?) vollführt.)
    Dem hatte und habe ich als Orgellaie nichts hinzuzufügen und war/bin für den Ratschlag sehr dankbar – sehr schweres Werk.
    (Vom Sinngehalt absolut identisch äußerte sich die hervorragende Organistin Ariane Metz in einem Orgelkonzert in der Altstädter Kirche, Erlangen, zu Regers Symphonischen Fantasie, op. 57.)
    Bei über ½ Stunde Werkdauer sind 2 min. Laufzeitdifferenz zu vernachlässigen, die Orgeln aber sind im Klang nicht zu vernachlässigen - YouTube, Rieger, Österreich - CD, Klais, Bonn, mit dem passenderen Klang, -volumen und Registrierung; die Interpretationen höre ich gleichwertig.



    E – Vier Präludien und Fugen op. 85, daraus Nr. 1, cis-Moll, 1904 – zwischen rd. 8:00/10:00 min. - dem Präludium/seinem Thema (für Reger sehr eingängig) kann ich gut folgen – die 4 Fugeneinsätze sind regelkonform – leicht mittelschweres Werk
    Das schnellere Tempo und die weniger romantische Registrierung (insbesondere bei der Fuge) der YouTube-Einspielung sprechen mich mehr an als die CD-Aufnahme.



    Spät
    F - Introduktion, Passacaglia und Fuge, e-Moll, op. 127, 1913 – zwischen rd. 28:00/31:00 min. - die 3 Teile des Werks halten sich in der Länge die Balance. Durch die Introduktion werde ich mit dem Thema der Passacaglia vertraut; die Introduktion beginnt allerdings sehr klangmächtig in ff, sodass ich erst nach einer Weile und mit p/mf das Thema „ausmachen“ kann, was sich als nicht „cantabile“ herausstellt und die großen Dynamikunterschiede zwar Abwechslung bringen, aber nicht unmittelbar dem Verständnis dienen. Die Form der Passacaglia erleichtert mir das Verständnis und hier tragen die Variationen sehr zur Abwechslung bei. Ungewohnt sind die ersten 2 Fugeneinsätze in pp und in hohen Lagen des Manuals (nachdem die Passacaglia in ff endet, erkenne ich nicht sofort das Thema, was sich durch die Themawiederholungen ändert). Das Werk/die Fuge endet in ff - nein es kommt noch eine pp-Passage, wodurch dann der Schluss in Dur und fff noch mächtiger wirkt –
    schweres Werk.
    Ich bevorzuge die CD-Aufnahme wegen des besseren Orgelklanges und des strafferen Tempos, obwohl die YouTube-Einspielung streckenweise die reichere Registrierung hat.




    G - Neun Stücke op. 129, 1913, daraus
    Nr. 2 Toccata und Fuge, d-Moll, rd. 9:00 min. – die Fugeneinsätze ab 3:00 min. sind regelkonform; bei der Toccata wechseln vollgriffige Akkordfolgen mit nur minimal akkordisch begleiteten Passagen – leichteres Werk
    (Hier musste ich gegenüber Beitrag Nr. 56 eine andere YouTube-Einspielung nehmen nämlich)
    https://www.youtube.com/watch?v=VFqeq34M0NI
    Die YouTube-Einspielung gibt der Toccata mehr Zeit/Raum und hat auch den besseren Orgelklang.
    Nr. 4 Melodia, B-Dur, rd. 3:30 min - ja, auch das ist Reger, eingängige Melodie, die durch kleine „Einschübe“ wie etwas verfremdet wirkt – leichtes Werk.
    (Auch hier musste ich gegenüber Beitrag Nr. 56 eine andere YouTube-Einspielung nehmen nämlich)
    https://www.youtube.com/watch?v=B6MNHTHwa24
    Der CD-Aufnahme gebe ich den Vorzug.
    Nr. 6 Basso Ostinato, g-Moll, rd.3:30 min - leichtes Werk.
    Auch hier ist die CD-Aufnahme meine Wahl.



    H – Fantasie und Fuge, d-Moll, op. 135b, 1916 - rd. 16:00/17:00 min. – große Dynamikunterschiede kennzeichnen die Fantasie, hinzukommen die für Reger typischen vielfältigen chromatischen Veränderungen/Variationen; dabei fielen mir die Wechsel der Tempi nicht sofort auf, wohl aber der Wechsel zum Tongeschlecht D-Dur, mit dem die Fantasie in ff endet. Die Fuge beginnt in ppp mit einem aus der Fantasie vorkommenden (?) Thema. Bei Laufzeit ca. 4:00/11:50 (CD/YT) kommt ein 2. Thema (?) hinzu, das dann mit dem 1. Thema verarbeitet wird zu einer Doppelfuge (?). In fff und sehr verlangsamtem Tempo endet auch die Fuge in (über?-)mächtigen D-Dur-Akkorden - sehr schweres Werk.
    Beide Aufnahmen sind für mich gleichwertig; vom Klang ist die CD besser, was an den unterschiedlichen Abspielgeräten liegen mag.




    Dieser Beitrag ist aufgrund der erforderlichen, aber zu kleinen Übersicht in Beitrag Nr. 56 und der sich daraus ergebenden Verflechtungen dennoch sehr umfangreich geworden und erfordert deswegen vom Leser einige Aufmerksamkeit.
    Ich werde in lockerer Folge jeweils zu einem weiteren Orgelwerk von Reger posten. Ob ich mir dann ein Urteil *** erlauben kann/will?


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    die 12 Stücke op. 59 (um die es nachfolgend geht), beenden die 4. CD des Vol. 1, was Teil einer Gesamteinspielung aller Orgelwerke von Reger in chronologischer Abfolge auf 16 CDs ist. Am Ende des Booklets werden zwar 4 Orgeln vorgestellt, aber keine direkte Angabe, welche der 4 CDs auf welcher Orgel; ich unterstelle mal, dass die vorgestellte 4. Orgel, Steinmeyer-Orgel (2-manualig + Pedal, keine Angabe über Bj.), Weiler (nicht Weiden!) für die 4. CD gilt. Organist Bernhard Buttmann, seit 2002 KMD an Nürnbergs ältester Hauptkirche St. Sebald, ist insgesamt m. E. konservativ eingestellt.


    Nr. 1 Präludium e-Moll – bis ca. 0:12 nicht ganz so geläufige Akkordfolgen, absolut tonal, aber eben ungewöhnlich. Bei 1:29 eine sehr überraschend starke Veränderung der Dynamik, übergangslos von f zu ppp und auch die Registrierung geht zu weicheren, sehr romantischen Klangbildern über - bei 2:10, auch übergangslos, wird 0:00 – 0:12 wiederholt, bis 1:29 variiert, was sich bis Ende bei 4:24 fortsetzt.


    Nr. 2 Pastorale F-Dur – über einem Orgelpunkt beginnt das gut zu verfolgende romantische Thema mit eben solchem pastoralen Klang, was auch beibehalten wird und sehr ruhig und abgeklärt bei 3:05 endet.


    Nr. 3 Intermezzo a-Moll – viele kurze Melodieeinfälle kennzeichnen das dynamisch unterschiedlich kurze (2:44) Werk.


    Nr. 4 Canon E-Dur – Kanon? – anfangs meinte ich eine Fuge zu hören – NEIN – bei einem Kanon setzen die Stimmen mit demselben Ton (Oktave = selber Ton) ein - hier ist es jedoch die Sexte (ohne Noten dauerte es eine Weile, bis bei mir „der Groschen gefallen war“).


    Nr. 5 Toccata d-Moll – hier wird „geschlagen“ (nämlich die Orgel); so unspezifisch die Bezeichnung Toccata für ein Musikstück (urspr. für Tasteninstrumente) ist, so auch diese Toccata; es ist eine Aneinanderreihung der verschiedensten Orgelmusik-Kompositionstechniken, incl. Regers „jeder Akkord kann jedem anderen Akkord folgen“.


    Nr. 6 Fuge D-Dur – ungewohnt (zumindest für mich) dass ein Fuge in den tiefen Registern des Pedals in ppp mit einer sehr beruhigenden Klangfarbe beginnt, was sich aber bald in den für Fugen üblichen Orgelklang ändert und hier speziell in den“ Reger-Orgelklang“, sodass die Fuge in ff und vollem Orgelwerk endet.


    Nr. 7 Kyrie eleison e-Moll – könnte dem Thema anfangs Ton für Ton der Text unterlegt werden? Registrierung, Tempo, Dynamik wechseln dann jedoch „ununterbrochen“ – es bleibt kaum Zeit, den lfd. Änderungen zu folgen. Der Satz beginnt ruhig mit tiefen Flötenregistern in pp, wird dann in allen Bereichen unruhig und endet auf einem Orgelpunkt ruhig dahinfließend.


    Nr. 8 Gloria in excelsis D-Dur – so hat ein „Gloria...“ zu beginnen! Dann vertont Reger in mf bis ff die menschlichen Vorstellungen von „in der Höhe“ - Für das himmlische „in der Höhe“ verbleibt nach meinem Gehör die Stimmen-Registrierung - aber wie ein von Ferne kommendes Echo (auf der leisesten Stufe ppp des Schwellwerks und 1 Oktave höher?). Das klingt ätherisch - losgelöst von Erdenschwere – von Reger wunderbar musikalisch transferiert, was aber nur eine kurze Episode bleibt – irdisch geht es freudig (auch im Tempo) weiter und endet, vor kurzem Innehalten, machtvoll in ff.


    Nr. 9 Benedictus Des-Dur – die anfangs hohe Registrierung des Manuals, verliert sich rasch in tiefere Lagen, kommt aber wieder an den Anfang zurück; der Mittelteil ab ca. 2:45 - der Einzug in Jerusalem oder nimmt er einen Teil des Agnus Dei vorweg? Ab 3:55 weiter in analoger Registrierung wie „das himmlische In der Höhe“ aus Nr. 8; der Satz endet in ruhigen Akkorden.
    (Ob die Nr. 7-9 als Teile einer Orgelmesse von Reger gedacht waren, die aber doch nicht zur Ausführung kam?)


    Nr. 10 Capriccio fis-Moll – ein Kaleidoskop verschiedenster Harmonien, Tempi, Dynamiken und Registrierungen, also überaus abwechslungsreich und im Detail schwer (aufwändig) beschreibbar.


    Nr. 11 Melodia B-Dur – der Name Capriccio trifft den Charakter des Stückes genau – Melodia? Die Melodie ist weder einprägsam noch singbar – ich würde es als (ein im Sprachgebrauch wenig gebrauchtes) Postludium bezeichnen - nachdenklich, in sich gekehrt/versunken, so endet der Satz auch pp in hohen Flötenregiestern.


    Nr. 12 Te-Deum a-Moll - ein sehr lebendiger, aufwärts strebender (trotz Moll) Satz, mit dem Reger durch viele Tonarten führt und in mächtigem Dur enden lässt. (Wie viele Orgelwerke von Bach stehen in Moll und enden auf dem letzten Akkord in „hoffnungsvollem“ Dur.)



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,

    auf der im Beitrag Nr. 56 vorgestellten Box sind auf der 7. CD sieben Orgelstücke op. 145 (1915/16).
    Edgar Krapp an der größten Kirchenorgel der BRD im Dom zu Passau. (Hauptorgel: Hauptwerk, Manual 1 – Positiv, Manual 2 – Schwell-Bombardwerk, Manual, 3 – Brustwerk, Manual 4 – Pedal. Chororgel: Hauptwerk, Manual I – Ober-Schwellwerk, Manual II – Positiv, Manual III – Pedal. Evangelienorgel: Manual V – Pedal. Epistelorgel: Hauptwerk, Manual 1 – Positiv, Manual2 – Pedal. Fernorgel-Echo: Werk, Pedal – insgesamt 223 Register mit 17.774 Pfeifen.)



    Trauerode – zur Erinnerung an die Soldaten, die 1914/15 im 1. Weltkrieg starben. Das Stück beginnt mit der ungewöhnlichen Verbindung verschiedener Mollakkorde (jeder Akkord kann neben jedem anderen Akkord stehen, so Reger) in sehr tiefen Registern, largo, ppp und entspricht der großen Trauer Regers. Tempo und Dynamik steigern sich und lassen auch die Empörung Regers spüren. Nach einem langen Orgelpunkt erfolgt der Wechsel in mittlere und höhere Register, aber auch nach Dur, was wohl den Wunsch nach Frieden ausdrückt, dem die stille Resignation und getroste Einsicht folgt - Reger zitiert den Choral „Was Gott tut, das ist wohlgetan…“ und lässt in einem ruhigen Durakkord enden.


    Dankpsalm – bevor für das Volk nach Kriegsende Dank aufkommen kann, intoniert Reger nochmals „Was Gott tut, das ist...“, nun aber mit Verzierungen, die frohgemut wirken. Mit dem mächtig registrierten Choralzitat „Lobe den Herren, den mächtigen…“ ist das Kriegstrauma zu Ende.


    Weihnachten – warum Regers Weihnachten anfangs so schwer und düster klingt, lässt mindestens zwei Interpretationen zu:
    „So war, vor 2000 Jahren, damals die Welt - und so ist unsere Welt auch heute immer noch.“
    „Dahinein schickt, nach christlichem Glauben, der Vater seinen Sohn.“
    Regers variiertes, kleines Choralvorspiel zu „Es kommt ein Schiff geladen...“ spiegelt die christliche, konfessionelle Realität. Übergangs- und wie schwerelos in höchsten Registern wird nun „Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring euch gute neue Mär…“intoniert – zumindest zwei Textinterpretationen wie vor:
    „Mär = Märchen – freilich ist es ein Märchen, wenn Vaters Sohn vom „hohen Himmel komm(t) en soll.“
    „Geschichtenerzähler gab es in unterschiedlichen Kulturkreisen und zu unterschiedlichen Zeiten. Deren Erzählungen – kein Märchen, sondern eine Mär mit meist sehr tiefen Erkenntnissen und Wahrheiten – freundlich und verstehenswert verpackt. (Ein bekannteres Beispiel mag die von Orff vertonte Mär von „Die kluge Frau“ sein.)“ Wenn nun in diesen Choral Reger fragmentarisch „Stille Nacht…“ musikalisch einflicht, dann sehe ich darin einen weiteren Gedanken, die Mär für sich zu entdecken. Regers Weihnachten endet mit einer kadenzähnlichen Wendung in ruhig dahinfließendem Dur.


    Passion - die musikalische Entwicklung knüpft an den 1. Teil der Trauerode an. Mit der fallenden Moll-Melodie des Chorals „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen...“ beginnt das Stück, die Dynamik nimmt zu um in mf/p mit dem Original-Orgelsatz des Chorals ruhig auszuklingen.


    Ostern - aufsteigende Melodik und Harmonik verbunden mit in Dur variierten Teilen des Chorals aus der Passion.


    Pfingsten – Reger „fällt nicht mit der Tür ins Haus“, er bereitet den Choral „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott...“ ausführlich vor durch Variationen mit Harmonikdurchgängen von Teilen des Chorals - erst dann der ganze Choral und zwar in ppp und hellen, durchsichtigen Registern; dem schließen sich steigende Dynamik und prachtvolle Registrierung an – in fff bei vollem Orgelwerk endet Regers Pfingsten in strahlendem Dur.


    Siegesfeier – die sehe ich nicht zu den Stücken Weihnachten bis Pfingsten gehörig.
    Anfangs präludiert es gewaltig, bevor „Nun danket alle Gott…“ intoniert und mit Zwischenspielen versehen wird. Zum Ende bearbeitet Reger entweder das „Deutschlandlied“ oder das „Kaierquartett“ von Haydn – auf jeden Fall aber in seiner Harmonik – und eine Siegesfeier muss prachtvoll registriert in fff enden.


    Auf YouTube gibt es div. Einzeleinspielungen der 7 Orgelstücke op. 145.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auf der in Betrag Nr. 56 vorgestellten CD Box ist auf der CD Nr. 12 die 7-sätzige Suite für Orgel Nr. 2 in g-Moll op. 92 zu hören: Kirsten Sturm auf der Sandtner Orgel, Kathedrale St. Martin, Rottenburg/Neckar. (Die folgenden Laufzeitangaben beziehen sich auf die CD).



    1. Prelude ¾
    L(aufzeit) 0:01 bis 0:19, T(akt) 1-9, in mf wird das Thema vorgestellt, endend cresc. mit ff rit.

    L0:20 bis 0:56, T10-25, in pp Themavariation; rechts Oberstimme, 1Takt absteigend, dann aufsteigend, L024, T11, rechts Unterstimme wie vor, L0:25, T13, links wie vor, L0:31, T16 das Pedal wie vor; L0:56, T25 pp rit.


    L0:57 bis L1:25, T26-34, in f Variation T1-9; L0:57 rechts Unterstimme, L0:58 links, L1:00 rechts Oberstimme, L1:02 Pedal; cresc. bis L1:25, T34 ff rit.


    L1:26 bis L1:36 T35-38, in p Teil-Themavariation, endend dim. pp rit.


    L1:37 bis L1:49, T39-41, in f Teil-Themavariation, Pedal aufsteigend, L1:39, T39, links zweistimmig, L1:42, T40, rechts zweistimmig, cresc. bis 1:49, T41 ff rit.


    L1:50 bis 2:06, T42-46, in p Teil-Themavariation, rechts Oberstimme Ostinato, rechts 2-stimmig Unterstimme, 1 Takt absteigend, dann aufsteigend, links L1:52, T43 wie vor, dim. bis L2:06, T46 ppp rit.


    L2:07 bis 2:25. T47-55, in mf variierte Wiederholung T1-9, cresc. bis L2:25, T 55 f rit.


    L 2:26 bis 2:47, T56-64, in pp Wiederholung T1-9, L2:47, T64 pp rit.


    L2:48 bis 3:19, T65-74, in f kommen nun rechts Ober-, Unterstimme, links und Pedal Bruchstücke des Themas, es entsteht ein Gehöreindruck, als würde das Thema in Dur erklingen; ab L2:57, T69 wird über „sempre poco a poco diminuendo“ ein pp bei L3:19, T74 erreicht und die Prelude endet auf einem langen Durakkord.


    Aus der Beschreibung ist ersichtlich, dass Reger (neben den Variationen in Rhythmik und Harmonik) besonders eine regelmäßig abrupt wechselnde Dynamik verwendet, was m. E. das Erkennen des Aufbaus der Prelude erleichtert und dazu deren Verständnis. Deswegen ist auch die Prelude gut und wesentlich leichter zu hören, als die Beschreibung zu lesen ist, was aber der Versuch war, die Struktur erkennen zu lassen.


    2. Fuge ¾ - hier sind auch Dynamik und Tempi in häufigem, raschen Wechsel, aber der Fugenstruktur angepasst.


    3. Intermezzo 6/8 – die Tempoangabe lautet „Andante“; durch sehr viele Sechzehntelläufe rechts, links, weniger im Pedal, kommt nur dann die Ruhe des Andante, wenn diese Läufe auf Achtelläufe reduziert werden und a tempo durch rit. beendet wird. Dynamikänderungen sind äußerst häufig, z. T. über bis zu 4 Takten, in welchen nach je zwei Achteln zwischen mf, p, pp, ff gewechselt wird. Dadurch entsteht ein unstetes/abwechslungsreiches Klangbild, was zum Ende in einem ausgeprägten rit. in ppp beruhigt in Dur ausklingt.


    4. Basso ostinato 4/4 – als wollte Reger den Beweis liefern, welch abwechslungsreiche Variationsmöglichkeiten sich ergeben (wodurch die „nervende“ Eintönigkeit des Ostinato aufgehoben wird), selbst bei einem – auch im Tempo - streng durchgehaltenen 4-Vierteltöne-Ostinato.


    5. Romanze 4/8 – genau wie Nr. 3 ist auch die Romanze von sehr häufigen, meist abrupten Dynamikänderungen gekennzeichnet, ebenso Tempoänderungen, wenn auch weniger häufig. Der romantische Klangeindruck entsteht durch die für Reger ungewöhnliche, leicht fassliche Harmonik – da folgen die Akkorde meist der gewohnten, traditionellen Harmonielehre. (Also hier nicht „jeder Akkord kann neben jedem anderen beliebigen Akkord stehen.)


    6. Tokkata ¾ - über 4 Takte in allegro moderato brennt Reger, nur mit Sechzehntelläufen im Manual, in f ein Feuerwerk ab. Dann folgt ein 5-taktiges quasi adagio, Manual und Pedal ppp, nur noch Achtelläufe. Das „Thema“ der ersten 4 Takte und das der folgenden 5
    wird in Teilen rechts, links, Pedal wechselnd variiert, dabei ändern sich sowohl Tempo als auch Dynamik abrupt häufig, sodass Struktur und Klangbild einer Toccata entsteht. Ab Takt 27 allegro moderato in ff, ab Takt 29 fff, „sempre fff e crescendo“ – mit Takt 31 beginnt ein breites rit. und bei Takt 32 findet der Satz in „Organo pleno“ ein äußerst prachtvolles Klangende.




    7. Fuge ¾, andante con moto - rechts Oberstimme in pp ein sehr klares, lebendiges 4-taktiges Thema, rechts Unterstimme ganz korrekt, links und Pedal 5-taktig, cresc. bis fff - L1:35, T31 Thema Umkehrung im Manual in p - L1:53, T36 Pedal variiert 4-taktiges Thema in f - L2:36, T48 Thema Oktavverdopplung im Pedal, ff cresc. - L2:48, T51 Pedal Orgelpunkt bereitet den Schluss der Fuge vor, ab L3:06, T55 fff rit. dann gesamtes Orgelwerk, adagio, Trugschluss auf Fermate und mächtiger Dur-Abschluss.


    Ich höre die Suite ohne und mit Erläuterungen mit gleicher Freude.


    Viele Grüße
    zweiterbass

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