Booklet-Texte - nötig oder überflüssig?


  • Die Doppel-CD mit Werken Franz Schuberts für Klaviertrio habe ich heute in meinem Briefkasten vorgefunden. wie es meine Gewohnheit ist, lese ich zuerst den Booklet-Text. Der Inhalt traf mich.


    Man muss wissen: Es ist die letzte Einspielung, die der im vergangenen Jahr verstorbene Pianist Lars Vogt noch machen konnte, die in diesen Tagen erscheint.


    Seine Mitmusiker Christian Tetzlaff und Tanja Tetzlaff schreiben nach dem Tod ihres engen Freundes über die Interpretation, die Werke und das Verhältnis, das Angesichts des Sterbens über der Musik Franz Schuberts liegt. Sie ist dem Andenken von Lars Vogt (1970-2022) gewidmet


    Noch nie hat mich ein Text so berührt, der von der Musik und den letzten Dingen, vom Leben zu mir spricht. Er ist mit den Worten des Pianisten übertitelt, die er nach Abhören der Tonaufnahmen seinen Freunden schrieb: "Solcher Ausdruck. Solche Fragilität, solche Liebe" -


    Die Musik Franz Schuberts war Lars Vogt eine Herzensangelegenheit. Damit ist noch nichts über die Interpretation der Werke gesagt. Das aufgezeichnete Gespräch bezieht sich auf die Erfahrungen der beiden Musiker, die sie mit ihrem Freund während und nach der der Aufnahmen der schubertschen Werke gemacht haben. Die Einspielung war kurz vor der Diagnose. Darf man solch persönliche Worte in einem Booklet äussern? habe ich mich gefragt. Es ist erlaubt. Sie haben Lars Vogt - und Franz Schuberts Musik - die Ehre erwiesen.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Blöd, wenn man die Titel-Nummern in silberner Schrift auf Blau setzt - sie sind nicht lesbar. Eine Frechheit.


    Wie überhaupt die kleinen Schriftgrößen oft eine Zumutung sind. Da hat sich bei der kompakten Gestaltung der Hüllen für die kompakten Scheiben, beides in Standardgröße, anscheinend niemand Gedanken gemacht.


    Das Booklet in der Schumann-Lieder-Box Gerhaher/ Huber hatte ich erst einmal in der Hand - und fast alle Seiten mit den Titelangaben sind herausgefallen. Schlechte Bindung, mangelhafte Herstellung? Sowas ist überflüssig, weil es den Wert der Box unterläuft, von der es letztlich egal ist, ob sie 50, 60 oder 70 Euro kostet.


    Ich will Booklets. Ich erwarte immer ein Booklet. Mit Werkeinführung, Worten der Interpreten. Biografien der Künstler brauche ich nicht, denn die altern so schlecht und sind meist dünne Marktingtexte.

    Wer meine Beiträge liest, weiß vielleicht, dass mir Angaben zum Klavierstimmer und dem Instrument wichtig sind. Ich schätze das - auch wenn ich de facto nichts damit "anfangen" kann. Bei Streichern wird auch gerne auf die "Dingenskirchen-Stradivari" hingewiesen, das uralte Cello eines italienischen Meister Eder, was weiß ich... ;-)


    Auch Information zum Aufnahmeort, den Daten, ob's live war, welche Technik - Mikrofone, DSD-Pulte und Lautsprecher etc. - verwendet wurden, finde ich immer lesenswert.

    Es lebe das gute Booklet.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Wie überhaupt die kleinen Schriftgrößen oft eine Zumutung sind. Da hat sich bei der kompakten Gestaltung der Hüllen für die kompakten Scheiben, beides in Standardgröße, anscheinend niemand Gedanken gemacht.

    Hat man die Booklets als pdf-Scan, kann man die Texte in vernünftiger Größe lesen ... :)

  • Booklet-Texte - so es sich um gute handelt - sind eine Quelle an Information, die oft die eines Konzertführers etc. übertrifft.

    Gelegentlich - speziell bei ausgefallenen - fast vergessenen Stücken - hat der Interpret das Booklet selbst verfasst. und da merkt man oft, wie wichtig ihm das Stück oder der Komponist ist. Etliches was im Tamino - Klassikforum in den Beiträgen zu finden ist stammt von der Substanz her aus Booklets. Natürlich wird man klugerweise nicht Texte abschreiben, da wäre das Copyright im Wege, sondern den Kern erfassen und wiedergeben, wenngleich die Beschreibung einer CD ja an sich eine Werbung für das Label ist - aber Recht muß Recht bleiben.

    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Das Label cpo, das Repertoire abseits des Gängigen veröffentlicht, ist vorbildlich, was den Informationsgehalt betrifft.


    https://www.jpc.de/jpcng/cpo/home


    Die Grösse der Schrift ist ein Problem, das man mit einer Leselupe beheben kann.


    Es gibt sie herkömmlich, als Tischlupe oder elektronisch.


    Die Technik ist soweit fortgeschritten, dass man sich Texte auch vorlesen lassen kann. Gesetzliche Krankenkassen stellen das Gerät Sehbehinderten zur Verfügung. Die Anschaffung kostet 3200 Euro. https://www.bhvd.de/produkte/fls/llp/index.html


    Günstiger ist die Computer Software ClaroRead 11 - Sie dient der Schreib-, Lese- und Scannunterstützung. Texte werden vorgelesen. Kostenpunkt zwischen 250 bis 490 Euro, je nach Ausführung. https://www.bhvd.de/produkte/ClaroRead/index.html

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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Beilagen zu Schallplatten. Texte auf der Rückseite, oder extra beigelegt habe ich früher gerne gelesen, Bilder angeschaut usw.


    Booklet Texte bei CDs sind für mich persönlich mittlerweile so was von überflüssig, weil ich sie nicht mehr lese, nicht mehr entziffern kann. Vor Jahren war das anderst, da habe ich sie noch lesen können und fand sie informativ.

    Heute kann ich die kleine Schrift (selbst mit Lesebrille, 3,5 Dioktrin) nicht mehr lesen.

    Und dass ich mich echt mit Lupe hinsetze um das zu lesen (wie es wohl manche hier machen) , nein Danke.


    Wenn ich über den komponisten, die Aufnahme , den Dirigenten oder das Orchester wirklich was wissen will , guck ich im Interent nach.

  • Booklet Texte bei CDs sind für mich persönlich mittlerweile so was von überflüssig, weil ich sie nicht mehr lese, nicht mehr entziffern kann. Vor Jahren war das anderst, da habe ich sie noch lesen können und fand sie informativ.

    IMO hängt das schon vom Booklet-Text ab. In 80% der Fälle würde ich Dir recht geben, dass der Text sich in Dingen erschöpft, die man auch leicht woanders lesen kann.

    Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Mittlerweile interessieren mich (früher eher nicht) Metadaten zur Aufnahme, also wann, wo und womit, womit doch viele Booklets versehen sind.


    Tipp: Es gibt immer noch das Möglichkeit, die Beethovensonaten von Paul Badura-Skoda zum Sonderpreis zu bestellen



    Hier lohnt es sich schon, die Kassette allein wegen des Booklets zu erwerben. Badura-Skoda macht sich zu jeder Sonate Gedanken, die man woanders so nicht lesen können dürfte. Die Einspielung selbst ist dazu noch ausgezeichnet :)


    Manchmal schreibt der Künstler selbst Persönliches zum Programm. Auch das kann hilfreich sein und ist nicht leicht außerhalb des Booklets zu finden. Siehe die von moderato erwähnte Aufnahme von den Tetzlaffs mit Lars Vogt.


    Im Internet findet sich mittlerweile eine gehörige Anzahl an Booklets. Bevor ich mich mit der Leselupe da Buchstabe für Buchstabe durchkaue, lese ich das lieber auf einem Tablet. Auch Booklets, die in modifizierter Form in Foren erscheinen, lassen sich damit praktisch im Internet lesen ;)

  • Hallo astewes,

    danke für den Tip mitden beethoven Klaviersonaten, gespielt von Badura-Skoda (bzw. dem Booklet dazu)

    20 Euro für 10 CD's. Klingt nach eine TOP Angebot



    Auch Booklets, die in modifizierter Form in Foren erscheinen, lassen sich damit praktisch im Internet lesen ;)


    aua! :)

    Fällt das dann nicht auch schon unter die -hier so gefürchteten- Raub(text)kopien ^^8-):)

  • Oft ist es so, dass die Booklets der Einzelausgaben in den später erscheinenden Gesamtausgaben nicht zum Lieferumfang gehören. Das machen die Labels, um Kosten zu sparen. Wenn der Preis einer Box tiefer ist, als die Summer der Einzel-SACDs, warum die Booklet-Texte beilegen? werden sie sich sagen.


    Die Box mit 8 CDs mit sämtlichen Sonaten für Violine und Klavier, welche die Geigerin Rachel Podger und der Pianist Gary Cooper beim Label Challenge herausgebracht haben, ist ein solches, für Liebhaber informativer Booklettexte wenig erfreuliches Beispiel.




    Wer sich mit den Klavierkonzerten Wolfgang Amadeus Mozarts nicht nur hörend auseinandersetzen möchte, dem seien die Booklettexte empfohlen, die John Irving zu den 12 SACD-Aufnahmen von Ronald Brautigam und Die Kölner Akademie verfasst hat. Zu jedem der Konzerte liefert der Autor eine fundierte Analyse und Einreihung in die Entstehungsgeschichte der Konzerte.


    Das Label BIS hat entschieden, die detaillierten Texte des ausgewiesenen Mozart-Kenners und Musikwissenschaftlers John Irving der Box beizulegen: Man erhält die gleichen originalen 12 Booklet-Hefte wie die Einzel-SACDs. Das sei lobend als Vorzug dieser Box ausdrücklich erwähnt.


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Die Box mit 8 CDs mit sämtlichen Sonaten für Violine und Klavier, welche die Geigerin Rachel Podger und der Pianist Gary Cooper beim Label Challenge herausgebracht haben, ist ein solches, für Liebhaber informativer Booklettexte wenig erfreuliches Beispiel.


    In der Tat. Wenig erfreulich ist ein Euphemismus. Noch schlechter geht es nicht. Das heißt, man hätte noch die Interpreten weglassen können, und das Ratespiel wäre perfekt.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!


  • Die CD enthält einen ungewöhnlich fundierten, von Isabelle Faust selbst geschriebenen Klappentext. Sehr informativ über die Werke und ein nicht selbstverständliches Zeugnis der umfassenden Bildung einer Künstlerin, die sehr genau weiß, was sie spielt. Vorbildlich! :thumbup: :)

  • Vorbildlich geht das Label frabernardo mit dem Booklet-Text um. Der Text ist in englischer Sprache verfasst. Wer dieser Sprache nicht mächtig ist, wird von den wichtigen Informationen ausgeschlossen. Deshalb ist es sehr zu begrüssen, dass der deutsche Text auf der Webseite des Labels abrufbar ist.


    https://frabernardo.com/portfo…ses-beauty-farm/#tab-id-3


    Der Booklet-Text des österreichischen Musikwissenschaftlers Professor Dr. Wolfgang Fuhrmann ist für das Verständnis und die musikgeschichtliche Einordnung der Weltersteinspielung der Messen von Noel Bauldeweyns (1480-1530) Messen unerlässlich. Fuhrmann ist spezialisiert auf die Musik von 1420 bis 1520 und ihren kulturellen Kontext, das Musiktheater, die musikalische Öffentlichkeit sowie grundlegende theoretische und methodologische Fragen der Musikwissenschaft. Wenn musikalisches Fachwissen verständlich und fundiert vermittelt wird, schätze ich das.


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  • In Beitrag 91 kam der Geiger Christian Tetzlaff bereits einmal vor.


    Er hat die bachschen Sonaten BWV 1001 bis 1006 ein drittes Mal auf CD veröffentlicht und hat den Booklet-Text verfasst: Eine kluge und persönliche Auseinandersetzung mit dem Notentext des Werkes, die mir als Hörer neue Erkenntnisse liefert.


    Ich besitze die Ausgabe des Notentextes, die das Faksimile sowie die gedruckte Ausgabe enthält. Ich kann die Ausführungen Christian Tetzlaffs nachverfolgen.


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  • Die CD widmet sich der Musik der Hugenotten, den 1 Million reformierten Christen in Frankreich, und den Auswirkungen der Reformen der Kirchenmusik, die von ihren religiösen Führern (Luther, Calvin) initiert wurden. In der Bartholomäus-Nacht 1572 fand ein Massaker in Paris statt. 3'000 Hugenotten wurden ermordet, in der Folge sind 5'000 bis 15'000 weitere Tote in den Provinzen zu beklagen. 200'000 Hugenotten wanderten aus. Die Flüchtlinge brachten in den Ländern eine wirtschaftliche Blüte, während in Frankreich tüchtige Kräfte fehlten.


    Die wenigsten Musikinteressierten werden über diesen Teil der Musikgeschichte Kenntnisse haben, weshalb man für Informationen dankbar ist.

    Auf zweinhalb Seiten wird ein kurzer, informativer und verständlicher Abriss von Judith Haug über die Neuerungen in der Musik vermittelt.


    Auf der Rückseite des Booklets ist eine Illustration, die alle erdenklichen Gräuel des Progroms in Paris zeigt.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich beherrsche in Wort und Schrift die französische Sprache, ich habe an die Käufer gedacht, die nicht über die Sprachkenntnisse verfügen. Man müsste den Text abtippen, um die Übersetzung bei deepl.com nutzen zu können. Meinen Satz, den du zitierst, habe ich entfernt, damit der Text neben das Coverbild passt.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Man müsste den Text abtippen, um die Übersetzung bei deepl.com nutzen zu können.

    Qobuz Abonnenten haben die Möglichkeit das Booklet digital zu bekommen. Hier wäre der Einsatz von deepl.com dann einfach lösbar. Ansonsten führt wohl nichts an Französischkenntnissen vorbei :)

  • Vorbildlich sind zwei Labels, die ausführliche Texte ihren Aufnahmen beilegen.


    Das Label Ricercar. Jerôme Lejeune verfasst fundierte Texte, welche die Musik erklärt und musikgeschichtliche detailliert einordnet. Das Booklet ist ein veritables Buch. Momentan preiswert beim Werbepartner.



    Das Label Alia Vox. Jordi Savall initiert Projekte, mit denen seine Ensembles auf Tournee gehen. in der Folge erscheint die CD mit Buch. Er schreibt eigene Texte oder lässt Musikhistoriker ausführlich zu Wort kommen. Der Text liegt jeweils in verschiedenen Sprachen vor.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Zitat von moderato

    Vorbildlich sind zwei Labels, die ausführliche Texte ihren Aufnahmen beilegen.

    Dem stimme ich aus vollstem Herzen zu! Vorbildlich diese Edition von Ricercar!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)