Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 17 G-dur, KV 453

  • Von dem Münchener Konzert, auf das Kaiser sich bezieht, gibt es offenbar keinen Mitschnitt. Es wäre höchst interessant, wenn man Kaisers Eindrücke selbst überprüfen könnte. Es scheint jedenfalls ein höchst interessanter, ja aufregender Konzertabend gewesen zu sein.

    Das glaube ich sofort, lieber nemorino, dass Kaiser damals einen großartigen Konzertabend erlebte! Ich tippe auch, wie Du, darauf, dass Bernstein seinerzeit das BR-Symphonieorchester in München dirigierte. Tatsächlich hat Bernstein in dieser Kombination auch seine für meine Begriffe überzeugendste Aufnahme der 5. Sinfonie von Beethoven vorgelegt, entstanden 1976 im Zuge eines Galakonzerts für Amnesty International, das fürs Fernsehen gefilmt wurde und von vornherein zur Veröffentlichung auf LP bestimmt war, aber erst viel später erstmals auf CD gelangte. Der geschätzte teleton war auch dieser Ansicht, soweit ich mich erinnere. Für Dich als großen Bewunderer des 4. Klavierkonzerts noch der Hinweis, dass dieses im selben Konzert mit niemandem Geringeren als Claudio Arrau erklang und ebenfalls mitgeschnitten und veröffentlicht wurde.



    Die ursprüngliche LP-Ausgabe sah folgendermaßen aus:


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    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Einen "einheitlichen Grundton" würde ich z.B. im Andante aus KV 467 konstatieren. Bei KV 453 sehe ich dagegen als wichtigstes Charakteristikum gerade die immer wiederkehrende Unterbrechung, den Stillstand, nach dem es jeweils in ganz anderem "Ton" weitergeht: Die erste Generalpause mit Fermate kommt bereits nach fünf Takten, danach spielt die Oboe ein neues Thema, fast so als würde der Satz noch ein zweites Mal und anders beginnen. Beim Klaviereinsatz ist ebenfalls nach fünf Takten die Pause erreicht, aber es folgt ein abrupter Wechsel der Tonart (g-Moll) und des Charakters. Den größten Bruch gibt es beim d-Moll-Teil in T. 69 (Durchführung), dessen Tonfall vor allem durch die Tonart und die Melodieführung in Sexten völlig verändert ist (für mich neben dem Abgesang nach der Kadenz der emotional bewegendste Moment in diesem Satz). In der Reprise kommt noch als Neuerung (wieder nach Generalpause) das selbstbewusste und kraftvolle Es-Dur hinzu, mit vollen Akkorden und Passagen über mehrere Oktaven, was im größten Kontrast zur innig-intimen Setzweise beim ersten Klaviereinstieg steht. Natürlich sind alle diese Kontraste durch einen einheitlichen Stil miteinander verbunden, aber von einem "einheitlichen Grundton" würde ich da nicht sprechen. Der Satz ist viel kontrastreicher und auch zerrissener als z.B. der in KV 467.

    Über Robert Schumanns Fantasie op. 17 steht als Motto (aus dem Gedicht "Gebüsche" von Friedrich Schlegel, das Schubert vertont hat):


    Durch alle Töne tönet
    Im bunten Erdentraum
    Ein leiser Ton gezogen
    Für den, der heimlich lauschet


    Der "Grundton", die alles durchziehende einheitliche Stimmung, ist sozusagen ein mehr oder weniger verborgener Hintergrund zum "bunten Erdentraum" im Vordergrund, wo man "heimlich lauschen" muss, um ihn zu vernehmen, ihn als ein quasi verborgenes Geheimnis heraushören muss. Vordergründig kann also KV 467 einheitlicher sein als KV 453 - hintergründig hat dieser langsame Satz von KV 453 aber diesen Gestus der intimen Zurückhaltung, der durch den ganzen Satz durchschimmert. Genau das macht die Interpretationen von Pollini und Pires auch so berührend.


    Und zu den Pausen: Die Anmut ist zwar als eine "bewegliche Schönheit" definiert, aber auch das Ruhende und Feste kann anmutig wirken, sagt Friedrich Schiller in seiner Schrift über Anmut und Würde. Die Pausen stören also die Anmut nicht, wenn - mit Schiller - sie so wahrgenommen werden können, dass "ein wohlwollender sanfter Geist (sie) gebildet hat". Und genau das ist hier finde ich der Fall. Die Pausen sind keine affektiven Kontraste, sondern eher so etwas wie ein Atemholen oder Luftholen. Da wird bei Mozart nicht explizit mit dem Gegensatz "Ton und Stille" komponiert wie bei Bruckner, Schostakowitsch oder Anton Webern.


    Und noch einmal zum Thema "Anmut": Kaiser hat das ja allgemein auf Mozart bezogen, nicht auf dieses Konzert (wo es als Leitidee meines Erachtens auch in die Irre führt). Die Komturszene aus Don Giovanni "anmutig"? Das Abschieds-Quintett aus Cosi fan tutte? Das Requiem? Das Andante aus der Sinfonia Concertante? Die Schläge im Kopfsatz der e-Moll-Violinsonate? Ich finde viel mehr, dass Mozarts Größe auch darin liegt, dass, was immer man zur Charakterisierung seiner Musik sagt, sich auch für das Gegenteil plausible Beispiele finden lassen. Seinem Geheimnis kommt man damit allerdings auch nicht wirklich auf die Spur, denn dasselbe kann man auch über Beethoven oder Schubert sagen. Giselher Klebe hat mir mal von einem Treffen mit Strawinsky in Rom erzählt, bei dem dieser sehr eloquent und geistreich über alle möglichen Komponisten gesprochen hat. Als Klebe ihn dann nach Mozart fragte, verstummte er und sagte nach längerem Nachdenken nur "Mozart, it`s a miracle".

    Joachim Kaiser meint glaube ich nicht, dass es bei Mozart nur Anmut gibt. Er wollte glaube ich nur sagen, dass dies ein charakteristischer Grundzug bei Mozart ist, weswegen ihn die Mozart-Liebhaber so lieben.

    Ich glaube, Du verwechelst das mit dem European Community Youth Orchestra, aus dessen ehemaligen (weil die Altersgrenze überschrittenen) Mitgliedern das Chamber Orchestra of Europe zwar Anfang der 80er Jahre hervorging, aber von vornherein als Profiorchester. Es ist ein Projektorchester aus führenden Mitgliedern verschiedener europäischer Berufsorchester.

    Ich hätte besser "junge Musiker" geschrieben... ^^

  • Das glaube ich sofort, lieber nemorino, dass Kaiser damals einen großartigen Konzertabend erlebte! Ich tippe auch, wie Du, darauf, dass Bernstein seinerzeit das BR-Symphonieorchester in München dirigierte. Tatsächlich hat Bernstein in dieser Kombination auch seine für meine Begriffe überzeugendste Aufnahme der 5. Sinfonie von Beethoven vorgelegt, entstanden 1976 im Zuge eines Galakonzerts für Amnesty International, das fürs Fernsehen gefilmt wurde und von vornherein zur Veröffentlichung auf LP bestimmt war, aber erst viel später erstmals auf CD gelangte. Der geschätzte teleton war auch dieser Ansicht, soweit ich mich erinnere. Für Dich als großen Bewunderer des 4. Klavierkonzerts noch der Hinweis, dass dieses im selben Konzert mit niemandem Geringeren als Claudio Arrau erklang und ebenfalls mitgeschnitten und veröffentlicht wurde.

    Lieber Joseph II.,


    danke für diesen Hinweis. Ich bin allerdings seit Jahren hinter einer CD-Ausgabe her, habe aber bisher keine zu einem einigermaßen annehmbaren Preis gefunden. Gab es hierzulande überhaupt eine?

    Aber ich bleibe dran! Die LP-Ausgabe habe ich nie im Besitz gehabt.


    Liebe Grüße

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Der "Grundton", die alles durchziehende einheitliche Stimmung, ist sozusagen ein mehr oder weniger verborgener Hintergrund zum "bunten Erdentraum" im Vordergrund, wo man "heimlich lauschen" muss, um ihn zu vernehmen, ihn als ein quasi verborgenes Geheimnis heraushören muss. Vordergründig kann also KV 467 einheitlicher sein als KV 453 - hintergründig hat dieser langsame Satz von KV 453 aber diesen Gestus der intimen Zurückhaltung, der durch den ganzen Satz durchschimmert.

    Das höre ich ganz anders: Zwar gibt es in diesem Satz "intime Zurückhaltung", aber es gibt eben auch die plötzlichen und kraftvollen Ausbrüche. Um das wahrzunehmen muss man (ich zumindest ;)) nicht "heimlich lauschen" sondern es drängt sich geradezu auf. Und die plötzliche, schmerzhafte Abschattung des "Grundtons" beim d-Moll-Durchführungsteil ist eigentlich nur noch vergleichbar mit ähnlichen Ereignissen bei Schubert (und mit dem Mittelsatz der Klaviersonate KV 330).


    Die Pausen stören also die Anmut nicht, wenn - mit Schiller - sie so wahrgenommen werden können, dass "ein wohlwollender sanfter Geist (sie) gebildet hat". Und genau das ist hier finde ich der Fall. Die Pausen sind keine affektiven Kontraste, sondern eher so etwas wie ein Atemholen oder Luftholen.

    Ich finde, dass allein schon das Innehalten in einem Andante ("gehend"!) ein unerwartetes, expressives und auch seltenes Ereignis ist. Und wenn das lediglich ein "Atemholen oder Luftholen" (was ist eigentlich der Unterschied? ;)) wäre, dann würde es danach einfach eine Fortsetzung des zuvor Gehörten geben. Hier folgen aber mindestens dreimal vollkommen andere musikalische Gesten bzw. Charaktere. Die Musik verliert sich, hält an, und springt dann in eine ganz andere Welt. Das ist gerade kein natürlicher, "anmutiger" Verlauf. Was aber richtig ist: Bei Mozart finden kleine, große oder sogar extreme Kontraste fast immer innerhalb einer geradezu überirdisch perfekten Ordnung statt. Die hat auch als solche einen Ausdrucksgehalt, der aber in einem oft starken Spannungsverhältnis zum Inhalt steht (andernfalls wäre eine noch so perfekte Ordnung einfach nur langweilig). Das Wort "Anmut" beschreibt nur den einen Teil dieses komplexen Ineinandergreifens und ist deshalb meines Erachtens bzw. nach meinem Sprachverständnis nicht geeignet, Mozarts Musik zu charakterisieren.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Noch eine (fast) vergessene CD mit KV 453 habe ich dieser Tage "ausgegraben":


    Mozart - Peter Serkin, English Chamber Orchestra, Alexander Schneider – Piano  Concertos No. 17 & 18 (1991, CD) - Discogs

    Peter Serkin und das English Chamber Orchestra, Dir.: Alexander Schneider (Aufnahme: 1973).


    Das English Chamber Orchester scheint für die Mozart-Konzerte geradezu prädestiniert zu sein! Immer wieder taucht es bei GA oder auch - wie hier - Einzelaufnahmen auf. Der Solist, Peter Serkin, war - was die meisten Musikfreunde sicher wissen - ein Sohn des, allerdings zu höherem Ruhm gelangten, Pianisten Rudolf Serkin (1903-1991. Sein Sohn Peter war aber ebenfalls, vor allem in den USA, ein angesehener Klavierspieler. Er starb am 1. Februar 2020 in Red Hook, N.Y.


    Obige CD hatte ich lange nicht gehört. Klanglich ist sie sehr gut, und Peter Serkins Klavierspiel kann sich durchaus hören lassen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Joachim Kaiser meint glaube ich nicht, dass es bei Mozart nur Anmut gibt. Er wollte glaube ich nur sagen, dass dies ein charakteristischer Grundzug bei Mozart ist, weswegen ihn die Mozart-Liebhaber so lieben.

    Zwei Beispiele, wo der Begriff "Anmut" auch im Zusammenhang mit Mozart verwendet wird:

    La Folle Journée Nantes 2021 Licht und Anmut, Bach und Mozart


    Staatsoper Hannover November 2023

    3. SINFONIEKONZERT: ANMUT

    Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Anton Bruckner

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Der Solist, Peter Serkin, war - was die meisten Musikfreunde sicher wissen - ein Sohn des, allerdings zu höherem Ruhm gelangten, Pianisten Rudolf Serkin (1903-1991. Sein Sohn Peter war aber ebenfalls, vor allem in den USA, ein angesehener Klavierspieler.

    Peter Serkin war sogar ein weltweit sehr angesehener Pianist, nicht zuletzt auch für Mozart. Sein Repertoire war allerdings, mehr als das seines Vaters, stärker in der Moderne angesiedelt und von daher eher für ein kleineres Publikum geeignet.


    Die Einspielungen finden sich in der folgenden (zwar nicht mehr beim Werbepartner erhältlichen) sehr empfehlenswerten Box



    Echte Peter Serkin-Fans :) haben diese Box,



    die die Mozart Einspielungen auch enthält. In beiden Boxen findet sich zusätzlich noch Mozarts Klarinettenquintett K 581 mit dem berühmten Tashi Quartet, wo Peter Serkin der Pianist war.

  • Ich bin allerdings seit Jahren hinter einer CD-Ausgabe her, habe aber bisher keine zu einem einigermaßen annehmbaren Preis gefunden. Gab es hierzulande überhaupt eine?

    Aber ich bleibe dran! Die LP-Ausgabe habe ich nie im Besitz gehabt.

    Lieber nemorino,

    falls du hiermit die Aufnahme von Beethovens 4. Klavierkonzert mit Bernstein/Arrau meintest: Von einer Veröffentlichung als Einzel-CD weiß ich auch nichts.


    Und um beim Threadthema zu bleiben: Die von Joseph in Beitrag #104 erwähnten Aufnahmen von Mozarts 15. und 17. Klavierkonzert mit Bernstein als Dirigent und Pianist finden sich als CD auch im großen Bernstein-Klotz (CDs 84 & 85):


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Das höre ich ganz anders: Zwar gibt es in diesem Satz "intime Zurückhaltung", aber es gibt eben auch die plötzlichen und kraftvollen Ausbrüche. Um das wahrzunehmen muss man (ich zumindest ;) ) nicht "heimlich lauschen" sondern es drängt sich geradezu auf. Und die plötzliche, schmerzhafte Abschattung des "Grundtons" beim d-Moll-Durchführungsteil ist eigentlich nur noch vergleichbar mit ähnlichen Ereignissen bei Schubert (und mit dem Mittelsatz der Klaviersonate KV 330).

    Du verstehst es aber einfach nicht. ^^ Gustav Mahler sagt zu seiner 4. Symphonie, ihre Grundstimmung sei "ununterschiedenes Himmelsblau" - also keine Kontraste. Die Symphonie enthält aber bisweilen heftige Kontraste - der heftigste Ende des 3. Satzes.

    Das ist gerade kein natürlicher, "anmutiger" Verlauf.

    Die Anmut zeigt sich ja gerade nicht vordergründig am Einzelereignis, sondern durch seine Beziehung zum Hintergrund.

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  • Da wir vorhin bei dem 2017 verstorbenen Joachim Kaiser waren, so ist mir gestern ein Artikel vom ihm in die Hände gefallen, der sich exklusiv mit dem Mozarts Konzert Nr. 17 KV 453 beschäftigt. Kaiser schrieb ihn am 18. August 1975, offensichtlich nach einem Konzertbesuch in München. Es geht dabei um Leonard Bernstein, der ja nicht nur ein bedeutender Mozart-Dirigent war, sondern auch einige seiner Konzerte auf dem Klavier beherrschte. Ich gebe den Artikel hier auszugsweise wieder:

    Lieber Nemorino,


    das ist wirklich sehr interessant. Ich habe mir die Wiener Aufnahme angehört. Sicher ist das bei weitem nicht so extrem wie in dem von Kaiser beschriebenen Konzert. Aber Lennys Feeling zerstört hier doch die klassische Balance. Lustig, dass er erst einmal die Höhe des Hockers einstellen muss. Hat er das vorher nicht gemacht? Vielleicht hat der Stimmer sie auch verstellt. ^^ Der erste Satz ist noch am Erträglichsten, hat aber eine Tendenz zur Rhetorisierung, was irgendwie "modern" ist, aber auch keine Grazie hervorbringt. Warum muss er willkürlich das Tempo variieren? Schrecklich finde ich den langsamen Satz. Er behandelt Mozart hier so, als sei Mozart Gustav Mahler "Ich bin der Welt anhanden gekommen" mit schwelgerischer Sentimentalität. Das gerät an die Grenze zum Kitsch. Die Kadenz wird völlig zerdehnt und mit wiillkürlichen "Akzenten" angereichert. Daran sieht man, wie "gefährlich" Mozart ist, wenn man nicht die Balance wahrt zwischen Empfindsamkeit und klassischer Distanz. Der Schlusssatz geht dann wieder. :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Warum muss er willkürlich das Tempo variieren?

    Er tut das nicht willkürlich. Er hebt z.B. beim dritten Thema die synkopischen Einsätze der linken Hand ganz leicht hervor und gestaltet die Generalpause im dritten Takt als kurzen Stillstand. Beides kann man mit guten Gründen als "Bremskräfte" verstehen, vor allem wenn man im Kopf hat, dass dieses Thema an der Stelle gar nicht erwartet wird sondern neu ist. Man muss das nicht über das Tempo hervorheben aber man kann es tun, und "willkürlich" ist es jedenfalls nicht.


    Ich hätte besser "junge Musiker" geschrieben... ^^

    Nein, Du hättest besser gar nichts über das Alter der Musiker geschrieben, weil Du davon nichts wissen kannst.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Er tut das nicht willkürlich.

    Die "Modifikationen des Tempos" sollen eigentlich unmerklich und organisch sein. Man kann damit arbeiten freilich. Wenn man das aber nicht konsequent und durchgängig tut, wirkt das dann im Einzelfall auch nicht so ganz schlüssig.

  • Der langsame Satz von Mozarts Klavierkonzert K. 453 in der Version von Leonard Bernstein in Wien ist auch in meinen Ohren nicht gerade referenzverdächtig. Ich neige ein wenig zum Eindösen. Tatsächlich geht es mir auch schon beim Orchestervorspiel so. Die Taktvorgaben von Bernstein scheinen das Spiel insgesamt ein wenig zu verlangsamen, und der Klaviereinsatz kommt dann dementsprechend. Es sind immer nur Nuancen von der eigentlichen Idee entfernt, aber es macht keine Freude .... Ich bin gerne bereit hier eines Besseren belehrt zu werden.


    Das mozartsche Andante hat aber tatsächlich schon romantische Anklänge, die man bei Le Sage auch gut hören kann. Allerdings bleibt man bei ihm im Fluss oder man versteht die rhythmische Unterbrechung. So kommt es mir zumindest vor.


    Éric Le Sage mit dem Gävle Orchester unter der Leitung von François Leleux


  • Als ich am vergangenen Freitag das Video von KV 453 mit Leonard Bernstein als Solist und Dirigent mit den Wiener Philharmonikern vom Oktober 1981 im Wiener Musikvereinssaal hier einstellte, hatte ich das Zitat von TV.de erwähnt: "Sein ganzes Leben lang hatte Leonard Bernstein einen besonderen Platz in seinem musikalischen Herzen für Wolfgang Amadeus Mozart reserviert, dessen Klavierkonzerte er gern, wie in der vorliegenden Aufnahme, vom Klavier aus dirigierte."


    Dass er dies mit großem Ernst tut und der entsprechenden Wirkung, ist deutlich zu hören. Von Willkür kann ich da weder im 3.Takt noch bei den Modifikationen im Tempo etwas erkennen.


    Und dass der gute Lenny - zu sehen bei dem heute hier noch einmal eingestellten Video - am Anfang die Höhe seines Piano-Hockers verstellt, hat mich eher amüsiert. "Seinem" Mozart-KV 453 tat es jedenfalls keinen Abbruch. Ich finde diese Einspielung absolut überzeugend - im Wissen, dass sich an Bernstein die Geister scheiden.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

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  • Von einer Veröffentlichung als Einzel-CD weiß ich auch nichts.

    Hallo, Amdir,


    das habe ich befürchtet. Ich wäre nur an dem Klavierkonzert mit Arrau interessiert. Die 6 CD-Box enthält ansonsten Aufnahmen, die ich entweder habe oder für mich nicht von Interesse sind.


    Ich danke trotzdem für die Info und das Angebot.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Bereits im Eingangsbeitrag hatte ich geschrieben:

    Die Version Uchida/Tate (Philips) habe ich länger nicht gehört, da muß ich meine Höreindrücke noch auffrischen.

    und bin darin durch Glockentons Bemerkung in seinem #38 bestärkt worden:

    Hier nun meine zweite Aufnahme:

    Uchida mit dem English Chamber Orchestra unter Jeffrey Tate.


    Ich sage es gleich: Das ist sie, meine Lieblingseinspielung.

    Nun habe ich endlich heute mein Versprechen wahr gemacht und mir die Aufnahme, die seit ungefähr 10 Jahren einen Dornröschenschlaf in meinem Schrank geführt hat, aufgelegt. Ich kann zusammengefaßt nur sagen, daß die Höreindrücke von Glockenton sich mit den meinen fast vollkommen decken. In meiner Beschreibung muß ich mich im Gegensatz zu ihm allgemeiner fassen, da ich als Laie nicht diese detaillierten Kenntnisse besitze und deshalb mehr gefühlsmäßig als professionell urteilen kann.


    Doch ohne jetzt das in den letzten Tagen so umstrittene "Marsch-Thema" wieder erneut auf die Tagesordnung setzen zu wollen, war ich doch überrascht, als ich mir die Textbeilage der CD zur Hand nahm. Und was las ich da?

    "Der erste Satz, Allegro, hebt mit dem marschmäßig voranschreitenden Hauptthema, geschmückt mit einem koketten Triller, in den Violinen an. Das Seitenthema hat demgegenüber leicht elegischen Charakter. (...) die anschließende Klavierexposition (fügt) vor dem Auftreten des Seitenthemas noch ein weiteres, elegant-kapriziöses Thema ein. (....) Der zweiteilig gebaute Durchführungsteil ergeht sich vorwiegend in reicher Modulatorik, wobei sich das brillante Passagenwerk des Klaviers in weit entfernte (13? - Anm.von mir) Tonarten verirrt, ehe die regulär ablaufende Reprise einsetzt."


    Den Booklet-Text hat kein Geringerer als Alfred Beaujean, der 2017 im Alter von 97 Jahren verstorbene kompetente Musikkenner, verfaßt, der über viele Jahre ein kenntnisreicher und kompetenter Kritiker der - leider eingestellten - Fachzeitschrift HiFiStereophonie war. Er zählte auch zu den gefragtesten Juroren bei der Verleihung von Preisen für klassische Musikaufnahmen. Ganz sicher kann man annehmen, daß dieser Mann es nicht nötig hatte, irgendwo etwas abzuschreiben oder gedankenlos zu übernehmen. Beaujean spricht ganz korrekt von "marschmäßig", was man durchaus mit "marschähnlich" gleichsetzen kann, aber nicht gleichbedeutend mit "marschartig" ist. So viel Fein- und Unterscheidungssinn ist nun einmal der deutschen Sprache eigen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Den Booklet-Text hat kein Geringerer als Alfred Beaujean, der 2017 im Alter von 97 Jahren verstorbene kompetente Musikkenner, verfaßt, der über viele Jahre ein kenntnisreicher und kompetenter Kritiker der - leider eingestellten - Fachzeitschrift HiFiStereophonie war.

    Mich würde interessieren, wer das als erstes geschrieben hat. :) Ich hatte bei mir auch in den Booklets geschaut


    Zitat von Booklet zu Bavouzets Einspielung


    The first theme, commencing with a march theme the first bar of which is played by the first violins alone, is divided into antecedent and consequent four-bar phrases: in effect, clearly defined questions and answers


    © 2016 Michael O’Loghlin


    Ich habe noch andere, wo das fast wortwörtlich so steht.


    Ich kann das eigentlich nicht nachvollziehen. Für mich beginnt der Satz tänzerisch. Dass man da vielleicht zwei Schritte noch marschieren kann ... Wer weiß? Ich bin doch stark mit preußischer Marschmusik infiltriert worden und die klingt grundlegend anders.


    Ob das nun wirklich eine Rolle spielt, wie der Auftakt zu deuten ist, sei dahingestellt. Der Satz selbst erscheint mir um Dimensionen zu diffizil, um ihn als marschartig zu deklarieren und auch das erste Thema passt für mich nicht in diese Kategorie. Die Begründung von ChKöhn scheint mir da einleuchtend. Interessanterweise machen Bavouzet/Takacs-Nagy nicht einmal den Versuch, den Anfang marschartig klingen zu lassen ...


    Ich von meiner Seite kann es damit bewenden lassen.

  • Doch ohne jetzt das in den letzten Tagen so umstrittene "Marsch-Thema" wieder erneut auf die Tagesordnung setzen zu wollen, war ich doch überrascht, als ich mir die Textbeilage der CD zur Hand nahm. Und was las ich da?

    Lieber Nemorino,


    dass ganz unabhängig voneinander so viele profunde Musik- und Mozartkenner das als "marschartig" hören und interpretieren, spricht einfach unbestreitbar dafür, dass man es so hören und interpretieren kann. Das zu bestreiten, macht von daher einfach keinen Sinn. Es wäre nun interessant, wie alt diese Mozart-Auslegung ist und sie zu ihren Quellen zurück zu verfolgen. Ich kann mir vorstellen, dass man schon Belege dafür im 19. Jhd. findet. :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Beaujean spricht ganz korrekt von "marschmäßig", was man durchaus mit "marschähnlich" gleichsetzen kann

    Solange nicht gezeigt wird, worin denn die angebliche Ähnlichkeit besteht, ist das nur eine weitere Behauptung, von der man nicht sagen kann, ob sie korrekt oder inkorrekt ist. Von den wesentlichen Marschmerkmalen (Tempo zum Marschieren geeignet, Akzente im "Gleichschritt", einfache Struktur, vorrangige Besetzung mit Bläsern und Schlaginstrumenten usw.) ist wie gesagt jedenfalls kein einziges gegeben.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • Solange nicht gezeigt wird, worin denn die angebliche Ähnlichkeit besteht, ist das nur eine weitere Behauptung, von der man nicht sagen kann, ob sie korrekt oder inkorrekt ist. Von den wesentlichen Marschmerkmalen (Tempo zum Marschieren geeignet, Akzente im "Gleichschritt", einfache Struktur, vorrangige Besetzung mit Bläsern und Schlaginstrumenten usw.) ist wie gesagt jedenfalls kein einziges gegeben.

    Für wen muss das gezeigt werden? Wenn man offenbar im Kreis Mozart-Kennern eine Minderheitsmeinung vertritt, weil die überwiegende Mehrheit eine andere Meinung vertritt, dann ist das natürlich legitim, aber auch eine gewisse bescheidene Zurückhaltung wäre deshalb vielleicht nicht unangebracht.

  • dass ganz unabhängig voneinander so viele profunde Musik- und Mozartkenner das als "marschartig" hören und interpretieren, spricht einfach unbestreitbar dafür, dass man es so hören und interpretieren kann.

    Lieber Holger, ganz unabhängig davon, dass auch ich durchaus "Marschartiges" zu hören glaube, spricht vielleicht einiges dafür, was astewes sich fragt...

    Mich würde interessieren, wer das als erstes geschrieben hat.

    ...eine solche Formulierung wird irgendwann einmal in die Welt gesetzt und dann immer und immer wieder übernommen. So bleibt es wohl uns selbst überlassen, ob wir es marschartig oder marschähnlich empfinden, unabhängig davon, ob man dazu marschieren kann oder "Gleichschritt" bemüht wird. Vielleicht ist das ja auch das Schöne an "unserer Musik", dass wir Empfindungen auch ohne den letzten wissenschaftlichen Beleg haben dürfen. PS. Ich wusste gar nicht, dass der gute Beaujean, den ich früher "verschlungen" habe, so alt wurde...

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Für wen muss das gezeigt werden?

    Für denjenigen, der die Behauptung eines "marschmäßigen Themas" als wahr annehmen soll.


    Wenn man offenbar im Kreis Mozart-Kennern eine Minderheitsmeinung vertritt, weil die überwiegende Mehrheit eine andere Meinung vertritt, dann ist das natürlich legitim, aber auch eine gewisse bescheidene Zurückhaltung wäre deshalb vielleicht nicht unangebracht.

    Auch das ist eine unbelegte Behauptung: Ich sei mit meiner Einschätzung "im Kreis von Mozart-Kennern" (wer entscheidet eigentlich über die Aufnahme in diese erlauchte Gesellschaft, Du? Jedenfalls danke für die Aufnahme.) in der Minderheit. Aber ob Mehrheit oder Minderheit (was hier keiner wissen kann): Ohne Begründung anhand der Partitur ist keine Position von Belang. Ich warte noch immer auf die Widerlegung meiner Begründung.


    Vielleicht ist da ja auch das Schöne an "unserer Musik", dass wir Empfindungen auch ohne den letzten wissenschaftlichen Beleg haben dürfen.

    Da schaut mal wieder der Strohmann um die Ecke... Natürlich "darf" jeder empfinden, was er will. Aber wenn er sich dazu äußern will, soll er auch über seine Empfindungen und nicht über Eigenschaften der Komposition schreiben. Übrigens ist es bekanntlich so, dass das Nachdenken über eine Komposition die Empfindungen beim Hören verändert. Empfindungen verändern aber umgekehrt nicht die Komposition.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Da schaut mal wieder der Strohmann um die Ecke... Natürlich "darf" jeder empfinden, was er will. Aber wenn er sich dazu äußern will, soll er auch über seine Empfindungen und nicht über Eigenschaften der Komposition schreiben. Übrigens ist es bekanntlich so, dass das Nachdenken über eine Komposition die Empfindungen beim Hören verändert. Empfindungen verändern aber umgekehrt nicht die Komposition.

    Lieber ChKöhn. Der "Strohmann" kann sich nicht erinnern, sich bisher über die Eigenschaften der Komposition KV 453 geäußert zu haben.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • „In freundlicher Tonart steckt es voll geheimen Lächelns und geheimer Trauer.“ Diese Charakteristik des Musikforschers Alfred Einstein trifft auf alle drei Sätze des Konzerts zu. Im ersten Satz trüben Mollklänge, Seufzerfiguren, Dissonanzen und harmonisch schroffe Trugschlüsse immer wieder die ansonsten heitere Stimmung. Blitzschnell legen sich diese Schatten über das Sonnenlicht und lösen sich genauso schnell auf wie sie erschienen sind.


    Zitat SWR 2 aus dem Jahre 2010 zu KV 453 mit Einspielung aus meiner geliebten Alten Oper in Frankfurt


    „Voll geheimen Lächelns und geheimer Trauer“ - SWR2


    Dto. dies:


    Die meisten seiner Klavierkonzerte schrieb Mozart für sich selbst. Einige entstanden aber auch für begabte Schülerinnen. Das Konzert in G-Dur KV 453 zum Beispiel. Es ist eines von Mozarts zwei Konzerten für seine Star-Schülerin Barbara von Ployer, die es im Juni 1784 aufführte und für diese Aufführung eigens ein Orchester anmietete – ein ziemlich großes, denn das Konzert stammt aus der Zeit, in der Mozart den Reiz des Bläserklangs im Orchester entdeckt hatte und mit großer Finesse einsetzte. Eine Flöte, zwei Oboen, zwei Fagotte und zwei Hörner kommen neben den Streichern zum Einsatz (noch keine Klarinetten, die tauchen in Mozarts Klavierkonzerten erst etwas später auf).

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

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  • ...eine solche Formulierung wird irgendwann einmal in die Welt gesetzt und dann immer und immer wieder übernommen.

    Damit unterstellst Du den betreffenden Mozart-Experten und Kritikern einfach etwas, nämlich dass sie nur etwas nachplappern ohne es selber begründen zu können. Mit welchem Recht kannst Du das?

    Für denjenigen, der die Behauptung eines "marschmäßigen Themas" als wahr annehmen soll.

    Hier geht es nicht um Annahmen, sondern um Wahrnehmungen. Wenn man etwas so wahrnehmen kann, dann werden solche Interpretationen damit plausibel und annehmbar. Wenn man es nicht wahrnehmen kann, freilich nicht. Insofern sollte man es dabei belassen.

    Auch das ist eine unbelegte Behauptung: Ich sei mit meiner Einschätzung "im Kreis von Mozart-Kennern" (wer entscheidet eigentlich über die Aufnahme in diese erlauchte Gesellschaft, Du? Jedenfalls danke für die Aufnahme.) in der Minderheit. Aber ob Mehrheit oder Minderheit (was hier keiner wissen kann): Ohne Begründung anhand der Partitur ist keine Position von Belang. Ich warte noch immer auf die Widerlegung meiner Begründung.

    Das sind aber nicht die diskursiven Spielregeln. Auch bei der besten Begründung werden sich immer Menschen finden, die das nicht überzeugend finden. Den harten Kern der Leugner des Klimawandels wird keine Begründung des Klimawandels überzeugen, egal wie gut sie ist. Deswegen sind aber nicht etwa beide Meinungen gleich berechtigt. Meinungen haben unterschiedliches Gewicht durch ihre diskursive Bestätigung oder Nicht-Bestätigung. Wenn die besten Mozart-Kenner alle anders denken als Du, hat ihre Meinung mehr Gewicht. Dann gibt es da letztlich keinerlei Begründungsbedarf, wenn man das durch eigenes Hören auch so nachvollziehen kann. Es gibt eben nicht den buridanischen Esel mit den zwei gleich großen Heuhaufen. Das ist eine skeptizistische Konstruktion. ^^

  • Abschließend möchte ich sagen, daß m.W. niemand behauptet hat, Mozarts Konzert KV 453 beginne mit einem Marsch. Lediglich sagen übereinstimmend Fachleute und Nichtfachleute, daß sich das erste Thema des Kopfsatzes marschähnlich oder marschmäßig anhört. Von marschartig war nicht die Rede, jedenfalls nicht von mir.


    Die beiden ersten fettgedruckten Begriffe sagen eindeutig, daß die Einleitung einem Marsch ähnlich oder einem Marsch gemäß klingt oder zumindest so gehört können, was ja nicht heißt, daß andere das anders hören. Der Begriff "Marschartig" heißt dagegen für mich "nach der Art eines Marsches" und ist demnach grenzwertig. Ich würde ihn in diesem Zusammenhang nicht verwenden.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Damit unterstellst Du den betreffenden Mozart-Experten und Kritikern einfach etwas, nämlich dass sie nur etwas nachplappern ohne es selber begründen zu können. Mit welchem Recht kannst Du das?

    Überhaupt nicht, lieber Holger. Wie käme ich dazu (insofern mit keinerlei Recht könnte ich das)? Ich habe lediglich die Überlegung von astewes zu bedenken gegeben, wer "das als erstes geschrieben hat", und der auf Booklets hinwies, wo "das fast wortwörtlich so steht". Ich denke aber, das dies nicht die entscheidende Frage zu KV 453 ist, zumal ich ja ebenfalls "marschartige" Empfindungen geäußert habe.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Hier geht es nicht um Annahmen, sondern um Wahrnehmungen.

    Nein, es geht um Eigenschaften der Komposition. Schon im Eröffnungsbeitrag wird der angebliche Marschcharakter als eine solche Eigenschaft beschrieben, nicht als eine persönliche Empfindung beim Hören. Dasselbe zuletzt im Zitat von Beaujean.


    Wenn die besten Mozart-Kenner alle anders denken als Du, hat ihre Meinung mehr Gewicht. Dann gibt es da letztlich keinerlei Begründungsbedarf

    Es ist wie gesagt eine bloße Behauptung (und eine ziemlich lächerliche dazu), dass "die besten Mozart-Kenner alle anders denken" als ich. Es spielt aber auch keine Rolle: Gerade ein Mozart-Kenner wird ja (im Gegensatz zu Dir, der Du noch kein einziges Argument für die angebliche Marschähnlichkeit genannt hast) keine Mühe haben, den Charakter eines Themas oder Satzes nicht einfach nur zu behaupten sondern auch anhand der Partitur zu belegen. Er wird auch mit Leichtigkeit meine Argumente widerlegen können und mir zeigen, dass ein Thema auch dann Marschcharakter hat, wenn man weder dazu marschieren kann, noch es irgendeine sonstige der Eigenschaften hat, die zu einem Marsch gehören. Bisher ist beides nicht geschehen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Eigentlich ist doch recht einfach und übersichtlich.


    Geht es um Empfindungen, sagt der eine, er empfinde es marschartig, sagt der andere, er empfinde es eher tänzerisch. Ende des Austauschs! Darüber kann man nicht sinnvoll diskutieren.


    Bringt der eine jetzt Autoritäten, hegt er offensichtlich, den Wunsch, seine Empfindung zu begründen. Das ist aber mit Autoritäten ein Problem. Besser ist da dorch wirklich die Partitur, also das was Mozart selbst aufgeschrieben hat.


    Und um nun zu erkennen, ob ein von Mozart notiertes Thema marschartig ist oder nicht, benötigt man keinen Mozartkenner, sondern einen Marschkenner oder man kann es halt direkt begründen.


    So oder gar nicht. Tertium non datur! ;)

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