Irgendwo in meinem Inneren muß ein versöhnlerischer Kern verborgen sein. Eigentlich streite ich im Kommillitonenkreis sehr gern, mangels musikalischem Diskussionsstoff und auch mit ziemlichen Ermüdungserscheinungen zu naturwissenschaftlichen Themen (Zu philosophischen Fragen stehen Chemiker sowieso chancenlos im Abseits) bleibt es meistens bei politischen Themen.
In meiner Ex-Seminargruppe (wir treffen uns seit dem Diplom 1968 jährlich mehrere Tage an immer anderen Orten!!) treffen sich 3 Professoren, 7 promovierte Chemiker, der Rest sind poplige Diplomchemiker, manche mit div. Zusatzstudien. Darunter stramme Kommunisten, SPD-Fans, FDP-Leute, einer glaubt sogar an die AfD und CDU-Anhänger. Bei jedem Treffen gibt es stundenlange Diskussionen. Die Frauen setzen sich dann in eine Ecke oder gehen schon ins Bett, und die Männer (wir waren 19 Männer und 1 Frau in der Seminargruppe) diskutieren teilweise unversöhnlich ihren Standpunkt bis tief in die Nacht.
Mit dem letzten Bier ist alles Geschichte. Einigkeit kommt nur in einigen Sachfragen auf, im Grundsatz bleibt jeder bei seiner Meinung.
Leider kommen die Taminos fast nur anonym zusammen. Ich bin sicher, wir würden nach einigen Stunden der Diskussion über Regietheater zu keinem Konsens kommen. Aber dann würden wir zur zweiten Seite der Faszination Oper kommen - dem Gesang. Auch wird hier jeder seine Lieblinge verteidigen. Ich bleibe immer Rosvaenge-Fan, auch wenn mir klar ist, daß Corelli manchmal besser war. Letztendlich würden wir wahrscheinlich das tun, was wir unter uns Chemikern zum Schluß auch immer tun. Wir singen die alten Studentenlieder von der Hobelbank bis zum Gaudeamus igitur, vom Ritter Brunzelschütz bis zu den alten Germanen. Dann fallen wir uns um den Hals.
Das fehlt eigentlich den Taminos. Streiten, dann beim Bier alles vom Tisch wischen und sich am nächsten Tag in die vom Alkohol trüben Augen blicken. Schade.
La Roche