Johann Adolf Hasse 1699-1783

  • Johann Adolf Hasse wurde am 25. März 1699 in Bergedorf bei Hamburg getauft, gestorben ist er am 16. Dezember 1783 in Venedig.


    Hasse gilt als einer der wichtigsten Vertreter der italienischen Opera Seria und war unbestreitbar das musikalische Idol des Spätbarock.
    Er vertonte so ziemlich jedes Librettro des wiener Hofpoeten Metastasio.



    Johann Adolf Hasse


    Seine musikalische Laufbahn begann er als Sänger, wandte sich jedoch sehr bald der Komposition zu.
    Als Kapellmeister des Herzogs von Braunschweig machte er Karriere. Es gelang ihm nach Neapel zu reisen um dort Schüler von Alessandro Scarlatti zu werden. Er hatte auch Kontakt zu Niccolo Porpora, der den künftig berühmtesten Kastraten "Farinelli" im Schlepptau hatte.
    Um 1730 heiratete er in Neapel Faustina Bordoni, die zur bekanntesten Sängerin der Epoche werden sollte. Beide Bordoni und Farinelli sangen recht oft die Werke Hasses, was zu seiner Popularität nicht unwesentlich beitrug.


    Er gastierte in Neapel und Venedig mit seinen ersten Opern, dort wurde auch August der Starke auf ihn aufmerksam und er verpflichtet ihn nach Dresden.
    Das Amt des Hofkapellmeisters wurde ihm schon im Vorfeld angeboten.


    1731 begann die Ära Hasse in Dresden mit der fulminanten Aufführung der Oper "Cleofide".
    Nach dem Tode August des Starken wurde er von dessen Sohn als Kapellmeister übernommen, dennoch verbrachte Hasse die meiste Zeit in Italien.
    Der großen Aufführung von Cleofide soll auch Johann Sebastian Bach und sein Sohn Wilhelm Friedemann beigewohnt haben.
    Jedenfalls war Bach von den "dresdener Liedlein" sehr angetan...


    Neben den umfangreichen Bühnenwerken schrieb Hasse aber auch kunstvolle Kirchenmusik und einige Instrumentalwerke, das Hauptgewicht liegt jedoch auf dem "Drama per Musica"
    Mehr als 60 Opern hat er verfasst.


    Die letzten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte er in Wien, dort lernte er auch das Wunderkind Mozart kennen.
    Während Mozart schrieb, "er wünsche sich eines Tages so berühmt zu sein wie Meister Hasse...", so schrieb der alte Meister, "warten sie es ab, dieser kleine Mann wird uns alle vergessen machen..."



    Auch wenn Hasse recht behalten sollte, so lohnt sich doch eine Beschäftigung mit seinen wunderbaren Werken allemal.


    Die wohl wichtigsten Aufnahmen die bisher erschienen sind, mögen wohl diese sein:



    J.A.Hasse - Cleofide
    E.Kirkby / D. Lee-Ragin / A.Melon / Domenique Visée
    Capella Coloniensis / William Christie
    4 CD's



    J.A. Hasse - Salve Regina
    Barbara Bonney / Bernarda Fink
    Musica Antiqua Köln


    Neben den beiden Vertonungen des "Salve Regina" kommt noch die Motette "Chori angelici" zu Gehör.
    Dann noch Orchesterwerke - die Sinfonia zu Cleofide, eine Sinfonia Op. 3 No.5 und eine Fuga & Grave in g-moll.
    Ein wunderbares Programm um einen ersten Eindruck von Hasse zu bekommen.


    Leider sieht es mit Gesamtaufnahmen von seinen Opern ziemlich karg aus.
    Mehrer Aufnahmen gibt es jedoch von dem Spätwerk "Pyramus e Tisbe"




    Ursprünglich wurde dieser thread in der Rubrik "Mozart und seine Zeitgenossen" gestartet. Da dies aber auf berechtigten Widerstand stiess und Verwirrung verursachte, habe ich den Zusatz im Threadtitel gestrichen. TB

  • Salut,


    Hasse datt schomma jehört?



    ?(


    Und wie stehts mit Il Cantico de' tre Fanciulli und Il Tutore und La Contadina ?



    tt
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Nein diese CD kenne ich noch nicht, steht aber jetzt auf meiner Liste, irgendwo hab ich auch noch ein Te Deum von ihm vorgemerkt...


    Die drei Werke die Du ansprichst gehören glaube ich zum Gengre der Opera buffa.
    Il Cantico de tre Fanciulli scheint auch noch Lieferbar zu sein
    Il Tutore habe ich nirgends gefunden.
    La Condadina ist als Aufnahme der Schola Cantorum Basiliensis erschienen und damit auch die momentan interessanteste für mich :D


    Kennst Du die Aufnahmen ?


    Ich hatte mir, neben den beiden oben geposteten, noch folgende Aufnahme angeschafft:
    (Ansonsten sind noch irgendwo vereinzelt Arien, Ouvertüren, und Konzerte in meinem Fundus...)



    Piramo e Tisbe
    Barbara Schlick / An Monoyios / Wilfried Jochens
    La Stagione / Schneider


    Ein Intermezzo Tragico in zwei Teilen.


    Der Text stammt hier allerdings von Marco Coltellini.
    Piramus und Tisbe ist eigentlich das gleiche wie Romeo und Julia, zumindest basiert Shakespeares Drama auf dieser Mythologie.


    Der musikalische Stil ist hier schon viel weiter als noch bei Cleofide - kein Wunder das Werk wurde 1768 in Wien gegeben, also in der Ära Gluck.
    Der Stil erinnert auch stark an Gluck.


    Das Ensemble ist wohl weniger bekannt, aber dennoch sehr gut. Ich habe noch eine Aufnahme des Weihnachtsoratoriums des Orchesters, ebenfalls sehr hoher Standard.



    Seine geistliche Musik ist relativ stark vertreten, allerdings interessiere ich mich doch mehr für seine Bühnenwerke - aber vielleicht ändert sich das ja noch...

  • Salut,


    mir ist Hasse eigentlich auch nur mehr oder weniger vom Hörensagen her bekannt. Es gibt da noch viel für mich zu entdecken. Ich fürchte bereits, dass er zu früh gestorben ist - o.k. er wurde 84, dennoch hätte ich ihm noch 10 Jahre "Entwicklung" gegönnt. Johann Christian Bach ist ein Jahr früher gestorben, das macht mir Hoffnung, dass Hasses Musik meinen Geschmack trifft. Es war schon einmal interessant zu erfahren, dass er Gluck recht nahe stand. Wenn ich mit Paisiello und Kraus soweit durch bin, kommt Hasse an die Leine...


    Mich interessieren auch überwiegend seine Opern, besonders aber auch das Requiem.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Johann Adolf Hasse


    Wenig bekannt, dass Johann Adolf Hasse auch für die Glasharfe komponiert hat. In meinem Archiv finde ich die Einspielung der Kantate „L’Armonica für Sopran, Glasharmonika, 2 Oboen, 2 Hörner
    und Streicher“. Die Glasharmonika klingt sehr reizvoll, wird allerdings
    nur sparsam eingesetzt. Sie begleitet vornehmlich im Kollektiv mit dem Streichorchester und den übrigen Soloinstrumenten, hat aber auch solistische Aufgaben. Das Werk dauert etwa eine halbe Stunde und
    hat eine ausgiebige instrumentale Einleitung. Libretto natürlich von
    Metastasio


    Die Kantate besteht aus vier Arien, die in Folge
    ohne Abstand gesungen werden. Hier der Beginn:


    „Ah perché col canto mio
    Dolce all’alma ordir cantena,
    Perché mai non posso anch’io,
    Filomena, al par di te?”


    Die beigegebene deutsche Übersetzung
    wirkt auf mich wenig synchron


    „Ach, warum kann ich mit
    meinem Sange nicht,
    o Nachtigall, gleich Dir
    diesen Feiertag versüßen“


    Das Stuttgarter Pro-musica Orchester Stuttgart unter Paul Angerer bringt einen opulenten Streicherklang und Erika Wiens bezaubert mit herrlicher Sopranstimme ihr Publikum. Ich ziehe allerdings in Zweifel ob ihre Auszierungen tatsächlich barockgemäß sind. Klingt mir alles ein bisschen zu donizettihaft!


    Die Kantate, eigentlich ein Koloraturmonster, wurde vom kaiserlichen Hof bestellt und zur Vermählung der königlichen Hoheiten Ferdinand,
    Herzog von Parma, und Maria Amalia von Österreich in Schönbrunn im Jahre 1769 uraufgeführt.
    -----------------------------------------------------------------------------------------------
    Bei dem kleinen Spätwerk „Pyramo e Tisbe“ handelt es sich um eine Romeo-und-Julia-Geschichte aus dem Alten Griechenland. Zwei verfeindete Familien unterbinden das Glück der beiden Liebenden, die
    nach vielen Wirren auf der Strecke bleiben. Störfaktor ist der bösartige Vater Tisbes, der in nachträglicher Anerkennung seiner Bosheit
    Selbstmord verübt. Librettist ist Marco Coltellini.
    ----------------------------------------------------------


    Von der Poesie her ist das Libretto zu Cleofide anspruchsvoll, eben weil es von Metastasio ist. Die handelnden Figuren sind dem Personenkreis um Alexander von Mazedonien, als er in Indien weilte, entnommen – von Händel ebenfalls vertont.


    Johann Adolf Hasse hatte für seine Werke einen extremen Verschleiß an Kastraten. In der mustergültigen Einspielung von Capriccio sorgen neben zwei weiblichen Sopranen noch vier männliches Sopranos oder Altos, wie sie im Textheftchen genannt werden, für Missverständnisse. Wer sich dem monströsen Werk ernsthaft nähern will, muss sich beim Mithören mit dem Textheftchen aufs Sofa legen, damit er tüftelt
    „wer gerade an die Reihe kommt“ weil ansonsten trotz spannender Momente alles eine Sauce ist – wäre da nicht Dominique Visse. Der deutsche Text ist beigegeben, spiegelsynchron befindet sich die Miniaturablichtung der Handschrift gegenüber.
    ............................................................................


    Ich beklage ebenfalls, dass die Opern Hasses völlig vernachlässigt werden und hoffe nur, dass die Bartoli eines Tages „neues Futter“ braucht und sich der Sache annehmen wird. In Hamburg-Bergedorf bietet das Geburtshaus neben der schmucken Landkirche zwar
    einen gepflegten Eindruck, wird als Museum aber kaum frequentiert, wie überhaupt für die Hasse-Pflege in Hamburg wenig getan wird.
    „Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande.“


    :angel:

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  • Zitat

    Original von Engelbert
    Johann Adolf Hasse


    Wenig bekannt, dass Johann Adolf Hasse auch für die Glasharfe komponiert hat.


    ...schon bekannt...[link], aber schön, daß es hier auch nochmals erwähnt wird.


    Trés amicalement
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Eventuell muß ich ein Urteil revidieren:


    Ich habe mir gerade nochmal "Piramo e Tisbe" angehört (Gestern "Cleofide") man kann nicht direkt von einer Nähe zu Gluck sprechen.


    Auch einige Quellen geben mir da Recht, Hasse ist ein Konservativer, er hält an den alten Formen fest, ohne dabei aus der Mode zu kommen.


    "Piramo" zeigt, dass er sehr wohl "Orfeo ed Euridice" kannte - zu auffällig ist die Konzeption.
    Aber dennoch hat dieses Werk nichts gemein mit den neuen Werken Glucks. Er hält an dem ständigen Wechsel von Rezitativ und Arie fest, erweitert sie eventuell und verläßt ab und zu die Starre Form der Da Capo Arie, aber das alles geschieht ohne Verletzung der alten Opernform.


    Das Intermezzi war überdies sehr erfolgreich, zumindest bei der kaiserlichen Familie, dort wurde es mehrmals aufgeführt - und in der Tat es ist hinreißend, aber nicht zu vergleichen mit "Cleofide".


    "Cleofide" ist ein Opera Seria im besten Sinne und eine wichtige Alternative zu Händel und Vivaldi!

  • Mein erstes Mal in der Oper habe ich mit Herrn Hasse und seiner Oper Solimano verbracht. René Jacobs leitete diese Aufführung, es spielte das Concerto Köln. Es war ein Hochgenuss! Gibt´s soviel ich weiß nicht auf CD. ;(


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    es spielte das Concerto Köln. Es war ein Hochgenuss!


    kein Wunder...


    Wegen einer evtl. Aufnahme würde ich an info@concerto-koeln.de schreiben. Von einer käuflichen aufnahme weiß ich auch nichts, kann mir aber nicht vorstellen, dass das Projekt nicht aufgezeichnet wurde. Vielleicht erhältst Du eine Kopie?


    Beste Grüße
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Bei Amazon habe ich eine sehr seltsame Rezension über die Oper "Cleofide" gelesen - nur 3 Sterne ?(


    Also ich muß da vehement wiedersprechen, die Interpretation ist phänomenal - William Christie !!


    Emma Kirkby und Derek Lee Ragin (Stimme aus "Farinelli") in den Hauptrollen.


    Agnès Mellon und Domenique Visée in weiteren Rollen - was will man denn noch?


    Natürlich ist Hasses Opernstil grundlegend anders als der von Händel.
    Händel hatte das Ziel tiefste Gefühle mit Virtuosität zu kombinieren, ihm ist es gelungen, er ist unbestreitbar ein Meister der Oper.


    Hasse hingegen legt sich ganz auf die Virtuosität fest, ein Forum für Farinelli und die anderen Stars waren seine Opern.
    Dennoch hat er wunderbare Musik verfasst, auch wenn sie oberflächlich sein mag.
    "Cleofide" ist ein Paradebeispiel für ein Hofoper im ital. Stil.
    Eine der wichtigsten Barockopern!


    Wenn die anderen Opern (gemeint Opera Seria) auch nur halb so gut wären wie "Cleofide" dann ist es ein tragischer Verlust nicht in ihren Genuß zu kommen.


    Jedenfalls hatte er seine Berühmtheit zu Recht, je öfter ich seine Musik höre um so mehr bin ich dieser Meinung.

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  • Ich muss dem Lullisten unbedingt zustimmen: Cleofide ist auch für mich DIE neapolitanische Opera seria überhaupt! Absolut exemplarisch mit allem, was diese Operngattung so charakteristisch macht!
    Eine Metastasio-Vertonung mit "Haut und Haaren" - wundervolle Melodien, mitreißende Rhythmen und in der vorgestellten Aufnahme mit Emma Kirkby & Co. unwiderstehlich musiziert!


    Ich bin ca. 1987 durch eine Radio-Übertragung bei WDR 3 auf diese Oper aufmerksam geworden (es handelte sich um die o. a. Einspielung), war hin und weg und habe die Aufnahme, sobald sie als LP erhältlich war, sofort erstanden und Anfang der 1990er-Jahre dann auch auf CD!
    Ich habe sie unzählige Male gehört und kenne sie quasi in- und auswendig. Bis heute hat sie für mich nichts von ihrer musikalischen Faszination verloren!
    Emma Kirkby in der Titelrolle ist eine hochvirtuose Koloratur-Sopranistin, die ein wahres Vokal-Feuerwerk abbrennt (vor allem in der großen Soloszene der Cleofide am Ende der 2. Akts "Son qual misera colomba") und Dominique Visse als Alessandro ist für mich in dieser Aufnahme der beste männliche Altist überhaupt: Was für eine Stimme! Die Arien des Alessandro sind aber auch besonders dankbar (z. B. das wundervolle, hornbegleitete "Cervo al bosco")


    Fazit: Ich kann diese Oper nur jedem Barockopern-Liebhaber wärmstens ans Herz legen! Immerhin stammt sie von einem der berühmtesten Opern-Komponisten Europas der 1730er Jahre!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    und Dominique Visse als Alessandro ist für mich der beste männliche Altist überhaupt: Was für eine Stimme! Die Arien des Alessandro sind aber auch besonders dankbar


    ja, ja, ja
    :angel:

  • Salut,


    vor einigen Tagen verfolgte ich im Fernsehn die Aufzeichnung aus des Festkonzertes zur Einweihung der Frauenkirche Dresden 2005 mit dem Sächsischen Vokalensemble und den Virtuosi Saxoniae.


    Sie gaben J. A. Hasses Messe in g-moll, sein angeblich letztes Werk.


    Wahrlich ein MEISTERWERK!


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Cordialement
    Ulli


    P.S. Die Sendung wird im ZDFtheaterkanal wiederholt am:


    Sendung am Do, 19.01.2006 09:00 Uhr
    Sendung am So, 22.01.2006 14:00 Uhr
    Sendung am Di, 24.01.2006 09:00 Uhr
    Sendung am So, 29.01.2006 09:00 Uhr

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Die Hasse-Pflege wird in meinem Wohnort Hamburg-Bergedorf recht klein geschrieben. Es gibt einen Platz der nach ihm benannt wurde und es ist ein kleines Museum ist in seinem Geburtshaus eingerichtet. Aber kein Hasse-Café und keine Hasse-Wurst und keine Hasse-Wäscherei. Überhaupt keinen Rummel, seiner Bedeutung angemessen, wie Salzburg es mit Mozart macht.


    In Hamburg-Bergedorf gibt es eine beachtliche Musikhandlung mit etwa drei Metern Opern Cds. "Piramo und Tisbe" und "Die drei singenden Jünglinge im Feuerofen (Der italienische Titel heisst anders) sind vertreten, aber keine Cleofide. Fragt man den Verkäufer: Die Leute wollen: zweimal Zauberflöte, einmal Rosenkavalier und einmal Fidelio. Cleofide kann selbstverständlich unverzüglich bestellt werden, aber wenn die Kunden den Preis hören, wird abgewunken.


    Hasse hat sich zu früh von Bergedorf wegbewegt, als im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung verhaftet zu sei. Er ist der Antipode von Reinhard Keiser. Die Italiener beanspruchen Hasse für sich und BONGIOVANNI hat etliche Opern von ihm herausgebracht. Die große Hasse-Renaissance steht noch aus. Ich würde sie mir wünschen.


    Engelbert

  • Hallo!


    Mir fällt da noch Hasses Intermezzo "La serva scaltra" ein. Ein traumhaft schönes Stück, dass ich gemeinsam mit Pergolesis La serva Padrona kennenlernen durfte.


    Allerdings ist die Serva scaltra auf deutsch!!!!
    Es singt Reiner Süß und es dirigiert Otmar Suitner.


    Sollte man sich anhören :yes: :yes:


    LG Joschi

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  • Neu:



    IL SASSONE [1699-1783]
    Serpentes ingei in deserto
    Oratorio


    Valérie Gabail, Soprano
    Isabelle Poulenard, Soprano
    Stéphanie d'Oustrac, Mezzo
    Annette Markert, Contralto
    Robert Expert, Contre-Ténor


    Les Paladins
    Jérôme Correas



    Ein irgendwie unheimlich bis dämonisch angetouchtes Werk. Die Instrumentation finde ich wirklich sehr fad [nur Streicher und Bc], die Interpreten gemischt gut: Der Expert[e] klingt für mich nur im [einzigen] Duett wirklich saugut - das beste ist noch dieses Duett, die Ouverture [die er von sich selbst geklaut hat :motz: ] und die beiden moll-Arien... das Übrige eher nervig, obschon wahrlich nicht immer einfach zu singen: :D bis zu 16 Takte anhaltende Koloraturen non-stop.


    Merkwürdiger Weise fand ich den lateinischen Text etwas ungewohnt, obwohl man eigentlich durch Messvertonungen daran gewohnt sein sollte. Aber es sind doch teils gravierend anere Laute, wie z.B. serpens. Vielleicht ist es der italiensische Stil, der bezugnehmend auf die Sprache befremdet [wenn auch das wiederum zusammenhängt]? Ich bin noch nicht dahinter gestiegen... Ich hatte so den Eindruck, dass die Interpreten den Text wegen der "gelehrten" Sprache nicht unbedingt überzeugend herüberbringen [konnten] und mir das Ganze daher etwas misfällt, obwohl ich das Musizieren an sich sehr mag und auch die Musik!


    Interessant ist wahrlich, dass das Ding mit einem Rezitativ ENDET: Hier wird appelliert, doch nun im Anschluß eine 'Miserere' zu singen - irgendwie hat man das offenbar verpasst. Es wäre ein schönerer Abschluß gewesen als V-I, wenn auch nicht zwingend von Hasse selbst.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Interessant ist wahrlich, dass das Ding mit einem Rezitativ ENDET: Hier wird appelliert, doch nun im Anschluß eine 'Miserere' zu singen - irgendwie hat man das offenbar verpasst. Es wäre ein schönerer Abschluß gewesen als V-I, wenn auch nicht zwingend von Hasse selbst.


    Einfach nachher eine andere CD einlegen und auf "Play" drücken ...

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Einfach nachher eine andere CD einlegen und auf "Play" drücken ...


    Z.B. Hasses eigenes Miserere:


    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ja,


    sehr witzig. Es ist meine erste [vermutlich auch künftig einzige CD], die mit einem Rezitativ endet... da wartet man ewig, dass noch etwas kommt, klopft entsetzt auf den Player, schüttelt die Fernbedienung... und liest dann irgendwann mal im Booklet herum, das übrigens bei dieser Produktion beinahe noch besser ist, als die Einspielung selbst [selten].


    Das hasse noch nich erlebt... sowas!


    Das Booklet ist übrigens dreisprachig verfasst [Frazösisch, Englisch, Deutsch]. Auch der Oratorientext ist dreisprachig abgedruckt: Latein, Französisch, Englisch. Nett, dass die Editeurs die Germanen für Sprachgenies halten. :)


    Da ist doch noch Platz auf der CD [naja, 1:30 min jedenfalls... hätte Karajan das Werk gekannt...] - man hätte durchaus noch ein choriges Miserere anschließen dürfen, da dies ohnehin ein chorloses Oratorium ist [kleiner Verbesserungsvorschlag für die Neuauflage ;) ].


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Nur mal so ne Frage am Rande, Freunde.


    Wenn ich mir die Lebensdaten vom guten Hasse hier so anschaue, sollte er dann nicht eher in die (freilich noch nicht existente) Reihe "Bach und Zeitgenossen" fallen?? Oder ist der stilistisch in der 1. Hälfte des 18. Jhd. schon dort angekommen, wo die anderen erst alle in der 2. Hälfte "rumdümpeln"? :stumm:


    :hello:
    Wulf.

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  • Salut,


    das ist ein klarer Mischfall: Ein Zeitgenosse Mozarts war er in jedem Fall und Mozart kannte auch viele seiner Werke. Im Bachjahr 2085 werden wir das dem Anlass entsprechend anpassen...


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Hey Ulli,


    thanks für Aufklärung. Tragen die Hasseschen Werke aber auch Züge der sog. Wiener Klassik oder bleibt er stilistisch im Generalbaßzeitalter?


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Wulf, schon einige Werke des "frühen" Hasse atmen den Geist des Mozart-Zeitalters. Hasse als Meisterschüler und in gewisser Weise auch
    Vollender Alessandro Scarlattis, brachte das sogenannte "singende Allegro"
    auf eine gleichsam populäre und trotzdem künstlerisch hochsensible
    Art und Weise "unter die Leut", daß deren Begeisterung keine Grenzen kannte.


    Eigentlich sind sämtliche FRÜHEN Kirchenwerke Mozarts im Stil Hasses verfasst, zum einen, weil Mozart, ich sage zurecht, den "Seelen-Italiener" Hasse bewunderte, zum anderen, weil z.b. die Herren Schrattenbach und Colloredo als Mozarts Arbeitgeber von ihm diese Werke im Stil Hasses verlangten.


    Von Friedrich dem Grossen ist überliefert, daß dieser nach Hasses Musik geradezu süchtig war. Seine späten Kompositionen, wie z.b. sein Requiem in C-Dur und seine letzte Messe (1783), leider ist es schon wieder Ludwig Güttler, der sich in einer Neuaufnahme dieses Werkes angenommen hat, sind Kompositionen von so ausserordentlichem Rang, daß sie einen Vergleich mit dem vielen bedeutenden, was in dieser Zeit geschaffen wurde, nicht scheuen brauchen. Vom generalbassgestützten Denken seiner Epoche, (immerhin wurde er noch im 17. Jahrhundert geboren, starb jedoch nur 8 Jahre vor Mozart, trennte er sich nicht mehr.
    Der Komponist stammt übrigens, darin Bach vergleichbar, aus einer in bedeutenden Musikerfamilie, die im 15. bis 17. Jahrhundert in Norddeutschland tätig war.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB!


    Vielen Dank für die Erläuterungen. Das hat mich richtig neugierig gemacht.


    Der Name ist ja nicht unbekannt und in zumindest etwas älteren Musickchroniken -bzw. lexika findet er seinen gebührenden Platz.


    Wie gesagt, kenne ich bisher kein einziges Werk von Hasse.


    Gibt es ein Werk, mit dem man sich aus Deiner Sicht der Hasseschen Welt am ehesten nähern kann? (Ich weiß, die doofe Einstiegsfrage.... :wacky: )


    LG
    Wulf.

  • Hallo Wulf, ich empfehle das "Miserere", welches Hasse von ca. 1720 bis 1770
    mehrfach umgearbeitet hat, in der Version des Jahres 1760 in der Interpretation des Dresdner Kammerchores unter H.Ch.Rademann.


    Einspielung, Interpretation und Solisten dürfen frohgemut asl sensationell bezeichnet werden. Das "Miserere" Hasses war wohl das Kirchenwerk aus der 2.Hälfte des 18. Jahrhunderts, das am weitesten verbreitet war. Abschriften davon finden sich von Stockholm bis Palermo ! In diesem Werk kommen alle Vorzüge der Hasseschen Musik aufs trefflichste zum tragen und auf Arien im Stile seiner großen Opern muss man ebenfalls nicht verzichten:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Hallo BBB,


    habe gleichmal jpced - leider hochpreisig. Na ja, kommt auf den Weihnachtswunschzettel (oder wahlweise auf den Geburtstagszettel, ist ja nur einen Monat später... =) )


    :hello:
    Wulf

  • also, ich kann nur von hasse abraten, selten so langweilige musik gehört ...der erste satz des miserere ist sehr vielversprechend, umso tiefer der fall ins musiklische nichts bzw. die belanglosigkeit ... auch das te deum und das salve regina - alle auf einer leider gekauften cd- vereint, enttäuschten mich auf fast ganzer linie... :no:
    wieder ein beispiel, daß ich mit geistlicher 'empfindsamer' musik rund um 1750/60/70 nix anfangen kann ... :no:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Und ich rate ausdrücklich zu Hasses Kirchenmusik, die es blendend versteht,
    die satztechnischen Errungenschaften des 16. und 17. Jahrhunderts mit den
    Anforderungen nach "beseelter" Musik zu verknüpfen.
    Gradmesser ist hier auch wieder Johann Sebastian Bach mit der durch seinen
    Sohn Emanuel überlieferten "Rangliste" der Lieblingskomponisten des Leipziger
    Director Musices, in der Hasse, gleich nach Fux, ganz obenan rangiert.
    Bach erweist dem "Seelen-Neapolitaner" seine ganz gewiss ehrlich gemeinte
    Referenz nicht zuletzt im "Laudamus te" der hmoll-Messe, das als eine Verbeugung vor dem Genius des Dresdner Hofkomponisten zu verstehen ist.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von klingsor
    wieder ein beispiel, daß ich mit geistlicher 'empfindsamer' musik rund um 1750/60/70 nix anfangen kann ...


    Dann nehme ich an, dass Du auch dem weltlichen empfinsamen Stil nebst dem galanten Stil und dem Rokoko nichts abgewinnen kannst, also fast die gesamte (hochinteressante und von mir geliebte) Produktion der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht magst?


    Stell Dir mal vor, jemand schimpft über Ravel und fügt an, er könne mit dem ganzen schwülstigen Jahrhundertwendekram nix anfangen, davon müsse er abraten.
    :hello:

  • Hallo Jörg!


    Nun, ich habe wenig Erfahrung Erfahrung mit geistlich "empfindsamer" Musik um 1750 pp.
    Ich muss gestehen, das wenige, was ich gehört habe, damit tue ich mich schwer.


    Aber ich möchtwe den Schritt schon wagen.


    Allerdings muß ich KSM schon recht geben. Du kannst doch nicht über Belanglosigkeit eines Werkes sprechen und anschließend einräumen, daß Du mit der ganzen Musik zu dieser Zeit wenig anfangen kannst - zuimindest mit dieser geistig-empfindsamen :rolleyes:


    Stell Dir mal vor, das würde jemand mit unseren geliebten Briten oder mit - wie KSM meint -Ravel machen. Da würden wir doch auch Protest einlegen, gelle?


    :hello:
    Wulf.

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