Nach langer Pause habe ich heute das Concertone C-dur für 2 Violinen und Orchester, KV 190, von Wolfgang Amadeus Mozart gehört, mit großem Vergnügen. Da es bisher hier noch keinen Thread über das reizvolle Werk gibt, möchte ich das schnellstens ändern.
Durch meine Beschäftigung mit der Sinfonia Concertante KV 364 bin ich auf das Werk wieder aufmerksam geworden, weil es auf dieser CD damit gekoppelt ist:
Die Solisten sind David und Igor Oistrach (Violine), die Berliner Philharmoniker werden von Vater David Oistrach dirigiert (Aufnahme: 3/1972, Zehlendorfer Gemeindehaus, Berlin).
Entstanden ist die Aufnahme zusammen mit den fünf Violinkonzerten und einigen kleinen Werke für Violine und Orchester. Das war damals, noch zur Zeit des Kalten Krieges, eine spektakuläre Angelegenheit, denn es war alles andere als selbstverständlich, daß zwei sowjetische Spitzenkünstler gemeinsam im Westen auftreten und zudem auch noch Aufnahmen mit den Berliner Philharmonikern, dem Aushängeschild der "Frontstadt" West-Berlin, machen durften. Die Aufnahmen sind wohlgelungen und können auch heute noch im Spitzenfeld mitmischen. Auch klanglich gibt es nichts zu bemängeln.
Das Concertone KV 190 (übersetzt heißt der Titel "Großes Konzert") war Mozarts erster Versuch in dieser Konzertform und wurde am 3. Mai 1773, vier Jahre vor seiner Reise nach Mannheim, fertiggestellt. Obwohl das Titelblatt nur zwei Geiger als Solisten benennt, die auch das Konzert dominieren, so kommt der Solo-Oboe eine kaum weniger große Bedeutung zu, und im langsamen zweiten Satz mischt auch noch das Cello an hervorragender Stelle mit. "Concertante"-Elemente sind in Fülle in der Partitur vorhanden, das Werk wäre für das damals für seine Solisten berühmte Mannheimer Orchester ein wahrer Leckerbissen gewesen. Schon der Kopfsatz zeigt deutliche Anklänge an den französischen Stil, die dynamischen Markierungen hingegen gehen mehr in Richtung Mannheimer Stil. Sehr schön ist die Kadenz gegen Ende des Satzes, die Mozart selbst ausgeschrieben hat. Hier dominieren die beiden Geigen und die Oboe. Der zweite Satz, "Andantino grazioso" überschrieben, ist mit seinem sinnlichen Charme und seiner Eleganz wohl nicht nur einfach der Mittelsatz, sondern auch kompositorisch der Mittelpunkt des Werkes. Das Zusammenspiel der Soloinstrumente ist meisterhaft. Auch hier gibt es wieder eine Kadenz, in dem auch das Violoncello eine bedeutsames Wort mitzureden hat, wenn es auch diskret im Hintergrund verbleibt. Der Finalsatz schließlich ist als Menuett konzipiert, jedoch mit einer rascheren Tempovorschrift als allgemein üblich (Vivace). Im Trio gibt Mozart den Solisten noch einmal ausgiebig Gelegenheit, ihre virtuosen Künste zu zeigen.
Das Werk ist verhältnismäßig selten im Konzertsaal anzutreffen, wohl weil es schwierig ist, die passenden Solisten zusammenzubringen, und auch auf Tonträger ist es, gemessen an seinem Wert, nicht allzu häufig vorhanden. Ich selber muß zu meiner Schande gestehen, daß ich das Stück nur in einer Alternativ-Fassung auf LP besitze, die ebenfalls schon recht betagt ist:
Die Violinkonzerte mit Yehudi Menuhin, der mit dem Bath Festival Orchestra arbeitet, sind zwar auf CD übertragen worden, aber m.W. nicht das Concertone.
Berühmt sind auch diese Aufnahmen, die ich allerdings selbst nicht vorliegen habe:
1) Thorsten Rosenbusch & Christian Trompler (Violine) und das Kammerorchester "Carl Philipp Emanuel Bach", Dirigent: Hartmut Haenchen (Aufnahme: Berlin Classics, 1990).
2) Itzhak Perlman & Pinchas Zukerman (Violine) und das Israel Philharmonic Orchestra, Dirigent: Zubin Mehta (DGG).
Vielleicht kennt jemand sonst noch eine bedeutsame Aufnahme dieses schönen, zu Unrecht etwas vernachlässigten Werkes.
LG Nemorino