Ein Thread mit ähnlichem Titel zu den Sinfonien besteht im Forum. Lieben Sie Brahms? - Die Sinfonien
Johannes Brahms hatte eine grosse Liebe für Gesungenes, sei es als von ihm komponiertes Kunstlied, als harmonisiertes Volkslied, sei es für Einzelstimmen oder Chor.
Helmut Hofmann hat mit diesem Thread eine Perle geschaffen. Johannes Brahms. Seine Lieder, gehört und betrachtet im Bemühen, ihr Wesen zu erfassen Wer tief in das Liedschaften von Johannes Brahms eintauchen will, wird beim Lesen seiner Analysen reich belohnt werden.
In diesem Thread geht es darum, welche Brahms-Lieder euch tief ergreifen.
Ich mach den Anfang mit einem Volkslied, das Johannes Brahms harmonisiert hat. Er hat drei Fassungen geschrieben: dreistimmig für Frauenchor, für vierstimmigen gemischten Chor und für Einzelstimme und Klavier. Die vier Strophen haben einen zu Herzen gehenden Text. Die schlichten Akkorde, die der Meister hinzugefügt hat, sind reinster Brahms. Wer es singt, muss es schlicht und dennoch ergreifend gestalten.
Ich muss gestehen, dass ich dieses einfache Lied in Dauerschleife höre. Ich kenne wenige Lieder, die mir das Wesen der Liebe, die kommt und wieder vergeht, die nicht zu fassen ist, näher bringt als diese schlichte Weise. Was Johannes Brahms, der um unerfüllte Liebe wusste, bei dieser Melodie fühlte und dachte, können wir nur ahnen.
Im internet habe ich eine kleine Abhandlung zum Thema Volkslied und Johannes Brahms gefunden.
Brahms’ lebenslange Beschäftigung mit dem Volkslied ist häufig beschrieben worden, von seinen Biographen wie von Musikwissenschaftlern unserer Tage. Zum Synonym für das deutsche Volkslied wurden für ihn wie für seine Zeitgenossen die Sammlungen von Kretzschmer-Zuccalmaglio Deutsche Volkslieder mit ihren Originalweisen (1883) und C.F. Becker Lieder und Weisen vergangener Jahrhunderte (1849). Beide entdeckte Brahms 1854 in der Bibliothek der Schumanns, und sie bildeten fortan wie auch die Sammlung Des Knaben Wunderhorn sein Vademecum für melodische Inspiration.
Später vertiefte seine Freundschaft mit Volksliedforschern und Musikwissenschaftlern das Verständnis und die Sammelleidenschaft. Ihm wurde das Problem des echten und unechten Volksliedes bewusst. Zweifel an seinen eigenen Bearbeitungen waren die Folge. So meinte er von seinen Chorfassungen der Volkslieder, die in den 1860er Jahren entstanden, er habe die Melodien darin “verwustet”, sprich: mit zu viel Kunst ausgearbeitet. Nach der Drucklegung des ersten Bandes dieser Volkslieder für Chor ließ er ein geplantes Großprojekt in diesem Genre fallen. Seine Versuche, Volkslieder in Solofassungen “etwas zu bekleiden”, nannte er in einem Brief an den Bachforscher Philipp Spitta 1894 sogar ..bedenklich”. Nichtsdestotrotz ist Brahms als Volkslied-Bearbeiter jener wunderbar entspannte, lächelnde, mild menschliche Musiker, den man in vielen gestrengen Werken aus seiner Feder nur zwischen den Zeilen erkennt. “Mit soviel Liebe und Verliebtheit habe ich noch nie etwas zusammengeschrieben, und ich konnte ja ungeniert verliebt sein in etwas Fremdes,” schrieb er seinem Verleger Fritz Simrock.
Das schwäbische Volkslied “Da unten im Tale läuft’s Wasser so trüb” mag die Breite der Fassungen verdeutlichen, die Brahrns von seinen geliebten Volksweisen im Laufe seines Lebens anfertigte. Er bearbeitete es zuerst um 1860 dreistimmig für den Hamburger Frauenchor. Die herrliche Melodie mit ihrem charakteristischen Rhythmus und der Wendung zur Sexte hatte es ihm ebenso angetan wie der wehmütige Text, der von Trennung redet. 1863/64 holte Brahms das Lied für die Wiener Singakademie wieder hervor und setzte es vierstimmig für gemischten Chor. Die letzte Fassung für Solostimme und Klavier findet sich in seiner Sammlung Deutsche Volkslieder. Mit Clavier-Begleitung, die er in sieben Heften 1894 bei seinem Verleger Simrock erscheinen ließ. Es handelt sich um jene mit soviel Liebe “zusammengeschriebenen” Fassungen, deren wundervoll brahmsschen Klaviersatz Hoppstock für Gitarre arrangierte. Ganz am Ende seines Schaffens wollte Brahms mit diesen Bearbeitungen die Summe seiner Beschäftigung mit dem Volkslied ziehen – und seinem Ärger über die dümmliche Volkslied-Sammlung Liederhort von Böhme Luft machen.